
Gut für mich? Manche Arzneimittel können älteren Menschen schaden. Oft gibt es aber schonendere Alternativen. © Photocase / Edyta Pawlowska
Die Priscus-Liste ist eine „Lieber-nicht-Liste“: Sie nennt Medikamente, die alte Menschen gefährden können. Wir sagen, welche das sind – und wie sie sich ersetzen lassen.
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Diese Medikamente sind im Alter riskantTabletten, Pillen und Kapseln gehören für viele Seniorinnen und Senioren zum Alltag. Aber im Alter wird der Körper empfindlicher gegenüber Medikamenten – was das Risiko für Nebenwirkungen deutlich erhöht. Um ältere Menschen zu schützen, haben Fachleute die Priscus-Liste erstellt. Sie benennt inzwischen 177 Wirkstoffe oder Wirkstoffgruppen, die für Menschen ab 65 Jahren riskant sind. Die Aufstellung ist für Praxen, Kliniken und Apotheken nicht bindend, dient ihnen aber oft als wichtige Orientierung.
Wir haben die wichtigsten Infos aus dieser Liste zusammengestellt und nennen häufig verordnete und rezeptfreie Wirkstoffe, die für ältere Menschen kritisch sind. Unsere Tabellen zeigen außerdem typische Nebenwirkungen und mögliche Alternativen.
Warum sich unser Special zur Priscus-Liste für Sie lohnt
Tabellen
Unsere drei Tabellen zeigen 72 häufig verordnete rezeptpflichtige und 22 rezeptfreie Wirkstoffe, die ältere Menschen gefährden können. Darunter sind Mittel gegen Bluthochdruck, Diabetes, Depressionen, Magenprobleme, Blasenschwäche, Heuschnupfen, Schmerzen und Entzündungen, Unruhe und Schlafstörungen, Verstopfung und Durchfall.
Hintergrund und Tipps
Unser Beitrag ist als Hilfe für ältere Menschen und ihre Angehörigen gedacht. Die Stiftung Warentest informiert, warum Medikamente ältere Menschen gefährden können, was für Nebenwirkungen auftreten können und welche Alternativen es für die Wirkstoffe von der Priscus-Liste gibt. Außerdem: Allgemeine Tipps für sichere Arzneimittel im Alter.
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Diese Medikamente sind im Alter riskantAuf der Priscus-Liste stehen problematische Wirkstoffe
Die Bandbreite der Wirkstoffe und der damit behandelten Erkrankungen ist groß. Sie reicht von Arthritis und Bluthochdruck über Blasenschwäche, Diabetes und Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu Depressionen, Schlafstörungen und Schmerzen. Unter die problematischen Mittel fallen beispielsweise:
- Magensäureblocker wie Omeprazol, Lansoprazol und Pantoprazol,
- Schmerzmittel wie Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen,
- Sulfonylharnstoffe gegen Diabetes wie Glibenclamid und Glimepirid,
- Blutdrucksenker wie Clonidin, Doxazosin und Moxonidin,
- Antidepressiva wie Amitriptylin, Bupropion und Paroxetin,
- Neuroleptika wie Haloperidol, Olanzapin und Perazin,
- Schlaf- und Beruhigungsmittel wie Diazepam, Lorazepam und Zolpidem.
Manche Wirkstoffe auf der Priscus-Liste gelten erst ab einer bestimmten Dosis oder Einnahmedauer als kritisch – entsprechende Informationen finden sich in unseren Tabellen.
Wichtig: Setzen Sie verordnete Medikamente nie eigenmächtig ab, sondern nur nach ärztlichem Rat. Die Mittel müssen nicht automatisch schaden, sondern könnten im individuellen Fall unerlässlich sein.
So gehen Sie vor
Sie wollen wissen, ob ein bestimmtes Medikament für alte Menschen kritisch ist? Dann schalten Sie den Artikel frei und gleichen Sie die Namen der Wirkstoffe Ihrer Arzneimittel mit denen in den Tabellen ab. Welchen Wirkstoff ein Mittel enthält, steht auf der Packung und im Beipackzettel nahe beim Handelsnamen.
Wie wir die Medikamente ausgewählt haben
Die Priscus-Liste listet eine Fülle von Wirkstoffen und Wirkstoffgruppen auf. Für unsere Veröffentlichung haben wir all jene herausgefiltert, die rezeptfrei erhältlich sind.
Außerdem wählten wir diejenigen rezeptpflichtigen Wirkstoffe aus, die vergleichsweise häufig verordnet werden. Dazu nutzen wir eine Studie aus dem Arzneimittel-Kompass 2022, die zeigt, in welchen Einsatzgebieten ältere Menschen häufig Medikamente von der Priscus-Liste erhalten. Die jeweiligen Wirkstoffe in diesen Gruppen haben wir nochmals gefiltert und zeigen nur solche, von denen laut Arzneiverordnungsreport 2023 mindestens 2,5 Millionen Tagesdosen verschrieben wurden.
Tipp: Durch allzu viele Arzneimittel entstehen mitunter gefährliche Mixturen – mehr dazu in unserem Beitrag zu Wechselwirkungen. Bewertungen zu Arzneimitteln für viele Einsatzgebiete finden Sie auf unserer Themenseite Medikamente.
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Vielen Dank für den Artikel und vor allem die Zusammenstellung der kritischen Medikamente. Leider ist es aus meiner eigenen Erfahrung so, daß etliche (nicht alle!) Mediziner/innen erhebliche Lücken im Bereich der Pharmakognosie aufweisen und sich überdies wenig bis gar nicht für die in den Beipackzetteln verfügbaren Informationen interessieren. Kritische Nachfragen seitens der Patienten sind i.d.R. grundsätzlich unerwünscht. Erläuterungen zur Medikamentation werden selbst in großen Kliniken nur widerwillig gegeben. In der Tat ist es so, daß Pharmazeuten die kompetenteren Ansprechpartner sind; man/frau muß sie nur fragen. Alternativ ist es ratsam, selbst entsprechende Leitlinien zu studieren; vorausgesetzt man/frau verfügt über zumindest ein gewisses Grundwissen.
@rs2507: Eine Empfehlung, mit Medikamenten in der Plastiktüte zum Hausarzt zu gehen, geben wir in unserem Artikel zur Priscus-Liste nicht. Außerdem berichten wir über die Möglichkeit, sich als Kassenleistung in der Apotheke zu den einzunehmenden Medikamenten beraten zu lassen.
Anstatt mit einer mit Medikamenten gefüllten Plastiktüte zum dauerüberlasteten Hausarzt zu gehen, sollte man besser mit einer Apotheke seines Vertrauens vorab einen Termin vereinbaren um sich dort in Ruhe beraten zu lassen.
@annalina0214 hatte weiter unten vor einigen Jahren die Problematik angesprochen, dass ihr Arzt ungehalten reagiert, wenn er auf mögliche Wechselwirkungen angesprochen wird. Das ist natürlich kein angemessenes Verhalten für einen Arzt. Das muss man ganz klar sagen. Der bessere Ansprechpartner für Wechselwirkungen ist allerdings auch nicht der Arzt sondern ein guter Apotheker. Hier liegt zumindest in der Theorie das meiste Know-how. Natürlich gibt es auch Apotheker die keine Lust oder zu wenig Ahnung haben. Dennoch bieten viele Apotheken einen Wechselwirkungscheck an. Den sollte man gerne auch nutzen. Alternativ gibt es seriöse Seiten im Internet, bei denen nach Eingabe der eigenen Medikamente automatisiert ein solcher Check durchgeführt wird. Wer dies nicht möchte oder Probleme damit hat, die Ergebnisse zu verstehen, sollte sich unbedingt an eine gute Apotheke wenden.
Die Eingruppierung von Johanneskraut und seinem wirksamen Bestandteil in diese Liste kann ich nicht nachvollziehen. Begründet wird die Aufnahme in die Liste damit, dass Johanniskraut und sein aktiver Wirkstoff zu Wechselwirkung mit anderen Medikamenten neigt. Das ist selbstverständlich absolut korrekt. Allerdings ist es vollkommen altersunabhängig. Johanniskraut hat aufgrund seiner spezifischen Verstoffwechselung ein hohes Potenzial an Wechselwirkung. Und das in einem jedem Alter. Wechselwirkungen kann man aber sehr leicht selbst überprüfen. Dafür gibt es entsprechend seriöse Seiten im Internet. Oder wer sich das nicht zutraut, bekommt in seiner Apotheke entsprechende Hilfe. Werden keine anderen Medikamente mit entsprechender Wechselwirkung eingenommen, spricht auch im Alter nichts gegen die Einnahme von Johanniskraut, wenn entsprechender Bedarf besteht.