
Protest. Seit Jahren kämpfen Vereine und Fans gegen die überteuerten Ticketverkäufe von viagogo. Hier Anhänger des FC Augsburg im Jahr 2013. © picture alliance / Eibner-Pressefoto
Viagogo hält scheinbar für jedes Event auch kurzfristig noch Karten bereit – zu happigen Preisen. Der FC Bayern München hat erfolgreich gegen die Ticketbörse geklagt.
Das Ticketportal Viagogo steht schon lange in der Kritik. Die Verbraucherzentralen warnen vor dem Schweizer Anbieter. Auch Tickets, die noch gar nicht für den Verkauf freigegeben sind, werden bei Viagogo gehandelt. Genau gegen diese Praxis ist der Fußballverein FC Bayern München juristisch vorgegangen und hat ein wegweisendes Urteil erwirkt.
Fußballvereine wollen keinen Verkauf über Viagogo
Fußballvereine wehren sich seit Jahren gegen die Ticketbörse, die Eintrittskarten zu ihren Spielen zu völlig überteuerten Preisen anbietet. Denn die Vereine verkaufen die Stadionkarten über ihre eigenen Webseiten vor allem an Vereinsmitglieder. Die Tickets sind personalisiert, die Vereine wollen so verhindern, dass Käufer sie zu überzogenen Preisen unter die Leute bringen. Doch das passiert trotzdem immer wieder. Bei unserer Recherche am 6. August 2024 wurden zum Beispiel Karten für das Bundesligaspiel Vfl Wolfsburg gegen Bayern München gehandelt – zu Preisen von bis zu 1 313 Euro pro Ticket.
Dark Patterns sollen Kundschaft locken
Auf der Ticketbörse boten Händler zudem Fußball-Tickets für Bayern-Spiele an, die der Verein noch gar nicht herausgegeben hatte. Leerverkäufe werden solche Angebote genannt. Außerdem wurden die Angebote mit einer angeblich beschränkten Stückzahl der Karten beworben. „Letzte Tickets für den Bereich“ und andere Aussagen sollen Kundinnen und Kunden das Gefühl vermitteln, schnell zugreifen zu müssen – ansonsten wären die Tickets weg. Dark Patterns nennen Experten solche Manipulationen, die Interessenten überreden sollen, gegen ihren eigenen Willen zu handeln.
Leerverkäufe sind laut Gericht unzulässig
Das Landgericht München I entschied nun, dass die Leerverkäufe durch die Viagogo GmbH zu Spielen des FC Bayern München mit dem Hinweis auf eine eingeschränkte Verfügbarkeit unzulässig sind (Az. 37 O 2100/22, nicht rechtskräftig). Diese Praxis führe laut Gericht Verbraucherinnen und Verbraucher in die Irre. Diese würden glauben, auf sicherem Weg ein Ticket zu kaufen, dabei würden Verkauf und Kauf letztlich nur auf Spekulation beruhen. Der Fußballverein sei laut Gericht auch berechtigt, Fans am Einlass abzuweisen, die ihr Ticket über Viagogo erworben haben.
Die wahren Verkäufer müssen genannt werden
Gleich auf der Startseite von Viagogo steht zwar: „Wir sind der weltweit größte Sekundärmarktplatz für den Verkauf von Live-Event-Tickets. Die Preise werden von den Verkäufern festgelegt und können unter oder über dem Originalpreis liegen.“ Trotzdem haben Käuferinnen und Käufer meist keine Ahnung, vom wem sie Tickets kaufen. Das Gericht urteilte jetzt, dass Viagogo zumindest die Identität und Anschrift von unternehmerisch handelnden Verkäufern auf ihrer Plattform mitteilen muss. Als nicht erwiesen sah es das Gericht an, dass Viagogo gezielt Strohleute einsetzt, um Tageskarten für Heimspiele des FC Bayern München zum späteren Weiterverkauf zu beziehen. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass Viagogo an der Fälschung von Tickets beteiligt war.
Weiterverkauf wird ausgeschlossen
In den Geschäftsbedingungen verweisen Vereine meist darauf, dass der gewerbliche Weiterverkauf oder der Weiterverkauf über andere Internetplattformen vertragswidrig sei. „Nur bei Tickets, die Sie direkt über den Ticketservice des FC Bayern München erwerben, haben Sie eine Garantie, dass es sich um gültige Tickets mit Zutrittsberechtigung handelt“, schreibt der Verein, der sogar eine eigene Abteilung namens Ticket Schwarzmarkt hat, auf seiner Website: „Der nicht autorisierte Weiterverkauf eines Tickets führt hingegen grundsätzlich dazu, dass das Ticket ungültig wird.“
Auch Verkäufer können sich Ärger einhandeln
Bekommen die Vereine mit, dass Käuferin oder Käufer trotzdem ihre Tickets weiterverkaufen wollen, werden sie womöglich für weitere Ticketkäufe gesperrt. Ärger kann es auch geben, wenn die Stadionkarten zu fairen Preisen bei Portalen wie Kleinanzeigen gehandelt werden. Die Vereine betreiben ihre eigenen Ticketzweitbörsen, bei denen Mitglieder ihre Karten mit einem geringen Aufschlag, der etwa die Versandkosten abdecken soll, einstellen können.
Vor dem Kauf aus erster Hand informieren
Der Handel mit Stadionkarten ist nur ein Teil des Geschäfts von Viagogo, auch Konzert- und Theaterkarten werden auf der Ticketbörse überteuert gehandelt. Wer trotz aller Warnungen dennoch bei Viagogo oder Konkurrenten wie Stubhub Karten kaufen will, sollte vorher einen Blick auf die Website des jeweiligen Künstlers oder Veranstalters werfen. Dort gibt es verlässliche Informationen zu dem Event. Auch ein Besuch bei Ticket-Erstanbietern wie Eventim oder Ticketmaster empfiehlt sich. Häufig werden auf dem Zweitmarkt auch Karten für Veranstaltungen angeboten, die noch gar nicht ausverkauft sind. Aus erster Hand sind die Tickets in der Regel billiger als bei Zweitmarktanbietern wie Viagogo & Co.
Tipp: Auf was man Ticketkauf achten sollte, um nicht reinzufallen, beschreiben wir in unserem Special Vorsicht beim Ticketkauf.
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- Besuchern wird nach coronabedingten Konzertabsagen die Erstattung der Vorverkaufsgebühr verweigert. Das ist wohl rechtswidrig. Stiftung Warentest erläutert die...
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- Beim Ticketkauf muss man schnell sein, vor allem, wenn es um bekannte Künstler geht. Wird ein Event abgesagt, haben Besucher Anspruch Erstattung des Eintrittspreises.
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- Verschobene Vorstellungen, ausgewechselte Akteure – nicht jeder Konzert-, Theater- oder Kinobesuch läuft nach Plan. Wir sagen, was zahlende Besucher verlangen können.
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Als Weihnachtsgeschenk sollten Karten für ein Konzert von Sarah Connor im Mai 2020 erworben werden. Über die scheinbar von Sarah Connor betrieben Website wurden wir auf das Ticketportal geleitet. Mittels ständig nervender Werbebanner wurde zeitlicher Druck aufgebaut. Letztendlich wurden 2 Karten erworben. Erst dann kamen die Gebühren zum Vorschein.Ticketpreis einschließlich Porto 209,97€, davon 79,97 Gebühren einschließlich für jede Karte 7,50€ Porto, obwohl beide Karten in einem Umschlag verschickt wurden. Zudem mussten die Karten in einem Paketshop abgeholt werden. Wäre dies vor dem Kauf ersichtlich gewesen, hätten wir die Karten vor Ort im Ticketshop kaufen können. das wäre günstiger gewesen.
Leider viel Lehrgeld bezahlt, aber eins gelernt: NIE WIEDER TICKETS ÜBER VIVAGOGO!
Danke für Ihren Warnhinweis über Viagogo in Heft 2/2019.
Ich hatte eine Karte über Viagogo gekauft, die Karte kostete 23 EUR, von Viagogo wurden mir 46 EUR berechnet und die Karte wurde mir nicht einmal direkt zugeschickt sondernunständlich per UPS an ein Geschäft in der Nähe geschickt, wo ich sie abholen musste. Bei anderen Ticketverkäufern gibt es die Möglichkeit des Onlineausdruckes von Tickets zu gebühren von 1- 2 EUR. Nie wieder Viagogo!
Mit freundlichen Grüßen
Armin Geissler
Stuttgart
Oh je, da hat der Schlussredakteur gepennt. FC Bayern und "Erster" sind eben fast schon eine unauflösliche Verbindung eingegangen ;-) Danke für den Hinweis! Ist geändert.
(aci)
Tja, Tickets dafür sind sicherlich gefälscht, den Verein gibts nämlich nicht.