Resistente Stärke Die Extra-Power aus Kartoffeln

Resistente Stärke - Die Extra-Power aus Kartoffeln

Verwandlung. Aus einem Teil der lang­kettigen Kohlenhydrate werden Ballast­stoffe. © Depositphotos

Resistente Stärke ist groß im Gespräch – doch was ist sie und wo ist sie enthalten? Studien beschreiben Vorteile für Gewicht, Blut­zucker und Darm. Wir werten sie aus.

Resistente Stärke: Was ist das eigentlich? Wenn stärkehaltige Lebens­mittel wie Kartoffeln, Reis oder Hülsenfrüchte erkalten, verändert sich die chemische Struktur in einem Teil ihrer Stärke. Dabei verdicken und verformen sich die lang­kettigen Kohlenhydrate, sodass der Körper sie praktisch nicht verdaut. Fachleute sprechen von resistenter, also widerstands­fähiger Stärke und ordnen sie den Ballast­stoffen zu. Es dauert ungefähr zwölf Stunden, bis sich die Stärke umge­bildet hat.

Aktuelle Studien nehmen Gesund­heits­effekte der resistenten Stärke unter die Lupe – hier wichtige Erkennt­nisse.

1. Sehr hohe Mengen beein­flussen Gewicht

In einem Experiment, das 2024 im Fachjournal Nature Metabolism erschien, untersuchte ein interna­tionales Team Abnehm­effekte durch resistente Stärke. Die Forschenden – etwa von den Universitäten Hong Kong und der Friedrich-Schiller-Universität Jena – gaben 37 Teilnehmenden über acht Wochen täglich ein Nahrungs­ergän­zungs­mittel mit 40 Gramm resistenter Stärke und während weiterer acht Wochen nicht.

Was geschah? In der Ernährungs­phase mit resistenter Stärke verloren die Probandinnen und Probanden im Schnitt 2,8 Kilogramm Körpergewicht. Die Studie hat einige Schwächen, zum Beispiel war die Zahl der Probanden und Probandinnen nur klein. Außerdem dürften 40 Gramm resistenter Stärke täglich auf Dauer zu Darm­problemen führen.

Fazit: Was im Experiment gelang, dürfte im Alltag schwierig werden. Mit herkömm­lichen Lebens­mitteln mit resistenter Stärke sind Abnehmwunder nicht zu erwarten: Eine durch­schnitt­lich große Kartoffel oder 100 Gramm geschälter Reis warten im Schnitt nur mit gut 3 Gramm auf.

2. Wirk­sam gegen Fett­leber

Wissenschaftler aus China, Deutsch­land und Finn­land fanden 2023 in einer Studie im Fachjournal Cell Metabolism heraus, dass resistente Stärke die Heilung einer Fett­leber begüns­tigen könnte. Dafür verordneten sie 200 Patientinnen und Patienten mit nicht-alkoholischer Fett­leber für vier Monate eine ausgewogene Diät. Die eine Hälfte trank zusätzlich täglich einen Drink mit 20 Gramm resistenter Stärke, die andere bekam einen Placebo.

Ergebnis: Am Ende war der Anteil von Leber­fett bei denjenigen, die resistente Stärke zu sich nahmen, um fast 50 Prozent verringert – in der anderen Gruppe nur um 10 Prozent.

Fazit: Einer Fett­leber scheint resistente Stärke entgegen wirken zu können. Die Erkrankung entwickelt sich, wenn die Leber mehr Fette speichern muss, als sie abgeben kann. Es lohnt sich, an der Ernährung zu arbeiten. Mehr Informationen liefert unser Buch Nimm das, Fettleber.

3. Kann Blut­zuckerspitzen vermeiden

Seit Jahr­zehnten beob­achten Fachleute, dass resistente Stärke regulierend auf den Blut­zuckerspiegel wirken kann. Sie sorgt dafür, dass nach Mahl­zeiten nur lang­sam Insulin ausgeschüttet wird. 2023 bestätigte eine Über­sichts­studie von Forschenden vom Londoner Imperial College im Fachmagazin Frontiers in Nutrition die positiven Folgen auf den Blut­zuckerspiegel – unabhängig von der Menge und dem Typ der resistenten Stärke.

Fazit: Menschen mit Diabetes Typ 2 und Vorstufen dieser Krankheit können womöglich unmittel­bar profitieren, wenn sie regel­mäßige Lebens­mittel mit resistenter Stärke essen würden.

Sie sind überge­wichtig und möchten abnehmen? Dann reicht die Fokussierung auf einzelne Nähr­stoffe oder Lebens­mittel nicht aus. Sinn­voller ist der lang­fristige Umstieg auf ein Ernährungskonzept, das unkompliziert ist und sich lange durch­halten lässt.

4. Stärkt die Darm­schleimhaut

Alle aufgeführten Studien führen die Wirkungen resistenter Stärke auf Prozesse im Darm zurück. Als Ballast­stoff kommt die Stärke gut erhalten im Dick­darm an, wo Darmbakterien sie zu kurz­kettigen Fett­säuren abbauen – unter anderem zu Butyrat.

Fazit: Resistente Stärke unterstützt gute Bakterien im Darm, was Entzündungs­prozessen entgegen wirkt und die Darm­schleimhaut stärkt. Was genau passiert, ist Gegen­stand etlicher laufender Studien.

Tipps und Tricks, wie Sie resistente Stärke aufnehmen

Im Schnitt 8,5 Gramm resistente Stärke verzehrt ein Mensch in Europa pro Kopf täglich, schätzt die Fachgesell­schaft für Ernährungs­therapie und Prävention. Resistente Stärke lässt sich zu den 30 Gramm Ballast­stoffen rechnen, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung jedem täglich empfiehlt. So lässt sie sich aufnehmen:

  • Banane, Getreide, Brot. Außer in Kartoffeln, Reis, Hülsenfrüchten und Nudeln ist resistente Stärke auch noch enthalten in unreifen Bananen, geschrotetem Getreide und Brot. Voll­korn­varianten bringen noch Vitamine und Mineralstoffe mit sich. Rund 10 Prozent der Stärke aus diesen Lebens­mitteln verwandelt sich zu resistenter Stärke.
  • Bratkar­toffeln und Co. Hat sich resistente Stärke einmal in Lebens­mitteln gebildet, kann Hitze sie nicht mehr zerstören. Es spricht also rein gar nichts dagegen, gekochte Kartoffeln etwa zu Bratkar­toffeln zu verarbeiten oder Nudeln vom Vortag zu Auflauf.
  • Einfrieren und Wieder­auftauen. Das kann ihren Anteil in Brot sogar erhöhen.

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Kommentarliste

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  • Gelöschter Nutzer am 12.03.2025 um 16:19 Uhr
    @Stiftung_Warentest

    Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn man sich im Rahmen seiner Veröffentlichungen immer auf den aktuellen Stand der Wissenschaftlichen Erkenntnisse bezieht. Nur sollte man das auch klar kommunizieren und vor allem abweichende Meinungen oder Ansichten nicht von vornherein ausschließen oder als falsch bezeichnen. Denn wenn ich immer den aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft gefolgt wäre, dann hätte ich vor vielen Jahrzehnten noch kräftig geraucht, weil das gut für meine Gesundheit wäre, oder hätte mein Haus mit Asbest gedämmt oder hätte geglaubt, dass bald die große Eiszeit über uns hereinbricht. Etwas mehr Demut und etwas mehr Realisierung der begrenzten Kenntnisse auch der noch so modernsten Wissenschaft auch bei den Veröffentlichungen der Stiftung Warentest könnten ganz sicherlich nicht schaden.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 12.03.2025 um 13:35 Uhr
    Wie sich der Wind drehen kann

    @ WittyPitty: Wie Sie richtig anmerken, ist Wissenschaft im ständigen Fluss. Die Stiftung Warentest bezieht sich im Rahmen ihrer Veröffentlichungen immer auf den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse.

  • Gelöschter Nutzer am 11.03.2025 um 17:47 Uhr
    Wie sich der Wind doch drehen kann

    Der Artikel beinhaltet ein Interview, was darlegt, warum vielleicht eher Kohlenhydrate ein Übeltäter sind und nicht Fette. Nun mal ganz davon abgesehen, dass Kohlenhydrate von den Makronährstoffen die einzigen sind, die nicht essenziell und damit lebenswichtig sind, überrascht es mich doch immer wieder, mit welcher Vehemenz und mit welchem Fanatismus in der Vergangenheit und bis heute bestimmte Ernährungsdogmen vertreten werden, weil sie aktuell gerade als Stand der Wissenschaft gelten. Und wenn man dann ein paar Jahre wartet, wird einem das genau Gegenteil erzählt. Mir geht es nicht darum, dass Wissenschaft sich revidiert und verändert. Das ist der Kern der Wissenschaft. Mir geht es um die Leute, die bestimmte Ernährungsdogmen weil sie gerade aktuell sind mit purem Fanatismus vertreten. Und ja, auch die Stiftung Warentest ist hier nicht unschuldig.

  • JFritsche am 03.08.2024 um 02:05 Uhr
    Lagerung gekochter Kartoffeln im Kühlschrank

    Gekochte und gebratene Kartoffeln (auch Nudeln, Reis, Gemüsezubereitungen) können deutlich länger als 2 Tage im Kühlschrank gelagert werden! Eine Woche hält sich all das bei mir auch - aber spätestens dann ist sowieso alles aufgegessen. Wie auch sonst ist eine strikte Hygiene maßgeblich für die Haltbarkeit. Am besten läßt man die Nahrungsmittel auch in derselben Frischhaltedose, bis sie alle sind. Jedes Umfüllen in immer kleinere Dosen birgt das Risiko des wiederholten Einbringens von Keimen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 08.07.2024 um 14:29 Uhr
    Gekochte Kartoffeln im Kühlschrank lagern

    @Joachim_N: Im Kühlschrank können gekochte Kartoffeln für ca. 2 Tage aufbewahrt werden. Wenn die Kartoffeln weich werden und anfangen leicht zu riechen muss man sie wegwerfen.