
„Ich schaue oft Netflixserien am Handy. Auf Instagram folge ich Musikern. Ab und an stoße ich da auf Sachen, die mir nicht gefallen wie Angeber mit Waffen.“ Anton, 15 Jahre
„Ich mag Katzenvideos auf dem Tablet. 45 Minuten am Tag darf ich es nutzen, dann geht eine Sperre an. Mich nerven Freundinnen, die mehr am Tablet hängen als zu spielen.“ Loretta, 8 Jahre © Stiftung Warentest / Hendrik Rauch
Die Sprösslinge kleben oft regelrecht am Handy oder Tablet. Hier erfahren Eltern, wie sie Konflikte entschärfen und ihrem Nachwuchs einen guten Medienumgang beibringen.
Mediennutzung – das richtige Maß finden
„Über Instagram bekomme ich super viel über Musiker mit“, sagt der 15-jährige Anton. Die gleichaltrige Darja hält WhatsApp in Zeiten von Corona für unentbehrlich, um Kontakt zu Freundinnen zu halten. Frederik, zehn Jahre, interessieren – typisch für Jüngere – vor allem Computerspiele: „Da passiert viel Unerwartetes.“ Die Eltern der drei arbeiten bei der Stiftung Warentest und finden es normal, dass ihre Kinder elektronische Medien nutzen. Aber sie machen sich auch Gedanken über das richtige Maß.
Zocken, chatten, schauen
Laut Umfragen sorgt sich ein Großteil der Mütter und Väter in Deutschland über die Mediennutzung ihrer Kinder. Viele fühlen sich überfordert, den Konsum an Smartphones, Tablets und Spielkonsole zu regeln. Die Geräte sind in nur wenigen Jahren zu Hause eingezogen und zum Umgang mit den Apps, Spielen und Programmen gibt es wenig Erfahrungsschätze und Erkenntnisse aus Langzeitstudien – dafür umso mehr Streit.
Und ganz nebenbei viel lernen
Wie aber machen Eltern ihre Kinder fit für die digitalen Medien? Die Stiftung Warentest hat Pädagogen und Psychologen zusammengebracht und Fachinformationen recherchiert – und aus allem zehn Empfehlungen für Eltern abgeleitet.
Zunächst heißt es für sie: entspannen. Es liegt viel Gutes in der digitalen Welt. Kinder lernen für ihr späteres Leben. Sie bringen sich ganz nebenbei Textverarbeitung, Präsentations- und Rechenprogramme bei. Kreative Köpfe drehen Videos, produzieren Podcasts, eröffnen eigene Kanäle. Mit Messenger-Diensten üben sie, Kontakte zu pflegen, Treffen zu organisieren.
Andererseits können Heranwachsende über die Medien auch auf Gewaltdarstellungen treffen, auf Taschengeld- und Datenabzocke, fragwürdige Rollen- und Körperbilder, Fake-News und Werbeflut, Shitstorms, Cybermobbing und Cybergrooming, die Belästigung durch Fremde.
Buch: Der Social-Media-Elternratgeber

Wie können Sie als Eltern Ihr Kind in Social Media begleiten, ohne zu kontrollieren? Unser Ratgeber erklärt, wie Sie aktiv unterstützen und dabei Gefahren und Risiken beachten.
Das Buch TikTok, Snapchat und Instagram – Der Elternratgeber hat 192 Seiten und kostet 16,90 Euro. Die Lieferung ist kostenlos. Erscheinungstermin: 20. April 2021.
Fifa, Minecraft und Call of Duty

„Ich zocke am liebsten Minecraft. Allerdings darf ich das nicht länger als eine Stunde am Tag. Ein Tag pro Woche muss bei mir medienfrei sein. Ballerspiele darf ich nicht spielen. Das finde ich richtig.“ Nick, 13 Jahre © Stiftung Warentest
Die Fähigkeit, digitale Medien vernünftig zu nutzen, müssen Heranwachsende ähnlich lernen, wie sich gesund zu ernähren – von den Eltern. Wie wichtig das ist, zeigen Umfragen der Medienanstalten Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mit dem Südwestrundfunk:
Fast jeder Haushalt mit Kindern hat ein Smartphone und Internetzugang. Gut jeder dritte Sechs- bis Siebenjährige nutzte 2018 das Netz – im Schnitt 15 Minuten pro Tag. Von den Zehn- bis Elfjährigen waren 81 Prozent online. Die Nutzungszeit lag bei 51 Minuten. Mehr als 90 Prozent der 12- bis 13-Jährigen besaßen im Jahr 2020 ein Smartphone. Dazu kommen oft noch Laptop, Spielkonsole, Tablet.
Eltern wissen nicht, was Kinder online machen
Das Problem: Sehr viele Eltern wissen nicht, was ihre Kinder online wirklich machen. Laut den Umfragen stehen Spiele bei vielen Grundschulkindern hoch im Kurs – ganz vorn bei Jungen das Fußballgame Fifa und das Konstruktionsspiel Minecraft, bei Mädchen das Simulationsspiel Sims. Ältere Jungs zählen auch Ballerspiele wie Fortnite und Call of Duty zu den Favoriten.
Und täglich grüßt WhatsApp

„Ich liebe Beiträge zu kreativen Themen wie Interior Design, Sticken, Zeichnen auf Pinterest. Ich fotografiere Bücher für meinen Social Media Kanal, in dem ich Bücher empfehle.“ Darja, 15 Jahre © Stiftung Warentest / Paul Körber
Für Jugendliche spielen soziale Netzwerke eine große Rolle. 86 Prozent nutzen täglich WhatsApp, gefolgt von Instagram, Snapchat und TikTok. Vor allem Mädchen mögen TikTok. Megatrend unter Teenies: Serien auf Netflix und Co gucken.
Nützliche Adressen für Eltern und Kind
- Kindgerechte Angebote.
- Ausgewählte Spiele und Videos für Grundschulkinder bieten Plattformen öffentlich-rechtlicher Sender, besonders anschaulich macht es kika.de. Die Suchmaschinen fragfinn.de und blinde-kuh.de zeigen nur kindgerechte Webseiten an. Empfehlungen für Apps und Websites stehen etwa auf klick-tipps.net. Rezensionen zu Spielen, auch für Jugendliche, bündelt spieleratgeber-nrw.de.
- Beratung.
- Die Seite schau-hin.info nimmt beliebte Social Media wie WhatsApp und TikTok sowie Spieletrends wie Roblox, Brawl Stars und Among Us kritisch unter die Lupe und klärt Eltern über Risiken im Netz auf. Auf klicksafe.de erhalten Eltern praktische Infos, um Kinder an digitale Medien heranzuführen und Geräte zu sichern. Dort finden auch Kinder und Jugendliche Anregungen, etwa zum Surfen, sowie Aufklärung über Verschwörungstheorien und Mobbing. Eine detaillierte Vorlage für Medienverträge zwischen Eltern und Kind bietet mediennutzungsvertrag.de.
- Bei Problemen.
- Bei problematischer Mediennutzung finden Sie Infos und Anlaufstellen in Ihrer Nähe auf computersuchthilfe.info oder internetsucht-hilfe.de. Die Seite ins-netz-gehen.de wendet sich direkt an Jugendliche.
Corona digitalisiert extrem
Die Corona-Pandemie treibt die Nutzung digitaler Medien extrem voran. Jugendliche waren 2020 täglich im Schnitt 258 Minuten online, 2019 waren es noch 205 Minuten. Die Zahlen dürften weiter steigen. Im zweiten Lockdown unterrichten Schulen online. Tablets und Notebooks sind plötzlich Lernmaterial. Auch in der Freizeit bleiben die Geräte oft länger an als früher, weil Alternativen wie Sport, Musikschule, Freunde treffen eingeschränkt sind.
Vorwürfe gegen Kinder sind unfair
Unfair ist es, Kindern und Jugendlichen einen Vorwurf zu machen, wenn sie in den Sog von Computerspielen, Social Media und Videos geraten. Die Angebote sind so konzipiert, dass sie fesseln. Anbieter können dann Daten sammeln, Werbung schalten – und Geld verdienen.
Digitale Belohnungssysteme durchschauen
Eltern sollten ihren Kindern unbedingt die Tricks der Anbieter erläutern, zum Beispiel die Möglichkeit zum ewigen Scrollen auf Youtube und Instagram.
Es ist auch gut, wenn Kinder digitale Belohnungssysteme durchschauen. Zum Beispiel, dass ein Riesenlob für kleinste Erfolge in Games das Dranbleiben fördert. Und dass Herzchen, Likes und Flammen in sozialen Medien zum ständigen Reinschauen animieren. Perfide sind kostenfreie Angebote, die später Extras oder virtuelle Überraschungskisten mit Spielzubehör teuer verkaufen.
Bald besserer Schutz durchs Gesetz
Jeder Dritte der 10- bis 18-Jährigen hat laut einer Bitkom-Umfrage im Netz Beleidigungen, Belästigungen oder andere Negativerlebnisse erfahren. Die neue Fassung des Jugendschutzgesetzes, das voraussichtlich am 1. April in Kraft tritt, soll besser vor Hetze, Cybergrooming, Gewalt und Abzocke schützen. Die Anbieter müssen sich dann an strengere Auflagen halten, Spiele und Social Media altersgerecht auszeichnen oder voreinstellen. Das Ziel: Kindern die sichere Teilhabe an digitalen Medien ermöglichen und Eltern bei der Erziehung weiter stärken.
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Häufig wird behauptet, dass Computerkriegsspiele eigentlich harmlos seien.
Heute habe ich den aktuellen Podcast Lanz & Precht gehört: Ausgabe 109 (Nachbetrachtung zur Ukraine).
Markus Lanz berichtete davon, wie im Krieg viele Menschen ferngesteuert von Drohnen getötet werden.
Bisher wird davon ausgegangen, dass Soldaten am Joystick die tödlichen Geschosse abfeuern.
Viele dieser Soldaten sind später selber traumatisiert von ihren eigenen Handlungen.
Mir kam der furchtbare Gedanke, dass jemand auf die Idee kommen könnte, die realen tödlichen Drohnen mit live geschalteten Computerkriegsspielen zu verknüpfen.
Wenn so etwas möglich sein sollte, dann könnte der Fall eintreten, dass die tödlichen Drohnen nicht von Soldaten, sondern von unwissenden kriegsspielbegeisterten Jugendlichen gesteuert werden könnten.
Die realen Live-Bilder der Aufklärungsdrohnen könnten so stark verfremdet werden, dass sie am Computerbildschirm wie animierte Comiczeichnungen aussehen.
Gibt es dazu Studien?
Mir ist schon mehrmals aufgefallen, dass die Werbung in Spielen, die sich bewusst an Kinder richten und die auch im Appstore mit "ab 4 Jahren" oder auch "ab 12 Jahren" gekennzeichnet sind, eben nicht für Kinder geeignet ist.
Da wird dann mit einem LKW in eine Menschenmenge gefahren. Oder man sieht die Welt für kurze Zeit als Scharfschütze, sieht das Fadenkreuz auf dem Gesicht der Zielperson und danach das Blut spritzen.
Im Nachmittagsfernsehen ist keine Pornowerbung erlaubt, vor der Kindervorstellung im Kinder darf nur Werbung für andere Kinderfilme laufen.
Wieso gilt ähnliches nicht auch in Spielen?