Gemüse halt­bar machen Fermentation − viel mehr als Sauerkraut

Gemüse halt­bar machen - Fermentation − viel mehr als Sauerkraut

Die Garten­welt im Gläschen. Milchsäu­regärung rettet die bunte Gemüseernte bis in den Winter. © StockFood / Sabine Zimdahl

Den Garten voll Möhren? Wohin mit all den Zucchini und Gurken? Wer die Gemüseernte auch im Winter noch genießen möchte, kann sie fermentieren. Wir sagen, wie das geht.

Schon in der Jung­stein­zeit fanden Menschen heraus, dass Milchsäurebakterien Lebens­mittel halt­bar machen. Heute liegt Fermentieren wieder im Trend. Das bekann­teste Beispiel für fermentiertes Gemüse hier­zulande ist Sauerkraut. In Korea ist Kimchi − scharf vergorener Chinakohl − ein Nationalge­richt.

Aber auch für die Zucchini- oder Karotten­schwemme aus dem eigenen Garten ist die Fermentation eine geeignete Konservierungs­methode. Wir erklären Schritt für Schritt, was Sie beachten müssen.

So funk­tioniert die Fermentation

Das Fermentieren basiert auf einem faszinierenden biologischen Prozess: Die Milchsäurebakterien wandeln Kohlenhydrate in Milchsäure um. Der pH-Wert sinkt auf unter 4, wodurch schädliche Bakterien, Hefen und Schimmelpilze abge­tötet oder am Wachs­tum gehindert werden.

Gleich­zeitig entstehen durch den Fermentations­prozess neue Geschmacks­verbindungen, die dem Gemüse seinen charakteristischen säuerlich-würzigen Geschmack verleihen.

Fermentieren im Einmach­glas

Die traditionelle Methode funk­tioniert mit einfachen Einmach­gläsern, die fast jeder zu Hause hat. Das ist kostengünstig und bietet eine gute Kontrolle über den Fermentations­prozess – perfekt für Einsteiger und kleine Mengen.

Allerdings müssen die Gläser regel­mäßig kontrolliert und eventuell über­schüssige Gase abge­lassen werden. Zudem besteht ein leicht erhöhtes Risiko für Fehlgärungen, wenn die Hygiene nicht optimal ist.

Hygiene: Sauber­keit bringt Sicherheit

Einmach­gläser, Deckel und eventuell auch Gummi­ringe vor Gebrauch gründlich mit heißem Wasser und Spül­mittel reinigen.

Dann: Gläser für zehn Minuten in einen Topf mit sprudelnd kochendem Wasser setzen – sie müssen voll­ständig von Wasser bedeckt sein. Anschließend im Back­ofen bei 80 Grad Celsius trocknen. Oder geöff­nete Gläser direkt bei 100 Grad einige Minuten im Back­ofen sterilisieren.

Verwenden Sie nur saubere Schneidbretter und Messer und waschen Sie auch Ihre Hände gründlich.

Profi-Variante: Spezielle Fermentations­gefäße

Professionelle Fermentations­töpfe oder -gläser verfügen über spezielle Deckel mit Wasser­verschluss oder Ventilen, die über­schüssige Gase auto­matisch entweichen lassen, ohne dass Sauer­stoff eindringen kann.

Diese Gefäße bieten eine gleich­mäßigere Fermentation, reduzieren das Risiko von Fehlgärungen erheblich und benötigen weniger Über­wachung. Dem stehen höhere Anschaffungs­kosten gegen­über.

Gut geeignet: Kohl, Karotten, Zwiebeln

Sauerkraut und Kimchi sind die Klassiker − doch nicht nur Kohl lässt sich fermentieren.

Grüne Bohnen können ebenso ins Glas wie Paprika, Einlegegurken, Rettich oder Fenchel. Besonders gut geeignet sind Zwiebeln, Rote Bete, Blumenkohl, Brokkoli, Radieschen und sogar Knoblauch.

Wurzelgemüse wie Karotten und Rote Bete entwickeln eine angenehme Süße, während Kohlsorten ihre Struktur behalten und probiotische Eigenschaften entwickeln. Wer verschiedene Gemüsesorten mischt, schafft geschmack­liche Vielfalt.

Weniger geeignet: Salat, Spinat, Tomaten

Weiches Blatt­gemüse wie Spinat oder Salat eignet sich nicht, da es während der Fermentation matschig wird. Auch wasser­reiche Gemüse wie Tomaten können zu weich werden, ebenso Salat­gurken − ihre Schale ist zu dünn.

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Faust­regel: 1 bis 3 Prozent Salz

Verwenden Sie zum Fermentieren nur frisches, unbe­handeltes Gemüse in bester Qualität und waschen Sie es sehr gründlich. Schneiden Sie es gleich­mäßig, damit es einheitlich fermentiert. Kleinere Stücke fermentieren schneller, größere behalten länger Biss.

Geben Sie Salz auf das klein geschnittene Gemüse − Faust­regel: 1 bis 3 Prozent des Gemüsegewichts an Salz. Zu wenig Salz kann zu Fehlgärungen führen, zu viel hemmt auch gewünschte Bakterien. Dann alles mischen oder verkneten, bis Saft austritt. Eventuell Gewürze wie Senfkörner oder Lorbeer und Kräuter dazu­geben.

Tipp: Für Kimchi wird oft empfohlen, das Salz eine bis zwei Stunden einwirken zu lassen und den Kohl danach abzu­spülen.

Gärung im Glas

Das Gemüse in abge­kochte Gläser füllen, am besten mit Gummi­dichtung. Über dem Gemüse muss die ausgetretene Flüssig­keit stehen, damit es keinen Sauer­stoff­kontakt hat. Sonst könnte sich Schimmel bilden.

Beschweren Sie das Gemüse mit sauberen Gewichten oder abge­kochten Steinen, um es unter der Oberfläche zu halten. Gießen Sie bei Bedarf Salzlake dazu – aufgekochtes Wasser mit Salz.

Die im Gemüse vorkommenden Kohlenhydrate beginnen sich in Milchsäure umzu­wandeln. Alternativ können Sie auch etwas Molke dazu­geben, um die Gärung schneller in Gang zu bringen.

So läuft der Gärprozess

  • Die optimale Temperatur in der ersten Gärphase (14 Tage) liegt bei zwischen 18 und 22 Grad Celsius.
  • Nach etwa drei bis fünf Tagen sollten erste Anzeichen der Fermentation sicht­bar werden: Bläschen­bildung, ein säuerlicher Geruch und ein leicht trüber Saft.
  • Klassische Einmach­gläser sollten Sie während der ersten Fermentations­tage täglich kurz öffnen, um über­schüssige Gase entweichen zu lassen und einen Druck­aufbau zu vermeiden.
  • Kontrollieren Sie auch regel­mäßig auf Fehlgärung: Ungewöhnliche Farben, pelzige Oberflächen oder fauliger Geruch sind Warn­signale. Im Zweifels­fall lieber entsorgen.
  • Das Gemüse ist fertig, wenn es den gewünschten Säuregrad erreicht hat – probieren Sie regel­mäßig.
  • In der zweiten Fermentations­phase die Gläser drei bis sechs Wochen an einem kühlen Ort stehen lassen. Dann verzehren oder dunkel und kühl lagern.

Halt­barkeit: Monate bis über ein Jahr

Bei sachgemäßer, voll­ständiger Fermentation und kühler, dunkler Lagerung ist fermentiertes Gemüse sechs bis zwölf Monate halt­bar. Sauerkraut und andere Kohl­produkte können bei optimaler Lagerung bis zu zwei Jahre genieß­bar bleiben.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 15.09.2017 um 15:32 Uhr
    gesund und sicher

    @friedrich-karl.luecke: Vielen Dank für Ihren Kommentar. Sie haben Recht: Da es beim Fermentieren nicht zu einem Abtötungsprozess kommt wie etwa beim Erhitzen, sondern die Milchsäuregärung das Wachstum von unerwünschten Mikroorganismen unterdrückt, bleibt ein gewisses Restrisiko. Der Satz "Achten Sie auf Sauberkeit" ist tatsächlich sehr kurz und kann vielleicht die Bedeutung der sicheren Herstellung nicht gebührend hervorarbeiten. Wir nehmen Ihren Kommentar als Anregung, uns dem Thema Küchenhygiene beim Selbermachen demnächst auf test.de zu widmen. (SL/SwWa)

  • friedrich-karl.luecke am 01.09.2017 um 15:21 Uhr
    Wirklich so gesund und sicher?

    Ich bin einigermaßen erschüttert, wie unkritisch und distanzlos TEST das Thema Gemüsefermentationen behandelt und mit dem Fermentations-Hype umgeht. Auch die Behauptung, dass die Milchsäurebakterien aus fermentiertem Gemüse die Darmflora unterstützen, wird kritiklos übernommen, obwohl diese wissenschaftlich zumindest umstritten ist. Gemüsefermentationen, nicht sachgerecht durchgeführt, können auch gewaltig - im wahrsten Sinne des Wortes - "in die Hose gehen", z. B. wenn die Fermentation nicht schnell genug beginnt und zu viele "Fremdkeime" anwesend sind. Zumindest wären detailliertere Hinweise zur sicheren Herstellung sowie auf seriöse und kompetente Quellen dazu angebracht!

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 31.08.2017 um 11:55 Uhr
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  • iamandreas am 31.08.2017 um 11:29 Uhr
    Interessantes Thema

    Danke für die Meldung. Noch besser, wenn es auch ein paar Rezepte dazu gäbe.