
Das Vorsorge-Set der Stiftung Warentest beantwortet alle Fragen zur rechtlichen Vorsorge und enthält alle wichtigen Formulare.
In Corona-Zeiten stellen sich manche die Frage, ob sie ihre Patientenverfügung aktualisieren sollten. Die Überlegung dahinter: Eine künstliche Beatmung am Lebensende lehnen Menschen in vielen Patientenverfügungen ab. Doch im Notfall möchten sie bei einem schweren Covid-19-Verlauf vielleicht doch beatmet werden. Sie können beruhigt sein: Eine Behandlung wegen Covid-19 ist kein klassischer Anwendungsfall für eine Patientenverfügung.
Künstliche Beatmung bei Covid-19
In der aktuellen Corona-Pandemie sind die Möglichkeiten der künstlichen Beatmung besonders wichtig. In Deutschland wurden zu Beginn der Pandemie zusätzliche Beatmungsgeräte angeschafft und Intensivkapazitäten in den Krankenhäusern ausgebaut, um Menschen bei einem schweren Krankheitsverlauf retten zu können. Die durch das Coronavirus Sars-CoV-2 ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 kann bei einem schweren Verlauf eine künstliche Beatmung notwendig machen, für die ein Patient vorher in ein künstliches Koma versetzt wird.
„Beatmung meist die einzige Möglichkeit“

Betreuung eines Patienten auf der Intensivstation.
„Die Beatmung in schweren Fällen ist nahezu die einzige Möglichkeit, einen Patienten zu behandeln und zu retten, solange keine Medikamente gegen das Coronavirus verfügbar sind“, sagt Dr. Christian Hermanns, Anästhesist und Notfallarzt, von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin. „In einem Großteil der Fälle trägt die Beatmung dazu bei, dass sich die Lunge erholen kann und der Patient gesund wird.“
Künstliches Koma und Patientenverfügung
Petra Vetter, Fachanwältin für Medizinrecht aus Stuttgart erklärt: „Mit der dauerhaften Entscheidungsunfähigkeit, die Voraussetzung dafür ist, dass eine Patientenverfügung überhaupt zu beachten ist, hat das ,künstliche Koma‘ nichts zu tun“. In die Beatmung samt Komazustand hat der Patient nach Aufklärung vorher eingewilligt. Die Behandlung ist darauf ausgerichtet, dass der Patient wieder erwacht und entscheidungsfähig wird.
Wenn sich das Therapieziel ändert
Stellt sich im Verlauf einer künstlichen Beatmung wegen Covid-19 allerdings heraus, dass diese Therapie nicht mehr indiziert – also angebracht – ist, müssen Ärzte ein neues Therapieziel festlegen. „Gibt es für den Patienten aller Wahrscheinlichkeit nach keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins, können Ärzte dann auf Grundlage einer Patientenverfügung über einen Therapieverzicht entscheiden,“ sagt Petra Vetter. Hat ein Patient in gesunden Tagen in einer Patientenverfügung festgelegt, in solch einer Situation auf lebensverlängernde intensivmedizinische Maßnahmen zu verzichten, können Ärzte gemeinsam mit seinem Bevollmächtigten oder Betreuer den Patientenwunsch umsetzen.
Rechtlich vorsorgen mit der Stiftung Warentest
Ratgeber „Das Vorsorge-Set“ in Buchform. Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung: Das Vorsorge-Set informiert, welches Dokument was leistet und wo die Fallstricke liegen. Außerdem erklären wir, was beim Verfassen eines Testaments zu beachten ist und wie man den digitalen Nachlass regelt. Der Ratgeber der Stiftung Warentest enthält die wichtigsten Formulare zum Heraustrennen und Abheften. Zu allen Formularen gibt es Schritt-für-Schritt-Anleitungen, die in verständlichem Deutsch abgefasst sind. Das Buch hat 144 Seiten und ist im test.de-Shop für 14,90 Euro erhältlich (kostenlose Lieferung). Die PDF/E-Book-Version kostet 11,99 Euro.
Sonderheft Spezial Patientenverfügung. Wenn Sie sich nur um die Patientenverfügung kümmern wollen, hilft das Finanztest Special Patientenverfügung mit den weiteren Schwerpunkten Palliativmedizin, Sterbehilfe und Organspende. In Experteninterviews kommen Rechtsanwälte, Ärzte, Psychiater und Ethikbeauftragte zu Wort. Das Sonderheft enthält außerdem alle Formulare für die rechtliche Vorsorge: 112 Seiten, 12,90 Euro (kostenlose Lieferung). Die PDF/E-Book-Version kostet 11,99 Euro.
Jeder vierte Erwachsene hat eine Patientenverfügung

Das Vorsorge-Set der Stiftung Warentest.
In Deutschland hat nach eigenen Angaben jeder vierte Erwachsene eine Patientenverfügung. Darin ist schriftlich festgelegt, welche medizinischen Behandlungen ein Patient wünscht oder auf welche er verzichtet, wenn es nicht mehr möglich ist, den eigenen Willen zu äußern. Es geht um Festlegungen für eine – aller Wahrscheinlichkeit nach – dauerhafte Entscheidungs- und Einsichtsunfähigkeit am Lebensende, zum Beispiel bei einer unheilbaren Krankheit im Endstadium einer tödlich verlaufenden Krankheit. Infolge Unfall oder Krankheit kann jeder in eine Situation kommen, nicht mehr selbst entscheiden zu können.
Patientenverfügung mit Unterschrift und Datum gültig
Eine Patientenverfügung, mit Unterschrift und Datum, ist für Ärzte seit dem Jahr 2009 verbindlich. Sie kann jederzeit formlos widerrufen werden, solange jemand noch selbst entscheiden kann. Sinnvoll ist, eine Patientenverfügung mit einem Hausarzt oder Facharzt zu besprechen und regelmäßig zu überprüfen:
- Entsprechen die Festlegungen noch dem tatsächlichen Willen?
- Hat sich am Gesundheitszustand etwas Grundlegendes geändert?
Viele wünschen keine lebensverlängernden Maßnahmen

Das Spezial Patientenverfügung der Stiftung Warentest.
Viele Menschen wünschen sich für das Lebensende, dass ein Sterbeprozess seinen natürlichen Lauf nehmen kann. Das Leben soll in der letzten Phase nicht unnötig verlängert werden. Wer sich mit den Möglichkeiten der Intensivmedizin beschäftigt, weiß, dass Maßnahmen wie künstliche Beatmung, künstliche Ernährung oder Wiederbelebung mithilfe eines Defibrillators in vielen Fällen Leben retten und erhalten. Die technischen Möglichkeiten können jedoch manchmal auch einen Sterbeprozess hinauszögern und Leben unnötig verlängern. Wer sich hierzu eine Meinung gebildet hat, kann in einer Patientenverfügung festlegen, in welchen Krankheitssituationen er auf intensivmedizinische Maßnahmen verzichtet – oder nicht.
Patientenverfügung und Covid-19 – unser Rat
Patientenverfügung. In dem Dokument legen Sie für Krankheitssituationen am Lebensende – wenn Sie sich dauerhaft nicht mehr äußern können – schriftlich fest, welche Behandlungen Sie wünschen oder ablehnen. Ihre Wünsche sind für Ärzte verbindlich. Können Sie sich äußern, zählt der aktuelle Wille.
Covid-19. Eine Behandlung wegen Covid-19 ist kein klassischer Anwendungsfall für eine Patientenverfügung. Versetzen Ärzte Patienten in ein vorübergehendes künstliches Koma, um künstlich beatmen zu können, ist die Therapie darauf ausgerichtet, dass ein Patient das Bewusstsein wiedererlangt.
Aktualisieren. Prüfen Sie ab und zu, ob Ihre Patientenverfügung noch aktuell ist.
Interview mit dem Lungenfacharzt

Dr. Thomas Voshaar ist Chefarzt der Lungenklinik im Krankenhaus Bethanien in Moers (Ruhrgebiet) und Vorsitzender des Verbands der pneumologischen Kliniken.
Lungenfacharzt Thomas Voshaar erklärt, welche Behandlungsmöglichkeiten es bei Luftnot und Infektion der Atemwege bei einer schweren Covid-19-Erkrankung gibt.
Herr Voshaar, zu Beginn der Corona-Epidemie hat der Bund zusätzlich 10 000 Beatmungsgeräte angeschafft, um auf Intensivstationen Covid-19-Patienten medizinisch ausreichend versorgen zu können. Ist eine künstliche Beatmung bei dieser Erkrankung das Mittel der Wahl?
Nein, so kann man das sicher nicht sagen. Eine künstliche Beatmung ist in der Regel eine Maßnahme, die am Ende steht, wenn Leben nicht anders gerettet werden kann. In der modernen Beatmungsmedizin gibt es seit Jahren erfolgreich angewandte schonende Verfahren, um bei einer beidseitigen Lungenentzündung, wie sie charakteristisch bei einem schweren Covid-19-Verlauf ist, den Sauerstoffmangel und die Atemanstrengung zu reduzieren.
Wie behandeln Sie Covid- 19-Patienten, wenn sie Luftnot und Erstickungsangst haben?
Ein Patient sollte so lange selbst atmen, wie es geht. Dabei unterstützen wir ihn. Wir wenden in der Regel ein Stufenschema an, wie es auch bei anderen Lungenerkrankungen üblich ist. Auch wenn es bei der Covid-19-Lungenentzündung viele Besonderheiten gibt.
Was heißt das konkret?
Vielen Patienten mit typischer beidseitiger viraler Lungenentzündung hilft schon eine Sauerstofftherapie, also eine Sauerstoffgabe über einen Schlauch in der Nase oder über eine Sauerstoffmaske.
Reicht das nicht aus, therapieren wir mit einer Atemmaske, der sogenannten CPAP-Atmung (Englisch für continous positive airway pressure). Bei diesem Verfahren wird ein kontinuierlicher Luftdruck aufgebaut, der während der Ein- und Ausatmung bestehen bleibt. Der Patient trägt bei diesem Verfahren eine Maske über Mund und Nase. Sauerstoff kann zusätzlich über die Maske gegeben werden. Entscheidend aber ist der kontinuierliche Luftdruck. Die positiven Auswirkungen spüren Patienten relativ schnell. Der Effekt wird kontinuierlich überwacht, also letztlich, wie es dem Patienten darunter geht. Wichtige Kriterien sind die Sauerstoffsättigung im Blut, die Atemfrequenz und die Anstrengung des Patienten.
Und wenn sich der Zustand eines Patienten weiter verschlechtert?
Wir besprechen die Chancen und Risiken einer künstlichen Beatmung – vorausgesetzt, der Patient ist ansprechbar. Willigt der Patient ein, versetzen wir ihn in ein künstliches Koma und intubieren. Das heißt, wir führen in die Luftröhre einen Schlauch ein, der mit einem Beatmungsgerät verbunden ist. Kontrolliert wird mit einem gewissen Überdruck Luft in die Lunge gepumpt, was allerdings der natürlichen Atmung entgegengesetzt ist. Bei unserer Spontanatmung entsteht in der Lunge ein Unterdruck und die Luft strömt passiv ein. Bei der künstlichen Beatmung muss das ideale Verhältnis zwischen Druck und Sauerstoff für jeden Patienten austariert werden. Die Gefahr einer Lungenschädigung durch Überdruck ist groß, ebenso besteht die Gefahr von Sekundärinfektionen. Wie gut ein Patient eine künstliche Beatmung über einen längeren Zeitraum verkraftet, hängt auch vom Allgemeinzustand und Vorerkrankungen ab. Im Schnitt überleben 20 Prozent der Covid-19-Patienten mit Vorerkrankungen eine künstliche Beatmung, wobei dieser Wert auf Zahlen aus dem Ausland beruht. Verlässliche Zahlen aus Deutschland sind noch nicht bekannt.
Was empfehlen Sie im Hinblick auf eine Patientenverfügung?
Ich empfehle, in einer Patientenverfügung klar zu formulieren, was gewünscht wird – insbesondere, ob künstlich beatmet werden soll, wenn andere Maßnahmen versagen.
Dokumente für die rechtliche Vorsorge
Alle grundlegenden Informationen finden Sie im Detail im kostenlosen Special Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht und im großen Vorsorge-Set.
Patientenverfügung
Eine Patientenverfügung gilt bei medizinischen Entscheidungen, wenn sich ein Patient dauerhaft nicht mehr äußern kann, also nicht mehr entscheidungsfähig ist. In solchen Fällen helfen Ärzten schriftliche, im Voraus festgelegte Behandlungswünsche. Der Verfügende legt fest, für welche Krankheitssituation er in medizinische Behandlungen einwilligt oder welche er ablehnt. Die Verfügung muss schriftlich vorliegen – als Formular oder in Textform – und sie muss unterschrieben sein.
Vorsorge- und Bankvollmacht
Jeder ab dem 18. Lebensjahr sollte sich um eine Vorsorgevollmacht kümmern. Darin legt er fest, wer für ihn im Fall einer Krankheit, nach einem Unfall oder im Alter handelt. Der Vertraute ist auch Ansprechpartner der Ärzte für das Umsetzen seiner Patientenverfügung. Die Vollmacht sollte als Formular oder handschriftlich vorliegen, mit Datum und Unterschrift. Soll der Bevollmächtigte auch auf das Konto zugreifen, ist eine Bankvollmacht notwendig. Die Formulare gibt es bei der Bank.
Betreuungsverfügung
Alternativ oder ergänzend zur Vorsorgevollmacht ist eine Betreuungsverfügung sinnvoll. Ein Verfügender kann darin festlegen, wer im Notfall für ihn handeln soll. Kommt es zum Betreuungsverfahren, prüft das Betreuungsgericht, ob die vorgeschlagene Person als Betreuer geeignet ist. Sinnvoll ist es, weitere Wünsche aufzulisten, etwa welches Pflegeheim erste Wahl ist, ob Religion eine Rolle spielt oder wer sich um das Haustier kümmern soll. Die Verfügung sollte schriftlich vorliegen.
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Dieses Special ist im Mai 2020 auf test.de erschienen und wurde zuletzt am 9. November 2020 aktualisiert.
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