Bußgeld­bescheid aus dem Ausland Wie das Verfahren läuft, wann Sie unge­straft davon­kommen

Bußgeld­bescheid aus dem Ausland - Wie das Verfahren läuft, wann Sie unge­straft davon­kommen

Ups - zu schnell. Im Ausland gelten teils strengere Geschwindig­keits­begrenzungen als in Deutsch­land. © Adobe Stock / Kadmy

Verkehrs­verstöße im Ausland werden oft teuer. Doch nicht jedes Bußgeld kann in Deutsch­land einge­trieben werden. Was Auto­fahre­rinnen wissen müssen.

Wer im Urlaub eine Verkehrs­sünde begeht und nicht gleich zur Kasse gebeten wird, muss damit rechnen, den Bußgeld­bescheid später per Post nach Hause geschickt zu bekommen. Das gilt, wenn das Bußgeld eine Bagatell­grenze über­steigt und die Missetat inner­halb der Europäischen Union (EU) begangen wurde. Im manchen EU-Ländern sind Bußgelder deutlich höher als in Deutschland: Wer beispiels­weise in Italien 20 km/h zu schnell fährt und erwischt wird, zahlt mindestens 175 Euro. Wir erklären die ganze Bußgeld­prozedur im Detail und sagen, wann Verkehrs­sünde­rinnen unge­straft davon­kommen können.

EU-Bußgelder sind Europa voll­streck­bar

Bußgeld­bescheide aus jedem EU-Ausland können grund­sätzlich auch in Deutsch­land voll­streckt werden. Das gilt für alle ausländischen Geld­strafen und -bußen ab einer Bagatell­grenze von 70 Euro und betrifft nicht nur Verkehrs­delikte, sondern zum Beispiel auch Geld­strafen, die europäische Gerichte in anderen Fällen verhängen.

Voll­stre­cken heißt: Das Geld kann einge­trieben werden, wenn der Betroffene nicht freiwil­lig zahlt. Die ausländischen Behörden und Kommunen müssen sich dafür an das Bundes­amt für Justiz (BfJ) wenden.

Sonder­regeln für Österreich

Für Strafzettel aus dem direkten Nach­barland Österreich gelten besondere Regeln: Deutsch­land hat ein bilaterales Abkommen mit Österreich. Demnach können Geldbußen von dort schon ab 25 Euro auch in Deutsch­land voll­streckt werden.

Hohe Bußgelder für Verstöße

Die Bagatell­grenze von 70 Euro klingt moderat. Sie ist in vielen EU-Ländern aber schnell erreicht, zumal es bei den 70 Euro nicht allein auf die Höhe des Bußgeldes ankommt. Auch Verfahrens­kosten werden zur Geldbuße hinzugezählt.

Das kosten Verkehrs­verstöße im EU-Ausland

Die Tabelle zeigt, wie viel Auto­fahrer exemplarisch in verschiedenen EU-Ländern zahlen müssen, wenn sie mit 20 km/h zu schnell unterwegs sind oder eine rote Ampel über­fahren und dabei erwischt werden.

Land

20 km/h zu schnell (Euro)

Rotlicht­verstoß (Euro)

Dänemark

Ab 135

270

Frank­reich

Ab 135

Ab 135

Kroatien

Ab 70

Ab 265

Nieder­lande

Ab 70

Ab 70

Norwegen

Ab 490

710

Österreich

Ab 30

Ab  70

Spanien

Ab 100

Ab 200

Italien

Ab 175

Ab  170

Zum Vergleich: Deutsch­land

Ab 60

90 bis 360

Legende

Quelle: ADAC.

Sonder­regeln in Städten beachten

Wer mit dem Auto ins Ausland fährt, sollte sich gut über die dort geltenden Verkehrs­regeln informieren. Das gilt insbesondere in einigen Städten. Dort gibt es nämlich bestimmte Zonen, die nicht einfach befahren werden dürfen. Einige Beispiele:

Italien. In vielen italienischen Städten gibt es verkehrs­beruhigte Zonen, italienisch: zona traffico limitato (ZTL). Die Kenn­zeichen einfahrender Autos werden per Kamera erfasst. Wer keine Erlaubnis hat, zahlt je nach Stadt etwa rund 100 Euro pro Verstoß.

England. In London gibt es verschiedene Umwelt­zonen und eine City-Maut. Diese gelten unabhängig voneinander. Einfahrende Fahr­zeuge werden per Kamera erfasst. Auto­fahrer müssen sich vorher online registrieren. Die Bußgeldhöhe richtet sich unter anderem nach der Fahr­zeugart.

Schweden. In Göteborg und Schweden gibt es sogenannte Stau­gebühren. Einfahrende Autos werden per Kamera erfasst. Die Rechnung wird bei ausländischen Autos per Post verschickt.

Tipp. Informationen zu den genauen Details finden Auto­fahrer auf der Internetseite des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland (EVZ).

Führer­schein­entzug nicht möglich

Bußgeld­bescheide aus dem EU-Ausland müssen zwar auch hier­zulande bezahlt werden, wer aber nach einem Verkehrs­verstoß im Ausland ein Fahr­verbot bekommt, darf in Deutsch­land trotzdem weiterfahren. Das Fahr­verbot gilt nur im betreffenden Reise­land. Ebenso wenig gibt es für Verstöße im Ausland Punkte beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg.

Ohne Halter­daten kein Bußgeld­bescheid

Doch wie kommen die ausländischen Behörden über­haupt an die Namen der deutschen Halter? In der Regel hält die ausländische Polizei oder der Blitzer nur das Kenn­zeichen fest. Um das Bußgeld eintreiben zu können, stellt die Behörde des Reise­landes mithilfe des Kenn­zeichens eine Anfrage beim Kraft­fahrt­bundes­amt in Deutsch­land. Das gibt die Halter­daten heraus.

Gegen unbe­rechtigte Forderungen wehren

Wenn sich Auto­fahrer zu Unrecht bezichtigt fühlen, müssen sie ihre Einwände geltend machen. Sie können zum Beispiel vorbringen, dass sie gar nicht gefahren sind. Das muss in der Landes­sprache oder in einer Sprache erledigt werden, die vom Land akzeptiert wird, zum Beispiel auf Eng­lisch.

Ist ein Vorwurf unbe­rechtigt, kann eine deutsch­sprachige Anwältin im Reise­land helfen. Der ADAC nennt sogenannte Vertrauensanwälte in ganz Europa.

Tipp: Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung ist in solchen Fällen hilf­reich.

Schnell zahlen lohnt sich

Ist der im Bußgeld­bescheid genannte Vorwurf hingegen berechtigt, empfiehlt es sich, zügig zu zahlen. Für Schnell­zahler bieten manche Länder Rabatte an. Je nach Reise­land und Verstoß sind Nach­lässe von bis zu 50 Prozent möglich.

Nicht zu zahlen, bringt inner­halb der EU nichts. Die ausländische Behörde kann sich an das Bundes­amt für Justiz (BfJ) wenden und dort beantragen, dass der Bußgeld­bescheid voll­streckt wird.

Bundes­amt für Justiz ist für Voll­stre­ckung zuständig

Das Bundes­amt für Justiz (Bfj) stellt dann sicher, dass sämtliche Voraus­setzungen erfüllt sind, etwa dass die verhängte Geldsanktion mindestens 70 Euro beträgt oder der Betroffene die Möglich­keit hatte, zum Vorwurf Stellung zu nehmen.

Wenn nichts gegen eine Voll­stre­ckung spricht, erhält der Betroffene Post vom Bundes­amt für Justiz und hat zwei Wochen Zeit, sich zu dem Vorwurf zu äußern. Das BfJ weist Ersuchen zurück, wenn das Bußgeld den Halter trifft, obwohl er für den Verstoß nicht verantwort­lich war, er damit im Ausland kein Gehör fand und er dies gegen­über dem BfJ angibt.

Post vom Inkassounternehmen

Manche Länder beauftragen private Inkassounternehmen – insbesondere bei Park­verstößen ist das teil­weise üblich. Das Inkassounternehmen kann keine Voll­stre­ckung beim BfJ beantragen. Jedoch können die Länder einen Voll­stre­ckungs­antrag beim BfJ beantragen, wenn Verkehrs­sünder die Post ignorieren.

Wer Post von einem Inkassounternehmen bekommt, sollte gut prüfen, ob die Forderung berechtigt ist und diese dann gegebenenfalls zahlen.

Böse Über­raschung bei erneuter Einreise

Wer eine Verkehrs­sünde im Ausland einfach aussitzen konnte, kann von dieser jedoch wieder einge­holt werden, wenn er erneut in das Land reist. Die Verjährung hängt vom jeweiligen Reise­land ab. Dabei ist egal, ob es sich um eine Forderung handelt, die hier gar nicht voll­streckt werden könnte.

In manchen Ländern fällt die offene Geldbuße bei der Pass­kontrolle am Flughafen auf, in anderen bei einer Verkehrs­kontrolle.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 30.05.2023 um 13:35 Uhr
    Schweiz

    @Peter1806: Infos zu Bußgeldern in der Schweiz erhalten Sie u.A. auf www.bussgeldkatalog.net/schweiz/

  • Peter1806 am 28.05.2023 um 15:47 Uhr
    Uns die Schweiz?

    Der Artikel enthält einige interessante Infos. Aber die Schweiz, nicht EU, aber ein direktes Nachbarland, wird gar nicht erwähnt

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 18.02.2019 um 10:25 Uhr
    Brief von Inkasso

    @susi1402: Zahlen Sie erst einmal nicht, gehen Sie aber bitte schnellstmöglich mit den Unterlagen zur Verbraucherzentrale Ihres Bundeslandes. Dort kann man die Sache erst einmal prüfen und Ihnen eine individuellen Rat geben. www.verbraucherzentrale.de (PH)

  • Susi1402 am 16.02.2019 um 15:05 Uhr
    Brief von Inkasso

    Also ich habe letzte Woche Brief von Inkasso bekommen,ich soll über 350€ bezahlen weil ich in Jahr 2015 in Italien war und falsch geparkt hatte.
    Damals hatte ich eine Strafzettel aus Italien bekommen das ich 81€ bezahlen soll.
    Ich hatte eine Freundin gebeten zu bezahlen weil es nur mit creditkarte ging und ich keine hatte.Erfahre jetzt das es nicht geklappt hat.
    Nach sovielen Jahren kommt dann ein Brief von Inkasso und dann auch noch so einen hohen Betrag.
    Was muss ich machen soll ich zahlen?
    Ich sehe auch nicht ein das sie mir ohne mich nochmal anzuschreiben den Inkasso eingeschaltet haben und soviel Geld verlangen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 07.08.2017 um 12:42 Uhr
    Knöllchen aus Amsterdam - Inkasso aus Schweden

    @mikkogram: Wir bitten um Verständnis, hier ist nicht der Ort für eine individuelle Rechtsberatung. Welche Hilfe Gläubiger in Schweden oder anderen Ländern beim Eintreiben offener Forderungen von staatlichen Stellen bekommen, wissen wir leider nicht. Auch die Frage, ob Ihnen bei einer Einreise nach Schweden Ungemach drohen könnte, können wir nicht beurteilen. Wenden Sie sich bitte mit Ihrem Fall an eine spezialisierte Anwaltskanzlei. (PH)