Frag Finanztest Jetzt noch in offene Immobilienfonds investieren?

Frag Finanztest - Jetzt noch in offene Immobilienfonds investieren?

Skyline. Durch den rasanten Zins­anstieg der vergangenen Jahre ist das Markt­umfeld für offene Immobilienfonds schwieriger geworden. © Adobe Stock / LoveSan

Sinkende Immobilien­preise stellen offene Immobilienfonds vor Heraus­forderungen. Jüngstes Beispiel: die Abwertung beim UniImmo Wohnen ZBI. Antworten auf Ihre Fragen.

Es erreichen uns stetig Fragen von Lese­rinnen und Lesern etwa zu den Markt­aussichten von offenen Immobilienfonds, den geänderten Kündigungs­regeln oder zum Börsen­handel der Fonds. Wir gehen wir auf die wichtigsten davon ein.

Fragen zu Bewertung, Kauf, Kündigung und Risiko

Warum gibt es eigentlich keine Finanztest-Bewertung für offene Immobilienfonds?

Anders als bei Aktien- oder Rentenfonds bewerten wir bei offenen Immobilienfonds nicht den Anlage­erfolg. Das liegt an unserer Bewertungs­methode. Unser Rendite-Risiko-Maß können wir nur auf Fonds anwenden, deren Kurse regel­mäßig Schwankungen unterworfen sind. Bei offenen Immobilienfonds ist das nicht immer der Fall. Da Immobilien­preise nicht täglich an der Börse ermittelt werden, entsteht ein eher gleichförmiger Kurs­verlauf. Aber auch sonst ist eine Beur­teilung schwierig, da sich Bewertungen einzelner Immobilien nicht über­prüfen und anbieter­über­greifend vergleichen lassen.

Tipp: In unserer Fondsdatenbank finden Sie – mit Flatrate kostenlos – einen Über­blick über die in Deutsch­land zum Vertrieb zugelassenen offenen Immobilienfonds mit ihren aktuellen Renditen. Achten Sie auf den Stand, die Daten werden jeweils zum Monats­ende aktualisiert.

Offene Immobilienfonds investieren meist in Büros. Lohnt sich das in Zeiten von Home Office noch?

Nach einer Auswertung des Fonds­verbands BVI investieren offene Immobilienfonds im Schnitt mehr als die Hälfte ihres Geldes in Büros. Rund ein Fünftel des verwalteten Vermögens liegt in Handels- und Gastronomie-Immobilien, 8 Prozent in Hotels, rund 5 Prozent in Hallen und Lagern und genauso­viel in Wohn­immobilien (Stand 31. März 2024).

Wie so oft auf den Immobilienmärkten kommt es auch bei Büros auf die Lage an: Das Münchner ifo-Institut prognostiziert in einer gemein­samen Studie mit dem Immobilienberater Colliers für die Top-7-Büro­städte Deutsch­lands einen lang­fristigen Minderbedarf an Büroflächen von etwa 12 Prozent. Zentrale Lagen blieben trotz hoher Mieten gefragte Stand­orte, heißt es jedoch.

Für die lang­fristige Wert­entwick­lung der Fonds sind die Miet­einnahmen entscheidend. Solange die Immobilien gut vermietet sind, läuft das Geschäft. Nach einer aktuellen Analyse der Rating­agentur Scope liegen die Vermietungs­quoten bei 93,7 Prozent. Gemäß der BVI-Studie laufen rund 20 Prozent aller Miet­verträge in den Fonds-Objekten dieses oder nächstes Jahr aus, weitere 37 Prozent werden bis Ende 2029 fällig, die restlichen Verträge laufen länger.

Meine Sorge ist, dass viele Leute Geld abziehen und Fonds schließen müssen. Was meinen Sie?

Sie erinnern sich wahr­scheinlich an die Fonds­schließungen infolge der Finanz­krise 2008/ 2009. Damals zogen vor allem große Investoren ihr Geld schlag­artig ab, weshalb die Fonds Anleger nicht mehr auszahlen konnten, die Anteile verkaufen wollten. Damit das nicht wieder passiert, wurden Kündigungs­fristen einge­führt. Wer offene Immobilienfonds kauft, muss sie mindestens zwei Jahre halten. Wer aussteigen will, muss mit einer Frist von zwölf Monaten kündigen. Die Anbieter können Rück­nahmen dadurch besser planen, hebt auch die Finanz­aufsicht Bafin hervor.

Nach Angaben der Bundes­bank flossen bis 30. April 2024 netto knapp 1,4 Milliarden Euro aus offenen Immobilienfonds ab. 2023 gab es noch Zuflüsse von 723 Millionen Euro. Insgesamt verwalten die Fonds 132 Milliarden Euro. Die Zahl der Kündigungen nennen die Anbieter nicht, auch die Bafin gibt hierzu keine Auskunft. Sie sagt jedoch: Eine Kündigungs­welle sei derzeit nicht erkenn­bar.

Wir haben die Anbieter von 22 Fonds nach ihren flüssigen Mitteln gefragt. Nur für 13 haben wir Antworten erhalten. Die Liquiditäts­quoten liegen zum 30. April 2024 zwischen 7 und 30 Prozent. Die 7 Prozent meldet der Wert­grund Wohn­select, die 30 Prozent der Deka Immobilien Metropolen, der erst seit knapp fünf Jahren am Markt ist. Die älteren Deka-Fonds – Deka Immobilien Europa, Deka Immobilien Global, Deka Immobilien Nordamerika – liegen zwischen 14 und 22 Prozent, die drei älteren Immobilienfonds von Union – UniImmo Deutschland, UniImmo Europa, UniImmo Global – zwischen 13 und 17 Prozent. Der hausinvest meldet rund 11 Prozent flüssige Mittel.

Gibt es Abwertungen bei den Immobilien? Oder Verluste bei den Fonds?

Ja, teils, denn durch die Zins­wende ist der Immobilienmarkt stark unter Druck geraten. So musste Ende Juni die Union Investment für ihren UniImmo Wohnen ZBI eine Sonderbe­wertung vornehmen und den Rück­nahme­preis um 16,71 Prozent senken. Bei dem Fonds wird das Grund­problem des Fonds­segments deutlich: Um den Wert der gekündigten Anteils­scheine an die Anleger frist­gerecht auszuzahlen und einem Liquiditäts­engpass vorzubeugen, müssen Immobilien aus dem Portfolio verkauft werden – die inzwischen weniger wert sind als bislang bewertet (siehe auch unsere Meldung Wie es zur Abwertung beim Fonds UniImmo Wohnen ZBI kam).

Ob weitere Fonds diesem Vorgehen künftig folgen müssen, bleibt offen. Die Einschät­zung von Union Investment zur künftigen Stabilität ihres UniImmo Wohnen ZBI gibt den Rahmen für das gesamte Segment vor: „Voraus­setzung ist dabei, dass sich das Markt­umfeld nicht verschlechtert sowie die Anteil­scheinrück­gaben nicht weiter deutlich ansteigen.“

Nach der Abwertung erlaubt die Fonds­gesell­schaft ZBI Anlegern, die Fonds­anteile gekündigt hatten, ihre Kündigung zurück­zunehmen. Normaler­weise geht das nicht. Wer Anteile an einem offenen Immobilienfonds kündigt, bekommt ein Jahr später sein Geld, egal, wie der Fonds dann dasteht. Manche Anleger würden nun lieber abwarten, ob der Fonds sich erholt, ehe sie ihr Geld abziehen. Ein Tipp fällt uns schwer, weil auch wir nicht wissen, wie der Fonds sich in Zukunft entwickelt. Wer erst mal warten will, kann später auch über die Börse verkaufen, sollten sich seine Erwartungen nicht erfüllen – allerdings dann womöglich mit Abschlag.

Ich habe meine offenen Immobilienfonds gekündigt, will die Kündigung aber stornieren.

Normaler­weise ist das nicht möglich. Sobald Sie die Anteile gekündigt haben, werden diese gesperrt und am Ende der Frist verkauft. Sie können die Anteile natürlich sofort wieder neu kaufen, doch dann fällt erneut der Ausgabe­aufschlag an. Bitten Sie Ihren Berater, Ihnen den Ausgabe­aufschlag für den Rück­kauf zu erlassen oder kaufen Sie güns­tiger an der Börse.

Muss ich für einen Verkauf auch kündigen, wenn ich die Anteile seit 20 Jahren im Depot habe?

Das kommt darauf an. Für Ihre Anteile gilt ein Frei­betrag von 30 000 Euro je Kalender­halb­jahr. Sie müssen nur kündigen, wenn Sie Anteile im Wert von mehr als 30 000 Euro auf einen Schlag zurück­geben wollen. Wenn Sie zum Beispiel Anteile im Wert von 40 000 Euro verkaufen wollen, dann können Sie davon 30 000 Euro sofort verkaufen. Der Rest­betrag wird gekündigt und zwölf Monate später zurück­gezahlt.

Tipp: Erteilen Sie nur einen Verkaufs­auftrag für 30 000 Euro und verkaufen Sie den Rest im nächsten Kalender­halb­jahr.

Anleger, die ab dem 22. Juli 2013 einge­stiegen sind, haben den Frei­betrag nicht. Für sie gilt zudem eine Mindest­halte­frist von 24 Monaten. Haben sie Anteile gekauft, können sie diese frühestens nach einem Jahr kündigen.

Ich brauche das Geld sofort. Gibt es noch eine andere Möglich­keit, die Anteile vorzeitig zu verkaufen?

Ja. Sie können die Anteile an Ihrem offenen Immobilienfonds auch über die Börse verkaufen, statt sie an die Fonds­gesell­schaft zurück­zugeben. Dort gelten die Kündigungs- und Halte­fristen nicht, weil die Anteile nur den Besitzer wechseln. Allerdings liegt der Anteils­preis an der Börse zurzeit unter dem Preis, den der Fondsanbieter berechnet.

Tipp: Wenn Sie über die Börse verkaufen wollen, sollten Sie sich erst einmal die dortigen Preise anschauen. Sie können Ihre Verkaufs­order mit einem Limit versehen. Ihr Auftrag wird dann mindestens zu diesem Wert abge­rechnet. Sie schützen sich so vor einem unerwartet schlechten Preis.

Kann ich offene Immobilienfonds als Sicher­heits­baustein nutzen?

Davon raten wir ab. Es handelt sich um ein Branchen­investment mit entsprechenden Risiken. Wollen Sie in offene Immobilienfonds investieren, dann lieber als Beimischung für den Renditeteil des Depots.

In meinem Depot sind 50 Prozent Aktienfonds, 30 Prozent Tages­geld und 20 Prozent offene Immobilienfonds. Passt das?

Es kommt darauf an, welches Verhältnis von Sicherheit und Rendite Sie haben möchten. Ein ausgewogenes Depot bestünde zu je 50 Prozent aus ­einem Rendite- und einem ­Sicher­heits­baustein, etwa ­Tages­geld. Offene Immobilienfonds zählen aus unserer Sicht nicht zum Sicher­heits­baustein, sondern zum Renditeteil des Depots. In Ihrem Portfolio ­haben Aktien- und Immobilienfonds einen Anteil von 70 Prozent, der Sicher­heits­baustein liegt bei 30 Prozent. Für ein ausgewogenes Depot wäre der Rendite­baustein also zu groß. Damit es passt, müssten Sie Ihre Aktien- und Immobilienfonds­anteile um jeweils 10 Prozent­punkte reduzieren und das Tages­geld damit aufstocken. Wollen Sie offensiv anlegen, wäre Ihre Mischung okay. Allerdings liegt der Anteil der Immobilienfonds bei knapp 30 Prozent des Rendite­bausteins, der Ober­grenze für ­Beimischungen insgesamt.

Tipp: Um Ihre Depot­mischung zu checken, nutzen Sie unseren kostenlosen Rechner für das Pantoffel-Portfolio.

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Kosten offene Immobilienfonds an der Börse immer weniger als bei der Fonds­gesell­schaft?

Nein. Während der Null­zins­phase waren die Fonds­anteile an der Börse teurer als bei den Fonds­gesell­schaften. Die Kurse an der Börse bemessen sich nach Angebot und Nach­frage. Erwarten viele Anleger eine schlechtere Performance der Fonds, zeigt sich das in Kurs­abschlägen. Ob es so kommt wie gedacht, steht auf einem anderen Blatt – zumal es an der Börse oft nur geringe Umsätze gibt. Je reger der Handel, desto aussagekräftiger das Ergebnis.

Wir haben uns die Börsen­kurse angesehen – Anfang und Ende Mai 2024 – und fest­gestellt, dass sie derzeit zwischen gut 6 Prozent und etwas über 20 Prozent unter den Anteils­preisen der Fondsanbieter liegen. Tendenziell sind die Abschläge im Laufe des Monats etwas kleiner geworden. Am geringsten waren sie Ende Mai mit rund 6 Prozent bei Deka Immobilien Europa und UniImmoDeutschland. Der Fonds von Deka ist mit einem Volumen von 18,3 Milliarden Euro der größte Immobilienfonds. Beim zweitgrößten Fonds, dem hausinvest von Commerz­Real, betrug der Abschlag 9,5 Prozent. In diesem Fonds liegen 17,2 Milliarden Euro. Im UniImmo­Deutsch­land sind es 16,7 Milliarden Euro.

Was sind die Vorteile von einem Kauf über die Börse?

Sie sparen den Ausgabe­aufschlag. Zurzeit sind die Kurse dort nied­riger als bei der Fonds­gesell­schaft. Kaufen Sie dort besser nur mit Limit, damit Sie nicht mehr zahlen müssen als gewollt. Wollen Sie Ihre Anteile später an die Fonds­gesell­schaft zurück­geben, müssen Sie ebenfalls die Fristen dafür beachten.

Mein Immobilienfonds wird abge­wickelt, die Immobilien verkauft. Warum gibt es den Fonds noch?

Oft liegt es daran, dass die Fonds noch Geld bereithalten müssen, falls ein Immobilienkäufer Schäden reklamiert oder Finanz­ämter Steuern nach­fordern. Erst wenn es keine Ansprüche seitens Dritter mehr geben kann, können die Fonds endgültig aufgelöst werden. Derzeit führen wir im Fondsfinder noch acht offene Immobilienfonds, die sich in Abwick­lung befinden.

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Kommentarliste

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  • kinpin1988 am 28.12.2024 um 12:09 Uhr
    Ergänzung

    Eine Ergänzung zu "Muss ich für einen Verkauf auch kündigen, wenn ich die Anteile seit 20 Jahren im Depot habe?":
    Bei Erbschaft oder Schenkung gilt nicht der Termin des Kaufs sondern der Erbschaft bzw. Schenkung.
    Musste ich dieses Jahr leider lernen, zum Glück mit genug zeitlichem Puffer.