Aktienmärkte aktuell Der Dax mausert sich zum Über­flieger

Datum:
  • Text: Roland Aulitzky
  • Testleitung: Thomas Krüger
Aktienmärkte aktuell - Der Dax mausert sich zum Über­flieger

Leistungs­träger. Die Aktie des Luft- und Raum­fahrt­konzerns Airbus gehört zu den Top-10-Positionen im deutschen Aktien­index Dax. © mauritius images / SZ Photo Creative / Jochen Eckel

Deutsche Aktien schlagen sich in der aktuellen Börsen­schwäche deutlich besser als US-amerikanische. Wir haben die lang­fristige Entwick­lung der beiden Märkte analysiert.

Börsenkenner reiben sich verwundert die Augen, denn dieses Bild ist selten. Anstelle der erfolgs­verwöhnten US-Technologie- und Internet­aktien steht seit einem Viertel­jahr der deutsche Aktienmarkt im Rampenlicht. In den vergangenen drei Monaten, vom 30. November 2024 bis zum 27. Februar 2025, stieg der deutsche Aktien­index Dax um rund 16 Prozent, während der MSCI USA im gleichen Zeitraum etwa 1 Prozent verlor.

In den Jahren davor war es meist umge­kehrt: Der US-Markt preschte voran, der Dax hoppelte hinterher. Nur drei der vergangenen 15 Kalender­jahre beendete der deutsche Aktienmarkt besser als der US-amerikanische, nämlich 2012, 2017 und 2022, siehe folgender Chart. In den anderen lag das Börsen­land Nummer eins mehr oder weniger deutlich vorn. Viele fragen sich nun: Ist die relative Stärke des Dax gegen­über dem MSCI USA nur eine Episode oder eine Trendwende? Wir haben die Renditen der beiden Märkte genauer unter die Lupe genommen und wollten erkennen, ob die Über­rendite von Deutsch­land gegen­über dem US-Markt im historischen Kontext tatsäch­lich außergewöhnlich ist.

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Die Ergeb­nisse für den jüngsten Drei­jahres­zeitraum

Wir betrachten in unserer Analyse drei Zeiträume – drei, zehn und 30 Jahre. Dabei wollen wir mögliche Marktanomalien oder strukturelle Trends erkennen. Die folgenden zwei Charts visualisieren die Ergeb­nisse für den jüngsten Drei­jahres­zeitraum. Der erste Chart zeigt die kumulierten Wert­entwick­lungen beider Märkte über drei Jahre. Im zweiten Chart zeichnen wir das Verhältnis der Wert­entwick­lungen ein, von uns Outperformance-Ratio genannt. So ist der zweite Chart zu lesen: Ein steigendes Ratio zeigt an, dass der Dax den MSCI USA outperformt, während ein fallendes Ratio auf eine relative Schwäche des deutschen Marktes hinweist.

Um ungewöhnliche Bewegungen zu identifizieren, berechnen wir zudem den gleitenden Mittel­wert des Outperformance-Ratio über einen Zeitraum von 180 Tagen (circa 6 Monate). Um den Mittel­wert herum legen wir ein Band von ±2 Stan­dard­abweichungen, inner­halb dessen sich die meisten Werte befinden sollten. Über­schreitet das Outperformance-Ratio dieses Band nach oben oder unten, deutet dies auf eine statistisch ungewöhnliche Abweichung hin. Solche Werte markieren wir als potenzielle Ausreißer.

Fazit: Die Zuwächse des deutschen Aktienmarktes seit November 2024 sind außergewöhnlich hoch im Vergleich zum amerikanischen Aktienmarkt. Zuletzt gab es Anfang 2023 eine ähnlich starke Phase für den Dax.

Tipp: Fahren Sie mit der Maus über die Legenden­einträge, um die entsprechenden Linien im Diagramm hervorzuheben. So erkennen Sie auch schneller die Ausreißer.

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Starker Dax trotz schwacher deutscher Konjunktur

Die gute Dax-Entwick­lung mag umso merkwürdiger erscheinen, als Deutsch­lands wirt­schaftliche Lage alles andere als rosig ist. Auch die politische Situation entspricht nicht gerade dem Ideal von Investoren. Sie schätzen vor allem lang­fristige Stabilität, die derzeit eher eine Wunsch­vorstellung ist. Doch der vermeintliche Wider­spruch zum deutschen Börsenboom ist keiner.

Dax-Unternehmen erwirt­schaften einen Groß­teil ihres Umsatzes außer­halb Deutsch­lands und sind daher nur zum Teil von der Konjunktur in Deutsch­land abhängig. Im Zweifel können sie auch umziehen. Der traditions­reiche Konzern Linde hat es schon 2017 vorgemacht, indem er seinen Firmensitz nach Irland verlegte, um eine Fusion mit dem US-Konzern Praxair zu ermöglichen. Ein paar Jahre später sagte der Welt­markt­führer in der Produktion von Industriegasen auch der deutschen Börse auf Wieder­sehen. Außerdem sind seit der Dax-Reform im September 2021 auch nicht­deutsche Unternehmen wie Airbus im Index dabei.

Deutsche Aktien haben eine relativ güns­tige Bewertung

Für den deutschen Aktienmarkt spricht seine im interna­tionalen Vergleich güns­tige Bewertung. Für die Bewertung von Aktien gibt es mehrere Richt­größen, zum Beispiel das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Ende Januar 2025 lag Deutsch­land mit einem KGV von 17 (Median 15) vor dem US-amerikanischen KGV von 28 (Median 22). Diesen Unterschied gibt es schon länger, aber die Schere hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter geöffnet. Ob sie jemals voll­ständig geschlossen wird, ist ungewiss. Der Dax müsste im Vergleich zum US-amerikanischen Leit­index S&P 500 schon sehr lange und sehr deutlich „outperformen“, um die Bewertungs­unterschiede auszugleichen.

Tipp: Aktuelle Angaben zum Kurs-Gewinn-Verhältnis der Industrieländer finden Sie im Unter­artikel „Dividendenrendite und KGV“ auf unserer MSCI-World-Seite (für Flatrate­kunden kostenlos).

Trendwende blieb in den vergangenen zehn Jahren aus

Der aktuelle Über­flug deutscher Börsen­unternehmen ist zwar außergewöhnlich, aber in der Rück­schau nicht beispiellos. So gab es Mitte 2017 und Anfang 2023 zwei Phasen, in denen Aktien Made in Germany ihren US-Pendants über­raschend davon­liefen. Beide erwiesen sich allerdings als kurz­fristige Intermezzi, die in den Folge­jahren mehr als korrigiert wurden. An der Dominanz des US-Marktes änderte sich nichts. Dies zeigt unsere Analyse über den jüngsten Zehn­jahres­zeitraum.

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US-Aktien dominieren den Welt­index

Die großen Kurs­zuwächse der US-Aktien, insbesondere von Technologie­werten wie Apple, Microsoft und Nvidia, haben die Kräfte­verhält­nisse in den Welt­aktienindizes massiv in Richtung der Vereinigten Staaten verschoben. Ihr Anteil stieg zum Beispiel im MSCI World von 58 Prozent im Jahr 2015 auf 74 Prozent Ende 2024. Wer also breit gestreut mit ETF in globale Aktien investiert, hat derzeit einen sehr hohen Anteil an US-Aktien. Zum Problem wird das aber nur, wenn diese dauer­haft deutlich schlechter laufen sollten als Aktien aus Europa und Asien.

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Welt-ETF waren fast unschlagbar

In den vergangenen Jahren waren ETF auf den MSCI World selbst von aktiven und börsen­affinen Anlegern kaum zu über­treffen. Auch die meisten Fonds­manager scheiterten an diesem Vorhaben. Wer bei seiner Aktien­anlage den hohen US-Anteil reduzierte und eigene Strategien umsetzte, hatte in der Regel das Nach­sehen. Die Beimischung von ETF auf den europäischen oder auf den deutschen Aktienmarkt brachte zumindest bei längerer Haltedauer in der Regel eine schwächere Rendite als ein Welt-ETF allein.

Die lange Sicht über 30 Jahre

Unsere Analyse über einen noch längeren Zeitraum von 30 Jahren zeigt noch deutlicher den Vorsprung des US-Marktes. Allerdings erkennt man auch, dass es auch eine längere Phase gab, in welcher der Dax besser lief. So erholte sich der Dax nach der Dotcom-Krise in den Jahren von 2003 bis 2008 deutlich besser als der MSCI USA.

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Fans europäischer Aktien dürfen hoffen

Es wäre verfrüht, eine Zeitenwende auszurufen, aber die US-Dominanz währt mit mehr als 15 Jahren schon so lange, dass eine längere Trendumkehr so manchen nicht über­raschen würde. Börsen waren noch nie Einbahn­straßen. Anle­gerinnen und Anleger, die gern eigene Wege beschreiten, können jedenfalls mit größerem Optimismus an die Sache heran­gehen.

Ausschließ­lich auf Deutsch­land zu setzen, halten wir für keine gute Idee, da die USA auf absehbare Zeit das mit Abstand wichtigste Börsen­land bleiben werden. Aber Anleger könnten ETF auf deutsche Aktien oder auch ETF auf Europaindizes wie den Stoxx Europe 600 oder den MSCI Europe ihrem Portfolio beimischen. Dies könnte auch Verluste etwas abfedern, falls es eventuell in den USA zu größeren Korrekturen kommt. Sie finden die passenden Fonds in unserem großen Fondsfinder.

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Kommentarliste

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  • Rentenberater10 am 06.03.2025 um 10:47 Uhr
    Es lebe der ETF

    Immer und immer wieder ETF............ab und zu eine Einzelanalyse wäre auch nicht schlecht.