Berliner Testament So sichern sich Ehepartner beim Erbe ab

Datum:
  • Text: Sophie Mecchia, Eugénie Zobel-Varga
Berliner Testament - So sichern sich Ehepartner beim Erbe ab

Berliner Testament. Der Wunsch, den anderen abzu­sichern, steht bei vielen Eheleuten im Vordergrund. © Doro Huber / Kombinatrotweiss, Getty Images (M)

Mit einem Berliner Testament machen sich Verheiratete gegen­seitig zu Allein­erben. In Sachen Steuern heißt es aufpassen. Die Stiftung Warentest erklärt Vor- und Nachteile.

Im sogenannten Berliner Testament bedenken sich Ehepartner gegen­seitig und sichern den jeweils anderen finanziell ab. Das sorgt für Sicherheit und hält das Vermögen zusammen. Geld, das gemein­sam bewohnte Haus und das Auto gehen zunächst allein an die Ehefrau oder den Ehemann. Erst wenn beide gestorben sind, erben die gemein­samen Kinder oder andere Erben. Gibt es dagegen keine letzt­willige Verfügung, gilt die gesetzliche Erbfolge und der Ehepartner bekommt das Vermögen nur selten allein.

Die Rechts­expertinnen der Stiftung Warentest erklären, was sich mit dem Berliner Testament regeln lässt, ob und wann Expertenrat einge­holt werden sollte und welche Nachteile diese Art der letzt­willigen Verfügung hat.

Tipp: Umfassende Informationen rund um das Thema Testament finden Sie in unserem großen Special So regeln Sie Ihr Erbe nach Ihren Wünschen.

Berliner Testament – das Wichtigste auf einen Blick

Das Berliner Testament, mit dem sich Eheleute gegen­seitig absichern, hat einen großen Vorteil: Erst wenn beide gestorben sind, erben andere. Es entsteht keine Erben­gemeinschaft aus dem länger lebenden Ehepartner und den gemein­samen Kindern mit der Folge, dass alle nur gemein­sam über das Vermögen entscheiden könnten. Es bleibt zunächst in einer Hand.

Wer ein Berliner Testament verfassen kann

Nur Eheleute sowie einge­tragene Lebens­partner können gemein­sam ein Berliner Testament aufsetzen. Wenn sich Unver­heiratete gegen­seitig absichern wollen, geht das nur mit einem Erbvertrag, der zwingend vor einer Notarin oder einem Notar geschlossen werden muss.

Wie das Testament aussehen muss

Ein Ehepartner verfasst das Berliner Testament hand­schriftlich, beide unter­schreiben eigenhändig – mit Vor- und Familien­namen sowie unter Angabe von Ort und Datum. Ein Berliner Testament muss nichts kosten. Denn Ehepaare können es ganz ohne Expertenrat verfassen – wenn sie sich das zutrauen. Es genügt die Einigung der Eheleute, ein Bogen Papier und ein Stift.

Unser Rat

Ehepartner absichern. Wählen Sie die klassische Variante des Berliner Testaments, die sogenannte Einheitslösung, wenn Sie Ihren Partner nach Ihrem Tod absichern wollen. In diesem Fall setzen Sie sich gegen­seitig als Allein­erben ein. Ihre Kinder erben erst, wenn Sie beide verstorben sind.

Steuern bedenken. Haben Sie ein größeres Vermögen, drohen Ihnen eventuell steuerliche Nachteile, wenn Sie das Berliner Testament wählen. Wenden Sie sich an eine Fach­anwältin oder einen Fach­anwalt für Erb- oder Steuerrecht.

Testament auflösen. Denken Sie daran, dass Sie nach dem Tod Ihres Part­ners das Berliner Testament kaum aufheben können. Sie sind dann ewig daran gebunden. Solange Sie jedoch beide leben, lässt es sich unter bestimmten Voraus­setzungen ändern.

Wann Expertenrat sinn­voll ist

Der Gang zur Fach­anwältin für Erbrecht oder zum Notar gehört nicht zwingend dazu, ist aber eine Über­legung wert und bei vielen Paaren sogar ratsam. Das gilt vor allem dann, wenn es um ein größeres Vermögen geht oder die Familien­verhält­nisse komplex sind, etwa bei Patchwork­familien. Auch Erbfälle mit Auslands­bezug gehören zu Fachleuten, ebenso wie solche, in denen es um die Beteiligung an einer Gesell­schaft geht.

Ratgeber der Stiftung Warentest

Berliner Testament - So sichern sich Ehepartner beim Erbe ab

© Stiftung Warentest

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Zuerst erbt der Ehepartner, später die Kinder

Zwei Ziele lassen sich mit einem Berliner Testament verfolgen: Zum einen kann der länger lebende Partner abge­sichert werden. Zum anderen wird das Familien­vermögen erst einmal zusammen­gehalten und nicht auf eine mehr­köpfige Erben­gemeinschaft verteilt, etwa den Ehemann und die gemein­samen Kinder. Je nachdem, welches Ziel im Vordergrund steht, ergeben sich verschiedene Gestaltungs­möglich­keiten.

Einheits­lösung. Der klassische Fall ist die Einheits­lösung, die zum Tragen kommt, wenn es den Ehepart­nern in erster Linie darum geht, dass der andere nach dem eigenen Tod finanziell versorgt ist. Die Partner setzen sich im Testament gegen­seitig als Allein­erben ein, gemein­same Kinder oder andere Erben in der Regel als „Schlusserben“.

Für den ersten Todes­fall sind die Kinder enterbt, ihnen steht nur der Pflicht­teil zu, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ausmacht. Eine sogenannte Pflicht­teils­strafklausel im Testament kann davor schützen, dass die Kinder ihn einfordern. Vorteil der Einheits­lösung: Der Längerlebende kann frei über das Vermögen verfügen, ohne auf die Interessen der Kinder Rück­sicht nehmen zu müssen.

Trennungs­lösung. Sie dient vor allem dazu, das Vermögen des Erst­versterbenden zugunsten der Kinder zusammen­zuhalten. Die Ehepartner setzen sich gegen­seitig als „Vorerben“ ein und zum Beispiel ihre Kinder als „Nacherben“. Stirbt ein Partner, geht sein Vermögen auf den anderen über. Der kann aber nicht ganz frei darüber verfügen. Diese Testaments­gestaltung bringt für den Längerlebenden Erschwer­nisse mit sich. Gleich­zeitig sind die Kinder aber abge­sichert.

Wie Ehepaare erben

Erbteil. Gibt es keine letzt­willige Verfügung wie ein Testament, gilt die gesetzliche Erbfolge. Die Erbquote des Ehe- oder einge­tragenen Lebens­part­ners kann unterschiedlich hoch sein. Sie richtet sich zum einen danach, welche Verwandten neben ihm erben, zum anderen nach dem für die Ehe geltenden Güter­stand.

Miterben. Die gesetzlichen Erben werden vom Gesetz in Gruppen einge­teilt: in sogenannte Ordnungen. Neben Verwandten erster Ordnung wie den eigenen Kindern erbt der Ehegatte ein Viertel des Nach­lasses. Neben Verwandten zweiter Ordnung wie den Eltern und Geschwistern sowie neben Groß­eltern erbt der Ehepartner die Hälfte. Abhängig vom für die Ehe geltenden Güter­stand kommt zu diesem Erbteil unter Umständen noch etwas hinzu.

Zugewinn­gemeinschaft. Hat das Paar nichts anderes beim Notar vereinbart, gilt der vom Gesetz vorgesehene Güter­stand der Zugewinngemeinschaft. Dann wird der eben beschriebene Erbteil ergänzt. Die Erbquote des länger lebenden Ehepart­ners erhöht sich um ein Viertel. Das bedeutet: Neben Verwandten erster Ordnung erbt der Längerlebende die Hälfte, neben Verwandten zweiter Ordnung bekommt er drei Viertel.

Steuerliche Nachteile des Berliner Testaments

Erbt der Ehepartner allein, kann das erhebliche Auswirkungen auf die Erbschaftssteuer haben. Ihm steht ein Frei­betrag von 500 000 Euro zu. Bleibt die Erbschaft in diesem Rahmen, werden keine Steuern fällig. Alles, was darüber hinaus­geht, muss versteuert werden. Zwar sind 500 000 Euro eine beträcht­liche Summe, umfasst der Nach­lass aber beispiels­weise Immobilien, kann sie schnell erreicht sein.

Tipp: Mit unserem Erbschaftssteuerrechner können Sie Ihre Steuerlast berechnen. Ist sie zu hoch, können Ehepaare für den ersten Erbfall Vermächt­nisse zugunsten ihrer Kinder anordnen, um auch deren Frei­beträge zu nutzen. Bei einer solchen Testaments­gestaltung können Fach­anwälte für Erbrecht helfen. Lesen Sie mehr zum Thema Erbschafts­steuer in unserem Special Freibeträge nutzen, Steuer sparen.

Widerruf, Scheidung, Geltung im Ausland

Widerruf. Solange beide Partner leben, können sie das Testament widerrufen: einvernehmlich oder – falls nur ein Partner widerrufen möchte – durch notarielle Erklärung gegen­über dem anderen. Sind sich beide einig, können sie das Testament gemein­sam vernichten. Schwieriger sind Widerruf oder Änderung, wenn einer der Partner verstorben ist. Das Testament ist bindend und diese Wirkung wird nur aufgehoben, wenn der länger lebende Partner die Erbschaft ausschlägt oder das Testament anficht.

Änderungs­vorbehalt. Wenn die Eheleute einen sogenannten Änderungs­vorbehalt in ihrem Testament aufnehmen, bleibt der Längerlebende flexibler und darf in einem fest­gelegten Rahmen von den gemein­sam getroffenen Regeln abweichen.

Scheidung. Lassen sich die Partner scheiden, wird das Berliner Testament in der Regel unwirk­sam.

Ausland. Nicht alle Staaten erkennen das Berliner Testament an. Bei Erbschaften mit Auslands­bezug ist dieser Punkt dringend zu bedenken.

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