
Leistungsträger. Die Aktie des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus gehört zu den Top-10-Positionen im deutschen Aktienindex Dax. © mauritius images / SZ Photo Creative / Jochen Eckel
Deutsche Aktien schlagen sich in der aktuellen Börsenschwäche deutlich besser als US-amerikanische. Wir haben die langfristige Entwicklung der beiden Märkte analysiert.
Börsenkenner reiben sich verwundert die Augen, denn dieses Bild ist selten. Anstelle der erfolgsverwöhnten US-Technologie- und Internetaktien steht seit einem Vierteljahr der deutsche Aktienmarkt im Rampenlicht. In den vergangenen drei Monaten, vom 30. November 2024 bis zum 27. Februar 2025, stieg der deutsche Aktienindex Dax um rund 16 Prozent, während der MSCI USA im gleichen Zeitraum etwa 1 Prozent verlor.
In den Jahren davor war es meist umgekehrt: Der US-Markt preschte voran, der Dax hoppelte hinterher. Nur drei der vergangenen 15 Kalenderjahre beendete der deutsche Aktienmarkt besser als der US-amerikanische, nämlich 2012, 2017 und 2022, siehe folgender Chart. In den anderen lag das Börsenland Nummer eins mehr oder weniger deutlich vorn. Viele fragen sich nun: Ist die relative Stärke des Dax gegenüber dem MSCI USA nur eine Episode oder eine Trendwende? Wir haben die Renditen der beiden Märkte genauer unter die Lupe genommen und wollten erkennen, ob die Überrendite von Deutschland gegenüber dem US-Markt im historischen Kontext tatsächlich außergewöhnlich ist.
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Die Ergebnisse für den jüngsten Dreijahreszeitraum
Wir betrachten in unserer Analyse drei Zeiträume – drei, zehn und 30 Jahre. Dabei wollen wir mögliche Marktanomalien oder strukturelle Trends erkennen. Die folgenden zwei Charts visualisieren die Ergebnisse für den jüngsten Dreijahreszeitraum. Der erste Chart zeigt die kumulierten Wertentwicklungen beider Märkte über drei Jahre. Im zweiten Chart zeichnen wir das Verhältnis der Wertentwicklungen ein, von uns Outperformance-Ratio genannt. So ist der zweite Chart zu lesen: Ein steigendes Ratio zeigt an, dass der Dax den MSCI USA outperformt, während ein fallendes Ratio auf eine relative Schwäche des deutschen Marktes hinweist.
Um ungewöhnliche Bewegungen zu identifizieren, berechnen wir zudem den gleitenden Mittelwert des Outperformance-Ratio über einen Zeitraum von 180 Tagen (circa 6 Monate). Um den Mittelwert herum legen wir ein Band von ±2 Standardabweichungen, innerhalb dessen sich die meisten Werte befinden sollten. Überschreitet das Outperformance-Ratio dieses Band nach oben oder unten, deutet dies auf eine statistisch ungewöhnliche Abweichung hin. Solche Werte markieren wir als potenzielle Ausreißer.
Fazit: Die Zuwächse des deutschen Aktienmarktes seit November 2024 sind außergewöhnlich hoch im Vergleich zum amerikanischen Aktienmarkt. Zuletzt gab es Anfang 2023 eine ähnlich starke Phase für den Dax.
Tipp: Fahren Sie mit der Maus über die Legendeneinträge, um die entsprechenden Linien im Diagramm hervorzuheben. So erkennen Sie auch schneller die Ausreißer.
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Starker Dax trotz schwacher deutscher Konjunktur
Die gute Dax-Entwicklung mag umso merkwürdiger erscheinen, als Deutschlands wirtschaftliche Lage alles andere als rosig ist. Auch die politische Situation entspricht nicht gerade dem Ideal von Investoren. Sie schätzen vor allem langfristige Stabilität, die derzeit eher eine Wunschvorstellung ist. Doch der vermeintliche Widerspruch zum deutschen Börsenboom ist keiner.
Dax-Unternehmen erwirtschaften einen Großteil ihres Umsatzes außerhalb Deutschlands und sind daher nur zum Teil von der Konjunktur in Deutschland abhängig. Im Zweifel können sie auch umziehen. Der traditionsreiche Konzern Linde hat es schon 2017 vorgemacht, indem er seinen Firmensitz nach Irland verlegte, um eine Fusion mit dem US-Konzern Praxair zu ermöglichen. Ein paar Jahre später sagte der Weltmarktführer in der Produktion von Industriegasen auch der deutschen Börse auf Wiedersehen. Außerdem sind seit der Dax-Reform im September 2021 auch nichtdeutsche Unternehmen wie Airbus im Index dabei.
Deutsche Aktien haben eine relativ günstige Bewertung
Für den deutschen Aktienmarkt spricht seine im internationalen Vergleich günstige Bewertung. Für die Bewertung von Aktien gibt es mehrere Richtgrößen, zum Beispiel das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Ende Januar 2025 lag Deutschland mit einem KGV von 17 (Median 15) vor dem US-amerikanischen KGV von 28 (Median 22). Diesen Unterschied gibt es schon länger, aber die Schere hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter geöffnet. Ob sie jemals vollständig geschlossen wird, ist ungewiss. Der Dax müsste im Vergleich zum US-amerikanischen Leitindex S&P 500 schon sehr lange und sehr deutlich „outperformen“, um die Bewertungsunterschiede auszugleichen.
Tipp: Aktuelle Angaben zum Kurs-Gewinn-Verhältnis der Industrieländer finden Sie im Unterartikel „Dividendenrendite und KGV“ auf unserer MSCI-World-Seite (für Flatratekunden kostenlos).
Trendwende blieb in den vergangenen zehn Jahren aus
Der aktuelle Überflug deutscher Börsenunternehmen ist zwar außergewöhnlich, aber in der Rückschau nicht beispiellos. So gab es Mitte 2017 und Anfang 2023 zwei Phasen, in denen Aktien Made in Germany ihren US-Pendants überraschend davonliefen. Beide erwiesen sich allerdings als kurzfristige Intermezzi, die in den Folgejahren mehr als korrigiert wurden. An der Dominanz des US-Marktes änderte sich nichts. Dies zeigt unsere Analyse über den jüngsten Zehnjahreszeitraum.
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US-Aktien dominieren den Weltindex
Die großen Kurszuwächse der US-Aktien, insbesondere von Technologiewerten wie Apple, Microsoft und Nvidia, haben die Kräfteverhältnisse in den Weltaktienindizes massiv in Richtung der Vereinigten Staaten verschoben. Ihr Anteil stieg zum Beispiel im MSCI World von 58 Prozent im Jahr 2015 auf 74 Prozent Ende 2024. Wer also breit gestreut mit ETF in globale Aktien investiert, hat derzeit einen sehr hohen Anteil an US-Aktien. Zum Problem wird das aber nur, wenn diese dauerhaft deutlich schlechter laufen sollten als Aktien aus Europa und Asien.
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Welt-ETF waren fast unschlagbar
In den vergangenen Jahren waren ETF auf den MSCI World selbst von aktiven und börsenaffinen Anlegern kaum zu übertreffen. Auch die meisten Fondsmanager scheiterten an diesem Vorhaben. Wer bei seiner Aktienanlage den hohen US-Anteil reduzierte und eigene Strategien umsetzte, hatte in der Regel das Nachsehen. Die Beimischung von ETF auf den europäischen oder auf den deutschen Aktienmarkt brachte zumindest bei längerer Haltedauer in der Regel eine schwächere Rendite als ein Welt-ETF allein.
Die lange Sicht über 30 Jahre
Unsere Analyse über einen noch längeren Zeitraum von 30 Jahren zeigt noch deutlicher den Vorsprung des US-Marktes. Allerdings erkennt man auch, dass es auch eine längere Phase gab, in welcher der Dax besser lief. So erholte sich der Dax nach der Dotcom-Krise in den Jahren von 2003 bis 2008 deutlich besser als der MSCI USA.
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Fans europäischer Aktien dürfen hoffen
Es wäre verfrüht, eine Zeitenwende auszurufen, aber die US-Dominanz währt mit mehr als 15 Jahren schon so lange, dass eine längere Trendumkehr so manchen nicht überraschen würde. Börsen waren noch nie Einbahnstraßen. Anlegerinnen und Anleger, die gern eigene Wege beschreiten, können jedenfalls mit größerem Optimismus an die Sache herangehen.
Ausschließlich auf Deutschland zu setzen, halten wir für keine gute Idee, da die USA auf absehbare Zeit das mit Abstand wichtigste Börsenland bleiben werden. Aber Anleger könnten ETF auf deutsche Aktien oder auch ETF auf Europaindizes wie den Stoxx Europe 600 oder den MSCI Europe ihrem Portfolio beimischen. Dies könnte auch Verluste etwas abfedern, falls es eventuell in den USA zu größeren Korrekturen kommt. Sie finden die passenden Fonds in unserem großen Fondsfinder.
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Immer und immer wieder ETF............ab und zu eine Einzelanalyse wäre auch nicht schlecht.