Nach dem Kauf einer Küche mit einfacher Montage können Kunden zwei Jahre lang Mängel reklamieren. Hier lesen Sie, worauf beim Küchenkauf zu achten ist.
Die sieben grundlegenden Tipps
1. Vertrag – Vorsicht bei Werbeschnäppchen
Unterschreiben Sie im Möbelhaus nicht voreilig, weil der „Schnäppchenpreis“ für einen Küchenblock im Prospekt so niedrig ist. Sobald Sie vom Angebot abweichen (etwa andere Fronten), wird es teuer. Auch die Rabatte im Werbeprospekt („60 Prozent“) sind oft nur heiße Luft, weil der Händler den Preis für die Küche zuvor angehoben hat.
2. Anzahlung – maximal 50 Prozent
Vorsicht, wenn der Händler mehr als 50 Prozent des Kaufpreises als Anzahlung verlangt. Geht er vor der Montage pleite, ist das Geld weg.
3. Mängel – Beweise sichern, Fotos machen
Machen Sie Fotos von Mängeln an der Küche und Schäden, die die Monteure in der Wohnung gemacht haben (etwa am Parkett).
4. Abnahmeprotokoll – nichts als „mangelfrei“ bestätigen
Bezeichnen Sie nach der Montage im Protokoll nichts als „in Ordnung“, was Sie nicht geprüft haben. Sonst gibt es bei der Reklamation Probleme, wenn Sie später doch noch Mängel finden. Natürlich ist es sinnvoll, wenn Monteur und Kunde im Protokoll die Mängel benennen, die sofort aufgefallen sind. Diese Mängelliste ist nicht abschließend. Fällt Ihnen später noch ein Fehler auf, können Sie den nachmelden.
5. Restzahlung – erst nach Mängelbeseitigung
Zahlen Sie den restlichen Kaufpreis erst, wenn alle Mängel behoben sind.
6. Mängelbeseitigung – dem Verkäufer eine Chance geben
Wurde bei der Küchenmontage richtig gepfuscht, ist der Ärger der Kunden manchmal so groß, dass sie am liebsten sofort andere Handwerker mit der Reparatur beauftragen würden. So zu reagieren, ist nicht ratsam. Sie müssen dem Küchenverkäufer zunächst die Gelegenheit geben, die Mängel selbst zu beheben.
7. Reparatur gescheitert – drei Optionen
Wenn die Mängelbeseitigung durch den Händler scheitert oder er diese verweigert, haben Sie diese Optionen:
Anderen Handwerker beauftragen und Verkäufer die Kosten in Rechnung stellen (bzw. von Restzahlung abziehen).
Mangel hinnehmen (etwa bei Schönheitsfehlern) und Minderung des Kaufpreises aushandeln.
Bei größeren Mängeln vom Kaufvertrag zurücktreten (Käufer erhalten Kaufpreis wieder, aber eventuell gekürzt um Nutzungsentschädigung für bisherige Küchennutzung).
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Roland Kost wartet schon seit mehr als 150 Tagen auf eine einwandfreie Küche. Im Sommer 2020 hatte er für einen niedrigen fünfstelligen Betrag in einem Möbelhaus nahe Stuttgart eine Einbauküche plus Montage bestellt. „Die Monteure waren nach sechs Stunden mit dem Aufbau fertig, obwohl der Berater im Möbelhaus zwei Tage dafür eingeplant hatte“, sagt der 66-jährige Pensionär im Gespräch mit test.de. Was anschließend folgte, nennt er seine „Küchen-Odyssee“.
17 Mängel auf dem Zettel
Weil die Monteure nach dem Einbau schnell wieder weg wollen, inspiziert Roland Kost mit seiner Frau die Küche erst am Tag danach. Sie entdecken 17 Mängel: Die Wandabschlussleiste ist zu kurz. Der Geschirrspüler ist so eingebaut, dass er sich nur mit Gewalt öffnen lässt und Wasser seitlich austritt. Die zwei Teile seiner Arbeitsplatte schließen nicht bündig. Mikrowelle und Ofen sind schief eingebaut. Und so weiter und so fort.
E-Mail-Pingpong und langes Warten
Die Mängelliste samt Fotos schickt Kost an seinen Berater im Möbelhaus. Der verspricht, sich zu kümmern. Doch trotz mehrerer Telefonate und E-Mail-Pingpong passiert lange nichts. Erst Monate später, im November 2020, erfolgen die Reparaturarbeiten. Heute sind fast alle Fehler behoben. Nur auf eine ordentliche Arbeitsplatte wartet das Ehepaar Kost Ende Januar 2021 noch immer.
Roland Kost hat test.de die Fotos der Mängel gezeigt. Die Arbeitsplatte besteht wie geplant aus mehreren Teilen. Doch diese sind unterschiedlich hoch und nicht bündig montiert. Zwischenzeitlich hatte das Möbelhaus eine Ersatzarbeitsplatte geliefert. Doch zur Montage kam es nicht, weil die neue Platte vor dem Einbau schon einen Riss hatte.
Im Schnitt 9 700 Euro für eine neue Küche
Dass Kunden wie Kost Arbeit ohne Mängel erwarten, ist verständlich. Nicht selten zahlen sie für Küchen fast so viel Geld wie für einen kleinen Neuwagen. Laut Marktforschungsinstitut GfK gaben die Menschen in Deutschland in den ersten drei Quartalen des Jahres 2020 im Schnitt rund 9 700 Euro für eine Küche aus einem Möbelhaus oder Küchenstudio aus. 6,2 Prozent der Käufer ließen sich ihre Küche 20 000 Euro oder mehr kosten.
Experte: Kaum eine Küche entsteht mangelfrei
Michael Pusch kennt die Sorgen und Nöte der Küchenkäufer. Der 55-Jährige ist Chef eines achtköpfigen Teams, das im Auftrag von Küchenstudios und Möbelhäusern meist hochwertige Einbauküchen installiert. Nebenher betreibt er seit Jahren das Webportal Kuechen-Forum.de. Dort können sich Küchenfans über ihre Erfahrungen austauschen und Tipps holen, was beim Kauf einer Küche zu beachten ist.
Pusch schätzt, dass von 100 Küchen maximal 3 ganz mangelfrei aufgebaut werden. Von der Bestellung bis zur Montage der Küche seien so viele Personen beteiligt, dass es oft zu Fehlern komme: beim Ausmessen des Küchenraums („Aufmaß“), beim Aufnehmen der Wünsche des Kunden, beim Transport der Küche und schließlich beim Einbau.
Ein Teil der Mängel in Roland Kosts Küche sind nach Einschätzung von Michael Pusch auf den schnellen Aufbau zurückzuführen. Sein Team benötigt für die Montage mindestens zwei, manchmal sogar fünf Tage.
Mängel an der Einbauküche richtig reklamieren
Beim Kauf einer Einbauküche und beim Reklamieren von Mängeln ist rechtlich einiges zu beachten. Beachten Sie die „Sieben grundlegenden Tipps“ zu Beginn dieses Beitrags. Im Detail kommt es darauf an, ob Kaufrecht oder Werkvertragsrecht gilt. Die Faustregel:
Kaufrecht gilt, wenn die Montage der Küchenmöbel nur Beiwerk ist.
Werkvertragsrecht gilt, wenn das Küchenstudio auch erhebliche Planungs- und Anpassungsarbeiten erbringt, damit die Küche überhaupt in die Wohnung passt.
Daraus folgt: „Beim Kauf einer einfachen Einbauküche plus Montage gilt in der Regel Kaufrecht“, sagt Claus Radziwill, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Berlin.
Kaufrecht, Werkrecht – warum das einen Unterschied macht
Welches Recht anwendbar ist, kann für Käuferinnen und Käufer einen erheblichen Unterschied machen. Nach dem Kaufrecht dürfen sie auch bei kleinen Fehlern eine noch offene Restzahlung so lange verweigern, bis alle Mängel beseitigt sind. Roland Kost zum Beispiel hält noch rund 1 000 Euro zurück, bis die neue einwandfreie Arbeitsplatte eingebaut ist.
Anders im Werkvertragsrecht: Hat eine Küche nach dem Einbau nur „unbedeutende Mängel“ – etwa einen grauen statt des bestellten schwarzen Schrankgriffs –, müssen Kunden und Kundinnen die Küche zunächst „abnehmen“ und die Restzahlung begleichen. Danach können sie zwar immer noch den Austausch des Schrankgriffs verlangen. Sie haben aber kein finanzielles Druckmittel und sind nach Werkvertragsrecht in diesem Fall also in einer taktisch schlechteren Position.
Küchenmontage mit Planungsleistung
Wann ist eine Einbauküche aber nun so „maßangefertigt“, dass Werkvertragsrecht anzuwenden ist? Anwalt Claus Radziwill: „Das hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.“
Viele Juristen sagen: Die Montagekosten im Verhältnis zum Gesamtpreis spielen eine Rolle. 2018 hat das Oberlandesgericht München geurteilt, dass ein Montageanteil von 16,6 Prozent noch nicht für Werkvertragsrecht ausreicht (Az. 17 U 116/18). Entfallen beim Kauf einer 20 000-Euro-Küche 3 300 Euro auf die Montage, gilt also Kaufrecht.
In Roland Kosts Küchenvertrag sind die Montagekosten nicht extra aufgeführt. Aber für den Einbau seiner Küche waren keine aufwendigen Planungs- und Anpassungsarbeiten nötig, sodass sehr wahrscheinlich die Regeln des Kaufrechts gelten.
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Nach Kaufrecht hat Roland Kost zwei Jahre Zeit, um Mängel zu reklamieren („Verjährungsfrist“). Innerhalb der ersten sechs Monate profitiert er von einer verbraucherfreundlichen Beweislastregel (Beweislastumkehr nach Paragraf 477 Bürgerliches Gesetzbuch). Geht zum Beispiel drei Monate nach der Montage Kosts Geschirrspüler kaputt, wird gesetzlich vermutet, dass das Gerät schon beim Einbau mangelhaft war. Der Händler muss das Gerät reparieren oder Ersatzware liefern.
Reklamation nach mehr als einem halben Jahr
Bei Mängeln, die sich später zeigen, könnte es für Kunden schwer werden. Denn ab dem siebten Monat nach Montage tragen sie die Beweislast für Mängel. Das bedeutet: In einem Rechtsstreit müssten sie beweisen, dass der Geschirrspüler schon beim Einbau einen Mangel hatte. Das erfordert oft ein teures Sachverständigengutachten.
Tipp: Diese rechtlichen Grundsätze gelten auch, wenn Sie einzelne Geräte kaufen, also zum Beispiel den defekten Geschirrspüler durch einen neuen austauschen. Ist die zweijährige Sachmängelhaftung („Gewährleistung“) des Verkäufers abgelaufen, kann Kunden vielleicht noch eine Herstellergarantie weiterhelfen. Erläuterungen zu Gewährleistung und Garantie finden Sie in unserem Spezial „Mangelhafte Ware richtig reklamieren“.
Rechtsschutzversicherung für den Küchenkauf ratsam
Deshalb ist eine Rechtsschutzversicherung für Küchenkäufer sinnvoll. Der Streit mit einem Küchenhändler ist über jede Rechtsschutzpolice mit Vertragsrechtsschutz abgedeckt. Roland Kost ist rechtsschutzversichert. Aber noch hofft er, die Versicherung nicht in Anspruch nehmen zu müssen.
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FrankfurterIsche am 11.03.2021 um 10:28 Uhr
Ähnliches habe ich auch erlebt beim Küchenkauf
Leider kann ich von Mängeln beim Kücheneinbau auch ein ähnliches Lied singen. Der Kauf erfolgte Ende Juni, der Einbau Ende September. Noch immer ist die Küche nicht komplett und die Mängel sind nicht behoben. Die Koordination zwischen den verschiedenen Handwerkern war grottenschlecht. Einen Zurückbehalt eines Teils des Kaufpreises wurde nicht akzeptiert, sonst würde der Einbau nicht stattfinden - so bin ich quasi vom Chef des Küchenstudios erpresst worden, den gesamten Kaufpreis zu überweisen. Mit der Entschuldigung 'Corona Logdown' ist seit Dezember nichts weiter passiert und das Geschäft geschlossen. Da solche Praktiken leider kein Einzelfall sind, sollte der Gesetzgeber dafür sorgen, dass die Kunden rechtlich noch besser gestellt werden.
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Leider kann ich von Mängeln beim Kücheneinbau auch ein ähnliches Lied singen. Der Kauf erfolgte Ende Juni, der Einbau Ende September. Noch immer ist die Küche nicht komplett und die Mängel sind nicht behoben. Die Koordination zwischen den verschiedenen Handwerkern war grottenschlecht. Einen Zurückbehalt eines Teils des Kaufpreises wurde nicht akzeptiert, sonst würde der Einbau nicht stattfinden - so bin ich quasi vom Chef des Küchenstudios erpresst worden, den gesamten Kaufpreis zu überweisen. Mit der Entschuldigung 'Corona Logdown' ist seit Dezember nichts weiter passiert und das Geschäft geschlossen.
Da solche Praktiken leider kein Einzelfall sind, sollte der Gesetzgeber dafür sorgen, dass die Kunden rechtlich noch besser gestellt werden.