
Abheben. Für Eurowings und alle anderen Airlines gilt, CO2-neutral fliegt keine. Bisher ist das gar nicht möglich. © Getty Images / DoraDalton
Die Aussage, Reisen im Flugzeug ginge CO2-neutral, sei irreführend, urteilten Gerichte wiederholt. Jetzt dürfen auch Air Baltic und Lufthansa nicht mehr so werben.
Das lettische Flugunternehmen Air Baltic darf auf seiner Internetseite nicht mehr behaupten, „grün“ zu fliegen. Geklagt hatte dagegen der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Diese Botschaft sei irreführend, da Fliegen grundsätzlich nicht umweltfreundlich und damit auch nicht „grün“ sei, so das Landgericht Berlin II (Az. 15 O 437/23, nicht rechtskräftig).
Werben darf Air Baltic aber weiter mit „nachhaltigem“ Treibstoff. Diese Bezeichnung sei zwar nicht genau definiert. Allerdings erkläre das Luftfahrtunternehmen auf seiner Seite, dass es seinen Brennstoff aus alternativen Rohstoffen erzeuge, statt aus Rohöl. Dies setze weniger CO2-Emissionen frei. Frei von Emissionen sei Fliegen dadurch dennoch nicht.
Auch Lufthansa muss Werbung ändern
Einen grünen Anstrich darf sich auch die Lufthansa nicht mehr geben. Sie hatte mit Aussagen wie „CO2-Emissionen ausgleichen durch einen Beitrag zu Klimaschutzprojekten“ für ihre Flüge geworben. Hiergegen hatte die Deutsche Umwelthilfe erfolgreich vor dem Landgericht Köln geklagt. Das Gericht untersagte der Airline die Erklärung: „Alle Projekte sorgen dafür, dass langfristig entweder CO2-Emissionen eingespart oder aus der Atmosphäre gebunden werden“. Auch andere Aussagen in Zusammenhang mit klimaneutralem Fliegen wurden verboten. Begründung: Verbraucherinnen und Verbrauchern werde suggeriert, dass sie durch zusätzliche Geldzahlung weitgehend klimaneutral fliegen könnten. Das stimme aber nicht (Az. 84 O 29/24). Lufthansa hat Berufung eingelegt.
Eurowings musste bereits korrigieren
Auch die Lufthansa-Tochter Eurowings hatte sich einen ökologischen Anstrich geben wollen, darf das ebenfalls nicht. Das Oberlandesgericht Köln entschied, dass die Fluggesellschaft ihre Flüge nicht mehr mit der Aussage „CO2-neutral reisen … ausgleichen und abheben“ bewerben darf (Az. 6 U 45/24). Die Airline hatte ihrer Kundschaft angeboten, die durch ihre Flüge verursachten CO2-Emissionen zu kompensieren. Funktionieren sollte das über nachhaltigen Treibstoff und Investitionen in Klimaschutzprojekte.
Deutsche Umwelthilfe klagte erfolgreich
Die Deutsche Umwelthilfe fand die Werbung irreführend und klagte. Landgericht und Oberlandesgericht Köln erklärten, dass die Klimaschutzinvestitionen nicht sofort, sondern erst in Zukunft zum Tragen kämen. Auch in welchem Ausmaß dies geschehe, sei unklar. Deshalb seien die Werbeaussagen irreführend – die Eurowings-Werbung damit nicht zulässig.
KLM wegen ähnlichem Vorwurf vor Gericht
Die niederländische Fluglinie KLM musste sich 2024 wegen einer vergleichbaren Werbestrategie vor Gericht verantworten. Die Klage hatte auch hier eine Umweltorganisation angestrengt. Wegen ihrer »vagen und allgemeinen« Angaben zu ihren Bemühungen beim Klimaschutz würden potenzielle Kundinnen und Kunden in die Irre geführt, befand ein Amsterdamer Gericht. Die Airline würde die Wirkung von Maßnahmen wie dem Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe und der Wiederaufforstung von Wäldern außerdem allzu positiv darstellen. KLM zog daraufhin die beanstandeten Werbeaussagen zurück.
Tipp: Die negativen Umweltauswirkungen durchs Fliegen können Sie zumindest teilweise ausgleichen, indem Sie einen freiwilligen Aufschlag zur CO2-Kompensation an Organisationen wie Atmosfair oder Myclimate zahlen. Die Stiftung Warentest hat sich angeschaut, was vier dieser Organisationen dafür anbieten.
Falsches Werbeversprechen vor dem BGH
Werbung mit vermeintlicher Umweltfreundlichkeit gibt es auch in anderen Bereichen. Oft bleibt fraglich, worauf sich die Attribute beziehen. So hatte der Süßwarenproduzent Katjes in der Lebensmittelzeitung mit der Aussage „Seit 2021 produziert Katjes alle Produkte klimaneutral“ geworben. Außerdem wurden Produkte mit einem Logo „klimaneutral“ vertrieben. Der eigentliche Herstellungsprozess lief jedoch nicht CO2-neutral ab, Katjes beteiligte sich lediglich finanziell an Klimaschutzprojekten, mit denen CO2-Emissionen kompensiert werden sollen. Die Wettbewerbszentrale klagte gegen Katjes, der Rechtsstreit zog sich über Jahre hin. Schließlich entschied der Bundesgerichtshof (BGH) 2024, dass eine Werbung mit dem Zusatz „klimaneutral“ irreführend ist, wenn nicht in der Werbung selbst erklärt wird, was damit genau gemeint ist (Az. I ZR 98/23).
Vorwurf Greenwashing
Versuchen Unternehmen sich durch Werbung oder Marketing ein grünes oder nachhaltiges Image zu geben, ohne das Versprechen umweltfreundlicher Herstellungs- und Lieferprozesse einzuhalten, spricht man von Greenwashing. Ein Vorwurf, den sich schon etliche Unternehmen gefallen lassen mussten. Die Stiftung Warentest hat 2024 die Klimaversprechen auf Lebensmitteln untersucht. Können sich Kundinnen und Kunden auf Labels wie „100% CO2-neutral“ oder „Pro Climate Umweltneutral handeln“ verlassen? Und: Wie viel Informationen finden Kunden zu den Klimaschutzbemühungen der Produzenten? Unser Test zeigt auch, dass sich einige Unternehmen nicht gerne in die Karten schauen lassen.
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