Erbstreit Interview: „Um Geld geht es meist nur vordergründig“

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Erbstreit - Interview: „Um Geld geht es meist nur vordergründig“

Konfliktlöser. Daniel Steltzer ist Rechts­anwalt und Mediator in Berlin. Er rät, die Angehörigen schon vor dem Erbfall an einen Tisch zu bringen. © Privat

In Erben­gemeinschaften kommt es oft zum Streit, gerade wenn es um die Verteilung des Nach­lasses geht. Mediator Daniel Steltzer sucht nach bedürfnis­orientierten Lösungen.

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Ein Streit unter Erben hat meist eine Vorgeschichte. Konflikte mit Geschwistern, die schon seit der Kindheit schwelen, die Abneigung gegen die neue Frau des nun verstorbenen Vaters oder Rangeleien um Gleichbe­hand­lung aller Kinder in einer Patchworkfamilie – all das und noch vieles mehr kann zu Tage treten, wenn es zum Erbfall kommt. Warum? Weil es plötzlich nicht nur um verletzte Gefühle geht, sondern auch um Geld.

Streit ums Erbe kann Familien regelrecht auseinander­reißen. Manchmal endet er sogar vor Gericht. Eine Mediation kann das verhindern. Mediator Daniel Steltzer erklärt, woher Konflikte kommen und wie man mit ihnen umgehen kann.

Konflikte unter Miterben – häufig oder Rand­erscheinung?

Solche Streitig­keiten kommen oft vor. Nicht umsonst heißt es im Volks­mund: Redet ihr noch miteinander oder habt ihr schon geerbt? Miterben sind häufig Familien­mitglieder. Zu denen bestehen mal gute, mal aber auch schlechte Beziehungen.

Worum wird gestritten?

Um Geld geht es meist nur vordergründig. Hat der Verstorbene ein Testament hinterlassen, kann es sein, dass sich einer der Miterben durch die dort getroffenen Rege­lungen benach­teiligt fühlt. Er sieht sich vielleicht darin bestätigt, dass er nicht das liebste Kind war oder sogar das schwarze Schaf der Familie. Häufig geht es um Fragen von Ungleichbe­hand­lung, gerade unter Geschwistern. Da brechen alte Konflikte auf und es gibt das Gefühl, zurück­gesetzt worden zu sein – oft schon als Kind. Der Verstorbene lässt sich nicht mehr dazu befragen, wie er seine Anordnungen gemeint hat.

Und wenn der Verstorbene kein Testament hinterlassen hat ...?

… wird erst recht gestritten. Dann greift die gesetzliche Erbfolge, wonach oft mehrere zusammen erben, etwa der Ehepartner und die Kinder. Miterben bilden eine Erben­gemeinschaft: eine Zwangs­gemeinschaft, in der alle nur gemein­sam über den Nach­lass entscheiden können. Wenn sie unterschiedlicher Meinung sind, führt das häufig zu Streit.

Aber auch ein Testament kann für Konflikte sorgen, etwa wenn es nicht klar formuliert oder veraltet ist.

Wie kann eine Mediation helfen?

Bei einer Mediation kommt es nicht so sehr darauf an, was recht­lich gilt. Es geht um die Bedürf­nisse der Beteiligten und wie sie sich am besten erfüllen lassen. Dazu ein Beispiel: Max hat ein Auto, Moritz den Schlüssel zur Garage. Beide wollen das Auto nutzen, aber Max gibt das Auto nicht heraus, Moritz nicht den Schlüssel. Im Gespräch kommt heraus, dass Max das Auto unter der Woche braucht, um zur Arbeit zu fahren. Moritz möchte es nur am Wochen­ende nutzen. Die Bedürf­nisse beider lassen sich erfüllen. Eine Win-Win-Situation ist das Ideal­ziel einer Mediation.

Wie läuft so eine Mediation genau ab?

Eine Mediation verläuft in mehreren Phasen. Das Kern­stück ist die „Konflikterhellung“, bei der geklärt wird, welche Bedürf­nisse bestehen. Miterben wird dabei oft klar, dass auch die anderen legitime Interessen verfolgen. Am Ende der Mediation soll eine Lösung stehen, die für alle passend ist. Dabei können Erben sogar vom Testament abweichen. Wichtig ist nur, dass sie sich einig sind.

Wie finde ich einen Mediator?

Der Begriff ist nicht geschützt. Es gibt aber zertifizierte Mediatoren, die eine Ausbildung gemacht haben. Rechts­anwälte müssen die sogar haben, um sich Mediator nennen zu dürfen. Egal, ob Anwalt oder nicht: Das Vorgespräch ist in der Regel kostenlos. Vertrauen Sie bei der Auswahl Ihrem Bauchgefühl. Die Chemie sollte stimmen.

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