Kinder­trans­port mit dem Fahr­rad Was ist am sichersten?

Kinder­trans­port mit dem Fahr­rad - Was ist am sichersten?

System­vergleich. Wie schneiden Fahr­rad­anhänger im Vergleich zu Lastenrädern und Nach­läufern ab? © picture alliance / Wolfram Steinberg

Lastenrad, Fahr­rad­anhänger, Fahr­radsitz – wie lassen sich Kinder am sichersten mit dem Fahr­rad trans­portieren? Der ADAC hat es getestet und gibt wert­volle Tipps.

Kinder­trans­port mit dem Fahr­rad – das hat der ADAC geprüft

Kinder­trans­port mit dem Fahr­rad - Was ist am sichersten?

ADAC-Crashtest: Lastenräder mit Trans­portbox rutschen nach dem Crash auf der Fahr­bahn weiter. © ADAC / Uwe Rattay

Im Alltag ist es oft praktisch, wenn man gleich zwei Kinder mit dem Fahr­rad mitnehmen kann. Dafür gibt es mitt­lerweile etliche Möglich­keiten: Kindersitz plus angehängtes Kinder­fahr­rad, verschiedenste Lastenräder, bei denen Kinder in einer Trans­portbox oder auf dem Gepäck­träger Platz nehmen oder der klassische Fahrradanhänger. Doch welche Variante ist praktisch, gut fahr­bar, komfortabel und vor allem sicher für die Kinder? Das hat der ADAC geprüft.

Crash-Test: Seiten­aufprall als Worst Case

Der Auto­mobilclub hat exemplarisch einzelne Modelle dieser Gruppen ausgewählt und neben Hand­habungs- und Fahr­prüfungen etliche Sicher­heits­tests durch­geführt: Der ADAC prüfte, wie robust die Gurt­systeme sind, ob sich Kinder während der Fahrt verletzen können und ob das Gefährt sicher steht oder umfallen kann. Wort-Case-Szenario und Teil der Prüfung war außerdem ein Crashtest, bei dem ein Pkw mit Tempo 30 seitlich in das mit Erwachsenen- und Kinder­dummies besetzte Fahr­rad fuhr.

Tipp: Den kompletten Test können Sie auf der Website des ADAC nach­lesen (Kinder auf dem Fahrrad mitnehmen: Praktisch – aber auch sicher?).

Tipps: So sorgen Eltern für mehr Sicherheit

Hundert­prozentig sicher sind Kinder in keiner der Trans­port-Varianten, die Schwächen und Stärken im ADAC-Test haben wir jeweils zusammengefasst. Wichtig ist, dass Erwachsene selbst auf Sicherheit achten, wenn sie mit Kindern auf oder am Fahr­rad unterwegs sind:

  • Kinder sollten immer einen Helm tragen.
  • Gurte auch auf kurzen Stre­cken immer anlegen. Wenn, beispiels­weise in einem Lastenrad, keine Gurte vorhanden sind, sollten Sie prüfen, ob sich das Gefährt nach­rüsten lässt.
  • Mit Anhänger oder angehängtem Kinder­fahr­rad wird das Fahr­rad deutlich länger. Für andere Verkehrs­teilnehmer ist das nicht unbe­dingt sicht­bar. Deshalb sollten Sie Fähn­chen oder Wimpel anbringen, die auch in unüber­sicht­lichen Verkehrs­situationen (etwa hinter parkenden Autos) gut erkenn­bar sind.
  • Wenn Kinder hinter dem Fahr­rad mitfahren – in einem Anhänger oder auf einem angehängten Rad – ist ein Rück­spiegel sinn­voll, damit Sie die Kinder stets im Blick haben.
  • Insbesondere das Fahr­verhalten der Lastenräder ist am Anfang gewöhnungs­bedürftig. Erst üben, bevor Sie Passagiere mitnehmen.
  • Generell gilt: Umsichtig fahren und Gefahrensituationen vermeiden. Auch wenn es schnell gehen soll, eher den sichersten statt den kürzesten Weg wählen.

Fahr­rad­anhänger: Vielseitig und praktisch

Kinder­trans­port mit dem Fahr­rad - Was ist am sichersten?

Komfortabel. Fahr­rad­anhänger sind praktische Kinder­taxis und oft auch als Buggy zu nutzen. © Sven Wied

Ein Fahr­rad­anhänger ist die klassische Lösung für das Problem Kinder­trans­port. Er lässt sich meist schnell ans normale Fahr­rad koppeln und oft auch als Buggy-Ersatz für bis zu zwei Kinder nutzen. Der ADAC hat je einen gefederten und ungefederten Fahr­rad­anhänger geprüft: Insgesamt schnitten beide in puncto Komfort und Hand­habung besser ab als die anderen Systeme. Der Mitfahr­komfort ist für die Kinder bei der gefederten Variante hoch, der Wetter­schutz im Anhänger insgesamt am besten.

Der Test der Stiftung Warentest von zehn Fahrradanhängern für Kinder (2024) hat jedoch gezeigt, dass alle aktuell geprüften Modelle ein Problem mit Schad­stoffen haben. Deshalb können wir trotz ihrer vielen Vorteile (siehe Tabelle weiter unten) keinen der geprüften Kinder­anhänger empfehlen.

Tipp: Deutlich einfacher ist das Ziehen eines Anhängers natürlich mit einem E-Bike. Wir geben Tipps, worauf Sie beim Ziehen eines Kinderanhängers mit dem Pedelec achten sollten.

Über­roll­bügel kann Extra-Sicherheit bringen

In den Sicher­heits­tests des ADAC über­zeugen die Anhänger in der gefederten wie ungefederten Variante insgesamt am meisten − im Vergleich etwa zu Lastenrädern und Kinder­sitzen. Beim Seiten­crash schneiden die Anhänger insgesamt okay ab, allerdings kann die nied­rige Sitzhöhe zum Problem werden. Bei einigen Modellen bietet ein Über­roll­bügel zusätzlichen Schutz: Er verhindert, dass die Kinder mit dem Kopf auf die Fahr­bahn krachen.

Fahr­rad­anhänger: Pro und Contra

Vorteile

Nachteile

  • Viele Modelle lassen sich auch als Buggy nutzen
  • Kein zusätzliches Fahr­rad notwendig
  • Bieten Kindern in der gefederten Variante relativ viel Komfort und generell guten Wetter­schutz
  • Pfleglich behandelt, lassen sich Kinder­fahr­rad­anhänger nach einigen Jahren Nutzung noch gut weiterverkaufen
  • Fahr­verhalten des Fahr­rads wird durch den Anhänger nur gering­fügig verändert
  • Kommunikation zwischen Erwachsenem vorn und Kindern hinten ist einge­schränkt
  • Durch die nied­rige Sitzhöhe befinden sich die Kinder im Aufprall­bereich von Pkw. Allerdings können robuste Anhänger den Stoß etwas abfangen
  • Anders als Lastenräder nur für den Trans­port von Kindern geeignet
  • Im aktuellen Test von Fahr­rad­anhängern für Kinder konnte die Stiftung Warentest in allen Modellen Schad­stoffe nach­weisen

Legende

Unterschiede zwischen einzelnen Modellen sind vorhanden. Das zeigte auch der Fahrradanhänger-Test der Stiftung Warentest.

Lastenfahr­räder: Teuer und unterschiedlich gut

2020 waren insgesamt 0,5 Prozent der in Deutsch­land verkaufen Fahr­räder Lastenräder. Besonders beliebt sind sie in der E-Bike-Variante. 4 Prozent der verkauften Elektroräder waren 2020 Lastenfahr­räder. Sie lassen sich gewerb­lich zum Trans­port von Waren, aber auch für Groß­einkäufe oder den Trans­port von Kindern nutzen.

Allerdings verlangen Lastenräder eine ordentliche Investition: Insbesondere für die Gefährte mit Elektro­antrieb muss man mehrere Tausend Euro hinlegen. Insgesamt sind Lastenräder recht wuchtige Gefährte, weshalb die ADAC-Tester nur mäßige Noten für die Trans­portier­barkeit und für das Fahr­verhalten in Kurven vergaben.

Drei Lastenrad-Varianten im Check

Lastenrad ist nicht gleich Lastenrad – es gibt etliche Varianten. Der ADAC hat drei davon unter die Lupe genommen.

1. Back­packer: Kinder sitzen auf dem Gepäck­träger

Das längere Heck dieser Lastenräder bietet bis zu zwei Kindern Platz auf dem Gepäck­träger, die – je nach Modell – mit Kinder­fahr­radsitzen ausgerüstet werden können.

Hand­habung und Fahr­verhalten dieser Variante kommt einem normalen Fahr­rad am nächsten. Die ADAC-Tester vergaben für Hand­habung und Fahr­verhalten vielfach gute Noten. Schwächen sahen sie allerdings in der Trans­portier­barkeit des Rades und bei Kurven­fahrten.

In den Sicher­heits­tests des ADAC schnitt diese Lastenfahr­rad-Variante insgesamt am besten ab. Durch die hohe Sitz­position auf dem Gepäck­träger wurden die Kinder-Dummys beim Aufprall des Autos nicht getroffen. Voraus­setzung für Sicherheit ist aber, dass sichere Fahr­radkinder­sitze auf dem Gepäck­träger montiert werden. Wir fanden in unserem Test gute Fahrradsitze ab 60 Euro.

2. Zweispurige Lastenfahr­räder: Behäbige Kinder-Kutschen

Bei zweispurigen Lastenrädern sitzt eine Trans­portbox zwischen zwei Vorderrädern, sodass die Kinder während der Fahrt stets im Blick­feld sind. Mit Längen von rund 2 bis 2,5 Metern und Breiten von rund 0,7 Metern sind diese Lastenräder oft wuchtig, schwierig zu trans­portieren und nehmen viel Platz ein, wenn sie nicht benutzt werden.

So über­rascht es nicht, dass das zweispurige Lastenrad im ADAC-Test beim Fahr­verhalten am schlechtesten abschnitt: Schwächen machten die Tester insbesondere beim Manövrieren und Ausweichen aus.

In den Sicher­heits­tests bot dieses System dagegen die beste Standsicherheit. Die Trans­portbox verhinderte im Crashtest einen direkten Zusammen­stoß von Auto und Kinder-Dummys, aufgrund der glatten Oberfläche der Box rutschte das Rad nach dem Crash aber auf der Fahr­bahn weiter – und könnte so im Ernst­fall in den Gegen­verkehr geraten.

3. „Long-John“: Mit langem Radstand und Trans­portbox

Das „Long John“ ist ein Lastenrad-Typ mit je einem Rad vorne und hinten, wobei zwischen den Rädern ein großer Abstand besteht. Die Trans­portbox sitzt bei dieser Variante zwischen Lenker und Vorderrad. Vorteil: Kinder sind unterwegs stets im Blick­feld.

Das Fahr­verhalten des Long John fand der ADAC durchweg in Ordnung. Der „Long John“ kam beim Über­fahren von Schwellen und Kopf­stein­pflaster auf die besten Komfort-Werte.

In den Sicher­heits­tests des ADAC hatte das Rad ähnliche Probleme wie das zweispurige Lastenrad: Die Seiten­wände der Boxen schützen im Crashtest zwar etwas beim Aufprall. Doch auch dieses Rad rutsche durch die glatte Oberfläche der Trans­portbox auf der Fahr­bahn weiter.

Lastenräder: Pro und Contra

Vorteile

Nachteile

  • Bei Lastenrädern mit Trans­portbox sitzen die Kinder stets im Blick­feld. Kommunikation ist möglich.
  • Vielseitig nutz­bar, für Groß­einkäufe, Getränkekisten, Kinder, aber auch Erwachsene – oft recht viel Zuladung möglich.
  • Trans­portbox schützt Kinder beim Crash vor direktem Aufprall des Autos; beim „Long John“ schützt die hohe Sitz­position davor.
  • Mit Verdeck ausgestattet, bieten Räder mit Trans­portbox guten Wetter­schutz.
  • Insbesondere in der Elektro-Variante sind Lastenbikes sehr teuer – Länder und Kommunen fördern die Anschaffung aber oft mit Zuschüssen.
  • Hoher Platz­bedarf bei Nicht-Nutzung. Denn für Touren ohne große Zuladung oder Passagiere haben die meisten Nutzer noch ein zusätzliches „normales“ Fahr­rad.
  • Das Fahr­verhalten ist durch das hohe Gewicht und wuchtigen Ausmaße gewöhnungs­bedürftig.
  • Laut ADAC sind die Gurt­systeme in den Trans­portboxen der Lastenräder nicht optimal; beim „Long John“ hat man dies über den Kauf guter Kinderfahrradsitze in der Hand.

Legende

Unterschiede zwischen einzelnen Modellen sind möglich.

Nach­läufer: Kompakt und günstig, aber weniger sicher

Ein besonders kompaktes System sind sogenannte Nach­läufer, bei denen ein Kinder­fahr­rad über eine Kupp­lung an das Fahr­rad eines Erwachsenen angehängt wird. Zwei Kinder lassen sich trans­portieren, wenn auf dem Gepäck­träger noch ein Kinder­fahr­radsitz montiert wird. In dieser Kombination hat der ADAC den Nach­läufer getestet. Die Nach­läufer-Tandems ließen sich laut ADAC am besten trans­portieren und brauchten recht wenig Platz, wenn sie gerade nicht benutzt werden. Wenn bereits ein Kinder­fahr­rad vorhanden ist, ist das System das mit Abstand güns­tigste.

Unge­schützt beim seitlichen Aufprall

In puncto Sicherheit sieht der Auto­mobilclub jedoch Probleme: Hüfte und Beine werden beim seitlichen Crash “direkt getroffen“, außerdem wurde das Kind vom Kinder­rad unge­schützt auf die Fahr­bahn geschleudert. Außerdem waren die Gurte für das Kind auf dem Kinder­sitz nicht optimal. Beim Test von Kinderfahrradsitzen stellte auch die Stiftung Warentest in diesem Punkt große Unterschiede fest. Im Fahr­verhalten punktete dieses System vor allem bei Kurven­fahrten und beim Manövrieren. Schwieriger waren damit Ausweichmanöver zu machen.

Nach­läufer: Pro und Contra

Vorteile

Nachteile

  • Sofern Fahr­rad und Kinder­fahr­rad schon vorhanden sind, das güns­tigste System.
  • Kupp­lung benötigt kaum Platz. Beide Fahr­räder lassen sich individuell trans­portieren und passen so beispiels­weise auch auf einen Fahr­radträger.
  • Fahr­rad wird durch den Anhänger nur gering­fügig verändert.
  • Fahr­verhalten wird durch den Nach­läufer nur wenig verändert.
  • Laut ADAC ein insgesamt recht sicheres System
  • Kind kann bei einem Crash unge­schützt getroffen und vom Fahr­rad geworfen werden.
  • Bietet keinen Wetter­schutz.
  • Kommunikation mit dem Kind hinten ist einge­schränkt.

Legende

Unterschiede zwischen einzelnen Modellen sind möglich.

Tipp: Den kompletten Test können Sie auf der Website des ADAC nach­lesen (Kinder auf dem Fahrrad mitnehmen: Praktisch – aber auch sicher?).

Mehr zum Thema

1 Kommentar Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Saimondo am 20.10.2021 um 04:00 Uhr
    Bei dem Artikel wären ein paar Bilder ganz hilfrei

    Bei dem Artikel wären ein paar Bilder ganz hilfreich, damit man sich direkter was unter Long-John, Nachläufer und Co vorstellen kann.
    Wichtiges Thema - guter Artikel.