
Behindertentestament. Eltern können für ihr Kind mit Behinderung mit dieser Verfügung optimal vorsorgen. © Louie Läuger
Erbt ein Kind mit Behinderung, wird das Geld auf Sozialleistungen angerechnet und kommt ihm nicht wirklich zugute. Ein Behindertentestament kann das verhindern.
Behindertentestament schützt Vermögen
Eltern eines Kindes mit Behinderung wünschen sich vor allem, dass das Kind weiterhin so gut versorgt wird wie zu Lebzeiten der Eltern. Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, wie Eltern ihr Kind finanziell absichern können. Mit einem sogenannten Behindertentestament können Eltern erreichen, dass ihr Kind Vermögen erbt, ohne dass sein Anspruch auf öffentliche Hilfe verloren geht.
Behindertentestament – die wichtigsten Tipps
- Testamentsvollstrecker.
- Um Ihr Vermögen vor dem Zugriff durch den Staat zu schützen und Ihr Kind optimal zu versorgen, sollten Sie in Ihrem Testament eine lebenslange Testamentsvollstreckung anordnen. Der Testamentsvollstrecker verwaltet das vererbte Vermögen.
- Vorerbschaft und Nacherbschaft.
- Ratsam ist es, eine Vor- und Nacherbschaft anzuordnen. Diese Regelung führt dazu, dass nach dem Tod Ihres Kindes niemand für die Kosten der Sozialhilfe aufkommen muss, die für seine Betreuung entstanden sind.
- Nicht enterben.
- Keine Lösung ist es, Ihr Kind zu enterben, damit es weiterhin Sozialhilfe beziehen kann. Dann steht Ihrem Kind nämlich immer noch der Pflichtteil zu, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ausmacht. Auf den Pflichtteil kann der Sozialhilfeträger zugreifen.
- Expertenrat.
- Suchen Sie Unterstützung bei einem Fachanwalt für Erbrecht oder einem Notar. Die Gestaltung eines Behindertentestaments gehört in die Hände eines Experten. Eine anwaltliche Erstberatung kostet zuzüglich Mehrwertsteuer 226,10 Euro.
Anspruch auf staatliche Hilfen vermögensabhängig
Menschen mit Behinderung sind oft auf staatliche Hilfen angewiesen, zum Beispiel auf Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Ob ihnen die Leistungen zustehen, hängt davon ab, wie hoch Einkommen und Vermögen sind. Kann jemand finanziell für sich selbst sorgen, hat er keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Das wird zum Problem, wenn es darum geht, dass ein Mensch mit Behinderung eine Erbschaft macht.
Erbschaft verringert Sozialleistungen
Wer erbt, verliert seinen Anspruch auf Sozialhilfe, bis das Vermögen auf das sogenannte Schonvermögen geschrumpft ist. Wie hoch das Schonvermögen ist, hängt von der Art der Sozialleistung ab, die der Person zusteht. Geschützt sind mindestens 5 000 Euro.
Wer ein großes Vermögen erbt, muss lange darauf zurückgreifen, bis er wieder Sozialleistungen beziehen kann. Die Erbschaft wird für die Kosten der Hilfe aufgebraucht. Für besondere Therapieformen, die die Krankenkasse nicht übernimmt, für Zuzahlungen zu Medikamenten oder Freizeitgestaltung bleibt kein Geld übrig. Ein unerwünschtes Ergebnis, das sich mithilfe eines Behindertentestaments verhindern lässt.
Menschen mit Behinderung und die Rente
Ausführliche Informationen zum Thema „Rente für Menschen mit Schwerbehinderung“ finden Sie im großen und kostenlosen Special Schwerbehinderung und Rente.
Vor- und Nacherbschaft anordnen
Besonders bedeutsam beim Aufsetzen eines Testaments zugunsten einer behinderten Person ist die Möglichkeit, diese zum Vorerben zu machen und eine andere zum Nacherben, zum Beispiel ein weiteres Kind oder auch einen gemeinnützigen Verein. Der Vererbende kann auf diese Weise bestimmen, in welcher Reihenfolge und wie lange die Erben den Nachlass nutzen dürfen. Zuerst der Vorerbe und später der Nacherbe, der im Regelfall erst nach dem Tod des Vorerben erbt.
Sozialhilferechtliche Erbenhaftung vermeiden
Das Besondere an dieser Konstruktion: Der Nacherbe beerbt beim Tod des Vorerben nicht etwa diesen, sondern direkt den Verfasser des Testaments. Der Vorteil: Der Nacherbe muss nicht für die Kosten der Sozialhilfe aufkommen, die für die Betreuung des behinderten Vorerben angefallen sind. Das kann nämlich im Rahmen der „sozialhilferechtlichen Erbenhaftung“ passieren. Der Sozialhilfeträger hat die Möglichkeit, gegen den Erben der behinderten Person einen Kostenersatzanspruch für die Sozialhilfeleistungen geltend zu machen, die ihr in den letzten zehn Jahren vor deren Tod gewährt wurden. Erbt jemand als Nacherbe, besteht dieser Anspruch nicht.
Vorerbe: Befreien oder nicht?
Im Regelfall darf der Vorerbe als „nicht befreiter Vorerbe“ nicht ohne Weiteres über das geerbte Vermögen verfügen, damit für den Nacherben etwas davon übrig bleibt. Der Vorerbe darf beispielsweise weder ein geerbtes Grundstück verkaufen noch Vermögen aus dem Nachlass verschenken. Der Vererbende kann den Vorerben im Testament aber von einigen dieser Einschränkungen befreien, damit der „befreite“ Vorerbe mehr Rechte hat.
Was im Hinblick auf ein Behindertentestament zu raten ist – Vorerbe befreien oder nicht –, daran scheiden sich die Geister. Viele Rechtsanwälte raten dazu, das Vermögen zusätzlich zu sichern, indem der Vorerbe verfügungsbeschränkt bleibt. Andere vertreten den Standpunkt, dass es zum Schutz der Erbschaft reicht, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen.
Testamentsvollstrecker einsetzen
Ein Testamentsvollstrecker ist im Rahmen des Behindertentestaments ohnehin ein Muss. Er verwaltet die Vorerbschaft. Der behinderte Vorerbe hat dann keinen Zugriff auf das geerbte Vermögen – ebenso wenig wie der Sozialhilfeträger. Als Testamentsvollstrecker eignen sich vor allem Vertraute der behinderten Person. Zum Beispiel kann zunächst der länger lebende Elternteil das Amt übernehmen.
Wichtig ist, dass der Vererbende im Testament Ersatztestamentsvollstrecker benennt, die die Aufgabe weiterführen, sollte der eigentliche Testamentsvollstrecker sein Amt nicht mehr ausüben können oder selbst sterben.
Verwaltungsanordnung treffen
Damit der Erbe trotz Testamentsvollstreckung von der Erbschaft profitieren kann, muss der Vererbende in seinem Testament regeln, wie genau der Testamentsvollstrecker die Vorerbschaft verwalten soll. Das geht mit einer Verwaltungsanordnung. Darin kann stehen, dass der Erbe ausreichend Geld für Urlaube, persönliche Anschaffungen oder ärztliche Behandlungen zur Verfügung haben soll, die von der Krankenkasse nicht vollständig übernommen werden, wie beispielsweise eine Brille oder Zahnersatz.
Tipp: Weitere Informationen bietet eine kostenlose Broschüre des Bundesverbands für körper- und mehrfach behinderte Menschen.
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- Ein Testamentsvollstrecker kann Streit unter Erben vermeiden oder dafür sorgen, dass Minderjährige ihr Erbe nicht verprassen. Lesen Sie hier alles Wissenswerte.
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Vielen Dank für Ihre gute und sicher aufwendige Recherche.
Wir sind selbst betroffene mit einem behinderten Kind und haben unser Testament vor ca. 10 Jahren in gleicher Vorgehensweise mit einem fachkundigen Anwalt gestaltet.
Ich bin sicher Sie haben damit vielen Familien eine sinnvolle Anregung gegeben, in der es nicht nur darum geht "Millionen € zu retten", sondern sehr vielen Durchschnittsverdienern das Tragen eines schweren Rucksacks zu erleichtern!!!
Wie unterstützte ich Menschen dabei wirre Gesetzteslücken auszunutzen um Vermögen - völlig ungeschmälert - behalten zu können, während man gleichzeitig Sozialleistungen bezieht, die wirklich Bedürftigen vorbehalten sein sollten.
Zugespitzt : Millionen behalten, stattdessen der Allgemeinheit in die Tasche greifen - Stiftung Warentest hilft.
Wann wird endlich die Gemeinnützigkeit dieser Institution hinterfragt?
Sehr gute Information. Der Hinweis auf die Broschüre des BVKM ist in allen Angelegenheiten von Menschen mit Behinderung der entscheidende Tipp.
Auf der Homepage des BVKM gibt es zahlreiche, ausgezeichnete Informationen.
Kann ich aus eigener Erfahrung nur empfehlen!!!!