Rechts­widrige Gebühren So holen Sie sich von der Bausparkasse Ihr Geld zurück

Rechts­widrige Gebühren - So holen Sie sich von der Bausparkasse Ihr Geld zurück

Hausbau. Für viele Bauherren kommt es auf jeden Cent an – auch bei den Bauspar­verträgen. © Getty Images / artisteer

Bauspar-Konto­gebühren oder Service­pauschalen sind rechts­widrig, laut einem neuen Urteil auch in Riester-Verträgen. Unser Muster­brief hilft dabei, Erstattung zu fordern.

Eine Klausel in den Bausparbedingungen der Bausparkasse BHW, nach denen Kunden für die Konto­führung während der Anspar­phase ihres Bauspar­vertrags ein Jahres­entgelt von 12 Euro zahlen müssen, ist unzu­lässig. Das hatte der Bundes­gerichts­hof auf die Klage des Verbraucherzentrale Bundes­verbands (vzbv) hin im November 2022 gegen die BHW Bausparkasse entschieden. Die BHW musste ihre Bedingungen ändern und die zu Unrecht einbehaltenen Jahres­entgelte erstatten.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 15.11.2022
Aktenzeichen: XI ZR 551/21
Verbraucher­anwälte: Rechtsanwaltssozietät Loh, Luig & Matzkat, Lübeck

Bereits im Jahr 2017 hatte der Bundes­gerichts­hof Gebühren für die Führung des Kredit­kontos nach Auszahlung des Bauspardarlehens auf Antrag der Verbraucherzentrale Nord­rhein-West­falen als rechts­widrig verboten.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 09.05.2017
Aktenzeichen: XI ZR 308/15

Ansage des Bundes­gerichts­hofs: Die bauspar­tech­nische Verwaltung, Kollektiv­steuerung und Führung einer Zuteilungs­masse ist keine Extra-Leistung im Interesse von Bausparern, sondern gesetzliche Verpflichtung der Bausparkassen. Die Juristen der Stiftung Warentest sind über­zeugt: Alle jähr­lich gezahlten Gebühren im Rahmen von Bauspar­verträgen sind rechts­widrig. Die Bausparkassen müssen sie erstatten.

Land­gericht Heilbronn: Auch in Riester-Verträgen

Die Richter am Land­gericht in Heilbronn verboten es der Bausparkasse Schwäbisch Hall auf Antrag der Verbraucherzentrale Baden-Württem­berg nun auch bei Riester-Verträgen, Gebühren in Höhe von 18 Euro pro Jahr zu kassieren. Die Bausparkassen waren der Meinung: Das Gesetz über die Zertifizierung von Riester-Verträgen lässt das zu. Das Land­gericht Heilbronn dagegen urteilte: Das Gesetz regelt die Voraus­setzungen für die Zulassung von Verträgen zur Riester-Förderung und erlaubt keine Rege­lungen, die unfair und damit nach den allgemeinen Regeln im Bürgerlichen Gesetz­buch unwirk­sam sind. Das Urteil ist nicht rechts­kräftig. Unsere Juristen halten es aber für unwahr­scheinlich, dass das Ober­landes­gericht es auf die Berufung der Bausparkasse hin abändert.
Land­gericht Heilbronn, Urteil vom 07.03.2024
Aktenzeichen: Rt 6 O 179/23 (nicht rechts­kräftig)

Streit um Verjährung

Noch unklar ist, wie lange zurück die Bausparkassen unrecht­mäßig kassierte Gebühren erstatten müssen. Forderungen verjähren eigentlich drei Jahre nach Ende des Jahres, in denen sie entstanden sind. Voraus­setzung allerdings: Alle wesentlichen Umstände sind bekannt. Ohne Kennt­nis einer Forderung verjährt sie erst nach zehn Jahren. Unsere Juristen meinen: Erst ab Verkündung des grund­legenden Urteils des Bundes­gerichts­hofs zum Thema konnten Bausparer Bescheid wissen. Vorher lief die Frist für die kurze Verjährung nicht. Bausparkassen­schlichter Dr. Markus Gehrlein hat bereits entschieden: Das ist eine Rechts­frage von grund­sätzlicher Bedeutung, deren Entscheidung den Gerichten vorbehalten bleiben soll.
Schlichter der privaten Bausparkassen, Beschluss vom 26.09.2023
Aktenzeichen: 1821/2023

Das Kammerge­richt in Berlin hat im Streit um die Erstattung rechts­widriger Konto­gebühren bei der Berliner Sparkasse geur­teilt: Verbraucher wussten bereits vor drei Jahren genug, um ihre Rechte geltend zu machen. Danach ist die Forderung auf Erstattung bis Ende 2020 gezahlter Gebühren bereits verjährt. Unsere Juristen über­zeugt das nicht. Das Urteil ist nicht rechts­kräftig und wird vom Bundes­gerichts­hof über­prüft.

Unser Rat: Erstattung fordern mit unseren Muster­texten

Erstattung fordern. Fordern Sie Ihre Bausparkasse mit Hilfe unseres Musterbriefes dazu auf, bereits abge­buchte Jahres­gebühren zu erstatten. Schalten Sie unbe­dingt den Ombuds­mann ein, wenn die Bausparkasse Ihrer Forderung nicht voll­ständig erfüllt. Das stoppt die Verjährung. Unser Mustertext bietet auch für dieses Verfahren eine Vorlage und Hinweise dazu. Der Aufwand ist gering und Sie werden unserer Einschät­zung nach Ihr Geld wahr­scheinlich erhalten.

Abschluss­gebühr bleibt. Alle Jahres­entgelte in Bauspar­verträgen sind unwirk­sam. Die bei Abschluss von Bauspar­verträgen fällige einmalige Gebühr in Höhe von zumindest etlichen Hundert Euro ist allerdings weiter wirk­sam. Der Bundes­gerichts­hof billigte sie bereits vor vielen Jahren ausdrück­lich.

Welche Bausparkassen Monats und Jahres­entgelte erstatten

Stand Sommer vergangenen Jahres kassierten 10 von 17 Bausparkassen weiter und erstatten zumindest einen Teil der Gebühren nicht. Zu vielen Fragen machten sie keine Angaben (K. A.).

Anbieter

Pro Monat oder Jahr zu zahlende Gebühren

werden aktuell erhoben

werden erstattet

nach Forderung

auto­matisch

für Riester­Verträge

zurück bis Jahr

Alte Leipziger

Keine

K. A.

Nein

K. A.

K. A.

Badenia

Keine

Ja

K. A.

K. A.

K. A.

BHW

Teil­weise Fußnote: 1

Teil­weise Fußnote: 2

Nein

K. A.

2019

Debeka Bausparkasse

Keine

Ja

Nein

K. A.

K. A.

Bausparkasse Mainz

K. A.

K. A.

K. A.

K. A.

K. A.

LBS Bayern

Teil­weise Fußnote: 3

Nein

Nein

K. A.

K. A.

LBS Hessen-Thüringen

Teil­weise Fußnote: 3

Teil­weise Fußnote: 4

Nein

Nein

K. A.

LBS Nord

Teil­weise Fußnote: 3

Teil­weise Fußnote: 4

Nein

Nein

K. A.

LBS Ost

Teil­weise Fußnote: 3

Teil­weise Fußnote: 4

Nein

K. A.

K. A.

LBS Saar

Teil­weise Fußnote: 3

Teil­weise

Nein

Nein

K. A.

LBS Schleswig-Holstein

Teil­weise Fußnote: 3

Teil­weise Fußnote: 4

K. A.

Nein

K. A.

LBS Südwest

Teil­weise Fußnote: 3

Teil­weise Fußnote: 2

K. A.

Nein

K. A.

LBS West

Teil­weise Fußnote: 3

Teil­weise Fußnote: 4

K. A.

Nein

K. A.

Schwäbisch-Hall

Teil­weise Fußnote: 5

Teil­weise Fußnote: 6

K. A.

Nein

2019

Signal-Iduna

K. A.

K. A.

K. A.

K. A.

K. A.

Start:Bausparkasse

K. A.

K. A.

K. A.

K. A.

K. A.

Wüstenrot

Keine

Ja

Nein

Nein

2019

Legende

Stand: 19. Januar 2023

Fußnote: 1
Service­paket bei den Tarifen Dispo maXX ab 13. Juli 2009 und BHW V3 Plus ab 1. Juni 2011
Fußnote: 2
Alle Jahres­entgelte ohne Angabe eines Grundes.
Fußnote: 3
Für „Verschaffung und Erhaltung der Anwart­schaft“ für Bauspardarlehen.
Fußnote: 4
Gebühren für die Konto­führung ohne weitere Angaben in älteren Verträgen.
Fußnote: 5
Bei allen ab Dezember 2018 angebotenen Tarifen.
Fußnote: 6
Bei allen bis November 2018 angebotenen Tarifen.

Streit um Sonder­gebühren

Die übrigen Bausparkassen sehen sich ganz oder teil­weise berechtigt, Gebühren zu behalten. Wenn sie für „...die Verschaffung der Anwart­schaft auf das Bauspardarlehen...“ gedacht sei, handele es sich um eine wirk­same Preis­fest­setzung. Für die Teilung von Verträgen oder Änderung der Bausparsumme zulässige Gebühren dürften auch jähr­lich kassiert werden – auch wenn Bausparer die Sonder­leistungen gar nicht brauchen. Die test.de-Juristen über­zeugt das nicht. Bausparkassen­kunden müssen schließ­lich bereits gleich nach Unter­schrift unter den Vertrag die mindestens etliche Hundert Euro teure Abschluss­gebühr zahlen. Sie denken: Auch die Jahres­entgelte mit besonderer Zweck­angabe sind zu erstatten.

Bisher noch keine Verjährung

Sämtliche Bausparkassen erstatten unzu­lässige Gebühren nur für die vergangenen drei Kalender­jahre. Das entspricht der allgemeinen Verjährungs­frist. Der Europäische Gerichts­hof urteilte im vergangenen Jahr jedoch: Die Forderung auf Erstattung aufgrund miss­bräuchlicher Klauseln gezahlter Entgelte dürfen nicht verjährt sein, bevor Verbraucher erkennen konnten, dass sie ein Recht auf Erstattung haben.
Europäischer Gerichts­hof, Urteile vom 10.06.2021
Aktenzeichen: C-609/19 und C-776/19 bis C-782/19

Im September dann noch eine Ergän­zung: Auch eine zehnjäh­rige Verjährung ist EU-rechts­widrig, wenn es um Leistungen im Rahmen eines Vertrags mit über zehn Jahren Lauf­zeit geht.
Europäischer Gerichts­hof, Urteil vom 08.09.2022
Aktenzeichen: C-80/21, C-81/21 und C-82/21

Wir denken: Die Forderung auf Erstattung von Jahres­entgelten in der Anspar­phase verjährt frühestens am 31.12.2024.

Debeka muss Service­pauschale erstatten

Inzwischen klarer Fall: Für bestehende Verträge sollten Sparer bei der Debeka je nach Tarif 12 oder 24 Euro im Jahr eine Service­pauschale „Für die bauspar­tech­nische Verwaltung und Steuerung des Kollektivs sowie die Führung der Zuteilungs­masse“, so die Kasse, zahlen. Unwirk­sam, entschied das Ober­landes­gericht Koblenz auf eine Klage der Verbraucherzentrale Sachsen. Es handele sich nicht um eine zusätzliche Leistung für Bausparer.
Ober­landes­gericht Koblenz, Urteil vom 05.12.2019
Aktenzeichen: 2 U 1/19

Land­gericht Hannover untersagte Konto­gebühr der LBS Nord

Die Landes­bausparkasse (LBS) Nord durfte im Jahr 2018 kein Konto­entgelt einführen. Das hatte das Land­gericht Hannover auf Antrag des Verbraucherzentrale Bundes­verbands (vzbv) entschieden. Die Bausparkasse hatte das Konto­entgelt von 18 Euro im Jahr in einem Rund­schreiben angekündigt. Als Gegen­leistung erbringe sie „alle Leistungen, die für die Verschaffung der Anwart­schaft auf das zins­sichere Bauspardarlehen erforderlich sind“. Die Richter kritisierten, dass die Bausparkasse mit der Gebühr allgemeine Betriebs­kosten auf den Kunden abwälze. Sie verpflichteten die Bausparkasse, alle betroffenen Kunden über die Unwirk­samkeit der Vertrags­änderung zu informieren – oder das zu Unrecht abge­buchte Geld gleich zu erstatten.
Land­gericht Hannover, Urteil vom 08.11.2018
Aktenzeichen: 74 O 19/18

LBS Nord zog Berufung zurück

Die LBS Nord ging gegen das Land­gerichts­urteil in die Berufung, zog diese aber nach einem Hinweis­beschluss des Ober­landes­gerichts Celle zurück. Die Richter hatten angekündigt, die Berufung als „offensicht­lich unbe­gründet“ zurück­zuweisen. Mit der Konto­gebühr in der Anspar­phase wälze die Bausparkasse ihre eigenen Aufwendungen unzu­lässig auf die ­Kunden ab.
Ober­landes­gericht Celle, Beschluss vom 27.03.2019
Aktenzeichen: 3 U 3/19

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257 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

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  • Profilbild Stiftung_Warentest am 23.01.2025 um 10:20 Uhr
    abgelehnt Bausparkasse Schwäbisch Hall AG

    @Gutemine65: Bei einer solchen Ansage der Bausparkasse können Betroffene zwar weiterhin die Schlichtungsstelle https://www.schlichtungsstelle-bausparen.de/de/ anrufen, es ist aber davon auszugehen: Das führt nicht weiter. Der/die Schlichter/in kann wegen grundsätzlicher Bedeutung ohne höchstrichterliche Klärung eine Entscheidung verweigern. Wenn er/sie doch eine Empfehlung zugunsten des Bausparers abgeben sollte, wird die Bausparkasse sie wahrscheinlich nicht annehmen. Sie können natürlich selbst rechtliche Schritte einleiten - mit ungewisser Aussicht auf Erfolg, wenn nicht gerade ein Gericht zuständig ist, dass sich zur fraglichen Gebührenregelung schon klar positioniert hat. Wenn Bausparer/innen wie sinnvoll die Entscheidung der anhängigen Rechtsstreitigkeiten abwarten wollen, setzt das voraus, dass die Bausparkasse ihnen gegenüber bis zur höchstrichterlichen Klärung auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Ansonsten wird ihr Erstattungsanspruch wohl verjährt sein, bis der Bundesgerichtshof sich äußert. Lässt die Bausparkasse sich darauf nicht ein, können Sie trotz der bescheidenen Erfolgsaussichten einen Antrag auf Schlichtung stellen. Der stoppt die Verjährung zumindest bis sechs Monate nach Ende des Schlichtungsverfahrens. Es kann gut sein, dass Sparkassen zur Vermeidung der Kosten eines Schlichtungsverfahrens bereit sind, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

  • Gutemine65 am 22.01.2025 um 20:55 Uhr
    abgelehnt Bausparkasse Schwäbisch Hall AG

    Heute gerade nachdem ich die Rückforderung angefordert habe, ein Schreiben bekommen in dem die Bausparkasse Schwäbisch Hall AG mir erklärt, das sie der Meinung sind, das es unterschiedliche Entgeltklauseln gibt und Ihre richtig wäre. Sie geben auch gerade an, das Heilbronn es ablehnt und München aber eine vergleichbare Klausel als rechtswirksam ansieht. Sie haben daher gegen das Urteil aus Heilbronn Berufung eingelegt. Jetzt stelle ich mir natürlich die Frage sollte ich einen Anwalt einschalten oder sollte ich ein nächstes Urteil abwarten oder einen Schlichter anschreiben?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 10.01.2025 um 11:12 Uhr
    Jahresentgelte/-gebühren grundsätzlich unzulässig?

    @entejens: Wie im ersten Absatz des Artikels mit Link zu dem entsprechenden Grundsatzurteil des BGH dargestellt: Jahresentgelte wie Kontoführungsgebühren sind auch in der Ansparphase unwirksam. Die Bausparkassen müssen sie erstatten. Die Abschlussgebühren allerdings sind wirksam.

  • entejens am 09.01.2025 um 19:34 Uhr
    Jahresentgelte/-gebühren grundsätzlich unzulässig?

    Hallo, leider habe ich bisher nirgends eine klare Aussage dazu gefunden, ob Jahresentgelte/-gebühren in der Ansparphase grundsätzlich unzulässig sind oder nur mit bestimmten Formulierungen.
    Kann da jemand helfen?
    Danke

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 07.10.2024 um 17:28 Uhr
    Brief Schlichtungsstelle bei teilweiser Erstattung

    @SAToSHiHSoTAS: Vielen Dank für die Anregung! Eigentlich machen wir das gern. Allerdings müssten wir dafür viele unterschiedliche Mustertexte anbieten, je nachdem wer Anbieter des jeweiligen Bausparvertrags ist.
    Gut für Betroffene: Auf die genaue Formulierung des Anliegens kommt es bei den Ombudsleuten anders als bei Gerichten nicht an.