CO2-Emissionen Air­lines dürfen nicht mit „grünen“ Reisen werben

Datum:
  • Text: Philip Chor­zelewski, Kirsten Schiekiera
CO2-Emissionen - Air­lines dürfen nicht mit „grünen“ Reisen werben

Abheben. Für Eurowings und alle anderen Air­lines gilt, CO2-neutral fliegt keine. Bisher ist das gar nicht möglich. © Getty Images / DoraDalton

Die Aussage, Reisen im Flugzeug ginge CO2-neutral, sei irreführend, urteilten Gerichte wieder­holt. Jetzt dürfen auch Air Baltic und Luft­hansa nicht mehr so werben.

Das lettische Flug­unternehmen Air Baltic darf auf seiner Internetseite nicht mehr behaupten, „grün“ zu fliegen. Geklagt hatte dagegen der Verbraucherzentrale Bundes­verband (vzbv). Diese Botschaft sei irreführend, da Fliegen grund­sätzlich nicht umwelt­freundlich und damit auch nicht „grün“ sei, so das Land­gericht Berlin II (Az. 15 O 437/23, nicht rechts­kräftig).

Werben darf Air Baltic aber weiter mit „nach­haltigem“ Treibstoff. Diese Bezeichnung sei zwar nicht genau definiert. Allerdings erkläre das Luft­fahrt­unternehmen auf seiner Seite, dass es seinen Brenn­stoff aus alternativen Rohstoffen erzeuge, statt aus Rohöl. Dies setze weniger CO2-Emissionen frei. Frei von Emissionen sei Fliegen dadurch dennoch nicht.

Auch Luft­hansa muss Werbung ändern

Einen grünen Anstrich darf sich auch die Luft­hansa nicht mehr geben. Sie hatte mit Aussagen wie „CO2-Emissionen ausgleichen durch einen Beitrag zu Klima­schutz­projekten“ für ihre Flüge geworben. Hier­gegen hatte die Deutsche Umwelt­hilfe erfolg­reich vor dem Land­gericht Köln geklagt. Das Gericht untersagte der Air­line die Erklärung: „Alle Projekte sorgen dafür, dass lang­fristig entweder CO2-Emissionen einge­spart oder aus der Atmosphäre gebunden werden“. Auch andere Aussagen in Zusammen­hang mit klima­neutralem Fliegen wurden verboten. Begründung: Verbrauche­rinnen und Verbrauchern werde suggeriert, dass sie durch zusätzliche Geldzahlung weit­gehend klima­neutral fliegen könnten. Das stimme aber nicht (Az. 84 O 29/24). Luft­hansa hat Berufung einge­legt.

Eurowings musste bereits korrigieren

Auch die Luft­hansa-Tochter Eurowings hatte sich einen ökologischen Anstrich geben wollen, darf das ebenfalls nicht. Das Ober­landes­gericht Köln entschied, dass die Fluggesell­schaft ihre Flüge nicht mehr mit der Aussage „CO2-neutral reisen … ausgleichen und abheben“ bewerben darf (Az. 6 U 45/24). Die Air­line hatte ihrer Kund­schaft angeboten, die durch ihre Flüge verursachten CO2-Emissionen zu kompensieren. Funk­tionieren sollte das über nach­haltigen Treibstoff und Investitionen in Klima­schutz­projekte.

Deutsche Umwelt­hilfe klagte erfolg­reich

Die Deutsche Umwelt­hilfe fand die Werbung irreführend und klagte. Land­gericht und Ober­landes­gericht Köln erklärten, dass die Klima­schutz­investitionen nicht sofort, sondern erst in Zukunft zum Tragen kämen. Auch in welchem Ausmaß dies geschehe, sei unklar. Deshalb seien die Werbeaussagen irreführend – die Eurowings-Werbung damit nicht zulässig.

KLM wegen ähnlichem Vorwurf vor Gericht

Die nieder­ländische Flug­linie KLM musste sich 2024 wegen einer vergleich­baren Werbestrategie vor Gericht verantworten. Die Klage hatte auch hier eine Umwelt­organisation ange­strengt. Wegen ihrer »vagen und allgemeinen« Angaben zu ihren Bemühungen beim Klima­schutz würden potenzielle Kundinnen und Kunden in die Irre geführt, befand ein Amsterdamer Gericht. Die Air­line würde die Wirkung von Maßnahmen wie dem Einsatz nach­haltiger Kraft­stoffe und der Wieder­auffors­tung von Wäldern außerdem allzu positiv darstellen. KLM zog darauf­hin die bean­standeten Werbeaussagen zurück.

Tipp: Die negativen Umwelt­auswirkungen durchs Fliegen können Sie zumindest teil­weise ausgleichen, indem Sie einen freiwil­ligen Aufschlag zur CO2-Kompensation an Organisationen wie Atmosfair oder Myclimate zahlen. Die Stiftung Warentest hat sich angeschaut, was vier dieser Organisationen dafür anbieten.

Falsches Werbe­versprechen vor dem BGH

Werbung mit vermeintlicher Umwelt­freundlich­keit gibt es auch in anderen Bereichen. Oft bleibt fraglich, worauf sich die Attribute beziehen. So hatte der Süßwaren­produzent Katjes in der Lebens­mittel­zeitung mit der Aussage „Seit 2021 produziert Katjes alle Produkte klima­neutral“ geworben. Außerdem wurden Produkte mit einem Logo „klima­neutral“ vertrieben. Der eigentliche Herstellungs­prozess lief jedoch nicht CO2-neutral ab, Katjes beteiligte sich lediglich finanziell an Klima­schutz­projekten, mit denen CO2-Emissionen kompensiert werden sollen. Die Wett­bewerbs­zentrale klagte gegen Katjes, der Rechts­streit zog sich über Jahre hin. Schließ­lich entschied der Bundes­gerichts­hof (BGH) 2024, dass eine Werbung mit dem Zusatz „klima­neutral“ irreführend ist, wenn nicht in der Werbung selbst erklärt wird, was damit genau gemeint ist (Az. I ZR 98/23).

Vorwurf Greenwashing

Versuchen Unternehmen sich durch Werbung oder Marketing ein grünes oder nach­haltiges Image zu geben, ohne das Versprechen umwelt­freundlicher Herstellungs- und Liefer­prozesse einzuhalten, spricht man von Greenwashing. Ein Vorwurf, den sich schon etliche Unternehmen gefallen lassen mussten. Die Stiftung Warentest hat 2024 die Klimaversprechen auf Lebensmitteln untersucht. Können sich Kundinnen und Kunden auf Labels wie „100% CO2-neutral“ oder „Pro Climate Umwelt­neutral handeln“ verlassen? Und: Wie viel Informationen finden Kunden zu den Klima­schutz­bemühungen der Produzenten? Unser Test zeigt auch, dass sich einige Unternehmen nicht gerne in die Karten schauen lassen.

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