Diabetes Typ 2

„Den Patienten nichts aufzwingen“

Ulrich A. Müller hat die Leit­linie zu Diabetes Typ 2 mitverfasst. Der Diabetologe weiß, womit Betroffene in der Therapie hadern.

Die neue Leit­linie rät zu Therapien, die stark auf den Einzel­fall abge­stimmt sind. Wie setzen Sie das um?

Viele Patienten haben Angst vor möglichen Folgen des Diabetes wie Erblindung, Dialyse oder Amputation. Ich versuche, ihnen die Angst zu nehmen, denn viele sind beschwerdefrei und gut behandelt. Ihr persönliches Risiko ist gering. Das gilt besonders für ältere Patienten mit mildem Diabetes. Die Leit­linie hilft hier mit konkreten Zahlen zur Höhe des Risikos und wunder­baren Patienten­informations­blättern im Internet.

Sind Abnehm- und Bewegungs­programme da die erste Wahl?

Ja und nein! Gewichts­reduktion und Bewegung gehören zur Basistherapie, noch vor Medikamenten. Einige Patienten können so den Zeit­punkt, ab dem Medikamente nötig werden, hinaus­zögern oder brauchen weniger. Sehr lang­fristig angelegte große Studien haben aber gezeigt, dass Abnehmen oder körperliche Aktivität Folge­erkrankungen nicht verhindern. Man lebt dadurch auch nicht länger. Das schaffen nur Medikamente. Steigt der Blut­zucker, gehts nicht mehr ohne. Viele haben auch Probleme durch­zuhalten. Wie viel Energie der Körper in den Fett­zellen speichert und ob Bewegung Freude macht, hat auch viel mit genetischer Veranlagung zu tun.

Wie bekommen solche Patienten Diabetes in den Griff?

Ich empfehle ihnen, unbe­dingt eine Patientenschulung zu machen. Dort erfahren sie alles über Abnehmen und Bewegung und können sich in der Gruppe über ihre Erfahrungen austauschen. Das Wichtigste für gute Blut­zucker­werte ist Essen und Trinken. Viele wissen nicht genau, was den Blut­zucker steigen lässt. Wer sich da gut auskennt und diese Lebens­mittel mehr oder weniger reduziert, kann bessere Werte erreichen und behalten. Blut- oder Harn­zucker zu messen, hilft bei der richtigen Auswahl. Es darf auch mal Kuchen sein − in der richtigen Menge.

Und damit haben die Betroffenen tatsäch­lich Aussichten auf Erfolg?

Mehr Erfolg, als wenn ich ihnen einschneidende Umstel­lungen aufzwinge. Viele Patienten staunen, dass oft nur wenige Änderungen nötig sind, um ein weniger belastetes Leben mit Diabetes zu führen. Am Ende entscheidet aber jeder selbst, was er von unseren Empfehlungen umsetzen möchte, und das ist auch gut so.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • tako2000 am 12.07.2024 um 12:16 Uhr
    Langzeitzuckerwert bei Älteren

    Ja, aber sorry verehrtes Test-Team! Sie haben ja nur ihre eigene Aussage, über die ich eine nähere Auskunft angefragt habe, kopiert und mir als Antwort zukommen lassen. Als Abonnent ihrer Fachzeitschrift erwarte ich mehr als nur bereits Geschriebenes zu kopieren und als Antwort einem zukommen zu lassen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 25.06.2024 um 09:17 Uhr
    Langzeit-Zuckerwert bei Älteren

    @tako2000: Heute können wir Ihnen aus unserer Fachabteilung Folgendes mitteilen: "Den idealen Blutzuckerwert, der für alle gilt, gibt es nicht. Auf jeden Fall sollten Sie mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin über den für Sie maßgeblichen Zielwert sprechen.
    Mit zunehmendem Alter steigt der Wert ganz natürlich leicht an. Deswegen sollte für ältere Betroffene der Wert nicht unter 7,5 Prozent liegen."

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 18.06.2024 um 11:36 Uhr
    Langzeit-Zuckerwert bei Älteren

    @tako2000: Wir kümmern uns um Ihre Anfrage. Bitte haben Sie ein wenig Geduld, unsere Expert*innen sind im Moment leider nicht erreichbar.

  • tako2000 am 17.06.2024 um 13:41 Uhr
    Langzeit-Zuckerwert bei Älteren (7,5%)

    Sehr geehrte Damen und Herren!
    In Ihrerem Bericht verstehe ich folgendes nicht:
    „Für jüngere Typ-2-Diabetiker empfiehlt es sich, einen Wert unter 6,5 anzu­streben, um späteren Folgeschäden vorzubeugen. Bei älteren Betroffenen mit langer Kranken­geschichte sollte man den Wert möglichst nicht unter 7,5 Prozent drücken.“
    Warum sollte man bei älteren Betroffenen mit langer Diabetes-Chronik den Langzeitwert nicht unter 7,5 Prozent senken? Umgekehrt müsste es doch sicherlich heißen, dass man ihn möglichst unter 7,5 % drückt. Wenn sie hier vielleicht kurz eine Antwort darauf geben könnten, was nun richtig ist, wäre ich Ihnen dankbar.
    Mit freundlichen Grüßen
    Tako

  • tako2000 am 17.06.2024 um 13:33 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.