IBH-Immobilienfonds Nein-Stimmen verschwunden

IBH-Immobilienfonds - Nein-Stimmen verschwunden

Dieter Zetz­sche und seine Ehefrau sind an geschlossenen Immobilienfonds von IBH beteiligt. Sie sind empört darüber, dass ihre Nein-Stimmen bei einer Abstimmung im Ergebnis nicht zu erkennen sind. © Martin Jehnichen

Anleger verlust­reicher geschlossener Immobilienfonds von IBH sind empört: Ihre Stimmen tauchten nicht im Ergebnis einer Abstimmung auf.

[Update 12.3.2024] Heftige Kritik an Ex-Liquidatorin der IBH

Frank Bassermann, seit 2022 Liquidator von IBH-Fonds, hat Anlegern im Februar 2024 von Problemen berichtet: Er habe fast leere Konten, hohen Leerstand und Rück­stände vorgefunden, etwa bei Hausgeldern, Versicherungen und Energieversorgern. Die abge­setzte frühere Liquida­torin Aif Invest GmbH, Berlin, und ihr Ex-Chef seien im Januar 2024 dazu verurteilt worden, 510 000 Euro zurück­zuzahlen. Aif bestritt die Darstellung in dem Schreiben gegen­über Finanztest und sieht ihre Arbeit diffamiert. Der Ex-Chef nannte das Urteil „über­raschend und rechts­fehler­haft“ und kündigte ­eine Berufung an. In Parallel­verfahren hätten Richter zum Teil andere Rechts­auffassungen vertreten. Bei Aif ist seit 23. Februar 2024 das Insolvenzver­fahren eröffnet (Az. 36a IN 638/24). Das Amts­gericht München hatte die Aif im August 2022 als Liquidatorin von 15 geschlossenen Immobilienfonds von IBH abberufen, das Amts­gericht Chemnitz von fünf weiteren. Aif hat dagegen Beschwerde einge­legt. Bassermann berichtet, für drei Fonds habe das Ober­landes­gericht Dresden seine Bestellung mitt­lerweile bestätigt.

Das Amts­gericht München begründete die Abberufung auch mit nicht gezählten Nein-Stimmen von Anlegern bei Abstimmungen. Unschön: Ein Verkauf vieler Fonds­immobilien an die Primus-Valor-Gruppe ist geplatzt, sie fordert nun Schaden­ersatz.

Abstimmungs­ergebnis ohne Nein-Stimmen

Im Oktober 2020 haben sich mehrere Anleger geschlossener Immobilienfonds von IBH empört bei Finanztest gemeldet. Einer ist Dieter Zetz­sche, der mit seiner Frau an drei Fonds beteiligt ist. Bis 14. September 2020 sollten die Anleger von insgesamt 20 IBH-Fonds schriftlich über den Ausschluss der Groß­gesell­schafterin CCI abstimmen. „Wir haben bei allen drei Fonds mit Nein gestimmt“, sagt Zetz­sche. Ende September teilte die Liquidatorin ihrer Fonds, die Aif Invest GmbH aus Berlin, aber als Ergebnis mit: „100 % Ja-Stimmen / 0 % Nein-Stimmen“.

Offener Konflikt

Wie wir berichtet hatten, haben die 20 IBH-Fonds viele Probleme und sollen liquidiert werden. Liquidatorin Aif und Groß­gesell­schafterin CCI werfen sich gegen­seitig vor, Anlegern zu schaden.

Pflicht zur Zustimmung?

Für Aif-Invest-Chef Martin Staratschek ist der Ausschluss von CCI existenziell für die Fonds. Er erklärt, in solchen Fällen hätten die Gesell­schafter, also auch die Anleger, die Pflicht zuzu­stimmen. Pflicht­widrig ablehnende Stimmen tauchten daher im Ergebnis nicht als Nein-Stimmen auf.

Einst­weilige Verfügung

CCI sieht das anders und hat vor dem Land­gericht Berlin eine einst­weilige Verfügung erwirkt. Aif Invest wiederum hat Wider­spruch einge­legt. Der Ausgang ist offen.

Tipp: Als Anleger geschlossener Fonds können Sie gegebenenfalls gegen gefasste Beschlüsse vorgehen. Es ist aber aufwendig und oft nur mithilfe eines auf Gesell­schafts­recht spezialisierten Rechts­anwalts zu schaffen.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Pfluftl01 am 15.11.2020 um 11:59 Uhr
    Auch meine Stimme wurde gewandelt

    Die schriftliche Begründung :„ Darüber hinaus ist in der höchstrichterlichen Rechtssprechung anerkannt, dass es bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen zu einer Zustimmungspflicht aller Gesellschafter kommen kann, wenn die sogenannte gesellschaftliche Treuepflicht dies gebietet. In einer Publikumsgesellschaft wie der vorliegenden führt diese Zustimmungspflicht bei der Beschlussfassung mit existentieller Bedeutung dazu, dass alle nicht bzw. pflichtwidrig abgegebenen Stimmen so zu behandeln sind, als wären sie entsprechend der bestehenden Verpflichtung abgegeben worden.“Somit ist auch mein Verhalten nach Einschätzung von Herrn Staratschek pflichtwidrig, wenn ich das Verhalten der CCI, seinem bisherigem Partner, nicht so bewerte wie er. All diese Maßnahmen werden auch mein Geld kosten, denn die Honorare der Anwälte sind hoch. Ich kann auch hier nur wiederholen: Herr Staratschek vertritt nicht meine Interessen! Lässt mich Kleinanleger das Deutsche Rechtssystem in Stich?

  • rruehl am 15.11.2020 um 10:29 Uhr
    Illegale Machenschaften?

    Wozu eine Abstimmung durchführen wenn alle Enthaltungen und Gegenstimmen als unzulässig definiert werden. Das Rechtsverständnis von Herr Staratschek entspricht einem Autokraten. Weder die DDR-Regierung noch die aktuellen Herrscher in Diktaturen streichen die Gegenstimmen. Wenn dies in unserem Rechtsstaat zulässig ist, dann lebe ich im falschen Land. Dieser Mann ist untragbar und leidet an Realitätsverlust. Mal sehen wie es den Anlegern gelingt ihr Geld vor den langen Fingern des Liquidators zu schützen. Damit haben offensichtlich auch Großanleger ihre Schwierigkeiten. Die Gier des Menschen ist seine schlimmste Eigenschaft.