Medizi­nischer Notfall Notvertretungs­recht für Verheiratete

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Medizi­nischer Notfall - Notvertretungs­recht für Verheiratete

Plötzlich im Kranken­haus. Für Ehe- oder einge­tragene Lebens­partner ändert sich ab 2023 die Rechts­lage bei medizi­nischem Notfall. © Getty Images / Joerg Huettenhoelscher

Verheiratete dürfen in einem medizi­nischen Notfall per Gesetz für ihre Ehepart­nerin oder Ehepartner entscheiden. Besser ist eine Vorsorgevoll­macht.

Gesetzliches Vertretungs­recht für Ehepaare

Verheiratete und einge­tragene Lebens­partner dürfen in einer medizi­nischen Notsituation für den anderen gesundheitliche Entscheidungen treffen. Das sieht das Ehegatten-Notvertretungs­recht vor (Paragraf 1358 Bürgerliches Gesetz­buch). Das Gesetz gilt ab dem 1. Januar 2023. Es umfasst die gesundheitliche gegen­seitige Vertretung in Angelegenheiten der Gesund­heits­sorge für maximal sechs Monate. Die Vermögens­sorge oder die Erlaubnis, auf das Konto der Ehepart­nerin oder des Ehepart­ners zuzugreifen, ist von dem Recht nicht umfasst.

Nur im medizi­nischen Notfall

Wird ein Ehepartner beispiels­weise nach einem Unfall und Schlag­anfall in die Klinik einge­liefert und ist aufgrund von Bewusst­losig­keit nicht in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen, braucht sie oder er eine Vertretung, die mit Ärzten spricht und Entscheidungen trifft. Es kann nach der Erst­versorgung darum gehen, ob eine Operation oder weitere Unter­suchungen gewünscht sind oder ob bestimmte Maßnahmen unterlassen werden sollen. In der Regel gibt es eine Person, die eine Vorsorgevoll­macht für die Gesund­heits­sorge hat und in solchen Fällen einspringt. Gibt es keine Vorsorgevoll­macht, wird das Betreuungs­gericht einge­schaltet. Ab 1. Januar 2023 dürfen Verheiratete auto­matisch für den anderen in Unter­suchungen, Heilbe­hand­lungen oder ärzt­liche Eingriffe einwilligen oder sie untersagen. Das Recht umfasst auch die Entscheidung über frei­heits­entziehende Maßnahmen wie Bett­gitter oder ruhig­stellende Medikamente, für maximal sechs Wochen. Ebenso ist der Abschluss von Behand­lungs­verträgen, Verträge über Reha-Maßnahmen oder die Entscheidung über eine Pfle­geeinrichtung erlaubt.

Schriftliche Bestätigung durch Ärzte

Ärzte stellen Ehepart­nern ein Schrift­stück aus mit der Bestätigung, dass ein Notvertretungs­recht vorliegt. Es gilt maximal sechs Monate lang und darf nicht verlängert werden. Ist eine Patientin oder ein Patient nach sechs Monaten weiterhin nicht in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen, kann das Betreuungs­gericht eine Betreuung einsetzen. Es gibt auch Ausschluss­gründe für das Notvertretungs­recht, etwa wenn das Ehepaar getrennt lebt oder es bereits eine Vorsorgevoll­macht gibt.

Wider­spruch gegen auto­matische Vertretung

Eheleute, die nicht möchten, dass auto­matisch der Ehepartner oder die Ehepart­nerin im Notfall für sie in Gesund­heits­angelegenheiten entscheidet, können ab Januar 2023 vorab Wider­spruch einlegen. Diesen können sie beim Zentralen Vorsorgeregister für einmalig 17 Euro Gebühr eintragen lassen. Ärzte haben Zugriff auf das Register und können in einem Notfall prüfen, ob die Patientin oder der Patient einen Wider­spruch gegen die Vertretung durch den Ehepartner einge­legt hat.

Warnung vor falscher Sicherheit

Experten sehen das Notvertretungs­recht teils kritisch. Die Bundes­notarkammer etwa warnt vor falscher Sicherheit. Verheiratete sollten besser das selbst­bestimmte Instru­ment der Vorsorgevoll­macht wählen.

Vorsorgevoll­macht ist das richtige Dokument

Über eine Vorsorgevoll­macht kann die bevoll­mächtigte Person für den Voll­macht­geber Entscheidungen treffen, falls dieser infolge von Krankheit, nach einem Unfall oder aufgrund alters­bedingter Schwäche es selbst nicht mehr kann. Viele bevoll­mächtigen ihre Ehe- oder Lebens­partner und -part­nerinnen. Das ist aber kein Muss. Es kann sinn­voll sein, erwachsenen Kindern oder Freunden eine Vorsorgevoll­macht zu erteilen. In der Vorsorgevoll­macht können Aufgaben konkret fest­gelegt werden, beispiels­weise, wer sich um die Finanzen, Gesundheit, Pflege, Wohnung und Aufenthalt kümmert und mit Behörden und Versicherungs­unternehmen kommunizieren darf.

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Wichtig ist uneinge­schränktes Vertrauen

Die wichtigste Voraus­setzung bei der Auswahl der Person oder der Personen, die einen vertreten sollen, ist, dass sie das uneinge­schränkte Vertrauen des Voll­macht­gebers haben. Im Ernst­fall soll ein Bevoll­mächtigter ihn bei allen wichtigen Entscheidungen vertreten – bei medizi­nischer Behand­lung, der Wahl ­des Aufenthalts­orts oder bei Bank- und Geld­geschäften. Er sollte daher in der Lage sein, mit Ärzten Entscheidungen für den Voll­macht­geber zu treffen, vor Gericht Anträge zu stellen und bei der Kranken- und Pflege­versicherung Leistungen zu beantragen. Er muss gegebenenfalls das Vermögen des Voll­macht­gebers verwalten, vielleicht dessen Haus oder Eigentums­wohnung verkaufen.

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B.Klaas am 09.10.2017 um 10:48 Uhr
Muster Versorgevollmacht

Unter folgendem Link kann eine kostenlose Vorsorgevollmacht ausgefüllt und ausgedruckt werden:
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Formulare/Betreuungsrecht/Vorsorgevollmacht.pdf?__blob=publicationFile&v=16