Sterbe­hilfe

„Ich fühlte mich verantwort­lich und wollte helfen“

Sterbe­hilfe - Wann Ärzte schon jetzt beim Sterben helfen dürfen

Kathrin Wildner, Ethnologin aus Berlin, wurde von ihrem Vater um Sterbe­hilfe gebeten. © Pablo Castagnola

84-jähriger Vater bat um Hilfe

Frau Wildner, Ihr Vater wünschte sich von Ihnen Hilfe zum Sterben. Wie kam es dazu?

Mein damals 84-jähriger Vater lebte nach dem Tod meiner Mutter alleine und kam eigentlich noch gut zurecht. Dann wurde vaskuläre Demenz diagnostiziert, eine Form der Demenz, die sich unter anderem in Konzentrations­schwierig­keiten und Sprach­störungen äußerte. Nach einem schweren Unfall verlor er auch noch fast seine Sehfähig­keit. Die Einschränkungen frustrierten meinen Vater sehr. Bei meinen Besuchen bat er mich mehr­mals ganz konkret: „Bitte hilf mir beim Sterben.“

Wie ging es Ihnen damit?

Ich habe seinen Wunsch verstanden und respektiert. Ich fühlte mich verantwort­lich. Seine Bitte war an mich adressiert. Ich wusste nur nicht, wie ich helfen könnte.

Was haben Sie dann unternommen?

Ich habe nach legalen Möglich­keiten gesucht – und keine gefunden. Ich wünschte meinem Vater, friedlich einschlafen zu können. Sein Leben war gelebt, er wollte nicht mehr. Ich dachte, dass es möglicher­weise Zugang zu dem tödlich wirkenden Mittel Natrium-Pentobarbital gibt, davon hatte ich gehört. Das Mittel hätte er selbst einnehmen müssen. Ich habe dann heraus­gefunden, dass der Erwerb verboten ist.

Was haben Sie noch über­legt?

Mit meinem Bruder, der in Amsterdam lebt, habe ich über eine Wohn­sitz­verlegung meines Vaters nach Holland nachgedacht. Dort ist Sterbe­hilfe weit­gehend legal – allerdings wäre es wegen seiner dementiellen Vorerkrankung schwierig geworden.

Haben Sie mit Ärzten gesprochen?

Ja. Ich habe mit der Haus­ärztin meines Vaters gesprochen. Sie wies darauf hin, dass aktive Sterbe­hilfe verboten ist und es noch kein Gesetz zur Sterbe­hilfe gibt.

Eine andere Ärztin sagte deutlich, dass es nicht Verantwortung und Aufgabe der Tochter ist, dem Vater beim Sterben zu helfen. Dies anzu­erkennen, hat mich sehr entlastet. Letzt­lich trägt jeder für sein Leben und Sterben selbst die Verantwortung. Diese Über­zeugung habe ich auch, hatte sie aber aus den Augen verloren.

Was hat Ihnen beim Auseinander­setzen mit dem Thema noch geholfen?

Ich habe Filme geschaut und Bücher gelesen, in denen es um Demenz oder um den Umgang mit dem Thema Lebens­ende geht. Es gibt sogar Unter­halt­sames: „Töchter“ von Lucy Fricke oder „Small World“ von Martin Suter. Außerdem habe ich viel Unterstüt­zung von Freundinnen und Freunden bekommen. Ich habe fest­gestellt, dass Sterbe­hilfe viele beschäftigt.

Wie ging es mit Ihrem Vater weiter?

Aufgrund der fort­schreitenden Demenz war ein selbst­ständiges Leben für ihn nicht mehr möglich. Etwa ein halbes Jahr nach Verlegung in ein Pfle­geheim ist er infolge seiner Erkrankungen einen natürlichen Tod gestorben.

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11 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

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  • jananderson831 am 29.10.2024 um 22:45 Uhr

    Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Spam

  • Kahnsyndrom am 07.09.2024 um 13:28 Uhr
    Niemand kann was für seine Geburt...

    Jeder Mensch wird ohne Selbstbestimmung geboren. Daher MUSS er das Recht bekommen sogar ohne Angaben von Gründen selbstbestimmt sterben zu dürfen!
    Alles andere unterliegt sonst IMMER einem kommerziellen Hintergrund.
    Die Verantwortung und Durchführung/Hilfe hat die vom Volk gewählte Staatsregierung zu tragen...und nicht die medizinischen Abteilungen aus dem Gesundheitswesen. Für den Sterbewilligen auch IMMER UNENTGELTLICH!!! Dann kommt auch kein falscher Hintergrund einer Geschäftsidee auf!
    Das Leben ist nicht da um von anderen benutzt zu werden!!!

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 11.07.2024 um 08:56 Uhr
    Ausweglose Situationen

    @alle; @Abo112: Gerade wenn eine persönliche Situation im Moment ausweglos erscheint, macht es Sinn, sich an eine Beratungsstelle zu wenden. Geht es um finanzielle Sorgen, sind die Schuldnerberatungsstellen die richtige Anlaufstelle, um einen Neuanfang zu planen. In Ihrer Verbraucherzentrale nennt man Ihnen seriöse Schuldnerberater:innen:
    www.verbraucherzentralen.de

    Führen überbordende Probleme dazu, dass der Lebenswille sinkt und Suizidgedanken aufkommen, können Sie sich an eine Seelsorgeeinrichtung wenden: 0800 111 0 111
    www.telefonseelsorge.de/sorgen-themen/krise

    Um Menschen mit Suizidgedanken in der Krise beizustehen gibt es in jedem Bundesland Beratungs- und Hilfsangebote, die beim Weg aus der Krise Unterstützung leisten.

  • Abo112 am 11.07.2024 um 03:48 Uhr
    Ich möchte Selbstmord begehen

    ich habe alles verloren.
    Selbst wenn ich zur Arbeit gehe, hilft es mir nicht, nachdem ich große Mengen verloren habe.
    Ich versuchte wieder aufzustehen, aber es gelang mir nicht.
    Ich habe alle mitgenommen, sogar private Institutionen und die Regierung, alles ist geschlossen.
    Ich möchte Sterbehilfe erhalten, ich möchte einfach gut sterben, ohne dies alleine tun zu müssen
    Bitte hilf mir, ich möchte einfach nur sterben, danke

  • batom am 15.01.2022 um 17:57 Uhr
    Bla bla

    Wenn ich der Meinung bin es geht nicht mehr, dann muss, ich wiederhole dann muss meinem Wunsch bitte entsprochen werden...ohne wenn und aber. Keiner will sterben oder?? aber wenn dann mit Würde