
Pommes Frites. In ihnen kommt kritisches Acrylamid vor, außerdem in Kaffee, Toast, Chips oder Lebkuchen. © Shutterstock / Evan Lorne
Werden stärkehaltige Lebensmittel hoch erhitzt und bräunen, bildet sich der Schadstoff Acrylamid. Wir beantworten Fragen zu ihm und sagen, in welchen Tests er auffiel.
Alle Fragen im Überblick
- Wie entsteht Acrylamid in Lebensmitteln?
- In welchen Lebensmitteln kann viel Acrylamid vorkommen?
- Welche Lebensmittel hat Stiftung Warentest aktuell auf Acrylamid geprüft?
- Ab welchen Temperaturen bildet sich Acrylamid?
- Wo landet das Acrylamid aus der Nahrung im Körper?
- Wie gefährlich sind Acrylamid und sein Abbauprodukt Glycidamid?
- Gibt es eine sichere Dosis?
- Sind Kinder besonders gefährdet?
- Wer schützt Verbraucher vor Acrylamid?
- Wie lässt sich der Acrylamid-Gehalt bei Lebensmitteln senken?
- Wie lassen sich die Gehalte in Lebensmitteln zuhause senken?
- Welche anderen Quellen für Acrylamid gibt es?
- Wie sieht es mit Acrylamid in Lacken, Farben und Co aus?
- Kommt Acrylamid auch in Kosmetika vor?
Antworten auf die wichtigsten Fragen zu Acrylamid
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Wie entsteht Acrylamid in Lebensmitteln?
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Acrylamid entsteht, wenn stärkehaltige Lebensmittel beim Backen, Frittieren oder Braten bräunen. Dieser chemische Vorgang heißt Maillard-Reaktion. Dabei reagieren natürlich enthaltene Zucker wie Glukose mit Aminosäuren, vor allem mit Asparagin. Bei diesem Vorgang entstehen jede Menge erwünschter Aromastoffe – aber auch das schädliche Acrylamid.
In hohen Gehalten wiesen schwedische Wissenschaftler den Schadstoff erstmals 2002 in Lebensmitteln nach. Seitdem ist Acrylamid – ebenso wie sein Abbauprodukt Glycidamid – Forschungsgegenstand vieler wissenschaftlicher Untersuchungen.
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In welchen Lebensmitteln kann viel Acrylamid vorkommen?
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Acrylamid bildet sich vor allem in stärkehaltigen Lebensmitteln, die von Natur aus reich an Asparagin sind. Dazu gehören insbesondere Kartoffeln und Kartoffelgerichte wie Pommes Frites, Brat- und Backkartoffeln oder Chips.und Getreide, aber auch Kaffeebohnen und gemahlener Kaffee. Auch Knäcke- und Toastbrot, Kekse und Plätzchen, Crunchy-Müsli oder Zwieback sowie Getreidekaffee können betroffen sei.
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Welche Lebensmittel hat Stiftung Warentest aktuell auf Acrylamid geprüft?
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Weihnachtsgebäck. Beim Test von Lebkuchen, Spekulatius und Vanillekipferl zeigte sich, dass die meisten Anbieter das Thema Acrylamid gut im Griff haben – aber nicht alle.
Kaffee. Im Filterkaffee-Test fanden wir keine kritischen Gehalte an Acrylamid, dagegen aber in allen Espresso- und Crema-Bohnen. Bei Kaffee zählt, wie viel Acrylamid in der Tasse landet – und da können wir entwarnen: Alle zubereiteten Espressi unterschritten den Richtwert für Kaffee.
Pommes Frites. Beim Pommes-Test lagen die Acrylamidgehalte in allen Produkten deutlich unter den entsprechenden EU-Richtwerten der EU.
Kartoffelchips. Im Test von klassischen Kartoffelchips im Jahr 2022 stießen wir auf einige auffällige Produkte.
Knusprige Produkte. 2019 haben wir 53 verschiedene Lebensmittel auf Acrylamid untersucht: Knäckebrot und Zwieback, Kekse und Waffeln, Knuspermüsli und Kaffee-Ersatz, Kinderzwieback und -kekse, Cracker und Kartoffelchips. Böse Überraschungen gab es nicht, aber die Schadstoffnoten reichten von Sehr gut bis Ausreichend.
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Ab welchen Temperaturen bildet sich Acrylamid?
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Damit Acrylamid entsteht, müssen Temperaturen ab etwa 120 Grad Celsius im Spiel sein. Je heißer und trockener, umso mehr Acrylamid bildet sich ab 170 bis 180 Grad steigen die Gehalte sprunghaft an. Vollständig vermeiden lässt sich Acrylamid bei bestimmten Gerichten und Zubereitungsarten nicht.
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Wo landet das Acrylamid aus der Nahrung im Körper?
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Der Magen-Darm-Trakt nimmt Acrylamid aus der Nahrung auf, es verteilt sich danach in allen Organen. Diese verstoffwechseln es in hohem Maße. Dabei entsteht vor allem Glycidamid.
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Wie gefährlich sind Acrylamid und sein Abbauprodukt Glycidamid?
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2015 stufte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) Acrylamid in einem Gutachten als möglicherweise krebserregend für den Menschen ein. In Langzeitstudien an Ratten und Mäusen hatten sich Acrylamid und sein Abbauprodukt Glycidamid als krebserregend erwiesen. Die Tierversuche zeigten zudem, dass beides das Erbgut verändert, Auswirkungen auf das Nervensystem, die männliche Fortpflanzung und die Embryonalentwicklung hat. Die Efsa bestätigte 2022 die Einschätzung zur erbgutverändernden Wirkung von Acrylamid unter Berücksichtigung neuerer Daten in einem weiteren Gutachten.
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Gibt es eine sichere Dosis?
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Nein. Es lässt sich nach derzeitigen Kenntnissen kein Schwellenwert festsetzen, bei dessen Unterschreitung ein Risiko für den Verbraucher ausgeschlossen werden kann. Bei Stoffen, die wie Acrylamid das Potenzial haben sowohl das Erbgut zu schädigen als auch Krebs auszulösen, könnten auch geringe Dosen gesundheitliche Risiken auslösen. Diese Risiken nehmen zu, je mehr Acrylamid aufgenommen wird. Die Wissenschaft hat die Wirkung von Acrylamid auf den Menschen noch nicht abschließend geklärt.
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Sind Kinder besonders gefährdet?
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Eltern sollten sich klarmachen: Im Verhältnis zum Körpergewicht sind Kinder den Risiken durch Acrylamid stärker ausgesetzt als Erwachsene. Kinder nehmen Acrylamid vor allem über Pommes Frites, Reibekuchen, Bratkartofflen und andere frittierte und gebratene Kartoffeln auf, aber auch über Toastbrot, Frühstückscerealien, Kekse, Kräcker und Knäckebrot, teilt die Efsa mit.
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Wer schützt Verbraucher vor Acrylamid?
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Politik und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland bemühen sich seit 2002 und europaweit seit 2011, die Acrylamid-Belastung in Lebensmitteln zu verringern. Behörden haben verschiedene Warengruppen, die mit Acrylamid belastet sind, erfasst und überwacht. Aus den Daten hat die Europäische Kommission Minimierungsstrategien und Richtwerte abgeleitet, um die Acrylamidgehalte in Lebensmitteln zu senken.
Der Richtwert ist je nach Produktgruppe verschieden. Bei weichem Weizenbrot beträgt er zum Beispiel nur 50 Mikrogramm Acrylamid pro Kilogramm, bei Röstkaffee hingegen 400 Mikrogramm pro Kilogramm, bei Lebkuchen 800 Mikrogramm pro Kilogramm und bei Zichorien-Kaffee sogar 4 000 Mikrogramm je Kilogramm. Die Unterschiede ergeben sich aus den technischen Möglichkeiten, die Hersteller haben, um Acrylamid-Gehalte in ihren Produkten zu senken.
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Wie lässt sich der Acrylamid-Gehalt bei Lebensmitteln senken?
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Bäckereien, Gastronomen und Industrie müssen Vorgaben beachten, wenn sie Lebensmittel wie Backwaren oder Pommes frites herstellen. So dürfen etwa Pommes frites aus frischen Kartoffeln nur noch aus zuckerarmen Sorten hergestellt werden. Auf Tiefkühlprodukten müssen genauere Zubereitungsanweisungen stehen – etwa zu Temperatur und Bräunungsgrad. Bäcker müssen allzu dunkle Krusten vermeiden.
Kaffeeröstereien stehen vor der Schwierigkeit, dass beim Rösten von Kaffee nicht nur Acrylamid, sondern auch der Schadstoff Furan entsteht: Wenn sie den Acrylamid-Gehalt etwa durch Variieren des Röstgrads senken, bilden sich mehr Furane. Daher müssen Kaffeeröster besonders sorgfältig vorgehen (siehe auch Kaffeebohnen-Test und Filterkaffee-Test).
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Wie lassen sich die Gehalte in Lebensmitteln zuhause senken?
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Je stärker man ein Produkt frittiert, bäckt oder grillt, desto mehr Acrylamid enthält es.
- Vergolden statt verkohlen. Das ist die generelle Faustregel, um Acrylamid in Schach zu halten – sie gilt zum Beispiel für Toastbrot, Plätzchen, Kartoffelrösti und Pommes Frites.
- Ofentemperatur begrenzen. Backen Sie acrylamidanfällige Lebensmittel nicht zu heiß – bei Ober-Unterhitze maximal bei 190 Grad Celsius, bei Umluft auf 170 Grad.
- Backpulver statt Hirschhornsalz. Es hat sich gezeigt, dass Hirschhornsalz als Backtriebmittel Acrylamidgehalte hochtreibt – Backpulver und Natron aber nicht.
- Keine vorgerösteten Mandeln. Geben Sie beim Backen lieber unbehandelte Mandeln und Nüsse in den Teig als vorgeröstete. Schon beim Rösten entsteht in diesen Ölsaaten viel Acrylamid, was sich beim anschließenden Backen noch verstärkten kann.
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Welche anderen Quellen für Acrylamid gibt es?
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Die stärkste Quelle ist das Rauchen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung schätzt, dass sich Raucher im Durchschnitt täglich mit 0,5 bis 2 Mikrogramm Acrylamid pro Kilogramm Körpergewicht belasten. Zum Vergleich: Über Lebensmittel nehmen Verbraucher in der EU täglich zwischen 0,4 und 1,9 Mikrogramm Acrylamid pro Kilogramm Körpergewicht am Tag auf.
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Wie sieht es mit Acrylamid in Lacken, Farben und Co aus?
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Einige Industriezweige setzen Acrylamid bewusst ein. Es wurde 1949 erstmals synthetisiert und wird seit den 1950er Jahren vor allem zur Herstellung von Polyacrylamid verwendet, etwa als Flockungsmittel zur Aufbereitung von Wasser oder in der Papierindustrie als Bindemittel für Papier und Pappe, erläutert das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR.
Acrylamid ist auch ein Grundstoff, um Kunststoffe und Lacke herzustellen. Arbeiter, die direkt mit Acrylamid zu tun haben, können es einatmen; bei Kontakt mit Acrylamid sind Reizungen von Augen und Haut möglich, und die Haut kann für andere Stoffe sensibilisiert werden. In diesem Arbeitskontext können Menschen deutlich höhere Gehalte aufnehmen als über die Ernährung, Nervenschäden können die Folge sein.
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Kommt Acrylamid auch in Kosmetika vor?
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Die Belastung des Verbrauchers mit Acrylamid aus kosmetischen Mitteln wird heute als unerheblich angesehen, schreibt das BfR. Auf europäischer Ebene seien Regelungen getroffen worden, die den Restgehalt an Acrylamid deutlich beschränken. Früher kam es etwa in Körperpflegemitteln vor.
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- Beim Backen entsteht häufig potenziell krebserregendes Acrylamid. Dieser Test zeigt, wie viel davon in Lebkuchen, Spekulatius und Vanillekipferln steckt.
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- Kokosmilch ist beliebt und gibt Speisen einen exotischen Kick. Ein Plus für die Gesundheit ist sie eher nicht: Oft enthält sie Schadstoffe, wie Untersuchungen zeigen.
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- Im Chips-Test der Stiftung Warentest fällt jedes zweite Produkt wegen Schadstoffen auf. Fünf fallen ganz durch, darunter Pringles. Aber keine Sorge, es gibt auch gute.
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Kommentarliste
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@mr.spaetzle: Aus vorsorgendem Gesundheitsschutz sollten verbrannte Stellen an einer Pizza großzügig entfernt und nicht gegessen werden.
Sollte man bei einer Pizza aus einem Restaurant die schwarzen Stellen besser wegschneiden?
@Ka_ze: Vielen Dank für Ihren Hinweis. In den letzten Tagen sind 10000 Spam-Kommentare auf test.de eingegangen. Wir haben inzwischen alle gelöscht und den Nutzer gesperrt.
Hallo,
gibt's denn keinen WE-Dienst bei test.de?!
Falls doch, dann schauen Se doch 'mal eine Etage unterhalb:
Der nicht ganz jugendfreie Marketenderinnen-Gag steht offenbar
bereits seit 22.11.2024, 21:26 Uhr hier drin ...
@Neunzehn99: Pommes frites gehören zur Gruppe der Lebensmittel mit hoher Acrylamidbelastung. Bei Frittiertemperaturen von über 170°C steigen die Acrylamidwerte sprunghaft an. Oberhalb von 180° Celsius entstehen außerdem potentiell krebserregende Stoffe. Frittieren Sie Ihre Pommes nur bis sie goldgelb (ohne braune Spitzen) sind und saugen Sie überschüssiges Fett mit Küchenkrepp auf. Eine fettarme Variante sind in der Heißluftfritteuse oder im Backofen (180°C Umluft / 200°C Ober/Unterhitze) gebackene Pommes frites. Fritteusen-Fritten sind fast doppelt so fettig wie die Backofen-Pommes. Da Pommes viel Fett und Salz aber kaum Vitamine und Mineralstoffe enthalten, sollten man sich nicht allzu oft eine Portion genehmigen. (bp)