
Mehr oder weniger grün. Die EU-Regeln für nachhaltige Fonds haben sich verschärft. Einige Anbieter haben ihre Produkte daher umklassifiziert. © Getty Images / Giovanni Bortolani
Viele Anlegerinnen und Anleger haben Post von ihrem Fondsanbieter bekommen: Ihr Nachhaltigkeitsfonds wird neu klassifiziert. Wir erklären, was das bedeutet.
Bisher nachhaltig, jetzt ökologisch und sozial
Auf den ersten Blick ist es wenig verständlich, was Anlegerinnen und Anlegern da ins Haus flattert. In den Schreiben, das manche Anbieter nachhaltiger Fonds verschickt haben, heißt es ungefähr so: Der ETF würde zwar weiterhin ökologische und soziale Merkmale fördern, jedoch keine nachhaltigen Anlagen mehr zum Ziel haben und somit nun nach Artikel 8 und nicht mehr nach Artikel 9 klassifiziert. Was bedeutet das nun? Ist ökologisch und sozial nicht genau das, was den Kern eines nachhaltigen Fonds ausmacht? Die Erklärung für den scheinbaren Widerspruch liegt in der Regelung der EU, die nun konkretisiert werden soll. Die Rede ist von der so genannten Offenlegungsverordnung, oft abgekürzt als SFDR (sustainable finance disclosure regulation). Hier kommen auch Artikel 8 und 9 vor.
Anlegerinnen und Anleger, die ein solches Schreiben bekommen haben, müssen nichts unternehmen. Die Anlagestrategie ihres Fonds bleibt in der Regel dieselbe.
Klassifizierung nach EU-Offenlegungsverordnung
Nach der Offenlegungs-VO müssen sich Fonds in einen von drei Kategorien einsortieren:
- Eine Einstufung nach Artikel 8 bedeutet, dass der Fonds nachhaltige Aspekte berücksichtigt.
- Eine Einstufung nach Artikel 9 heißt, dass die Fonds bestimmte nachhaltige Ziele verfolgen.
- Andere Fonds stufen sich nach Artikel 6 ein.
Anlegerinnen und Anleger finden diese Angaben oft im Factsheet des Fonds oder in den Wesentlichen Anlegerinformationen (WAI oder englisch KIID).
Die meisten Fonds liegen in Schublade 8
Nach Angaben des Forums für Nachhaltige Geldanlagen (FNG) lagen die meisten nachhaltigen Fonds bisher in der Kategorie-8-Schublade, nur ein Bruchteil war nach Artikel 9 eingestuft. Ein weit verbreiteter Irrtum war die Annahme, Artikel-9-Fonds seien immer die strengeren. Wie nämlich ein genauer Blick auf unsere Nachhaltigkeitsbewertung zeigt, stecken in beiden Kategorien sowohl strenge als auch laxere Nachhaltigkeitsfonds. Für Anlegerinnen und Anleger gab die Klassifizierung allein daher keine ausreichende Orientierungshilfe.
Tipp: Die Ergebnisse der Nachhaltigkeitsbewertung können Sie im Fondsfinder abrufen oder im Testbericht Nachhaltige Fonds nachlesen.
Hell- und dunkelgrüne Fonds in jeder Kategorie
Der Testsieger Ökoworld Ökovision Classic beispielsweise ist nach Artikel 9 klassifiziert. Der fast von uns ähnlich bewertete GLS Bank Aktienfonds ist ein Artikel-8-Fonds, ebenso wie die drei weiteren aktiv gemanagten Fonds mit Nachhaltigkeitsbestnote. Der ETF Amundi MSCI World Climate Paris-Aligned PAB hingegen hat es in unserem Test nur auf einen Punkt gebracht, weil er nur wenige Ausschlusskriterien beachtet. Das – nachhaltige – Ziel dieses ETF ist es, den Treibhausgasausstoß mit den Pariser Klimazielen zu vereinbaren. Das hatte bis Ende 2022 eine Klassifizierung nach Artikel 9 zur Folge. Das ändert sich nun.
Von 9 auf 8 gestuft
Der französische ETF-Anbieter Amundi hat diesen und fast alle weiteren bisherigen Artikel-9-ETF umklassifiziert und nach Artikel 8 einsortiert. Die inhaltliche Ausrichtung ist zwar dieselbe geblieben, doch weil die europäischen Behörden die Anforderungen verschärfen wollen, haben die Franzosen reagiert. Künftig, so heißt es bei der EU, sollen in Artikel-9-Fonds hauptsächlich nachhaltige Papiere liegen. Der genannte Amundi-ETF hat fossile Energien jedoch nur teilweise ausgeschlossen, Atomkraft gar nicht. Der nachgebildete Index von MSCI reduziert den Treibhausgasausstoß, indem er Wertpapiere entsprechend umgewichtet. Unternehmen mit hohem CO2-Ausstoß werden im Vergleich zum Mutterindex MSCI World weniger stark berücksichtigt und Unternehmen, die nur wenig Kohlendioxid verursachen, bekommen mehr Gewicht.
Auch andere Fondsanbieter reagieren
Nicht nur bei Amundi ist es zu Umstellungen gekommen. Die Deka hat ebenfalls einige Fonds umklassifiziert, unter anderem den Fonds Deka MSCI World Climate Change ESG Select und andere ETF aus dieser Reihe. Auch bei BNP Paribas betrifft es einige ETF, beispielsweise den BNP Paribas Easy MSCI World SRI S-Series PAB 5% Capped, der drei Nachhaltigkeitspunkte hat und von Finanztest als 1. Wahl eingestuft ist. 1. Wahl bedeutet, dass der Fonds den breiten Markt abdeckt. Auch dieser Fonds folgt, ähnlich wie der genannte Amundi-ETF, der Paris-Aligned Benchmark (PAB), erfüllt anders als dieser aber mehr Ausschlusskriterien. Union Investment hat nach eigenen Angaben keine Umklassifizierungen vorgenommen.
Bei Artikel-8-Fonds erst einmal alles wie gehabt
Keine Änderungen gab es bei Artikel-8-Fonds. Auch hier gibt es strenge Nachhaltigkeitsfonds, außer dem GLS Bank Aktienfonds etwa auch den Superior 6 Global Challenges, den terrAssisi Aktien oder den Steyler Fair Invest Equities. In dieser Kategorie finden sich aber auch Fonds, die sich nicht explizit nachhaltig nennen und ESG-Kriterien lediglich mit berücksichtigen. Die Deutsche-Bank-Tochter DWS beispielsweise hat die Flaggschifffonds DWS Top Dividende und DWS Vermögensbildungsfonds I nach Artikel 8 eingestuft. Beide Fonds wenden Angaben der DWS zufolge den „DWS Basic Exclusions“-Filter an. Dabei würden zum Beispiel Emittenten mit sehr hohen Klimarisiken oder hohen Erträgen aus kontroversen Sektoren ausgeschlossen.
Verwirrend ist das trotzdem. Für die Nachhaltigkeits-Statistik des Fondsverbands BVI zählen Fonds, die nach Artikel 8 und 9 eingestuft sind – allerdings spricht der BVI von „Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen“. Glaubt man Gerüchten aus Brüssel beziehungsweise Paris, dem Sitz der EU-Wertpapieraufsicht, dann könnten sich allerdings auch die Regelungen für Artikel-8-Fonds noch verschärfen.
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