64 Kräutertees hat die Stiftung Warentest auf Schadstoffe untersucht. Während fast alle Fencheltees und viele Pfefferminztees keine Schadstoffe aufwiesen und empfehlenswert sind, haben die Tester in Kamillentees und Kräutermischungen häufig schädliche Substanzen gefunden. Insgesamt sechs Tees konnten nur mit ausreichend bewertet werden. Der Kamillentee von Kusmi Tea schneidet gar mangelhaft ab. Er war so extrem schadstoffbelastet, dass die Tester schon vor Wochen vor dem Genuss warnten und der Anbieter die betroffene Charge vom Markt nahm.
Die bedenklichsten Funde stellten die Pyrrolizidinalkaloide, kurz PA, dar. Vor allem Kamillentee und Kräuterteemischungen waren damit belastet. PA sind in Lebensmitteln unerwünscht, weil sie sich im Tierversuch als krebserregend und erbgutschädigend zeigten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht davon aus, dass sie auch beim Menschen kanzerogen wirken können und appelliert schon seit 2013 an die Anbieter, gegen PA in Tee vorzugehen. Problem: Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind Gifte, mit denen sich Wildkräuter gegen Fraßfeinde wehren. Werden diese bei der Ernte nicht aussortiert, landet ihr Gift im Tee.
Auch wenn von belasteten Tees keine akute Gefahr ausgeht, erhöht sich durch das regelmäßige Trinken das Risiko für Tumore und Leberschäden.
Als während der Testphase Anfang des Jahres der Kusmi Tea Chamomille mit einem extrem hohem PA-Gehalt auffiel, informierten die Tester sofort die Öffentlichkeit, die Lebensmittelaufsicht und den Anbieter. Er rief die Charge daraufhin vom Markt zurück.
Erhöht waren die Gehalte an PA in den Kamillentees von Teekanne, Pukka und dem „Westminster Tea Kamille“ von Aldi (Nord). Ähnliche PA-Belastungen stellte die Stiftung Warentest auch in zwei Kräuterteemischungen fest, der „Kings’s Crown Kräuter-Symphonie“ von Rossmann und dem „8 Kräuter“ von Teekanne. Auch der „Tip Pfefferminztee“ von Real enthält vergleichsweise viel an PA.
Die gute Nachricht: Fencheltee, der oft Babys zum Trinken gegeben wird, schnitt im Schadstoff-Check „sehr gut“ ab. Lediglich der Fencheltee von Marco Polo war wegen seiner Pestizidgehalte nur „befriedigend“.
Der ausführliche Test Kräutertee erscheint in der April-Ausgabe der Zeitschrift test (ab 30.03.2017 am Kiosk) und ist bereits unter www.test.de/kraeutertee abrufbar.
3 Fragen an Ina Bockholt, test-Redakteurin
Versehentlich mitgeerntete Wildkräuter können Kräutertee mit besonders kritischen Schadstoffen belasten, wie kann das passieren?
Auf Feldern, auf denen Teepflanzen wachsen, wuchern mitunter auch Wildkräuter. Einige, wie Greiskraut und Jakobskreuzkraut, enthalten Pyrrolizidinalkaloide (PA). Meist werden Teekräuter maschinell geerntet. Dabei werden andere Pflanzen mitgemäht. Bei Kamille mit ihren gelben, feinen Blüten ist das Risiko besonders hoch, kritische Wildkräuter zu übersehen.
Wie giftig sind diese Stoffe?
Im Tierversuch erwiesen sich PA als krebserregend und erbgutschädigend. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht davon aus, dass sie auch beim Menschen kanzerogen wirken können. Die Substanzen können auch Leberschäden und Vergiftungen verursachen.
Gibt es eine gesetzlich festgelegte Höchstmenge?
Bislang noch nicht. Noch ist auch nicht für alle 600 bekannten PA klar, wie kritisch sie sind. Bei unserer Bewertung orientieren wir uns deshalb an einem Wert für die Summe aller PA, den das BfR und die Europäische Lebensmittelbehörde Efsa bezüglich der Krebsrisiken als wenig bedenklich einschätzen. Ein 60 Kilo schwerer Erwachsener sollte dauerhaft nicht mehr als 0,42 Mikrogramm am Tag aufnehmen, ein 16 Kilo schweres Kleinkind nicht über 0,11 Mikrogramm. Die Lebensmittelbehörden orientieren sich an einem Wert, der vor Leberschäden schützen soll. Danach muss Tee aus dem Handel, wenn ein Erwachsener damit täglich 6 Mikrogramm aufnehmen könnte. Ein Beutel des von uns untersuchten Kusmi-Kamille-Tees enthält 161 Mikrogramm.
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