
Tausend To-dos? Zu viele Aufgaben können mental belasten und krank machen. © Westend61 / zerocreatives
Haben Sie den Kopf voll mit unendlichen Aufgaben-Listen? Auf Dauer kann diese mentale Last krank machen. Wir zeigen Strategien, mit denen Sie den Kopf freibekommen.
Wann war noch mal der Zahnarzttermin des Sohnes? Der Kühlschrank ist leer, ich muss dringend einkaufen! Und für morgen muss ich unbedingt noch die Präsentation fürs Meeting überarbeiten.
Tag für Tag sind jede Menge Kleinigkeiten zu organisieren, ständig kommt Neues dazu. Was vielen im Alltag über den Kopf wächst, hat einen Namen: Mental Load. Es ist wichtig, sich dieser Last bewusst zu werden und aktiv gegenzusteuern. Denn sie kann krank machen. Wir sagen, was Sie tun können, um Ihre mentale Gesundheit zu stärken.
Die unsichtbare Denkarbeit im Alltag
Was genau ist Mental Load? In den frühen 1970er-Jahren beschrieben Arbeitspsychologen mit dem Begriff geistige Überlastung im Job. Erst seit wenigen Jahren meint er vor allem die Belastung bei der Organisation von Alltag und Familie.
Zum Vorstellen hilft das Eisberg-Modell: Über der Wasseroberfläche sichtbar ist beispielsweise die Idee eines entspannten Weihnachtsfestes in der Familie. Unsichtbar unter der Oberfläche liegt der Mental Load – die vielen kleinen Aufgaben, die dazu gehören: Weihnachtlich dekorieren, Baum kaufen, Geschenke besorgen, Feiertagsessen planen und Zutaten dafür einkaufen, putzen, Bedürfnisse aller Familienmitglieder berücksichten und so weiter.
„Mental Load“ bezeichnet die Last der unsichtbaren Verantwortung für das Denken, Planen und Organisieren von Alltagsaufgaben sowie die emotionalen Folgen dieser Belastung.
Wie Mental Load krank machen kann
Als Krankheit gilt Mental Load nicht. Doch die dauerhafte Belastung kann zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Betroffene leiden oft an psychosomatischen Beschwerden wie Kopf- und Rückenschmerzen, Tinnitus, Magen-Darm-Beschwerden oder andauernder Müdigkeit. Auch weniger Lust auf Sex, Vergesslichkeit und schlechte Konzentrationsfähigkeit können auftreten.
Die ständige Belastung kann auch zu Stimmungsschwankungen, depressiven Verstimmungen, Depression und Burn-Out führen. Puls und Blutdruck können steigen, was eine Herz-Kreislauf-Erkrankung wahrscheinlicher macht.
Tipp: Achten Sie auf Warnsignale wie Magenschmerzen, Herzstiche, Schlafstörungen oder auf innere Unruhe, Grübeleien, Gereiztheit und Angstgefühle. Sie können anzeigen, dass Sie sich Hilfe holten sollten. Erste Anlaufstelle sind Hausärztin oder Hausarzt.
Erster Schritt: Bestandsaufnahme
Wer sein Mental Load verringern möchte, sollte sich einen Überblick über sämtliche Aufgaben mit Verantwortung machen. Also die unsichtbare Last sichtbar machen. Alles aufzuschreiben kann nicht nur helfen, kreisende Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen, sondern auch die Aufgaben zu finden, die am meisten Energie ziehen.
Wichtig sind auch Gespräche, um klarzumachen, dass sich etwas ändern muss. Denn auf andere wirkt es oft so, als hätten die Betroffenen alles im Griff. Vielfach sind diese Gespräche mit Partner oder Partnerin zu führen, doch auch andere Familienmitglieder und Freunde können Anlaufstellen sein.
Tipp: Wie Sie das Problem am besten ansprechen und die richtigen Worte finden, steht in unserem Ratgeber „Freier Kopf statt Mental Load“. Er zeigt Schritt für Schritt, wie es gelingen kann Aufgaben neu und fair zu teilen und entspannt zu managen – mit konkreten Übungen, Tipps und Vorlagen zum Ausfüllen.
Aufgaben übergeben – oder streichen
Um den Überblick zu behalten und gleichzeitig mentale Entlastung zu schaffen, braucht es Strategien. Dazu gehört es unter anderem, Prioritäten zu setzen und Aufgaben zu verteilen. Welche sind wie dringend? Welche lassen sich an andere übergeben? Wichtig: Für wirkliche Entlastung reicht es nicht, nur den sichtbaren Teil der Arbeit etwa an Partner oder Kinder abzugeben, sondern auch die Verantwortung dafür. Beispiel: Wer für den Wochenendeinkauf zuständig ist, plant auch die Mahlzeiten und schreibt die Einkaufsliste.
Ist die Last insgesamt zu groß, gilt es Aufgaben zu vereinfachen – sich beim Putzen etwa auf das Nötigste zu beschränken oder statt selbst Plätzchen zu backen, fertige Kekse zu besorgen. Dinge, die nicht wichtig oder dringend sind, lassen sich vielleicht komplett von der Liste streichen – etwa noch mehr Adventsdeko zu kaufen oder die Urlaubsfotos aus dem Sommer zu sortieren.
Frauen mit Kindern tragen besonders viel Last
Übrigens: Mental Load ist keine Privatsache mehr, sondern eine strukturelle Herausforderung der Gesellschaft. Denn von Mental Load sind überwiegend Frauen betroffen – eine Folge davon, dass unbezahlte Hause- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern oft ungleich verteilt ist. In Deutschland übernehmen Frauen den überwiegenden Anteil an notwendigen Alltagsaufgaben in Haushalten und fühlen sich dadurch stärker belastet als Männer.
Besonders hoch ist der Mental Load von Frauen, wenn Kinder im Haushalt leben. Das ergab 2023 ein Report des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung, der auf einer Befragung von mehr als 2 000 Erwachsenen basiert. Interessant dabei: Frauen, die bei der Arbeit kürzer treten und Teilzeit arbeiten, um Job und Familie besser vereinbaren zu können, leiden nicht weniger unter Mental Load. Im Gegenteil: Sie fühlen sich durch die unsichtbare Denkarbeit im Alltag sogar etwas stärker belastet als Frauen in Vollzeit.
Tipp: Frauenkörper ticken anders, diese Erkenntnis setzt sich langsam durch. Sehr deutlich sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Diabetes, Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
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