Dubiose Anleger­anwälte Mogel­packungen und unrealistische Szenarien

Dubiose Anleger­anwälte - Mogel­packungen und unrealistische Szenarien

Jochen Resch. Der Rechts­anwalt sprach bei Stern TV im Sommer 2023 von 700 bis 800 Fällen mit fragwürdigen Internetbrokern, die seine Kanzlei im Jahr bearbeite – und bei denen es im Jahr 2022 um 125 Millionen Euro Schadens­volumen gegangen sei. © Screenshot: Stiftung Warentest, Quelle: youtube.com/watch?v=flXVkFpRzaI, stern TV

Beim drei­stufigen Honorarmodell von Resch Rechts­anwälte ist unklar, was Mandanten für ihr Geld erhalten. Die Kanzlei Kilian Rechts­anwälte weckt illusorische Hoff­nungen.

Finanztest-Leser Hans Gäde (Name geändert) trug im Herbst 2023 seine Kontakt­daten auf der Webseite der Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger e. V. (SgK) in Berlin ein. Er hoffte, etwas von den 12 500 Euro zu retten, die er einem dubiosen Internetbroker über­wiesen hatte. Jochen Resch, Anwalt bei der Resch Rechtsanwälte GmbH in Berlin und SgK-Vorstand bis 2005, meldete sich.

Resch hatte eine gute Nach­richt: Unter dem Betreff Schaden­ersatz schrieb er Gäde: „Wir schätzen Ihren Fall positiv ein.“ Resch Rechts­anwälte ist gut im Geschäft: 700 bis 800 solche Fälle pro Jahr habe die Kanzlei, sagte Resch 2023 bei Stern TV (Screen­shot oben). Gäde schickte er gleich eine Honorar­ver­einbarung mit. Das tat er auch in anderen Fällen, etwa im Früh­jahr 2024 an einen Geschädigten, der 70 000 Euro mit einem betrügerischen Fest­geld­angebot von van Tilburg Consultancy verloren hatte.

Es ist möglich, Honorare zu vereinbaren statt nach den Sätzen des Rechts­anwalts­vergütungs­gesetzes (RVG) abzu­rechnen. Doch Reschs drei­stufiges Modell weicht stark von üblichen Anwalts­verträgen für außerge­richt­liche Tätig­keit ab. Unerfahrene Mandanten erkennen schwer, um welche Leistungen es genau geht und ob noch Kosten auf sie zukommen können.

Unser Rat

Anbieter checken. Die Warnliste Geldanlage verschafft Ihnen einen Über­blick über dubiose, unseriöse oder sehr riskante Geld­anlage­angebote, vor denen die Stiftung Warentest warnt. Die Liste umfasst neben dubiosen Internetbrokern auch unseriöse Beratungs­angebote.

Kosten klären. Sie können ermitteln, wie hoch die Gebühren in Ihrem Fall gemäß Rechts­anwalts­vergütungs­gesetz in einem Zivil­prozess wären. Dabei hilft der Rechner des Deutschen Anwaltvereins. Rechnet Ihr Anwalt anders ab, können Sie die Kosten vergleichen.

Ungewöhnliches Vergütungs­modell

Mandanten in der „Basis“- Variante von Reschs Honorar­ver­einbarung haben nur einen „Beob­achter­status“ und erhalten damit das Recht, mit Informationen über die Aktivitäten der Kanzlei Resch versorgt zu werden. „Wir verfolgen die Spur des Geldes!“, stellt die Kanzlei unter anderem heraus. Aber: „Es wird für Sie kein Klage­verfahren geführt und keine Straf­anzeige gestellt.“ Trotzdem werden bei 12 500 Euro Schaden satte 1 090 Euro fällig, bei 70 000 Euro sind es 4 034 Euro.

In der Variante „Smart“ „plant“ die Kanzlei eine „Art Sammelklage“. Im Anschreiben heißt es dazu: „Wir bündeln die Fälle der Anleger, machen daraus ein Paket von fundierten Straf­anzeigen mit anschließendem Adhäsions­verfahren.“ Dazu schreibt die Kanzlei dann selbst: „Das Verfahren ist komplex.“ Stimmt – um eine „Sammelklage“ im herkömm­lichen Sinn handelt es sich jedenfalls nicht, noch nicht einmal um eine Klage. Geld erhalten die Anleger aufgrund der Straf­anzeigen nur dann, wenn die Staats­anwalt­schaften Gelder bei den Anla­gebetrügern beschlag­nahmen kann. Zivilrecht­liche Ansprüche gegen „Banken und Finanz­agenten in den betreffenden Ländern“ werden nur „geprüft“, „die Spur des Geldes“ wird verfolgt. Dazu bediene man sich nicht nur eines „Netz­werks von Juristen in zahlreichen Ländern“ sondern bei Kryptowährungs­fällen auch eines „Chain­analysis“-Programms. Das alles hört sich blumig an, ohne zu konkret zu werden. Nur eins ist klar: „Jeder zivilrecht­liche Verfahrens­gang“ kostet extra. Kosten­punkt der Variante „Smart“ bei einem Schaden von 12 500 Euro 1 590 Euro und bei 70 000 Euro schon 5 289 Euro.

Erst in der „Premium“-Variante macht Resch Schaden­ersatz­ansprüche geltend, falls Anklage in einem Straf­prozess erhoben wird. Individuelle zivilrecht­liche Klagen in Deutsch­land werden geprüft: „Über Erfolgs­aussichten und Kostenrisiken werden wir Sie aufklären.“ Preis: 1 890 Euro beziehungs­weise 5 489 Euro.

Es können weitere Kosten entstehen, auch für einen Vergleich. In allen Varianten kommt noch die Mehr­wert­steuer sowie eine Akten­einsichts­gebühr von 12 Euro dazu. Resch baut zudem Zeit­druck auf und rät, bei der Variante „Smart“ auf das Widerrufs­recht zu verzichten.

Dubiose Anleger­anwälte - Mogel­packungen und unrealistische Szenarien

Medien-Auftritt. Der Anwalt Jochen Resch (auf dem Smartphone zu sehen) äußert sich immer wieder öffent­lich zu Betrügereien. Wie im Sommer 2023 in einem Stern TV-Beitrag über dubiose Internetbroker und ihre Masche mit gefälschten Promi-Videos. Resch berät dort einen geschädigten Anleger (rechts zu sehen). Mandanten seiner Kanzlei hätten 2022 durch solche Broker Schäden von 125 Millionen Euro gehabt. © Screenshot: Stiftung Warentest, Quelle: youtube.com/watch?v=flXVkFpRzaI, stern TV

Leistung nicht klar erkenn­bar

Finanztest befragte dazu den Singener Rechtsanwalt Martin W. Huff, bis 2022 Geschäfts­führer der Rechts­anwalts­kammer Köln. Er hat sich mit der Vergütung von Anwälten beschäftigt und kritisiert: „Verbraucher erkennen nicht, was sie bekommen – eine Mogel­packung.“

Bei der „Basis“- Variante wissen Geschädigte nicht, wer genau was ermittelt und ob das hilft, Geld von Verantwort­lichen oder etwa Banken zu bekommen. Bei „Smart“ ist unter anderem die Frage, ob aufgrund außerge­richt­licher Aufforderungs­schreiben Geld erstattet wird. Resch teilte Finanztest mit, es gebe eine hohe Rück­zahlungs­quote. Bei lizensierten Handels­platt­formen erhielten Mandanten immer Geld zurück. Betrügerische Internetbroker weisen aber oft gar keine oder gefälschte Lizenzen auf.

Straf­anzeigen können zu Ermitt­lungen und Verurtei­lungen führen, individuelle Schaden­ersatz­ansprüche im Verfahren mit fest­gestellt werden. Wegen des hohen Aufwands tun das Richter bei Geld­anlagefällen aber ungern.

Resch nennt auf Anfrage mehrere laufende Verfahren. Bei Libra Markets hätten Mandanten ihr Geld komplett wiederbe­kommen. Das Land­gericht Koblenz ordnete im März 2023 an, 9,9 Millionen Euro bei den Tätern hinter diesem Internetbroker und zwei weiteren einzuziehen. Die Regel ist das nicht. Was das Land­gericht Regens­burg in einem anderen Fall einziehen ließ, entsprach nicht einmal 5 Prozent der Schadensumme aller Anleger – nicht alle dürften aber ihre Ansprüche verfolgen.

Hoher Aufwand, hohe Kosten

Experte Huff hält das Honorar für „sehr über­zogen“. Resch kontert in einer Antwort an Finanztest, es dauere im Schnitt rund vier Jahre, in einem Fall zu ermitteln, oft über Länder­grenzen hinweg und mit mehreren Gegnern: „Das muss seinen Nieder­schlag auch in der Höhe der Kosten finden.“

Eine sieben­stel­lige Summe hätten Internetbroker-Geschädigte schon wiederbe­kommen. Resch rechnet opti­mistisch mit einer Erfolgs­quote von 50 Prozent für Fälle aus dem Jahr 2022, „in denen wir das Geld für Mandanten zurück­holen werden“. Im Fall van Tilburg stand die Staats­anwalt­schaft bei unserer Anfrage noch am Anfang der Ermitt­lungen.

Erfahrungs­gemäß ist es im Ausland aber oft schwierig, Forderungen durch­zusetzen, selbst wenn man die Spur des Geldes bis zum Ende verfolgt und Verantwort­liche findet. Auf eine positive Einschät­zung sollten sich Mandanten auch nicht verlassen. Sie ist im Gegen­satz zu einer Erst­beratung unver­bindlich.

(Über­schrift, Absätze 3, 4, 5, 8 und Ende wegen einst­weiliger Verfügung am 26.9.2024 geändert, am 21.8.2025 Änderungen an Über­schrift und an Absatz 3 ganz sowie an Absatz 8 teil­weise rück­gängig gemacht.)

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