Daten­miss­brauch bei der Post­bank Systematische Verstöße gegen den Daten­schutz

Die Post­bank gewährt Tausenden von freien Handels­vertretern detaillierten Einblick in Millionen Giro­konten ihrer Kunden. Damit will sie den Verkauf ihrer Produkte fördern. Laut Daten­schutz­behörde von Nord­rhein-West­falen ist das verboten. Finanztest liegen auch zahlreiche Konto­auszüge von Prominenten vor.

Freie Mitarbeiter haben Zugang zur Daten­bank

Die Post­bank lässt Tausende von freien Mitarbeitern auf die Giro­konto­daten ihrer Kunden zugreifen. Dazu brauchen die Vertreter lediglich den Namen und das Geburts­datum von Kunden in eine Unter­nehmens­daten­bank einzugeben. Dann können sie nicht nur sehen, wie viel Geld ein Kunde auf dem Konto hat – sie haben ebenso Einsicht in alle Konto­bewegungen. Auch wenn der Konto­inhaber der Weitergabe seiner Daten an die freien Mitarbeiter nicht zuge­stimmt hat, kann der Berater die Konto­daten lesen.

Keine Stellung­nahme der Post­bank

Die Post­bank sah sich nicht in der Lage, bis zum heutigen Montag um 10 Uhr eine Stellung­nahme abzu­geben. Gefragt hatte Finanztest am Freitag gegen 14 Uhr.

Blick auf Giro­konto hilft beim Verkaufen

Die Daten sollen laut interner Post­bank­anweisung freien Mitarbeitern der 2006 gegründeten Post­bank Finanzberatung AG bei ihrer Arbeit helfen. Das Vertriebs­unternehmen mit etwa 4000 freien Handels­vertretern verkauft Produkte der Post­bank und der BHW Bausparkasse. Sobald ein höherer Geld­betrag auf einem Konto eingeht, können die Berater den Kunden anrufen, um Geld­anlagen zu verkaufen.

Daten­weitergabe ohne Zustimmung des Kunden

Finanztest liegen Konto­daten und Briefwechsel zahlreicher Personen aus dieser Daten­bank vor. Darunter sind auch Prominente wie zum Beispiel Axel-Springer-Vorstand Mathias Döpfner, der frühere Präsident von Borussia Dort­mund, Gerd Niebaum, oder der Vorstand der Stiftung Warentest, Werner Brinkmann. Sie alle haben der Weitergabe ihrer Daten laut Daten­eintrag nicht zuge­stimmt. Die Konto­daten einzelner Chefs der Post­bank-Gruppe sind hingegen nach Recherchen von Finanztest vor dem Blick der Berater extra geschützt.

Verstoß gegen Daten­schutz

Mit der Weitergabe dieser Daten an die Berater verstößt die Post­bank gegen Daten­schutz­bestimmungen – und das ist ihr auch bewusst. Aus Finanztest vorliegenden Arbeits­anweisungen des Post­bank­vertriebs geht hervor, dass die Mitarbeiter auch dann auf die Daten zugreifen können, wenn ein Kunde dem über­haupt nicht zuge­stimmt hat. Die für die Post­bank zuständige Daten­schutz­behörde in Nord­rhein-West­falen hält es für unzu­lässig, dass freie Berater der Post­bank die Giro­konten der Kunden einsehen können.

Blick auf Konto­bewegungen verboten

Unzu­lässig ist die Daten­weitergabe nach Ansicht der Behörde selbst dann, wenn Kunden die Einwilligungs­erklärung der Post­bank zur Weitergabe von Daten unter­schrieben haben. Die Einwilligungs­erklärung umfasse nicht den Blick auf sämtliche Konto­bewegungen.

Post­bank-Vertrieb gibt Tipps zur unerlaubten Nutzung

Nach internen Arbeits­unterlagen liegen von Millionen von Post­bank-Kunden keine Einwilligungen vor. Offen­bar ist ihnen nach Gründung des neuen Post­bank-Vertriebs 2006 noch keine Einwilligungs­erklärung zur Unter­schrift vorgelegt worden. Dennoch stellt die Post­bank den freien Mitarbeitern auch die Konto­daten dieser Kunden zur Verfügung. Die Post­bank Finanzberatung AG gibt ihren Mitarbeitern hier vor, diese Informationen zwar zu nutzen, aber ihr Wissen im Kunden­gespräch vor den Kunden geheim zu halten.

Tipps für Post­bank-Kunden

Post­bank­kunden, die nicht wollen, dass ihre Konto­daten einge­sehen werden, sollten sich schriftlich an das Unternehmen wenden. Sie sollten die Post­bank auffordern, die Weitergabe ihrer Daten zu stoppen.

Kunden können außerdem verlangen, dass ihnen die Post­bank über gespeicherte und weiterge­gebene Daten Auskunft gibt. Bereits gegebene Einwilligungs­erklärungen können Kunden jeder­zeit widerrufen.

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