
Netflix-Kunde. Standard-Abos des Streamingdienstes kosten heute 48 Euro pro Jahr mehr als beim Start 2014. Premiumabos wurden sogar um 72 Euro teurer. © Alamy Stock Photo / Filip Radwanski
Neues Urteil bestätigt: Netflix durfte seine Preise nicht einseitig erhöhen. Einem Kunden muss das Unternehmen fast 200 Euro erstatten. Wir bieten einen Musterbrief.
Preiserhöhungen – wirksam oder nicht?
Der Streamingdienst Netflix hat seine Abonnementspreise in den letzten Jahren immer wieder erhöht, sich dabei aber offenbar nicht an geltendes Recht gehalten. Hintergrund: Die Regelung in den Nutzungsbedingungen des Anbieters, wonach Netflix berechtigt sei, die Preise einseitig zu erhöhen, sei unfair und damit unwirksam, urteilte bereits im Jahr 2021 das Landgericht Berlin. Zwei Jahre später bestätigte das Kammergericht diese Entscheidung. Jetzt entschied das Landgericht Köln außerdem: Netflix muss auf die Preiserhöhungen entfallende Zahlungen sogar dann erstatten, wenn Kunden der Preiserhöhung ausdrücklich zugestimmt haben. Der Streamingdienst muss in diesem Fall einem Kunden fast 200 Euro zurückzahlen. Achtung: Das Urteil ist rechtskräftig, aber möglicherweise eine Einzelentscheidung.
Ohne Zustimmung rechtswidrig
Eindeutig ist dagegen: Haben Kunden der Preiserhöhung nicht zugestimmt, ist sie klar rechtswidrig. Dann muss Netflix auf die Erhöhung entfallende Zahlungen erstatten. Das Unternehmen sagt, es habe stets die Zustimmung der Kunden eingeholt. Etliche Leser berichteten uns demgegenüber allerdings: Sie können sich wegen der Preiserhöhungen bis 2022 nicht an eine ausdrückliche Zustimmung erinnern. Eine Netflix-Kundin berichtete uns zwar, Netflix habe ihr ein Preiserhöhungs-Banner angezeigt. Sie habe der damaligen Preiserhöhung daraufhin zugestimmt. Ob Netflix das stets so gemacht hat, erscheint dennoch zweifelhaft. Rechtsanwalt Christian Solmecke äußerte sich auf Youtube zur Rechtslage. Das Landgericht Köln war jetzt im oben genannten Fall davon überzeugt, dass der Kunde allen Preiserhöhungen ausdrücklich zugestimmt hatte.
Sicher ist: Wer bei der letzten Preiserhöhung im April 2024 Netflix-Kunde blieb, hat dieser Preiserhöhung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zugestimmt. Erstattung zu fordern ist für diese Erhöhung dann nur möglich, wenn sich die Ansicht des Landgerichts Köln breit durchsetzt, dass sie trotz Zustimmung unwirksam ist.
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Bisher keine Belege für Zustimmung

Keine Spur von Zustimmung: Netflix-Mail zu einer der letzten Abopreiserhöhungen. © Screenshot Stiftung Warentest

Wir wissen nicht, welche Unterlagen Netflix dem Landgericht Köln im verhandelten Fall vorgelegt hat. In den Fällen, die wir uns selbst angeschaut haben, haben wir keine überzeugenden Belege für angebliche Zustimmungen zu den Netflix-Preiserhöhungen gefunden. Die Daten, die Netflix zu Abonnenten speichert, können diese nach dem Einloggen bei Netflix unter www.netflix.com/account/getmyinfo anfordern. Einige Leserinnen und Netflix-Kundinnen haben uns ihre Daten zur Verfügung gestellt.
Diese Daten enthielten unter dem Punkt MessagesSentByNetflix jeweils auch „PRICE_CHANGE_CONFIRMATION“-Einträge. Price Change Confirmation bedeutet wörtlich übersetzt: Preis-Änderungs-Bestätigung. Dazu war jeweils eine Zeit abgespeichert, zu denen unsere Leser ganz sicher nicht am Bildschirm saßen und so auch nicht auf Bestätigungs-Links geklickt haben konnten.
Auch unabhängige Experten wie Michael Schmitz hatten in den Daten von Netflix-Kundinnen und Kunden keinen Beleg dafür gefunden, dass diese Preiserhöhungen zugestimmt hatten. Es tauchten zwar jeweils etliche Zustimmungen zu den Geschäftsbedingungen („ToU“ für Terms of Use, englisch für Nutzungsbedingungen) auf, aber zu Zeiten, die nicht zu den Netflix-Preiserhöhungen passten.
Auch die Netflix-Mails zum Thema Preiserhöhungen (siehe Screenshot) deuten eher darauf hin: Das Unternehmen hat die Preise einseitig erhöht. test.de kann natürlich nicht ausschließen, dass Netflix weitere Daten hat, mit denen das Unternehmen die Zustimmung der Kunden zu Preiserhöhungen beweisen kann.
Nach dem neuen Urteil des Landgerichts Köln war die Preiserhöhung trotz Zustimmung des Kunden unwirksam. Begründung: Netflix schrieb an seine Kunden: „Am … wird Ihr monatlicher Preis auf … erhöht. Wir aktualisieren unsere Preise, um Ihnen noch mehr großartige Unterhaltung zu bieten.“ In diesem Zusammenhang erscheine der Button: „Preiserhöhung zustimmen“ nicht als Annahme einer freiwilligen Vertragsänderung, so das Gericht.
Landgericht Köln, Urteil vom 15.05.2025
Aktenzeichen: 6 S 114/23
Klägeranwälte: WBS.legal, Köln
Das Urteil ist zwar rechtskräftig. Rechtsmittel sind nicht zulässig. Die Juristen bei der Stiftung Warentest sind aber nicht sicher, ob andere Gerichte auch so urteilen werden. Sie selbst waren bisher der Meinung: Wenn Kunden den Netflix-Preiserhöhungen zugestimmt haben, sind sie rechtmäßig.
Musterbrief: So fordern Sie die Netflix-Erstattung richtig
Wenn Sie früheren Netflix-Preiserhöhungen nicht zugestimmt haben, können Sie Erstattung von auf die auf diese Preiserhöhungen entfallenden Zahlungen fordern. Sind Sie aktuell noch Netflix-Abonnent und zahlen den seit 2024 gültigen Preis von 13,99 (Standard) oder 19,99 (Premium), haben Sie der letzten Preiserhöhung aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zugestimmt.
Musterbrief Download: Hier können Sie den Musterbrief mit ausführlichen Hinweisen für Ihre Erstattungsforderung herunterladen.
Die Forderung auf Erstattung von bis zum 31. Dezember 2021 gezahlten Beträgen ist inzwischen verjährt. Alle Zahlungen danach hat Netflix zu erstatten, auch wenn die unwirksame Preiserhöhung schon Jahre vorher erfolgte.
Um diese Klausel ging es vor Gericht
Netflix schrieb in seinen Nutzungsbedingungen: „Wir sind berechtigt, den Preis unserer Abo-Angebote von Zeit zu Zeit in unserem billigen Ermessen zu ändern, um die Auswirkungen von Änderungen der mit unserem Dienst verbundenen Gesamtkosten widerzuspiegeln.“ Diese Formulierung sei unklar und lasse auch nicht erkennen, dass Verbraucher gerichtlich prüfen lassen können, ob das Unternehmen die Interessen seiner Kunden bei einer solchen einseitigen Preiserhöhung fair berücksichtigt habe, urteilte das Landgericht Berlin auf eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hin. Die Regelung benachteilige Verbraucher und sei daher unwirksam.
Landgericht Berlin, Urteil vom 16.12.2021
Aktenzeichen: 52 O 157/21
Das Kammergericht hat das bestätigt.
Kammergericht Berlin, Urteil vom 15.11.2023
Aktenzeichen: 23 U 15/22
Das Verfahren ist rechtskräftig abgeschlossen. Netflix‘ Versuch, es noch vor dem Bundesgerichtshof anzugreifen, war unzulässig.
Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 30.01.2025 und vom 25.02.2025
Aktenzeichen: III ZR 407/23
Auch eine ältere Netflix-Preisanpassungsklausel war rechtswidrig.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.02.2022
Aktenzeichen: I ZR 23/20
So haben sich die Netflix-Gebühren seit dem Start 2014 entwickelt
Jahr |
Standard |
Premium |
Euro/Monat |
||
ab 2014 |
8,99 |
11,99 |
ab 2017 |
9,99 |
13,99 |
ab Oktober 2017 |
10,99 |
13,99 |
ab 2019 |
11,99 |
15,99 |
ab 2021 |
12,99 |
17,99 |
seit 2024 |
13,99 |
19,99 |
Für das Unternehmen geht es um viel Geld. Denn alle Kundinnen und Kunden, die bereits bis Ende 2016 ein Netflix-Premium-Abo gestartet haben, zahlten inzwischen etliche Hundert Euro nur für Preiserhöhungen. Netflix kam Ende 2024 weltweit auf über 300 Millionen Abonnenten. Zahlen nur für Deutschland nennt das Unternehmen nicht. Bekannt ist nur: Netflix ist hierzulande nach Amazon-Prime die Nummer zwei bei den Streaming-Diensten ohne reine Sport-Kanäle.
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@Aranja: Vielen Dank für die Rückmeldung! Wir hatte unsere Ansicht dazu bereits im Artikel dargestellt:
Wir halten nicht für sicher, dass sich die verbraucherfreundliche Beurteilung der Rechtslage durchs Landgericht Köln durchsetzt.
Leider hab auch ich nur ein Standardantwortschreiben erhalten ohne genaue Anrede.
Es gibt keine Rückzahlung.
Ich hatte von Mai 2022 bis Juli 2024 das Basic-Abo von 7,99 € und dann kam eine Mail, dass ich zukünftig 9,99 € zahlen soll oder ein anderes Abo abschließen oder wird gekündigt.
Also hatte ich die 9,99 € damals akzeptiert, da ich nicht für 4,99 € mit Werbung schauen wollte.
Es heißt weiterhin in dem Schreiben, dass das eine Einzelfallentscheidung vom LG Köln war.
@FBI1492: Vielen Dank für den Hinweis! Dass Netflix Anträge auf Erstattung ablehnen muss, ist selbstverständlich falsch.
Richtig ist allerdings, dass das Landgericht Köln in einem Punkt ausgesprochen verbraucherfreundlich urteilte und Preiserhöhungen sogar dann für unwirksam hielt, wenn Abonnenten und Abonnentinnen ihr ausdrücklich zugestimmt haben. Wir halten allerdings für sicher: Wo sie einer Preiserhöhung nicht zugestimmt haben, muss Netflix auf sie entfallende Zahlungen auf jeden Fall erstatten.
Unter anderem steht drin:
Bitte beachten Sie, dass die jüngste Entscheidung des Landgerichts Köln nur für die an diesem konkreten Fall beteiligten Parteien gilt und keine Rechte für andere begründet. Es ist außerdem wichtig zu beachten, dass andere Gerichte in Deutschland unsere Preisänderungen geprüft und Rückzahlungsforderungen zurückgewiesen haben. Das Kölner Urteil spiegelt daher keinen breiteren Konsens der Rechtsprechung wider. Aus diesen Gründen müssen wir Ihren Antrag auf Rückerstattung leider ablehnen.
@teddie78: Auch wenn wir nicht glauben, dass sich die Beurteilung der Preiserhöhungen als auch bei ausdrücklicher Zustimmung unwirksam durchsetzen wird, haben wir das Urteil im Musterbrief und den Hinweisen dazu jetzt ergänzt.