Weichmacher Kritischer Stoff in Sonnen­creme – was Sie dazu wissen sollten

Weichmacher - Kritischer Stoff in Sonnen­creme – was Sie dazu wissen sollten

UV-Filter im Fokus. In Sonnen­schutz­mitteln kann ein unerwünschter Stoff enthalten sein – ein Licht­schutz­filter ist die Quelle. © Alamy Stock Photo / Vlad Deep

Seit 2024 ist bekannt: Sonnen­schutz­mittel können einen verbotenen Weichmacher enthalten. Wie riskant ist das? Wir geben Antworten auf häufige Fragen.

Es war eine Nach­richt, die aufschreckte: In Urin­proben Hunderter Kita-Kinder und Erwachsener haben Behörden Anfang des Jahres 2024 vermehrt ein Stoff­wechsel­abbau­produkt von Weichmachern nachgewiesen. Sein Name: Mono-n-hexylph­thalat. Zuerst wurde das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen fündig, dann das Umweltbundesamt bei der vorläufigen Daten­auswertung der Deutschen Umwelts­tudie.

Das Kritische daran: Der Stoff gilt als fort­pflan­zungs- und gesund­heits­gefähr­dend. Aber woher kommt er? Welches Risiko geht von ihm aus? Sollte ich weiterhin Sonnenschutzmittel für den Körper oder fürs Gesicht verwenden? Wir haben den aktuellen Wissens­stand zusammen­getragen.

Weichmacher und UV-Filter in der Diskussion

Welcher Stoff wurde in den Urin­proben nachgewiesen?

Er hat den komplizierten Namen Mono-n-hexylph­thalat, kurz MnHexP. Er kann als Stoff­wechsel­abbau­produkt verschiedener Ausgangs­stoffe im Körper entstehen, auch aus Di-n-hexylph­thalat (DnHexP) – es gehört zur Gruppe der Weichmacher.

Ist der unter Verdacht geratene Weichmacher in Kosmetika erlaubt?

Nein, der bewusste Einsatz von DnHexP ist laut EU-Kosmetik­ver­ordnung verboten. Kosmetik­produkte können aber auch im Herstellungs­prozess unbe­absichtigt verunreinigt werden. Dabei gilt: Verbotene Stoffe wie DnHexP dürfen nur in tech­nisch unver­meid­baren Konzentrationen vorhanden sein und die Sicherheit von Kosmetik­produkten nicht beein­trächtigen.

Über welchen Inhalts­stoff könnte DnHexP in die Sonnen­schutz­mittel gelangen?

Im Fokus steht der UV-Filter Diethylamino Hydroxybenzoyl Hexyl Benzoate, kurz DHHB: Bei seiner Herstellung kann als unerwünschtes Neben­produkt DnHexP entstehen. Das wiederum kann vom menschlichen Körper zu MnHExP verstoff­wechselt werden, das in den Urin­proben nach­weisbar war.

Sind die bisherigen Funde in Urin­proben schädlich für die Gesundheit?

Das Bundes­institut für Risiko­bewertung schreibt in einer Stellungnahme, dass sowohl die Aufnahme des Abbau­produkts MnHexP als auch die seiner möglichen Ausgangs­stoffe „so weit wie möglich reduziert werden sollte“. Die in den Urin­proben nachgewiesenen Konzentrationen an MnHexP geben aber keinen Anlass für eine erhöhte Besorgnis und stellen kein unmittel­bares Gesund­heits­risiko dar. Auch von Sonnen­schutz­mitteln, die mit DnHexP verunreinigt seien, gehe nach aktuellem Wissens­stand keine akute Gefahr aus, unerwünschte gesundheitliche Beein­trächtigungen seien „sehr unwahr­scheinlich“.

Die deutschen Über­wachungs­behörden haben sich dem Thema ausführ­lich gewidmet und sammeln fort­laufend neue Erkennt­nisse zu DnHexP in Sonnen­schutz­mitteln. Auch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe behält sie im Blick: Aktuelle Unter­suchungen von Sonnen­schutz­mitteln aus dem Jahr 2024 zeigen: Es waren verhält­nismäßig weniger Produkte mit DnHexP verunreinigt als im Jahr zuvor.

Auf EU-Ebene will der Wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS) konkrete Empfehlungen dazu aussprechen, wie viel DnHexP maximal im UV-Filter DHHB enthalten sein darf, damit von seinem Einsatz in Sonnen­schutz­mitteln kein Gesund­heits­risiko ausgeht. Hierzu sichten die Mitglieder des SCCS derzeit wissenschaftliche Daten und werten diese aus.

Hat die Stiftung Warentest Sonnen­creme auch schon auf Weichmacher untersucht?

Ja, in unseren aktuellen Tests von Sonnencremes und Sonnenschutzmitteln fürs Gesicht haben wir die DHHB-haltigen Produkte auf den kritischen Stoff DnHexP untersucht. Nur in einigen wurden wir fündig. Das zeigt, dass Sonnen­schutz­mittel mit DHHB nicht zwangs­läufig auch mit DnHexP belastet sind. Die Verunreinigungen lassen sich vermeiden.

Die von uns analysierten DnHexP-Konzentrationen bergen gemäß der Einschät­zung des Bundes­instituts für Risiko­bewertung kein akutes Gesund­heits­risiko. Wir bewerten diese Produkte insgesamt mit der Note Befriedigend. Von den Anbietern erwarten wir strengere Qualitäts­kontrollen.

In unserem Test von 19 Sonnenschutzmitteln für Kinder im Jahr 2023 haben wir die Produkte noch nicht auf DnHexP untersucht. Sieben der geprüften Mittel setzen den UV-Filter DHHB aber nicht ein.

Tipp: In der Liste der Inhalts­stoffe muss Diethylamino Hydroxybenzoyl Hexyl Benzoate aufgeführt werden, da es als UV-Filter bewusst einge­setzt wird. In unseren Test-Tabellen geben wir die enthaltenen UV-Filter stets an, der Buch­stabe „j“ steht für DHHB. Verbrauche­rinnen und Verbraucher können anhand der Inhalts­stoff­liste allerdings nicht erkennen, ob ein Produkt auch mit DnHexP verunreinigt ist. Dies lässt sich nur im Labor analysieren.

Wie reagieren die Anbieter auf die Funde?

Vor unseren Veröffent­lichungen informieren wir die Anbieter stets über unsere Test­ergeb­nisse. Einige Anbieter haben uns mitgeteilt, dass auch sie die Problematik ernst­nehmen. Seit 2024 wird der Rohstoff DHHB offen­bar strenger kontrolliert und an den Herstellungs­verfahren des UV-Filters gearbeitet. So wollen die Anbieter den Eintrag des verbotenen Stoffes DnHexP in Sonnen­schutz­mittel möglichst auf ein Minimum reduzieren.

Was beim Sonnen­schutz weiterhin gilt

Sollte ich jetzt besser auf Sonnen­creme verzichten?

Nein! Es bleibt unerläss­lich, die Haut umfassend vor schädigender UV-Strahlung zu schützen. Keiner der bisher vorliegenden Verdachte recht­fertigt einen Verzicht. Klar belegt ist hingegen, dass UV-Licht Sonnenbrand und lang­fristig sogar Haut­krebs verursachen kann. Regel­mäßiges, groß­zügiges Eincremen, dicht gewebte Kleidung und ausgiebige Schatten­pausen schützen.

Kann ich Sonnen­schutz­mittel mit dem UV-Filter DHHB weiter verwenden?

Ja. Das Bundes­institut für Risiko­bewertung hält eine gesundheitliche Beein­trächtigung für unwahr­scheinlich. Das gelte auch, wenn Sonnen­schutz­mittel bis zu 10 Prozent eines mit bis zu 0,3 Prozent DnHexP verunreinigten UV-Filters enthalten würden – eine groß­zügige Annahme. Die von uns in unseren Tests ermittelten DnHexP-Konzentrationen liegen deutlich darunter.

Tipp: Die Stiftung Warentest beschäftigt sich regel­mäßig mit Themen zur Haut­krebs­vorsorge und -behand­lung, etwa beim Test von Hautscreening-Apps und bei der Bewertung von Medikamenten bei aktinischer Keratose, einer Vorstufe von weißem Haut­krebs.

Wie sollte ich mich und mein Kind vor der Sonne schützen?

Sonnen­cremes, -lotionen und -sprays sind weiterhin unver­zicht­bare Hilfs­mittel – auch solche mit dem UV-Filter DHHB. Hinzu kommt textiler UV-Schutz wie Kleidung, Hut oder Mütze. Zudem gilt es, die Mittags­sonne in der Zeit zwischen 11 und 15 Uhr zu meiden und sich in schattigen Bereichen oder Innenräumen aufzuhalten.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 28.03.2025 um 09:55 Uhr
    Schreibfehler korrigiert

    @8iroipln: Vielen herzlichen Dank für Ihren Hinweis. Wir haben den Fehler bereits korrigiert. Richtig muss es natürlich heißen: "Das zeigt, dass Sonnen­schutz­mittel mit DHHB nicht zwangs­läufig auch mit DnHexP belastet sind."

  • 8iroipln am 27.03.2025 um 15:23 Uhr
    Schreibfehler

    "Ja, in unseren aktuellen Tests von Sonnencremes und Sonnenschutzmitteln fürs Gesicht haben wir die DHHB-haltigen Produkte auf den kritischen Stoff DnHExP untersucht. Nur in einigen wurden wir fündig. Das zeigt, dass Sonnen­schutz­mittel nicht zwangs­läufig mit DHHB belastet sind. "
    Sie sind nicht mit DHHB belastet, dass ist nur der UV-Filter. Eher sind einige mit DnHExP belastest.