
Radioaktive Strahlung. Folgeschäden lässt sich nur mit hoch dosierten Jodtabletten vorbeugen, die im Notfall von Behörden verteilt werden. © Adobe Stock / Satakorn
Wegen des Ukraine-Kriegs sorgen sich viele Menschen vor radioaktiver Strahlung und kaufen darum Jodtabletten. Das ist unnötig – und birgt zudem Gesundheitsrisiken.
Angst vor radioaktiver Strahlung
Angesichts des Kriegs in der Ukraine wächst laut Medienberichten die Angst vor dem Einsatz von Nuklearwaffen. Außerdem sorgen sich viele Menschen, dass ukrainische Atomkraftwerke zerstört werden könnten und radioaktive Strahlung austritt.
Das Bundesamt für Strahlenschutz beobachtet die Lage in der Ukraine und insbesondere rund um das Kernkraftwerk Saporischschja aufmerksam. Nach Kampfhandlungen war dort Anfang März ein Feuer ausgebrochen – nach Angaben der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEA) waren die Reaktoren aber nicht betroffen. Alle radiologischen Messwerte am Kraftwerk bewegen sich weiter im normalen Bereich.
Ist es sinnvoll, sich für den Notfall vorzubereiten und Jodtabletten zu besorgen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.
Was bewirken Jodtabletten bei radioaktiver Strahlung?
Bei einem Atomunfall entweicht unter anderem radioaktives Jod. Es gelangt – genau wie nicht-radioaktives Jod – über die Atemluft, Speisen und Getränke in den menschlichen Körper, reichert sich in der Schilddrüse an und setzt dort schädliche Strahlen frei. Gefürchtete Folge: Schilddrüsenkrebs.
Vorbeugen lässt sich durch Tabletten mit hoch dosiertem Kaliumjodid. Dass darin enthaltene Jod füllt die Speicher der Schilddrüse und sättigt sie, so dass diese kein radioaktives Jod mehr aufnehmen. Allerdings schützen Jodtabletten ausschließlich vor der Aufnahme von radioaktivem Jod in die Schilddrüse, nicht vor der Wirkung anderer radioaktiver Stoffe wie zum Beispiel Cäsium 137 oder Plutonium.
Ist es ratsam, vorsorglich Jodtabletten zu schlucken?
Nein, im Gegenteil: Vor einer selbstständigen Einnahme von Jodtabletten raten das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) dringend ab: „Eine Selbstmedikation mit hoch dosierten Jodtabletten birgt erhebliche gesundheitliche Risiken, hat aktuell aber keinen Nutzen“, schreibt das BfS auf seiner Webseite. Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker rät ab.
Erstens wirken die Mittel nur dann vorbeugend, wenn sie nicht zu früh eingenommen werden. Sonst kann der Jodspeicher schon wieder Lücken aufweisen, wenn das radioaktive Jod die Menschen erreicht.
Zweitens können die hoch dosierten Jodtabletten schwere Schilddrüsenerkrankungen verursachen. Besonders gefährdet sind Menschen im Alter über 45 Jahre mit Jodallergien oder einer Schilddrüsenüberfunktion. Daher empfehlen die Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest hoch dosierte Jodtabletten ausschließlich dann einzunehmen, wenn die Behörden etwa im Radio oder Fernsehen dazu auffordern.
Sollte jeder vorsorglich Jodtabletten zu Hause haben?
Nein, laut Bundesumweltministerium sind in Deutschland 189,5 Millionen Kaliumiodidtabletten in den Bundesländern bevorratet. Sie würden bei einem Ereignis, bei dem ein Eintrag von radioaktivem Jod in die Luft zu erwarten ist, in den möglicherweise betroffenen Gebieten durch die Katastrophenschutzbehörden verteilt werden.
Tipp: Sinnvoller ist es, sich einen Notvorrat an Lebensmitteln anzulegen – zum Beispiel für den Fall eines Stromausfalls oder einer Naturkatastrophe. Welche und wie viele Produkte in so einen Notvorrat reingehören, erfahren Sie in unserer Meldung Vorräte für Katastrophenfall und Pandemie.
Könnte Radioaktivität aus ukrainischen Kernkraftwerken nach Deutschland gelangen?
Aufgrund der Entfernung zur Ukraine ist laut Bundesumweltministerium nicht damit zu rechnen, dass eine Einnahme von Jodtabletten erforderlich werden könnte. Das BfS hat sich bereits in der Vergangenheit mit der Frage beschäftigt, wie sich die Freisetzung von Radioaktivität in ukrainischen Kernkraftwerken auf Deutschland auswirken könnte. Dazu wurde untersucht, wie sich Radioaktivität verbreiten würde. Laut BfS bewegten sich über ein Jahr hinweg in der Vergangenheit nur in etwa 17 Prozent der Fälle die Luftmassen Richtung Deutschland.
Für den Fall, dass Radioaktivität nach Deutschland gelangen würde, würden Notfallmaßnahmen voraussichtlich zuerst die landwirtschaftliche Produktion betreffen. Darüber hinausgehende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung sind nach den Berechnungen des BfS „nicht zu erwarten“.
Wie sich der Ukraine-Krieg auf uns auswirkt
In unserem FAQ Folgen des Ukraine-Kriegs beantworten wir die Fragen zu Spenden sowie zu den Auswirkungen auf Geldanlagen, Inflation und Energiekosten.
Schützen auch Tabletten gegen Jodmangel vor radioaktivem Jod?
Nein, gängige Präparate gegen Jodmangel sind zum Schutz der Schilddrüse vor Strahlenschäden viel zu niedrig dosiert. Sie enthalten nur 100 bis 200 Mikrogramm Jod – viel zu wenig, um die Schilddrüse vor der radioaktiven Bedrohung zu schützen. Dazu müsste ein Erwachsener zum Beispiel 1 300 Tabletten à 100 Mikrogramm schlucken.
-
- Mehrere Bio-Anbieter haben Mandeln zurückgerufen. Der Grund: Einige Packungen enthielten Bittermandeln. Bei ihrer Verdauung wird giftige Blausäure freigesetzt.
-
- Sonnenblumenöl könnte in Folge des Ukraine-Kriegs knapp werden. Wir sagen, wie Sie das Speiseöl beim Backen und Braten ersetzen können.
-
- Bei Druckstellen an den Füßen helfen Blasenpflaster. Im Praxistest unserer österreichischen Partner beweisen sich viele Produkte. Klarer Testsieger ist Compeed.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.