
Trügerische Fitness: Sport kann schädliches Verhalten wie Rauchen oder ungesunde Ernährung nicht aufwiegen. © Depositphotos
Wer sich viel bewegt und mental gesund ist, blendet andere Gefahren für Herz und Kreislauf oft aus, so eine aktuelle Studie. Wir sagen, wie sich das Risiko senken lässt.
Rund 19 Prozent der in Deutschland lebenden Erwachsenen zwischen 35 und 69 Jahren haben ein erhöhtes oder hohes Risiko, in den kommenden zehn Jahren einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden. Das ist das Ergebnis einer Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI).
Etwa die Hälfte dieser Risikogruppe sieht für sich selbst aber nahezu keine oder nur eine geringe Gefahr. Vor allem diejenigen, die sich mental gesund fühlen und nach eigenen Angaben mindestens fünf Stunden pro Woche körperlich aktiv sind, schätzen ihr Herz-Kreislauf-Risiko zu niedrig ein.
Groß angelegte Befragung
Die RKI-Forschenden haben für ihre Untersuchung rund 3 300 Männer und Frauen befragt. Aus den jeweiligen Angaben – etwa zu Alter, Gewicht, Ernährung, Gesundheit, Rauchen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Familie – wurde das individuelle Risiko ermittelt. Zu den Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall zählen insbesondere Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht.
Befragte sollten sich selbst einschätzen
Zusätzlich flossen Daten zu Wohnort, Bildungsstand und Haushaltsgröße in die Analyse ein. Außerdem wurden die Probandinnen und Probanden gefragt, ob sie mindestens fünf Stunden pro Woche körperlich aktiv seien − dazu zählten Sport, Gartenarbeit und Radfahren. Abschließend sollten sie die Frage beantworten, für wie wahrscheinlich sie es halten, in den kommenden zehn Jahren einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.
Tipp: Das RKI hat den Test mithilfe des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke entwickelt. Jede und jeder kann ihn online selbst durchführen – und die Ergebnisse dann mit dem Arzt oder der Ärztin besprechen.
Bewegungsmuffel über 50 sind besonders gefährdet
Die gute Nachricht: Rund 81 Prozent der Befragten haben kein erhöhtes Risiko für die genannten Erkrankungen. Die überwiegende Mehrheit schätzte das auch richtig ein. Das höchste Risiko haben Männer über 50 Jahren, die sich wenig bewegen. Und je höher dieses Risiko war, desto eher lagen die Befragten in ihrer Selbsteinschätzung daneben.
Sport wiegt schädliches Verhalten nicht gänzlich auf
Ein Grund für diese Fehleinschätzungen könnte laut der Studie sein, dass die Befragten ungesundes und gesundheitsförderndes Handeln gegeneinander aufwiegen, etwa Rauchen gegen Sport. So schätzten insbesondere ehemalige Raucher und Raucherinnen ihr Risiko häufiger zu niedrig ein. Auffällig an den Ergebnissen ist außerdem, dass eine gute mentale Gesundheit oft mit einem Ausblenden des eigenen Herz-Kreislauf-Risikos einhergeht – die Forschenden nennen das Optimismus-Bias, also einen verzerrten Optimismus.
So können Sie vorbeugen
Das Herz-Kreislauf-Risiko hängt von vielen Faktoren ab. Zu den wichtigsten zählen Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht sowie Rauchen, Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung. Der Blutdruck lässt sich mit einem guten Messgerät im Blick behalten und, wenn nötig, mit Medikamenten senken. Ähnliches gilt für Diabetes. Bei ungesunder Ernährung und Übergewicht können beispielsweise Diätkonzepte und eine Ernährungsberatung helfen. Und wer es nicht allein schafft, mit dem Rauchen aufzuhören, kann sich ärztliche Hilfe holen. So gibt es etwa Nichtraucher-Apps auf Rezept.
Gesetzlich Krankenversicherte ab 35 Jahren haben alle drei Jahre Anspruch auf eine präventive Gesundheitsuntersuchung. Dieser Check-up hilft, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes frühzeitig zu erkennen.
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Verehrte Redaktion,
es ist immer wieder das gleiche. Werden Risikofaktoren in Bezug auf Krankheitsprävention aufgezählt, so werden immer wieder so ziemlich regelmäßig „Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht“ genannt, soweit okay. Aber was sie fälschlicherweise immer wieder gerne „unterschlagen“, ist die Tatsache, dass es ja eigentlich heißen muss „unbehandelter oder schlecht eingestellter“ Bluthochdruck, respektive Diabetes. Sie führen unaufgeklärte Leser, sonst in die irre.