
Erfolgreich. Die Autorin Natascha Sagorski setzt sich mit ihrer Initiative „Familie sind alle“ für familienpolitische Ziele ein. © Amelie Niederbuchner
Am 1. Juni 2025 trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die Natascha Sagorski angestoßen hat. Die Autorin aus Bayern kämpfte für besseren Mutterschutz nach Fehlgeburten.
Alles fing mit Schmerzen an, mit Tränen – und einem schweren Verlust. Vor sechs Jahren erlebte Natascha Sagorski eine Fehlgeburt. „Es war eine Wunschschwangerschaft, alles war so, wie es sein sollte“, sagt die heute 40-Jährige. Doch bei einer Routineuntersuchung konnte der Arzt keinen Herzschlag des Babys mehr feststellen. Und so endete ihre erste Schwangerschaft am selben Tag in einem Münchener Krankenhaus. Dort folgte ein weiterer, kleiner, aber nachhaltiger Schock. Auf Natascha Sagorskis Bitte nach einer Krankschreibung erklärte ihr eine Ärztin, dass sie am nächsten Tag wieder arbeiten könne. „Das war wirklich krass in dem Moment. Ich hatte Blutungen und meine Hormone waren im Ausnahmezustand“, erinnert sie sich. „Und ich wusste genau, dass ich den Kundentermin am nächsten Tag nicht schaffe.“ Auch ihre gynäkologische Praxis wollte keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen, erst der Hausarzt schrieb sie krank.
Fehlgeburten – noch immer ein Tabuthema
Natascha Sagorski, die heute mit Mann und zwei Kindern nahe München lebt, hat dafür gekämpft, dass Frauen nach Fehlgeburten Anspruch auf Regeneration haben. Seit dem 1. Juni 2025 stehen ihnen – je nachdem, wie weit die Schwangerschaft fortgeschritten war – bis zu acht Wochen Mutterschutz zu. In der Zeit müssen Frauen nicht arbeiten, sie erhalten weiterhin Gehalt und stehen unter besonderem Kündigungsschutz. Bislang griff die Mutterschutzregelung erst nach der 24. Schwangerschaftswoche – einem Zeitpunkt, zu dem Ungeborene als potenziell lebensfähig gelten. „Genaue Statistiken zu Fehlgeburten gibt es nicht. Man schätzt, dass jede dritte Frau im Lauf ihres Lebens betroffen ist“, sagt Natascha Sagorski. „Es ist ein Tabuthema. Frauen beschweren sich nicht, werden nicht laut.“
Erst ein Buch, dann das politische Engagement
Natascha Sagorski erzählt, dass auch sie zunächst vor allem mit sich selbst und ihrem Verlust beschäftigt gewesen sei: „Die politische Dimension habe ich damals nicht gesehen.“ Zu diesem Zeitpunkt hatte die Autorin bereits mehrere Bücher veröffentlicht. Da sie keine passende Lektüre zum Thema Fehlgeburten fand, beschloss sie, selbst ein Buch zu schreiben. „Jede 3. Frau: 25 Frauen erzählen von ihren Schwangerschaften ohne Happy End – und wie sie danach trotzdem ihren Weg gefunden haben“ erschien im Februar 2022.
Für gestaffelten Mutterschutz
In Gesprächen, die sie damals mit Betroffenen, Hebammen, Trauerbegleiterinnen und Ärztinnen führte, hörte sie immer wieder, dass Krankschreibungen nach Fehlgeburten nicht selbstverständlich sind. „Wow, hier brodelt etwas unter der Oberfläche“, habe sie damals gedacht. Bei weiteren Recherchen stieß sie auf das Konzept, Mutterschutz nach einer Fehlgeburt zu staffeln: „Das kam mir logisch vor.“
Um den gestaffelten Mutterschutz gesetzlich zu verankern, sprach Natascha Sagorski mit Politikerinnen, Ärztinnen und anderen Fachleuten. Sie startete eine Petition und zog vors Bundesverfassungsgericht. Das lehnte ihre Klage zwar ab, befand aber, dass der Gesetzgeber den Begriff „Entbindung“ nicht ausreichend konkretisiert habe. Eine Neuinterpretation an dieser Stelle sei möglich.
In dieser Zeit gründete Natascha Sagorski zudem die politische Initiative „Familie sind alle“, die Familienthemen vorantreiben möchte.
Neuregelung findet Mehrheit im Bundestag
Im Januar 2025 gab der Bundestag sein Ja zur Neuregelung des Mutterschutzes, im Februar passierte das neue Gesetz den Bundesrat: Ab der 13. Schwangerschaftswoche gibt es nun nach Fehlgeburten Anspruch auf Mutterschutz. Natascha Sagorski, die ihr Kind in der 10. Woche verlor, hätte streng genommen nicht von der Änderung profitiert. „Ich habe mir eine Regelung gewünscht, die bereits nach der sechsten Woche greift, doch das war nicht durchzusetzen“, sagt sie. „Für mich ist es dennoch ein riesiger politischer Erfolg, der mich wahnsinnig glücklich macht.“
Ihre Chance
Neue Rechtslage. Angestellten steht seit dem 1. Juni 2025 nach einer Fehlgeburt ein gestaffelter Mutterschutz zu: ab der 13. Woche bis zu zwei Wochen, ab der 17. Woche bis zu sechs Wochen, ab der 20. Woche sind es bis zu acht Wochen. Um in den Mutterschutz gehen zu können, müssen sie dem Arbeitgeber und der Krankenkasse eine Bescheinigung von Arzt oder Klinik vorlegen. Eine Krankschreibung ist nicht mehr nötig. Wenn Betroffene arbeiten möchten, darf ihr Arbeitgeber sie auf ihr ausdrückliches Verlangen hin beschäftigen.
Engagement. Sie ärgern sich über Missstände? Wenn Sie eine Petition starten, haben Sie die Möglichkeit, etwas zu ändern und Gleichgesinnte kennenzulernen.
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