Meta, Facebook und Instagram Sammelklage bringt Chance auf bis zu 10 000 Euro

Datum:
  • Text: Christoph Herr­mann
  • Faktencheck: Angela Ortega Stülper
Meta, Facebook und Instagram - Sammelklage bringt Chance auf bis zu 10 000 Euro

Meta-Daten­center in Irland. Der US-Konzern speichert Daten zu Dritt­seiten-Besuchen von Facebook- und Instagram-Besuchern oft auch, wenn diese sich bei den Netz­werken ausgeloggt und im Browser den Zugriff auf Dritt­seiten abge­schaltet haben. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Bram Janssen

Spiegel.de, Online-Apotheke, Dating-Dienst: Meta erfährt oft, was Facebook- und Instagramnutzer tun. Jetzt kommt eine Sammelklage. Mitmachen ist leicht und kostet nichts.

Nutze­rinnen und Nutzer von Facebook und Instagram, deren Daten vom Mutter­konzern Meta an Dritte weiterge­geben wurden, haben die Chance, per Sammelklage bis zu 10 000 Euro Schaden­ersatz zu erstreiten. Der Verein zum Schutz für Verbraucher­interessen hat jetzt beim Ober­landes­gericht in Hamburg eine Sammelklage einge­reicht und fordert im Namen aller Betroffenen Unterlassung, Löschung und vor allem Schaden­ersatz. Facebook- und Instagram-Nutzer, die bei Anmeldung noch nicht voll­jährig waren, sollen 10 000 Euro erhalten. Bei Erwachsenen hält der Verein 5 000 Euro für angemessen. 9,5 Prozent der Zahlungen sollen am Ende an den Prozess­finanzierer gehen, den die Verbraucherschützer für die Sammelklage einge­schaltet haben.

Mit nur wenigen Minuten Aufwand können Facebook- und Instagram-Nutzer oder ihre Eltern ihre Rechte gegen Meta anmelden. Über die meta-klage.de nimmt die BK Baumeister & Kollegen Verbraucherkanzlei aus Berlin schon jetzt Anmeldungen entgegen. In einigen Monaten werden sich Verbraucher selbst beim Bundes­amt für Justiz anmelden können.

Meta weiß, wo seine Nutzer surfen

Der Hintergrund der Klage: Der US-Tech­konzern Meta, dem unter anderem Facebook und Instagram gehören, erfährt von jedem Besuch von Facebook- und Instagram-Nutzern auf den meisten Dritt­seiten. Möglich machen das die Meta-Business-Tools. Diese Tools verwenden viele Nach­richtenportale, Online-Shops und wohl zumindest zeit­weise auch der Wahl-o-mat der Bundes­zentrale für politische Bildung. So hatte es das Land­gericht Mainz fest­gestellt, siehe unsere Liste mit Urteilen. Aktuell fanden wir auf tages­schau.de und wahl-o-mat.de keine Spur von Meta-Business-Tools. Die Bundes­zentrale für politische Bildung versichert: Sie speichere keinerlei personenbezogene Daten von Nutzern des Wahl-o-mats.*

Der US-Konzern ist dadurch bei jedem Besuch dabei, sogar wenn Nutze­rinnen und Nutzer sich bei den sozialen Netz­werken ausgeloggt haben – und oft sogar selbst dann, wenn diese in ihrem Browser die Über­tragung von Daten an Dritt­anbieter abge­schaltet hatten. Auf diese Weise weiß das Unternehmen von vielen Benutzern, was sie einkaufen, für welche Medikamente sie sich interes­sieren, ob und wo sie nach Part­nern suchen und zuweilen auch, welche psychischen Probleme sie beschäftigen. Das halten Verbraucher- und Daten­schützer für klar rechts­widrig.

Rund 500 Verurtei­lungen in Einzel­fällen haben Rechts­anwalt Max Baumeister und seine Kollegen bereits erstritten. Rechts­schutz­versicherungen der Betroffenen machten es möglich. Ausgewählte Urteile enthält unsere Urteilsliste. Meta hat Berufung einge­legt. Jetzt müssen die Ober­landes­gerichte entscheiden.

Das Verbraucherinkassounternehmen Privacy ReClaim will ebenfalls eine „Sammelklage“ starten. Das hat allerdings einen Haken: Facebook- und Instagram-Benutzer sollen ihr Recht auf Schaden­ersatz voll­ständig ans Unternehmen abtreten. 50 Euro erhalten sie dafür – sofort und unwiderruflich. Einzel­heiten dazu unten unter Was Privacy ReClaim anbietet.

*ergänzt am 23.9.25

So funk­tioniert die Meta-Daten­samm­lung

Meta setzt seine Meta-Business-Tools ein, um es Betreibern von Webseiten zu ermöglichen, den Erfolg ihrer Werbung auf Facebook und Instagram zu verfolgen. Von solchen Informationen hängen Werbestrategien und damit auch der Erfolg von Unternehmen ab. Vor allem zwei Techniken sind in den Meta-Business-Tools wichtig: das Meta-Pixel und die Meta Conversion-API.

Meta-Pixel

Das ist eine Zeichen­folge, die die Anbieter in den Code ihrer Webseiten einbauen. Zu sehen ist davon nur ein einziger winziger Bild­punkt - praktisch nichts. Der Code auf der Dritt­anbieter-Seite führt dazu, dass von Meta-Servern ein Script geladen und ausgeführt wird. Es über­trägt Daten wie die IP-Adresse, das Betriebs­system und die Browser­version des Besuchers an Meta. Hinzu kommen oft weitere Daten aus Cookies. Sie ermöglichen es Meta, seine Benutzer wieder­zuerkennen und die Daten dieses Besuchs mit den schon vorhandenen Daten zu diesem Benutzer zu verknüpfen.

Tipp: Sie können die Daten­erhebung und -über­mitt­lung über Meta-Pixel unterbinden, indem Sie die Zustimmung zur Daten­über­tragung an Dritt-Server verweigern oder blockieren.

Meta Conversion-API

Das ist die Bezeichnung für ein Programm, dass Webseiten-Betreiber auf ihren Servern installieren können. Dadurch werden Daten, die der Webseiten-Betreiber selbst erhebt, an Meta über­tragen. Diese Daten ermöglichen es Meta, Facebook- und Instagram-Benutzer wieder­zuerkennen und die Daten zum Besuch mit ihrem Profil zu verknüpfen.

Ob Webseiten die Meta Conversion-API einsetzen und ob sie Daten zum konkreten Besuch an Meta über­tragen, können Benutzer nicht erkennen und sie können es auch nicht verhindern. Nur das Studium der Einwilligung zur Daten­über­tragung und die Daten­schutz­erklärung des Dritt­anbieters lassen erkennen, ob und welche Daten an Meta gehen.

Welche Techniken genau Meta auf seinen Servern einsetzt, um Benutzer wieder­zuerkennen, wissen wir nicht. Fest steht: Niemand kann sich darauf verlassen, dass er anonym bleibt. Die Bewegungen der Computer-Maus etwa sind so individuell wie die eigene Hand­schrift.

Von welchen Webseiten-Besuchen Meta erfährt

Welche Webseiten-Betreiber die Meta-Business-Tools einsetzen und welche Technik jeweils im Einsatz ist, wissen wir auch nicht genau. Erkenn­bar ist allerdings, wo das Meta-Pixel und manchmal auch weitere Meta-Business-Tools im Einsatz waren oder sind. Wichtige und bekannte Beispiele aus den Bereichen...

...Nach­richten & Politik: tages­schau.de, spiegel.de, bild.de, welt.de, faz.net und stern.de
...Reisen und Frei­zeit­gestaltung: bahn.de, airbnb.de, trip­advisor.de, hrs.de, holidaycheck.de und momondo.de
...Medizin und Medikamente: apotheken.de, shop-apotheke.de, docmorris.de, ärzte.de, helios-gesundheit.de und jameda.de
...Dating- und Erotik: parship.de, amorelie.de, orion.de und lovescout24.de
...Höchst­persönliche Probleme: krebs­hilfe.de, fertility.com und nie-wieder-alkohol.de

So hatte es das Land­gericht Mainz fest­gestellt, siehe unten unter Liste mit Urteilen. Zuletzt fanden wir auf tages­schau.de und wahl-o-mat.de kein Spur von Meta-Business-Tools. Wo diese im Einsatz sind, läuft vermutlich oft auch die Meta Conversions-API. Sie ermöglicht es, den Erfolg von Meta-Werbung für Benutzer, die dem jeweiligen Anbieter gegen­über in die Über­tragung der dazu nötigen Daten einge­willigt haben, auch dann zu verfolgen, wenn diese die Daten­über­tragung an Dritt­parteien per Browser (wie zum Beispiel stets bei Safari auf Apple-Geräten) oder Browser­einstellung unterbinden.

Warum die Speicherung und Verarbeitung der Daten rechts­widrig ist

Die Daten­schutz­grund­ver­ordnung (DSGVO) schreibt vor: Jede Speicherung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten bedarf der Recht­fertigung. Grob vereinfacht: Sie ist nur zulässig, soweit Betroffene einverstanden sind oder es aus tech­nischen oder recht­lichen Gründen nötig ist. Soweit Meta Facebook- und Instagram-Nutzer ausreichend genau über die Daten­speicherung und -verarbeitung bei Benut­zung der Netz­werke informiert hat und diese damit einverstanden sind, ist die Speicherung der Daten bei Facebook- und Instagram-Besuchen recht­mäßig. Sind Nutze­rinnen und Nutzer bei Besuchen anderer Webseiten mit der Daten­speicherung dort einverstanden, gilt das gleiche.

Die Speicherung und Verarbeitung der Daten über Besuche anderer Webseiten bei Meta allerdings ist rechts­widrig, auch wenn der Betreiber der Seite selbst vielleicht berechtigt war, die Daten an Meta zu über­tragen. Nach Ansicht unserer Juristen ist es nicht möglich, Meta gegen­über im Vorhinein die Genehmigung zur Speicherung und Verarbeitung von Daten zu Besuchen von Seiten jenseits von Meta zu erteilen. Ebenso wenig kann die den Dritt­seiten-Anbietern gegen­über erklärte Einwilligung zur Über­tragung der Daten an Meta es recht­fertigen, dass Meta diese Daten für eigene Zwecke verarbeitet und speichert.

Wie die Gerichte bisher geur­teilt haben

Gestartet hat die Klagewelle die BK Baumeister & Kollegen Verbraucherkanzlei in Berlin. Zahlreiche Facebook-Benutzer hatten Rechts­anwalt Max Baumeister und seine Kollegen beauftragt, für sie bei Meta Schaden­ersatz wegen der Facebook-Datenpanne durch­zusetzen, bei der Hacker die unzu­reichend geschützten Daten von welt­weit rund 500 Millionen Benutzern erbeutet hatten. Baumeister wies sie darauf hin: Das im Vergleich viel größere Probleme und aus seiner Sicht ebenfalls klar rechts­widrig ist die bis tief in die Intim­sphäre reichende Daten­samm­lung bei Meta selbst. Tausende beauftragten ihn darauf­hin, auch deswegen gegen Meta vorzugehen.

Zahlreiche Gerichte in Deutsch­land haben Meta inzwischen in rund 500 Fällen mit über­zeugenden Begründungen zu bis zu 10 000 Euro Schaden­ersatz und fast immer auch zur Unterlassung der Daten­speicherung und zur Löschung verurteilt. Rund 1 000 Klagen scheiterten zunächst. Die Begründungen zu diesen Urteilen halten wir allerdings für dürftig. Für sämtliche Urteile gilt: Sie sind nicht rechts­kräftig. Meta und die von Baumeister & Kollegen vertretenen Verbraucher und Verbrauche­rinnen haben jeweils Berufung einge­legt.

Die ersten Berufungs­urteile werden in den nächsten Monaten erwartet. Wir gehen davon aus: Sie werden die Verurtei­lungen von Meta bestätigen. Wie viel Schaden­ersatz die Berufungs­gerichte und am Ende der Bundes­gerichts­hof für angemessen halten, ist offen. Wir denken angesichts der Menge und der Sensibilität der Meta-Daten­samm­lung allerdings: Er wird sehr viel höher ausfallen als im Streit um die Facebook-Daten­panne. Da hatten die Richter am Bundes­gerichts­hof in Karls­ruhe 100 Euro für ausreichend gehalten, sofern keine besonderen Umstände vorliegen.

Wie Sie Ihr Recht durch­setzen (mit Muster­text)

Sie sollten stets zunächst selbst Unterlassung und Schaden­ersatz fordern. Dabei helfen unsere Musterbriefe. Das bringt Ihnen zusätzlich das Recht auf Zinsen. Zur Durch­setzung Ihrer Rechte gegen Meta können sie sie zur Sammelklage des Verbraucher­schutz-Vereins aus Wien anmelden. Über meta-klage.de geht das schon jetzt. In einigen Monaten werden Sie Ihre Rechte auch selbst direkt beim Bundes­amt für Justiz online anmelden können. Stets gilt: Die Anmeldung ist kostenlos und in wenigen Minuten erledigt. Der von den Verbraucherschützern einge­schaltete Prozess­finanzierer soll am Ende 9,5 Prozent aller Schaden­ersatz­zahlungen erhalten.

Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, können sie auch einzeln gegen Meta vorgehen. Wir empfehlen das aber nur, wenn es Ihnen aus welchem Grund auch immer besonders wichtig ist, ihre Argumente gegen die Meta-Daten­samm­lung selbst zur Geltung zu bringen, um am Ende den vollen Schaden­ersatz ohne jeden Abzug zu kassieren. Ihr Versicherer kann durch die Klage gegen Meta das Recht bekommen, den Rechts­schutz-Versicherungs­vertrag mit Ihnen zu kündigen. Ihnen fehlt der Versicherungs­schutz dann, wenn Sie ihn – etwa zur Durch­setzung vollen Schaden­ersatzes nach schweren Verletzungen durch einen Verkehrs­unfall – dringend brauchen.

Was Privacy Reclaim anbietet

Privacy ReClaim bietet eine Alternative zur Verbraucher­schutz-Sammelklage an. Facebook- und Instagramnutzer erhalten 50 Euro sofort, wenn sie ihre Rechte gegen Meta ans Unternehmen abtreten. Einzige nennens­werte Hürde: Nötig ist eine Video-Identifizierung.

Das Unternehmen nennt sein Angebot ebenfalls „Sammelklage“. Anders als bei der Verbraucher­schutz-Sammelklage erhalten Teilnehmer aber kein Geld mehr von Meta. Mehr als die 50 Euro jetzt sofort sind bei Privacy Reclaim nicht drin. Menschen mit Rechts­schutz­versicherung bietet das Unternehmen allerdings die individuelle Geltendmachung ihrer Rechte an. Das Angebot ist unter privacyreclaim.com/meta zu erreichen. Unter privacyreclaim.com können Sie dem Unternehmen als Nutzer eines Android-Smartphone oder -Tablet anbieten alle Ihre Rechte wegen möglicher Daten­schutz­verstöße gegen für 40 Euro sofort zu verkaufen.

Rück­schlüsse durch anderes Urteil

Der Bundes­gerichts­hof hatte wegen der großen Datenpanne bei Facebook mindestens 100 Euro je Fall für angemessen gehalten. Da ging es aber nur um Basis­daten wie vor allem Name und Mobil­funk­nummer. Beim Streit um die Daten­samm­lung per Meta Business-Tools geht es um gewaltige Daten­mengen bis oft tief in die Intim­sphäre hinein. Unsere Juristen denken deshalb: Der Schaden­ersatz wird viel höher als bei der Facebook-Daten­panne ausfallen. Die Daten­samm­lung ermöglicht es Meta, Facebook- und Instagram-Nutzern exakt auf ihre Bedürf­nisse und Interessen zuge­schnittene Werbung anzu­zeigen. Meta erwirt­schaftete im zweiten Quartal 2025 einen Umsatz von 47,5 Milliarden und einen Gewinn von 18 Milliarden US-Dollar.

Liste mit Urteilen

Stiftung Warentest listet ausgewählte Urteile auf und wird die Liste fort­laufend aktualisieren. Meist haben die Gerichte Meta auch zur Löschung der Daten und zur Unterlassung der Erhebung, Speicherung und Verarbeitung verurteilt.

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Kommentarliste

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  • Trentino2017 am 18.07.2025 um 14:43 Uhr
    Viele sagen: die Angebote sind doch "kostenlos"

    Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass der Meta-Konzern von Herrn Zuckerberg nach offiziellen Angaben 2023 weltweit rund 135 "billions" = 135 Milliarden US-Doller Umsatz gemacht und damit einen Nettogewinn von rund 39 Milliarden US-Dollar Gewinn erzielt hat (1 Milliarde = 1.000 Millionen) und das obwohl die Angebote für die User bekanntlich "kostenlos" sind.
    Zum Vergleich: Der Gesamtumsatz des deutschen Lebensmitteleinzelhandels, der in diesem Land von mehr als 1,3 Millionen Erwerbstätigen erwirtschaftet wurde, betrug 2021 rund 242 Milliarden Euro (Quelle: lebensmittelmagazin.de) und die Kartoffeln, Tomaten, Äpfel usw. im Supermarkt, die Currywurst von der Pommesbude und die Brezel beim Bäcker sind nicht "kostenlos".