
test.de sprach mit Dr. Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen der Stiftung Warentest und am Sonntag als Experte Gast bei Günther Jauch.
Was sind die größten sozialen und ökologischen Probleme bei der Textilproduktion?
Bei Textilien aus Baumwolle kann der Anbau der Baumwolle schwerwiegende Umweltprobleme verursachen – durch übermäßigen Wasserverbrauch und Pestizideinsatz. Die Pestizide gefährden aber auch die Arbeiter auf den Plantagen, weil vielfach Schutzausrüstungen fehlen. Färbung und Veredelung der Textilien brauchen viel Chemie. Auch hier ist der Arbeitsschutz häufig unzureichend und es fehlt eine Abwasserbehandlung. Am Ende der Produktion steht die Konfektion, also das Nähen des Textilien. Dies findet meist in Osteuropa und Asien statt. Die Näherinnen – oft sind es Frauen – werden vielfach schlecht entlohnt, müssen unbezahlte Überstunden machen und dürfen sich nicht gewerkschaftlich organisieren. Sie schlafen häufig auf dem Fabrikgelände, in eher schlechten Unterkünften, die sie auch noch teuer bezahlen müssen.
Ist es unter CSR-Gesichtspunkten besser Marken als Handelsmarken zu kaufen?
Die bisherigen Untersuchungen der Stiftung Warentest haben gezeigt: Marke oder teurer Einkauf garantieren nicht die Schonung von Menschen und Umwelt. In einem gewissen Rahmen sagt der Preis wenig über sozial-ökologische Produktqualität aus. So gibt es eine Reihe von Textilhändlern, die ihre Produkte in einem unteren bis mittleren Preissegment anbieten und gleichzeitig die Lieferketten unter Kontrolle haben. Aber ganz billig – etwa T-Shirts für ein paar Euro – geht natürlich nicht: Hier leidet in der Regel nicht nur die Produktqualität, sondern auch Menschen und Umwelt.
Helfen Label bei der Orientierung?
Wir hatten schon Produkte mit ganz unterschiedlichen Labeln und Werbeaussagen der Anbieter im Test Label in der Textilbranche. Die größte Verbreitung hat das „Fairtrade“-Zeichen, wobei man dieses Zeichen wenig auf Textilien, sondern überwiegend bei Lebensmitteln findet. Leider ergibt sich keine ganz einheitliche Antwort auf die Frage nach der Verlässlichkeit von Siegeln zum fairen Handel. Aber in der überwiegenden Zahl der Fälle wurden die mit der Kennzeichnung verbundenen Versprechen erfüllt, so dass sie eine sinnvolle Orientierung beim Kauf darstellen.
Kunden, die sich nicht ausreichend informiert fühlen, finden entsprechende Informationen vielleicht auch auf der Internetseite des Anbieters. Ansonsten sollten Sie nachfragen: Je mehr Verbraucher das tun, desto eher werden sich die Anbieter bewegen.
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