
Sterbehilfe. Es gibt verschiedene Formen rechtlich zulässiger Sterbehilfe. Nicht erlaubt ist der Kauf des tödlich wirkenden Medikaments Natrium-Pentobarbital für die Selbsttötung. © mauritius images / Inna Finkova
Wie können Menschen würdevoll sterben? Gesetze zu Sterbehilfe und Suizidprävention werden diskutiert. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Ärzte Suizidhilfe leisten.
Sterbehilfe ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Es geht um die Frage, wie Menschen in dieser Gesellschaft würdevoll sterben können – und wie eine gute Sterbebegleitung für unheilbar Kranke aussehen kann. Im Februar 2020 verkündete das Bundesverfassungsgericht ein klares Grundsatzurteil: Es gibt ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und – so weit angeboten – von Dritten Hilfe in Anspruch zu nehmen (Bundesverfassungsgericht, Az. 2 BvR 2347/15 u.a.).
Über ein Sterbehilfe-Gesetz wird noch diskutiert
Seit dem Verfassungsgerichtsurteil wird gestritten, wie der Staat Hilfe zum selbstbestimmten Sterben regeln soll – und ob eine Regelung der Suizidhilfe vereinbar ist mit dem Auftrag des Staates, Leben zu schützen. Es wird darüber debattiert, wie Menschen Hilfe bekommen, wenn sie um angemessene Unterstützung beim Sterben oder um Zugang zu einem tödlich wirkenden Medikament bitten.
Doch bislang hatte das Urteil keine gesetzgeberischen Konsequenzen. Etliche Gesetzentwürfe zur Regelung der Sterbehilfe wurden diskutiert, wegen fehlender Mehrheiten im Bundestag aber nicht verabschiedet. An einem neuen Gesetzesvorschlag wird gearbeitet. Für Sterbehilfe gilt in Deutschland weitgehend die Rechtslage, wie sie auch vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestand.
Bei der aktiven Sterbehilfe handelt es sich um die Tötung eines Menschen auf dessen ausdrücklichen Wunsch. Der Tod wird von einer anderen Person herbeigeführt oder beschleunigt. Aktive Sterbehilfe ist verboten (Strafgesetzbuch, Paragrafen 212 „Totschlag“ und 216 „Tötung auf Verlangen“).
Beihilfe zur Selbsttötung
Die Beihilfe zur Selbsttötung wird auch Hilfe zur Selbsttötung, Suizidhilfe oder assistierter Suizid genannt. Es geht um eine gezielte Hilfeleistung, die es dem Sterbewilligen ermöglicht, von eigener Hand zu sterben, etwa durch Bereitstellen eines tödlich wirkenden Medikaments. Nach der Gesetzeslage ist Suizid nicht strafbar, also ist auch die Beihilfe zum Suizid nicht strafbar. Wichtig: Der Betroffene muss den letzten Schritt selbst gehen – aus freiem Entschluss.
Passive oder indirekte Sterbehilfe
Nicht strafbar ist die passive oder indirekte Sterbehilfe, etwa wenn Ärztinnen oder Ärzte stark schmerzlindernde Medikamente verabreichen, zum Beispiel im Endstadium einer Krebserkrankung mit Einverständnis des Patienten oder der Patientin. Auch wenn die Behandlung – quasi als unerwünschte Nebenwirkung – die Lebenszeit möglicherweise verkürzt. Auch ist es Ärzten erlaubt, eine medizinische Behandlung, etwa eine künstliche Ernährung oder künstliche Beatmung, zu unterlassen, zu begrenzen oder zu beenden, wenn dies dem tatsächlichen Patientenwillen entspricht.
Ein Behandlungsabbruch muss dazu dienen, einem natürlichen Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen, der ohne Behandlung zum Tode führt. Das hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2010 in einem Urteil klargestellt. In dem Grundsatzurteil ging es um den Unterschied zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe (Az. 2 StR 454/09).
Hilfe von Ärzten möglich
Patientinnen und Patienten, die einen unabwendbaren Sterbewunsch haben, dürfen Hilfe von Ärztinnen und Ärzten in Anspruch nehmen. Für Ärzte gibt es kein berufsrechtliches Verbot, beim Sterben zu helfen. Eine ärztliche Aufgabe ist es jedoch nicht. Das bedeutet: Ärzte können frei und allein auf Basis ihres Gewissens entscheiden, ob sie Suizidwillige beim Sterben unterstützen.
Bis Anfang des Jahres 2021 war dies vielen Ärzten aufgrund berufsrechtlicher Regelungen weitgehend untersagt. Auf dem 124. Deutschen Ärztetag im Mai 2021 wurde jedoch beschlossen, das berufsrechtliche Verbot der ärztlichen Suizidbeihilfe aus der (Muster-)Berufsordnung zu streichen. Im Interview erklärt Dr. Josef Mischo, Vorsitzender der Berufsordnungsgremien der Bundesärztekammer, was der Beschluss des Ärztetages für Patienten und Ärzte bedeutet.
Sterbehilfevereine vermitteln Ärztinnen und Ärzte
Als Konsequenz des verfassungsrichterlichen Urteils vom Februar 2020 haben Sterbehilfevereine im selben Jahr ihre Tätigkeit wieder aufgenommen. Zuvor war ihre Arbeit verboten, nachdem im Jahr 2015 der Bundestag nach kontroverser Debatte ein Gesetz eingeführt hatte. Das Verbot stand im Strafgesetzbuch, in Paragraf 217 „Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“.
Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Verbot für nichtig erklärt. Seitdem sind die Vereine Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) e. V. in Berlin, Dignitas-Deutschland e. V. in Hannover und der Verein Sterbehilfe in Hamburg wieder aktiv.
Die Vereine arbeiten mit Juristen und mit Ärzten zusammen, die Suizidhilfe geben. Teils ist von Freitodbegleitung die Rede. Im Vorfeld wird schriftlich und in Gesprächen geklärt, ob ein Mensch frei über sein Sterben entscheiden kann. „Die fachlich qualifizierte Beratung hat teils auch eine suizidpräventive Wirkung“, sagt Wega Wetzel vom Verein DGHS. Klare gesetzliche Vorgaben für die Vereinstätigkeit gibt es nicht.
Kauf eines tödlichen wirkenden Mittels nicht erlaubt
Patienten haben in Deutschland keinen Zugang zu tödlich wirkenden Betäubungsmitteln. Das Mittel, das sich manche unheilbar Schwerstkranke in einer ausweglosen Lage und extremen Notsituation wünschen, ist ein Mittel mit dem Wirkstoff Natrium-Pentobarbital. Der Wirkstoff fällt unter das Betäubungsmittelrecht, es gibt kein zugelassenes Fertigarzneimittel.
Die Abgabe von Medikamenten, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, ist nur unter strengen Auflagen erlaubt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) muss den Erwerb also unter bestimmten Voraussetzungen erlauben. So dürfen etwa Patienten das Betäubungsmittel erhalten, wenn eine ärztliche Verschreibung vorliegt und das therapeutische Ziel darin liegt, Krankheiten zu heilen oder zu lindern – so die höchstrichterliche Rechtsprechung. Das ist bei einer tödlichen Dosis nicht der Fall.
Gericht lehnte Antrag auf Natrium-Pentobarbital ab
Zwei schwer Erkrankte wollten die Erlaubnis für den Kauf von Natrium-Pentobarbital vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einklagen. Mit dem Medikament wollten die Kläger ihren Sterbewunsch verwirklichen, sollten ihre Krankheiten schlimmer werden. Bis dahin hätten sie das Medikament zu Hause lagern müssen. Von dem löslichen Betäubungsmittel genügen kleine Dosen, um einen Suizid ohne ärztliche Begleitung zu ermöglichen. Ihre Klagen hatten aber keinen Erfolg (Az. 3 C 8.22 und 3 C 9.22). Zur Begründung führte das Gericht aus:
- Ärztlich begleitet. Es gebe andere Möglichkeiten, das eigene Leben medizinisch begleitet zu beenden. Sterbewillige hätten die realistische Möglichkeit, über eine Ärztin oder einen Arzt Zugang zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu erhalten, mit denen eine Selbsttötung durchgeführt werden könne. Außerdem böten mehrere Organisationen Unterstützung bei der Suche nach zur Suizidhilfe bereiten Ärzten.
- Kein Therapieziel. Zudem sei es Zweck des Betäubungsmittelgesetzes, die medizinische Versorgung der Bevölkerung im Sinne von Heilung oder Linderung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden sicherzustellen. Eine Selbsttötung sei damit nicht vereinbar.
- Schutz der Allgemeinheit. Leben und Gesundheit der Bevölkerung seien durch Miss- und Fehlgebrauch des tödlichen und einfach anzuwendenden Mittels gefährdet. Diese Gemeinwohlbelange seien daher zu schützen.
Patientenverfügung für die letzte Lebensphase
Jeder hat das Recht, frei und eigenverantwortlich Festlegungen für die letzte Lebensphase zu treffen. Der sicherste Weg ist eine Patientenverfügung. Darin legt ein Mensch schriftlich fest, dass sie oder er in einer kritischen aussichtslosen Situation am Lebensende keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht, etwa Wiederbelebungsmaßnahmen, eine künstliche Beatmung oder künstliche Ernährung.
Voraussetzung für den Anwendungsfall einer Patientenverfügung ist immer, dass eine aussichtslose Krankheitssituation vorliegt und die Patientin oder der Patient einwilligungsunfähig ist und sich selbst nicht äußern kann. Ärzte müssen sich dann an eine Patientenverfügung halten. Das gilt auch, wenn ein Patient keine Patientenverfügung hat, aber ausdrücklich früher erklärt hat, etwa gegenüber in einer Vorsorgevollmacht Bevollmächtigten oder Angehörigen, dass er nicht weiterbehandelt werden möchte.
Das können Sie in einer Patientenverfügung festlegen
Sie können mit einer schriftlichen Patientenverfügung in gesunden Tagen für den Fall vorsorgen, dass Sie irgendwann einmal einwilligungsunfähig sind und nicht mehr selbst mit Ärzten oder Angehörigen sprechen und entscheiden können. In einer Patientenverfügung legen Sie fest, für welche Krankheitssituation Sie in bestimmte medizinische Behandlungen und Untersuchungen einwilligen und welche Sie ablehnen. Wenn Sie später dauerhaft einwilligungs- und entscheidungsunfähig sind, hilft dies Ärzten und Angehörigen, Ihren Wünschen nachzukommen.
- Ratgeber „Meine Patientenverfügung“. Wenn Sie sich umfassend mit dem Thema Patientenverfügung beschäftigen möchten hilft unser Ratgeber "Meine Patientenverfügung" mit den weiteren Schwerpunkten Palliativmedizin, Sterbehilfe und Organspende. Rechtsanwälte, Ärzte, Psychiater und Ethikbeauftragte kommen zu Wort (Stand: Mai 2021). Der Ratgeber enthält alle Formulare für die rechtliche Vorsorge: 144 Seiten, 14,90 Euro (kostenlose Lieferung). Die PDF/E-Book-Version kostet 11,99 Euro.
- Ratgeber „Das Vorsorge-Set“. Informationen rund um die rechtliche Vorsorge und Formulare für eine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht finden Sie im Vorsorge-Set. Der Ratgeber führt Schritt für Schritt durch die Formulare. Das Vorsorge-Set bekommen Sie zum Preis von 15,00 Euro im Buchhandel und im test.de-Shop.
- Überblick. Vertiefte Informationen rund um die rechtliche Vorsorge bieten unsere Überblicksartikel Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung.
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- In einer Patientenverfügung kann jeder medizinische Anweisungen für die letzte Lebensphase geben. Unser Vordruck hilft, alles rechtssicher zu formulieren.
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- Oft liegen Dokumente zu Hause in der Schublade, im Ordner oder bei Angehörigen. Zusätzlich sollte eine Vorsorgevollmacht beim Zentralen Vorsorgeregister registriert sein.
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- In einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie, wer Sie bei Ärzten und Ämtern vertritt, wenn Sie nicht entscheiden können. Unser Vordruck hilft, alles rechtssicher festzulegen.
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Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Spam
Jeder Mensch wird ohne Selbstbestimmung geboren. Daher MUSS er das Recht bekommen sogar ohne Angaben von Gründen selbstbestimmt sterben zu dürfen!
Alles andere unterliegt sonst IMMER einem kommerziellen Hintergrund.
Die Verantwortung und Durchführung/Hilfe hat die vom Volk gewählte Staatsregierung zu tragen...und nicht die medizinischen Abteilungen aus dem Gesundheitswesen. Für den Sterbewilligen auch IMMER UNENTGELTLICH!!! Dann kommt auch kein falscher Hintergrund einer Geschäftsidee auf!
Das Leben ist nicht da um von anderen benutzt zu werden!!!
@alle; @Abo112: Gerade wenn eine persönliche Situation im Moment ausweglos erscheint, macht es Sinn, sich an eine Beratungsstelle zu wenden. Geht es um finanzielle Sorgen, sind die Schuldnerberatungsstellen die richtige Anlaufstelle, um einen Neuanfang zu planen. In Ihrer Verbraucherzentrale nennt man Ihnen seriöse Schuldnerberater:innen:
www.verbraucherzentralen.de
Führen überbordende Probleme dazu, dass der Lebenswille sinkt und Suizidgedanken aufkommen, können Sie sich an eine Seelsorgeeinrichtung wenden: 0800 111 0 111
www.telefonseelsorge.de/sorgen-themen/krise
Um Menschen mit Suizidgedanken in der Krise beizustehen gibt es in jedem Bundesland Beratungs- und Hilfsangebote, die beim Weg aus der Krise Unterstützung leisten.
ich habe alles verloren.
Selbst wenn ich zur Arbeit gehe, hilft es mir nicht, nachdem ich große Mengen verloren habe.
Ich versuchte wieder aufzustehen, aber es gelang mir nicht.
Ich habe alle mitgenommen, sogar private Institutionen und die Regierung, alles ist geschlossen.
Ich möchte Sterbehilfe erhalten, ich möchte einfach gut sterben, ohne dies alleine tun zu müssen
Bitte hilf mir, ich möchte einfach nur sterben, danke
Wenn ich der Meinung bin es geht nicht mehr, dann muss, ich wiederhole dann muss meinem Wunsch bitte entsprochen werden...ohne wenn und aber. Keiner will sterben oder?? aber wenn dann mit Würde