Faktor-ETF 7 Anla­gestrategien, die Sie kennen sollten

Datum:
  • Text: Max Schmutzer, Yann Stoffel
  • Testleitung: Thomas Krüger
Faktor-ETF - 7 Anla­gestrategien, die Sie kennen sollten

Gut prüfen. Die Auswahl eines Faktor-ETF sollte nicht alleine auf der Rendite basieren. © Getty Images / Jonathan Kitchen

Wissenschaftlich fundierte Anla­gestrategien versprechen hohe Renditen und lassen sich mit Faktor-ETF einfach umsetzen. Wir ordnen Vor- und Nachteile dieses Ansatzes ein.

Finanz­wissenschaftler haben in ihrer Forschung seit Jahr­zehnten Merkmale von Aktien analysiert, die in der Vergangenheit ein über­durch­schnitt­liches Rendite-Risiko-Verhältnis hatten – und bei denen es plausibel ist, dass sie das auch in Zukunft haben werden. Diese Merkmale werden auch als Faktoren oder Smart Beta bezeichnet. Viele dieser Anla­gestrategien können günstig und unkompliziert mit ETF umge­setzt werden.

Sieben etablierte Anla­gestile stellen wir vor und zeigen eine Tabelle mit ETF, mit denen man die Strategien umsetzen kann: Value, Growth, Small Caps, Momentum, Low Volatility, Dividenden, Quality.

Die richtige Strategie finden

Wenden Sie Faktor-ETF in Ihrer Anla­gestrategie an, sollten Sie einige Grund­regeln beachten:

Nicht alles auf eine Karte setzen. Faktor-ETF sollten nur als Beimischung zu einem welt­weit anlegenden ETF-Portfolio genutzt werden.

Einen langen Atem haben. Anleger sollten nur in Strategien investieren, von denen sie inhalt­lich über­zeugt sind. Lange Durst­stre­cken gehören dazu. Die müssen sie durch­halten. Eine Garantie auf Über­renditen gibt es nicht.

Bequeme Alternative bedenken. Die vorgestellten Anla­gestrategien sind für fort­geschrittene Anleger, die sich gerne mit ihrer Geld­anlage beschäftigen. Entspannte Anle­gerinnen und Anleger, die sich möglichst wenig kümmern wollen, brauchen nicht mehr als ein Pantoffel-Portfolio. Unser Special Das Pantoffel-Portfolio – bequem und erfolg­reich verrät, wie die Anla­gestrategie der Stiftung Warentest funk­tioniert.

Im Fonds­finder suchen. In unserer Fondsdatenbank können Sie über „Weitere Filter“ und dann „ETF: Stile und Faktoren“ nach passenden Fonds suchen.

Strategie-Indizes im Vergleich

Unser Chart zeigt, wie sich die Strategien seit dem Jahr 2000 in Prozent im Vergleich zum MSCI World geschlagen haben:

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Lese­hilfe zum Chart „Relative Wert­entwick­lung“

Der Chart zeigt, um wie viel Prozent der betrachtete Strategie-Index besser oder schlechter gelaufen ist als der MSCI World. Beispiel: Der Chart zeigt zu einem Stichtag X einen Wert von 130 Prozent. Dann bedeutet das, dass die Strategie seit Beginn der Betrachtung (also seit Kurven­beginn) um 30 Prozent besser gelaufen ist als der MSCI World Index.

  • Ob die Indizes insgesamt gestiegen oder gefallen sind, sieht man an diesen Kurven nicht – nur ob die Strategie besser oder schlechter als der MSCI World gelaufen ist.
  • Wenn die Kurve steigt, baut die Strategie gegen­über dem MSCI World Index ihren Vorsprung aus.
  • Wenn die Kurve fällt, läuft der MSCI World relativ zur Strategie besser.
  • Wenn die Kurve zu zwei verschiedenen Zeit­punkten (zum Beispiel April 2006 und September 2021) auf dem gleichen Wert steht (zum Beispiel bei 114 Prozent), dann hat die Strategie zwischen 2006 und 2021 keine weitere Outperformance generiert, auch wenn es zwischen­durch auf und ab ging.

Die Value-Strategie

Als „Value-Aktien“ werden Aktien bezeichnet, deren Kurse im Vergleich zu den Fundamen­taldaten des Unter­nehmens nied­rig sind. Bei der Value-Strategie werden Aktien ausgesucht, die „günstig“ oder „unterbe­wertet“ sein sollen. Man bezeichnet sie auch als „Substanz­werte“. Bei der Analyse von Value-Aktien stehen die Unter­nehmens­daten im Fokus: Gesucht werden Aktien, deren Aktienkurs im Vergleich zum Unter­nehmens­wert gering ist.

Eine klassische Möglich­keit, diese Aktien zu identifizieren, ist das Kurs-Buch­wert-Verhältnis, bei dem der Börsenkurs einer Aktie dem Eigen­kapital des Unter­nehmens pro Aktie gegen­überge­stellt wird. Manchmal werden auch mehrere Kenn­zahlen betrachtet.

Wichtig ist aber: Es gibt keinen Auto­matismus, dass „güns­tige“ Aktien irgend­wann im Wert steigen. Auf den Aktienkurs eines Unter­nehmens gibt es diverse Einflüsse, die den Kurs sinken oder steigen lassen. Zudem kritisieren Experten, dass die klassische Value-Strategie etwas veraltet ist, da sie den Wert von immateriellen Gütern wie Lizenzen und Patenten nicht berück­sichtigt, die aber bei vielen Unternehmen wert­voller sind als die Maschinen.

Stiftung-Warentest-Kommentar: Value zählt zu den ältesten bekannten Faktoren. Wer die Value-Strategie verfolgt, muss Durst­stre­cken über lange Zeiträume einplanen, in denen die Rendite schlechter ist als der Markt. Das müssen Anleger aushalten können, wenn sie diese Strategie umsetzen wollen. Immaterielle Vermögens­werte werden bei vielen Value-Fonds nicht berück­sichtigt.

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Die Growth-Strategie

„Growth-Aktien“ werden im Deutschen „Wachs­tums-Aktien“ genannt. Bei Growth-Aktien setzen Anleger auf deutlich steigende Gewinne in der Zukunft. Ihre Kurse sind im Vergleich zu den Fundamen­taldaten des Unter­nehmens hoch, sie gelten also als teuer. Damit sind Growth-Aktien das Gegen­teil von Value-Aktien. Und damit zählen sie auch nicht zu den wissenschaftlich fundierten Faktoren – im Gegen­teil: Laut Wissenschaft sind sie eigentlich Under­performer. Letzteres mag man kaum glauben, da sie von Anfang 2007 an sehr lange Outperformer waren. In dem Zeitraum gab es ein paar Rück­schläge (Zins­steigerungen mögen Growth-Aktien zum Beispiel nicht), aber insgesamt ist das ein ziemlich langer Zeitraum für eine Strategie, die eigentlich nicht so toll sein soll.

Stiftung-Warentest-Kommentar: Growth zählt nicht zu den Faktoren – kann aber sehr lange sehr gut laufen. Bei Fonds­managern ist sie eine beliebte Anla­gestrategie. Wir empfehlen Growth aber bestenfalls als Beimischung – wie alle Strategien.

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Die Small-Cap-Strategie

Als Small Caps bezeichnet man kleinere Aktiengesell­schaften. In verschiedenen Auswertungen wurde gezeigt, dass die kleinen Aktiengesell­schaften in der Vergangenheit höhere Renditen abge­worfen haben als große. Eine gängige Erklärung für die höhere Rendite ist, dass kleine Unternehmen nicht so gut handel­bar sind. Zudem haben Small Caps ein höheres Risiko als „große“ Unternehmen.

Allerdings: Der in den wissenschaftlichen Unter­suchungen gemessene „Small Cap“-Effekt ist wohl vor allem ein „Micro-Cap“-Effekt, der also bei den aller­kleinsten, schlecht handel­baren Aktien fest­gestellt wird. Micro Caps sind aber über Fonds nicht sinn­voll investier­bar und es gibt keine ETF darauf.

Stiftung-Warentest-Kommentar: Auch wenn die Renditen der „Small Caps“ nicht in jeder Phase über­zeugen, eignet sich eine Beimischung. Im MSCI World-ETF sind nämlich keine „kleinen“ Unternehmen vertreten, so dass Anleger ihr Portfolio damit breiter aufstellen können. Eine Beimischung bis 15 Prozent ist sinn­voll.

Tipp: Wie Sie mit ETF auf Schwellenländer-Indizes Vielfalt ins Portfolio bringen, zeigt unser Special ETF Emerging Markets Small Cap.

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Die Momentum-Strategie

Die Momentum-Strategie setzt auf die Aktien, deren Kurse in letzter Zeit am stärksten gestiegen sind. Damit ist die Momentum-Strategie keine besonders ausgetüftelte Strategie – aber in der Vergangenheit funk­tionierte sie erstaunlich gut. Eine Erklärung für das Funk­tionieren der Strategie könnte sein, dass auch viele professionelle Anleger einfach die Aktien kaufen, die in der jüngeren Vergangenheit gut liefen und den Aktien damit weiteren Auftrieb verleihen.

Stiftung-Warentest-Kommentar: Momentum ist mit Blick auf Ergeb­nisse der Vergangenheit eine beein­druckende Strategie. Sie erzielte sehr oft bei ähnlichem Risiko mehr Ertrag als der breite Markt. Da aber unklar ist, ob das auch in Zukunft so bleibt, sollten Anleger nicht nur auf diese Strategie setzen. Als Beimischung können Anleger entsprechende ETF aber nutzen.

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Die Low-Volatility-Strategie

In der klassischen Variante werden für die Low-Volatility-Strategie Aktien mit besonders nied­riger Volatilität ausgewählt. Die Volatilität misst die Schwankungen eines Aktien­kurses. In der statistisch etwas anspruchs­volleren Variante wird ein Korb aus Aktien gebildet, der in seiner Gesamt­heit eine möglichst nied­rige Volatilität hat. Die Welt-ETF auf dem deutschen Markt werden nach dieser Korb-Variante gebildet. Auch wenn die Strategie es tatsäch­lich schafft, weniger schwankungs­anfäl­lig zu sein, kann die Rendite besonders in Erholungs­phasen deutlich hinter dem breiten Markt herhinken.

Stiftung-Warentest-Kommentar: Die Verminderung des Risikos bei dieser Strategie hat den Preis, dass auch die Performance phasen­weise deutlich reduziert ist. Auch über längere Zeiträume kann das Rendite-Risiko-Verhältnis dann schlechter als beim MSCI World sein. Defensive Anleger können die Strategie beimischen.

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Die Dividenden-Strategie

Bei der Dividenden-Strategie werden Aktien ausgewählt, die eine hohe Dividenden-Rendite versprechen. Oft zieht man dazu weitere Bedingungen heran, zum Beispiel, dass diese Dividenden stetig gestiegen sein müssen. Oder dass die Dividendenrendite im Verhältnis zum Aktienkurs nicht deswegen hoch sein darf, weil der Aktienkurs vor Kurzem stark gesunken ist.

Stiftung-Warentest-Kommentar: Dividenden-Strategien sind ein Liebling des Fonds-Marketings, da sie sichere, regel­mäßige Ausschüttungen versprechen. Es gibt aber keinen objektiven Grund, sich als Anleger nur auf diese Art der Rendite zu konzentrieren. Ob Dividenden-Strategien tatsäch­lich lang­fristig besser als der Markt laufen, ist unsicher. Wir betrachten sie nicht als über­legene Strategie. Anleger, die von der Strategie über­zeugt sind, können sie aber zu ihrem Welt-ETF beimischen.

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Die Quality-Strategie

Bei der Quality-Strategie geht es um die betriebs­wirt­schaftliche Qualität der Aktien. Dazu werden unterschiedliche Unter­nehmens­kenn­zahlen betrachtet. Beim MSCI World Quality Index sind das zum Beispiel: Eigen­kapitalrendite, stabiles Gewinn­wachs­tum und der Verschuldungs­grad. Unternehmen, die bei diesen Merkmalen positiv abschneiden, werden in einen Quality-Index aufgenommen.

Stiftung-Warentest-Kommentar: Aufgrund des jungen Alters der Strategie und der abge­bildeten Indizes sollten Anleger auch hier nicht alles auf eine Karte setzen. Sie sollten Quality-Strategien nur beimischen. Die Auswahl­kriterien der Aktien für die Quality-Indizes sind nicht einheitlich geregelt. Es gibt verschiedene Ansätze unter diesem Namen.

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ETF für Anla­gestrategien

Zu allen sieben vorgestellten Strategien gibt es ETF, die diese Ideen für eine welt­weite Aktien­anlage umsetzen. Wenn Sie auf die Links in der unten stehenden Tabelle klicken, landen Sie in unserer Fonds-Daten­bank. Viele Basisinfos dort sind kostenfrei; die Bewertung erfahren Sie, wenn Sie den kosten­pflichtigen Fonds­vergleich frei­schalten.

Wir zeigen hier ETF, die eine der sechs Strategien möglichst rein umsetzen – eventuell kombiniert mit ethisch-ökologischen Auswahl­kriterien. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Fonds und ETF, die verschiedene Strategien kombinieren.

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17 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • ESchroll am 03.09.2025 um 19:50 Uhr
    Nachhaltige ETFs mit aufnehmen

    "Wir werden aber gerne versuchen, sie zeitnah in den Tabellen am Ende das Artikels zu ergänzen." Nachhaltige ETFs in den Tabellen zu ergänzen finde ich eine sehr gute Lösung :) Danke!

  • Profilbild Mitarbeiter_Stoffel am 23.08.2025 um 15:20 Uhr
    Nachhaltige ETFs mit aufnehmen

    @ESchroll: In unserer Fondsdatenbank finden Anleger solche Fonds bereits. Hier im Artikel über Faktoren möchten wir versuchen, diese Faktoren so "rein" wie möglich zu untersuchen und darzustellen. Wir werden aber gerne versuchen, sie zeitnah in den Tabellen am Ende das Artikels zu ergänzen.

  • ESchroll am 15.08.2025 um 15:47 Uhr
    Nachhaltige ETFs mit aufnehmen

    Es gibt mittlerweile zahlreiche nachhaltige Faktor-ETFs, z.B. Invesco Global Active ESG Equity UCITS ETF EUR PfHdg Dist WKN A3DSVS. Ich möchte gerne bei der Redaktion anregen, den Artikel "7 Anla­gestrategien, die Sie kennen sollten" um nachhaltige Alternativen (SRI, ESG) zu ergänzen. Ob als Beispiel zu jeder einzelnen Strategie oder als eigenes Kapitel bleibt Ihnen überlassen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 04.06.2025 um 10:16 Uhr
    Unterschied bei der relativen Entwicklung

    @wuerstchenklaus: Die Charts haben unterschiedliche Startzeitpunkte – Ende 1974 und Ende 2000.

  • wuerstchenklaus am 23.05.2025 um 07:17 Uhr
    Unterschiedliche Chart-Werte?

    Warum ist die relative Entwicklung in den Charts unterschiedlich? MSCI Value ist im Übersichts-Chart liegt in 2024 bei 80%, im Chart im Value-Absatz aber bei 120%.