„Freiheit und Privatsphäre“ haben sich die deutschen Macher des E-Mail-Dienstes Tutanota auf die Fahnen geschrieben. Schon der Produktname spiegelt das wider: Lässt sich das lateinische Kunstwort Tutanota doch sinngemäß mit „geschützte Nachricht“ übersetzen. Automatisch verschlüsselt der Dienst alle E-Mails, Kontaktdaten oder Anhänge des Nutzers. Das hat nicht nur Vorteile, wie unser Schnelltest zeigt.
Trotz Verschlüsselung einfach
Wer verschlüsselt E-Mails austauschen möchte, muss immer zwischen einer einfachen Handhabung und einem möglichst starken Schutz vor Mitlesern abwägen. Zwar hat sich die Situation in den letzten Jahren für Kunden vereinfacht, wie auch unser aktueller Test von E-Mail-Diensten zeigt, doch noch immer ist E-Mail-Verschlüsselung nicht für jeden eine einfache Sache. In diese Lücke stoßen die Entwickler von Tutanota. Der deutsche Anbieter mit Sitz in Hannover verspricht: „Sichere E-Mails für jeden!“. Das Besondere: Tutanota verschlüsselt alle E-Mails, den Betreff und die Kontaktdaten automatisch, ohne dass der Nutzer noch extra Software installieren muss. Der Schlüssel wird lokal im Browser generiert und gespeichert. Metadaten wie zum Beispiel der Sender und Empfänger einer E-Mail und das E-Mail-Datum werden anders als etwa beim Krypto-Mailspeicher von Posteo nicht verschlüsselt.
Eigene Verschlüsselung statt Standard-Verfahren
Für die Verschlüsselung setzt Tutanota auf ein eigenes Verfahren und nicht auf die weit verbreiteten Standards PGP oder S/Mime. Tutanota begründet das mit dem Anspruch, auch die Betreffzeile einer E-Mail verschlüsseln zu wollen. Das hat Nachteile: So lässt sich Tutanota zum Beispiel nicht mit Drittanbieter-Mailclients wie Outlook oder Thunderbird benutzen. Wer auf die Mails zugreifen will, nutzt entweder den Internetbrowser oder die Tutanota-App. Wer eine verschlüsselte E-Mail von Tutanota empfangen will, aber selbst kein Mailkonto bei dem Dienst hat, bekommt einen Link zugeschickt, über den er dann auf die Mail zugreifen kann. Dafür müssen Absender und Empfänger vorher ein Passwort vereinbaren, das sie möglichst nicht über die gleiche E-Mail-Adresse austauschen sollten, um die Sicherheit zu erhöhen. Einmal eingeloggt kann der Nutzer dann auf die E-Mail antworten oder den bisherigen Nachrichtenverlauf mit dem jeweiligen Kommunikationspartner nachvollziehen.
Eingeschränkter Funktionsumfang
So einfach die automatische Verschlüsselung im ersten Moment auch scheint, so enttäuschend ist insgesamt der Funktionsumfang des Dienstes. Nicht nur die fehlende Möglichkeit, Mailprogramme von Drittanbietern zu nutzen, schränkt den E-Mail-Alltag ein. So lassen sich E-Mails im Postfach nicht durchsuchen. Auch können Nutzer Mails von anderen E-Mail-Adressen nicht importieren, wenn sie zu Tutanota umziehen. Alltägliche Mailfunktionen wie eine automatische Antwort oder eine automatische Weiterleitung einer E-Mail bietet der Dienst nicht. Einen Kalender gibt es gar nicht. Ein Adressbuch hingegen schon. Hier fehlt allerdings die Möglichkeit, Kontakte von anderen Programmen zu importieren.
Datensparsam
Erfreulich ist hingegen, dass Tutanota beim Registrierungsprozess kaum Nutzerdaten erhebt. Zudem stehen die Mailserver laut Anbieter alle in Deutschland, was aus Sicht des Datenschutzes ebenfalls begrüßenswert ist, da in Deutschland ein höheres Datenschutzniveau herrscht als etwa in den USA. Wer sich für den Tutanota Premium Account entscheidet, zahlt entweder 1,20 Euro pro Monat oder 12 Euro im Jahr. Die Bezahlung ist per Paypal oder Kreditkarte möglich – nicht aber anonym via Bareinzahlung im Briefumschlag. Diese Option bieten andere Dienste wie Mailbox.org oder Posteo an. Es gibt aber auch eine kostenfreie Variante von Tutanota. Die Postfachgröße gibt der Anbieter mit einem Gigabyte an. Im Test konnten wir allerdings mehr als das doppelte an Daten im Mailfach speichern.
Tipp: Weitere E-Mail-Dienste, mit denen Sie anonym und sicher mailen können, zeigt unser Test von 12 E-Mail-Diensten.
Fazit: Lobenswert, aber umständlich
Der Ansatz von Tutanota ist vielversprechend. Besonders interessant: Mails werden automatisch verschlüsselt, ohne dass der Nutzer selbst noch Zusatzprogramme installieren muss. Auch die Datensparsamkeit ist lobenswert. Leider fehlen dem Dienst aber ein paar wünschenswerte Funktionen, die bei den meisten E-Mail-Diensten zum Standard gehören. Da Tutanota Verschlüsselungsstandards wie PGP und S/Mime nicht unterstützt, müssen Tutanota-Nutzer mit ihren Kommunikationspartnern oft Umwege gehen. Bequem ist das nicht.
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Wenn sie IMAP, SMTP oder vielleicht auch POP nutzen möchten, ist ihnen das unbenommen. Aber bevor sie lospoltern, hätten sie den Artikel auch einmal wirklich lesen müssen. Um die Emailverschlüsselung massentauglich zu gestalten, geschieht die Verschlüsselung im Browser. IMAP und Co. werden von Email-Programmen (Outlook, Thunderbird etc.) verwendet. Eine Verschlüsselung, wie sie der Anbieter zur Anwendung bringt, ist dort nicht möglich. Genau das steht auch im Artikel. Wer Wert auf IMAP und Co. legt, muss zu anderen Verschlüsselungsmethoden greifen, die sich aber, da sie kompliziert sind, bisher nie durchsetzen konnten.
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