Rüstungs-ETF Anlage mit Gewinn­aussicht, aber ethischen Fragezeichen

Datum:
  • Text: Karin Baur
  • Testleitung: Bostjan Krisper, Thomas Krüger, Yann Stoffel
Rüstungs-ETF - Anlage mit Gewinn­aussicht, aber ethischen Fragezeichen

Rüstung. Der Kurs der Rhein­metall-Aktie hat sich in diesem Jahr zwischen­zeitlich fast verdreifacht. Viele Anleger möchten etwas abhaben vom großen Reibach. Andere haben ethische Bedenken. © picture alliance / dpa / David Young

Großer Hype um Rüstungs­aktien: Viele Anleger wittern lukrative Investments. Andere fürchten, dass ihr Nach­haltig­keits­fonds gegen ihren Willen nun in Waffen investiert.

Auf der ganzen Welt geben die Länder mehr Geld für Waffen und Rüstung aus. Nach Angaben des schwe­dischen Friedens­forschungs­instituts SIPRI sind die Militär­ausgaben der Staaten 2024 welt­weit um 9,4 Prozent gestiegen, in Europa sogar um 17 Prozent. Insgesamt flossen welt­weit rund 2,7 Billionen US-Dollar in Waffen und Rüstung, das sind etwa 2,4 Billionen Euro. Europäische Staaten gaben rund 600 Milliarden Euro aus. Vor diesem Hintergrund sind Aktien von Waffen­herstel­lern stark gestiegen. Die Fonds­industrie hat reagiert und eigens Themenfonds für Rüstung auf den Markt gebracht, einige Nach­haltig­keits­fonds haben ihre Ausschluss­kriterien geändert.

Wir geben einen Über­blick über die Entwick­lungen, die neuen Rüstungs-ETF und Tipps für nach­haltig orientierte Anle­gerinnen und Anleger, die nicht in Waffen und Rüstung investieren wollen.

Rüstungs­branche zuletzt besser als breit gestreute Indizes

Die Aktien von Waffen­herstel­lern haben sich seit einem Jahr über­durch­schnitt­lich entwickelt, wie der folgende Vergleich­schart zeigt (Stand 19. Juni 2025). Das gilt insbesondere für europäische Konzerne.

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Auch der Rendite­vergleich über längere Zeiträume ergibt einen Vorsprung für Rüstungs­aktien. Allerdings liegt das zum großen Teil am aktuellen Hype.

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Enorme Kurs­gewinne bei Rüstungs­aktien wie Rhein­metall

Der Chart zeigt die Wert­entwick­lung der Top-10-Rüstungs­firmen aus dem MSCI Europe Aerospace & Defense Index. Rhein­metall hatte über die vergangenen zwölf Monate die stärksten Kurs­gewinne. Allein in diesem Jahr hat sich der Kurs der Aktie weit mehr als verdoppelt.

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Fonds­industrie setzt auf den Hype auf

Die hohen Kurs­gewinne haben das Interesse der Anleger geweckt. Das wiederum rief die Fonds­industrie auf den Plan. Die ersten Rüstungs-ETF kamen vor zwei Jahren auf den Markt. Die beiden ältesten welt­weit anlegenden Rüstungs-ETF sind der VanEck Defense und der HANetf Future of Defense, aufgelegt im März und im Juli 2023. Die anderen vier kamen 2024 auf den Markt. Der VanEck Defense ETF hat Stand 31. Mai 2025 rund 5,4 Milliarden Dollar einge­sammelt, das entspricht etwa 4,7 Milliarden Euro. Der HANetf Future of Defense verwaltet rund 2,1 Milliarden Euro.

Die beiden ETF, die sich auf den europäischen Markt konzentrieren, sind im März und April dieses Jahres an den Start gegangen. Mitt­lerweile sind fünf weitere europäische Rüstungs-ETF aufgelegt worden, die wir demnächst in unseren Fondsfinder aufnehmen werden.

Welt­weit und europaweit anlegende Rüstungs-ETF

Aktuell listen wir im Fondsfinder sechs Rüstungs-ETF, die welt­weit investieren, und zwei Rüstungs-ETF, die europaweit anlegen.

Tipp: Für Details klicken Sie in der Tabelle jeweils auf die Isin des Fonds.

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Auf Sicherheit ausgerichtete Fonds

Im Februar dieses Jahres startete die Deka den aktiv gemanagten Fonds Deka Security and Defense. Der Fonds investiert nicht nur in die Rüstungs­branche, sondern auch in Sicher­heits­dienst­leistungen wie IT-Sicherheit oder Versicherungen. Geächtete Waffen sind außen vor. Die größte Position ist aktuell Rhein­metall (Stand 31. Mai 2025). Im Dezember 2024 kam der LBBW Sicher leben auf den Markt. Auch er widmet sich den Themen IT-Sicherheit und Rüstung. Größter Wert im Portfolio ist der amerikanische Hersteller von Flug­zeugtrieb­werken, GE Aerospace.

Waffen in nach­haltigen Fonds

In Deutsch­land haben die Banken­verbände, der Zertifikate- und der Fonds­verband gemein­same Regeln für den Vertrieb nach­haltiger Finanz­produkte entwickelt. Dieses sogenannte ESG-Zielmarkt­konzept hat sich nun dahin­gehend geändert, dass Rüstungs­werte in nach­haltigen Produkten, etwa in Fonds, fortan erlaubt sind. Nicht erlaubt in nach­haltigen Fonds sind allerdings Investitionen in kontroverse Waffen wie Land­minen oder Streumunition. Ähnlich die Rege­lungen der EU: Die neuen Namens­vorschriften der Wert­papier­aufsichts­behörde ESMA für grüne Fonds sehen ein Verbot nur für geächtete Waffen vor.

Tipp: Details über die ESMA-Leit­linien lesen Sie im Beitrag Was die strengeren Namensregeln für grüne Fonds bringen.

Bei Deka und Union ist Rüstung in nach­haltigen Fonds ausgeschlossen

Bei Union Investment sind in sämtlichen Publikums­fonds Investitionen in Firmen nicht gestattet, die eine Beteiligung an geächteten Waffen sowie eine direkte Beteiligung an Atomwaffen und -systemen aufweisen. Fonds ohne Nach­haltig­keits­strategie können in Hersteller konventioneller Waffen investieren. In den nach­haltigen Publikums­fonds sind Aktien und Anleihen von Unternehmen aus der Rüstungs­branche dagegen ausgeschlossen. Waffen seien zwar in vielen Fällen notwendig, heißt es bei Union, „aber sie sind nicht nach­haltig“.

Bei der Deka sind Rüstungs­konzerne in nach­haltigen Fonds ebenfalls ausgeschlossen.

Allianz GI erlaubt Rüstungs­güter in bestimmten Fonds

Auch Allianz Global Investors hält Rüstungs­investitionen nicht für nach­haltig. Allerdings erlaubt Allianz GI seinen nach Artikel 8 der EU-Offenlegungs­ver­ordnung einge­stuften Fonds nun, in bestimmte Rüstungs­güter und zugehörige Dienst­leistungen anzu­legen. Ein Grund seien die geopolitischen Veränderungen, die mehr Investitionen erforderten. Artikel 9-Fonds sind nicht von der Änderung betroffen. Geächtete Waffen bleiben weiterhin ausgeschlossen.

Die Offenlegungs­ver­ordnung der EU

Die Offenlegungs­ver­ordnung enthält Regeln über Trans­parenz­pflichten über Nach­haltig­keits­risiken. Anbieter sollen ihre Fonds in eine von drei Kategorien einstufen: Artikel 6, Artikel 8 oder Artikel 9.

  • Eine Einstufung nach Artikel 8 bedeutet, dass der Fonds nach­haltige Aspekte berück­sichtigt.
  • Eine Einstufung nach Artikel 9 heißt, dass die Fonds bestimmte nach­haltige Ziele verfolgen.

Die meisten Nach­haltig­keits­fonds sind dem Artikel 8 zuge­ordnet. Bisher beinhaltet die Einstufung keine Einordnung der Fonds in „streng“ oder „weniger streng“. Auch in unserer Unter­suchung nach­haltiger Fonds konnten wir nicht fest­stellen, dass Artikel-9-Fonds nach­haltiger sind als Artikel-8-Fonds – oder umge­kehrt. Unter den Testsiegerfonds gibt es beides.

Die DWS legt verschiedene Nach­haltig­keits­filter an

Die Fonds­gesell­schaft DWS unterscheidet ihre Artikel-8-Fonds in zwei Kategorien: Bei Fonds, die den haus­eigenen „Basic Exclusions Filter“ anwenden, sind künftig Anlagen in Rüstungs­werte erlaubt. Bei Fonds, die das Kürzel ESG (Environment, Social, Gover­nance) oder nach­haltig­keits­bezogene Begriffe im Namen führen und den sogenannten „ESG Investment Stan­dard­filter“ der DWS nutzen, sind Investitionen in Rüstungs­firmen weiterhin ausgeschlossen. In beiden Fonds-Kategorien bleiben außerdem Investitionen in geächtete Waffen ausgeschlossen.

Ethische Banken gegen Waffen in Nach­haltig­keits­fonds

Die nach­haltige GLS Bank sowie sieben Kirchen­banken (Bank für Kirche und Caritas, Bank im Bistum Essen, Darlehens­kasse Münster, Evangelische Bank, KD-Bank, Pax-Bank, Steyler Ethik Bank) haben sich gegen das ESG-Zielmarkt­konzept positioniert: „Investitionen in Rüstung sind notwendig, aber nicht nach­haltig“, schreiben sie in einem gemein­samen Papier, das auch vom Branchen­verband FNG (Forum für nach­haltige Geld­anlagen) unterstützt wird. Die Banken sprechen sich gegen die Aufnahme von Rüstungs­konzernen in ethisch-nach­haltige Finanz­produkte aus. Der Einsatz von Waffen und Rüstungs­gütern zerstöre Leben, die Zivilgesell­schaft, die Umwelt und Infrastrukturen, heißt es.

Hinzu kommt: Viele nach­haltig orientierte Anle­gerinnen und Anleger wollen kein Geld mit Waffen und Rüstung verdienen – zumal die Waffen­hersteller ihre Produkte häufig auch in Konflikt­gebiete ausliefern.

Tipp: Einen Über­blick über die ethischen Anla­gekriterien der Institute finden Sie in unserem Vergleich nachhaltiger Banken.

Nach­haltig­keits­kriterien der Stiftung Warentest: Bei Rüstung streng

In der Nach­haltig­keits­bewertung der Stiftung Warentest unterscheiden wir zwischen geächteten und konventionellen Waffen. Wir wenden ein zwei­stufiges Verfahren an. Zunächst legen wir folgende Knock-Out-Kriterien an:

  • Es gibt nur einen Punkt von fünf möglichen, wenn das Portfolio Hersteller von geächteten oder Nuklearwaffen enthält.
  • Es gibt zwei Punkte unter anderem dann, wenn Unternehmen im Portfolio sind, die mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit der Produktion von zivilen Schuss­waffen und konventionellen Waffen erzielen.

Bei unserer Unter­suchung von nach­haltigen Aktienfonds im Herbst sind 27 Prozent der getesteten Fonds an den auf Waffen und Rüstung bezogenen Knock-Out-Kriterien gescheitert.

Auch in der weiteren Bewertung sind wir streng: Das Ausschluss­kriterium für kontroverse Waffen gilt nur dann als voll erfüllt, wenn die Fonds geächtete und kontroverse Waffen auch in ihrem Nach­haltig­keits­ansatz explizit ausschließen. Bei konventionellen Waffen gilt der Ausschluss als voll erfüllt, wenn die Fonds nicht in Unternehmen investieren, die mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit Waffen oder Rüstung erzielen. Diese Toleranz­schwelle ist branchen­üblich und trägt dem Umstand Rechnung, dass nicht alle Tätig­keiten eindeutig zuge­ordnet werden können. Manche Güter können beispiels­weise sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden.

Tipp: Unsere Nach­haltig­keits­bewertung im Detail finden Sie im Beitrag Warum wir grüne Fonds jetzt strenger testen.

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Fonds­finder: Mit oder ohne Rüstungs­investments

Wer Rüstungs­investitionen vermeiden will, schaut sich die von uns bewerteten Nachhaltigkeitsfonds an. Die strengsten Fonds haben Waffen sämtlicher Art ausgeschlossen. Für Anleger, die mit unserem Pantoffel-Portfolio sparen: Die besten ETF haben geächtete Waffen komplett ausgeschlossen und konventionelle Waffen zumindest zum Teil. Der Ausschluss hier ist also etwas weniger streng.

Tipp: Einzel­heiten – etwa sämtliche Ausschluss­kriterien eines Fonds – finden Sie auf der jeweiligen Einzel­ansicht der Fonds. Nach bestimmten Ausschluss­kriterien wie etwa dem Ausschluss kontroverser Waffen können Sie gezielt filtern. Klicken Sie dazu im Fondsfinder auf „Weitere Filter“ und „Stiftung Warentest: Nach­haltig­keits­kriterien“.

Wer dagegen gezielt in den Verteidigungs­sektor investieren will, filtert im Fondsfinder nach Themenfonds Verteidigungs­technologie oder Themenfonds Sicherheit.

Tipp: Sie klicken auf der Start­seite auf „Alle Fonds anzeigen“ und suchen dann im Filter „Fonds­gruppen“ weiter.

Ausblick unsicher

Ob der Hype weitergeht oder seinen Höhe­punkt schon über­schritten hat, können wir nicht sagen. In der Vergangenheit kamen Themenfonds oft spät oder zu spät auf den Markt. Vor wenigen Jahren etwa erfasste ein Hype die Erneuer­baren Energien. Anleger investierten Milliarden in entsprechende Fonds, doch kurze Zeit später drehten die Kurse ins Minus, wie unser Bericht über den iShares Global Clean Energy zeigt. Beim jetzigen Run auf Rüstungs­werte lautet das Argument, dass die geopolitische Lage noch jahre­lange Investitionen erfordern wird. Es ist jedoch unklar, wie viel der künftigen Gewinn­erwartungen bereits in den Kursen steckt.

Tipp: Falls Sie in Themenfonds investieren wollen, mischen Sie sie nur zu einem geringen Teil bei. Bei Einzel­aktien ist noch größere Vorsicht geboten.

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