
Mehrfachschutz im Alter. Viele Impfungen – darunter auch die gegen Gürtelrose – werden von Krankenkassen erstattet. © Depositphoto / Lev Dolgachov
Studiendaten zeigen: Die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken, liegt bei Gürtelrose-Geimpften niedriger als bei Ungeimpften. Ähnliches gilt für weitere Impfungen.
Wer sich gegen Gürtelrose impfen lässt, hat ein geringeres Risiko, später an Demenz zu erkranken. Das zeigt eine Studie im Fachjournal „Nature“, an der auch Forschende von deutschen Einrichtungen wie der Uni Heidelberg beteiligt waren. Sie basiert auf einem Impfprogramm in Wales mit strengen Vorgaben: Wer Anfang September 2013 – dem Startpunkt – 79 Jahre alt war, hatte Anspruch auf eine Impfung mit einem Lebendimpfstoff gegen Gürtelrose. Wer am Stichtag hingegen 80 Jahre oder älter war, bekam diese Möglichkeit nicht.
Die Regelung diente dem Ziel, den knappen Impfstoff zu rationieren. Als Nebeneffekt ermöglichte sie es den Forschenden, Daten von Menschen zu vergleichen, die kurz vor und nach dem Stichtag geboren und somit nahezu gleich alt waren.
20 Prozent verringertes Risiko
Insgesamt wertete das Team Daten von mehr als 280 000 Menschen über einen Zeitraum von sieben Jahren aus. In dieser Zeit bekamen etwa 35 000 Teilnehmende die Diagnose Demenz – und zwar mehr Nicht-Geimpfte als Geimpfte. Der Impfstoff konnte das Risiko, an Demenz zu erkranken, um ungefähr 20 Prozent senken.
Kurz nach Erscheinen der Studie wurde ihr Ergebnis bekräftigt. Eine weitere Erhebung mit entsprechendem Design, an der auch Forschende der Wales-Studie beteiligt waren, bestätigt den schützenden Effekt des Gürtelrose-Impfstoffs anhand von Daten aus Australien.
Und: Eine Studie eines Teams der Universität Oxford zeigt, dass ein Impfstoff gegen Gürtelrose namens Shingrix, der seit einigen Jahren in Deutschland zum Einsatz kommt, Demenz ebenfalls vorbeugen kann – sogar noch stärker als der Lebendimpfstoff.
Nutzen weiterer Impfstoffe
Die neuen Studien haben methodisch ein besonders hohes Niveau. Sie stützen frühere, möglicherweise weniger belastbare Untersuchungen, die zu ähnlichen Ergebnissen gekommen waren. Demnach scheinen auch andere Impfungen das Demenzrisiko zu verringern, darunter jene gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten und Grippe. Das zeigt eine systematische Auswertung der vorhandenen Daten durch chinesische Forschende im Fachjournal „Frontiers in Immunology“.
Genaue Ursache für die Schutzwirkung bisher unbekannt
Warum genau die Impfungen auch das Demenz-Risiko senken, ist noch unklar. Denkbar ist unter anderem, dass sie Infektionen und damit verbundenen Entzündungsprozessen vorbeugen, die dem Gehirn schaden können.
Die Vermutung ist zudem, dass die Impfungen das Immunsystem nicht nur gegen konkrete Krankheitserreger stärken, sondern es auch allgemein trainieren, sodass es lernt, verschiedene Arten von Infektionen besser abzuwehren.
Tipp: Informationen über weitere Vorbeugungs- und Behandlungsmöglichkeiten bietet unser großer Überblicksartikel zu Demenz.
Schutz als Kassenleistung
Es kann sich also doppelt lohnen, routinemäßig angebotene Impfungen zu nutzen – zum Schutz vor Infektionskrankheiten sowie vor Demenz. In Deutschland werden verschiedene Impfungen von der Ständigen Impfkommission empfohlen und von den Krankenkassen bezahlt. Dazu zählen bei Erwachsenen:
- alle zehn Jahre eine Auffrischungsimpfung gegen Tetanus und Diphtherie (gegebenenfalls einmalig auch gegen Keuchhusten oder Keuchhusten und Polio),
- ab einem Alter von 60 Jahren die Impfung gegen Gürtelrose,
- ab einem Alter von 60 Jahren die Impfung gegen Pneumokokken,
- ab einem Alter von 60 Jahren alljährlich die Impfung gegen Grippe,
- ab einem Alter von 60 Jahren alljährlich die Impfung gegen Covid-19,
- ab einem Alter von 75 Jahren die Impfung gegen RSV (Abkürzung für Respiratorisches Synzytial-Virus, einen Erreger von Atemwegserkrankungen).
In vielen Fällen – etwa bei chronischen Krankheiten wie Immunschwäche – sind Impfungen gegen Gürtelrose, Pneumokokken, Grippe, Covid-19 und RSV schon früher möglich und sinnvoll. Besprechen Sie das mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.
Tipp: Auf unserer Themenseite finden Sie weitere wichtige Informationen zum Thema Impfen.
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