
Zuwendung. Laut Leitlinie das wichtigste Mittel für fiebernde Kinder. © Shutterstock / Tomsickova Tatyana
Eine neue wissenschaftliche Leitlinie stellt klar: Entscheidend ist nicht, wie hoch das Fieber ist, sondern wie es dem Kind geht. Was Eltern noch beachten sollten.
Fieber darf nicht über 40 Grad Celsius steigen – so haben es viele Eltern gelernt. Und beobachten mit Sorge, wenn das Thermometer bei ihrem Kind sich dieser Marke nähert. Im Zweifel geben sie dann lieber ein fiebersenkendes Mittel. Doch eine neue Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin unter Mitwirkung von 15 Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Patientenorganisationen, stellt klar: Medizinisch ist das nicht zu empfehlen. Für die Frage, ob Fieber gesenkt werden sollte, ist nicht die Höhe der Körpertemperatur entscheidend – sondern, wie es dem Kind insgesamt geht. Und: Am wichtigsten ist die elterliche Zuwendung.
Der Körper bringt sich nicht selbst in Gefahr
Von Fieber spricht die Leitlinie, wenn ein Kind oder Jugendlicher eine Körpertemperatur von 38,5 Grad oder mehr hat. Für Babys unter drei Monaten liegt die Schwelle bei 38 Grad. Fieber ist keine Krankheit, sondern eine „normale und meistens hilfreiche Abwehrreaktion des Körpers im Umgang mit Krankheitserregern“, stellt die Leitlinie klar. „Deshalb gibt es normalerweise keine medizinische Notwendigkeit, eine hohe Temperatur zu senken“, sagt Prof. Tim Niehues, Chefarzt des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Helios Klinikum Krefeld und einer der Koordinatoren der Leitlinie.
Das gilt selbst dann, wenn das Thermometer die 40 Grad-Marke passiert. Die Sorge, dass die Temperatur immer weiter steigen könnte, ist unbegründet, sagt Niehues: „Der Körper regelt die Temperatur so, dass er sich nicht selbst in Gefahr bringt.“ Nur, wenn das Kind Schmerzen hat oder anderweitig leidet, könnten Eltern das Fieber senken. „Dabei sollten sie aber immer genau auf die Dosierung der Medikamente achten und nicht zu viel geben.“
Auf Alarm-Symptome achten
Wichtig ist, das kranke Kind zu beobachten. Denn bei bestimmten Symptomen ist schnelle ärztliche Hilfe erforderlich. Dazu gehören
- Bewusstseinsstörungen,
- Berührungsempfindlichkeit,
- starke Schmerzen,
- schrilles Schreien,
- Hauteinblutungen (Hautausschlag, der nicht verschwindet, wenn man ein Glas darauf drückt),
- Austrocknung, (wenn die Haut zusammengedrückt wird, bleibt eine Falte stehen; bei Säuglingen ist die Fontanelle eingesunken)
- sehr schnelles Atmen oder sehr blasse, graue oder blaue Haut.
„Auch wenn das Fieber länger als drei Tage anhält, das Kind sehr krank wirkt oder jünger als drei Monate ist, sollte es zum Kinderarzt“, sagt Niehues.
Schläft das Kind ruhig? Nicht wecken!
Eine andere häufige Sorge von Eltern ist, dass sich der Zustand des Kindes im Schlaf verschlechtern könnte und sie dies zu spät bemerken. Manche wecken es daher regelmäßig, um Fieber zu messen. Auch das ist kontraproduktiv, stellt die Leitlinie klar. „Wenn ihr Kind ruhig schläft, normal atmet und eine normale Hautfarbe hat, gibt es keinen Grund zur Sorge“, sagt Niehues. Ein ungestörter Schlaf ist wichtig für das Kind, um gesund zu werden.
So messen Sie richtig
Die Leitlinie informiert auch, welche Messmethode die beste ist: Bei Babys sollte immer mit einem Digitalthermometer im Po gemessen werden. Für Kinder ab einem Jahr und für Jugendliche ist auch ein Ohr-Thermometer ausreichend genau. Ein Stirn-Thermometer ist weniger präzise, aber auch okay. Beide Thermometer-Varianten messen mit Infrarot-Technik. Die Messung im Mund unter der Zunge ist nur für Jugendliche ratsam und zudem weniger genau. Das Thermometer unter die Achsel zu stecken, führt zu unzuverlässigen Ergebnissen und ist daher nicht zu empfehlen.
Antibiotika sind meist keine Lösung
Antibiotika allein wegen Fieber zu verabreichen, ist nicht indiziert. Denn Auslöser für das Fieber sind meist keine Bakterien, sondern Viren, gegen die Antibiotika nichts ausrichten. Auch von der vorsorglichen Gabe von fiebersenkenden Medikamenten bei Impfungen rät die Leitlinie ab – außer bei der Impfung gegen Meningokokken B gemäß Empfehlung der Ständigen Impfkommission.
Das Wichtigste: Elterliche Zuwendung
Die wichtigste Maßnahme bei Fieber laut der Leitlinie: Zuwendung. Die Eltern sollten das Kind eng betreuen, dafür sorgen, dass es weder friert noch schwitzt und ihm Getränke anbieten. Und wenn es ihm dann besser geht, nichts überhasten: „Kinder sollten immer erst einen ganzen Tag fieberfrei und munter sein, bevor sie wieder in die Schule oder Kita gehen“, betont Niehues.
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