EU-Erbrechts­ver­ordnung Was für Erbfälle mit Auslands­bezug gilt

EU-Erbrechts­ver­ordnung - Was für Erbfälle mit Auslands­bezug gilt

Erbfälle im Ausland. Ein Ruhe­stand unter Palmen kann für Erben zum Problem werden. © Getty Images / Steve Satushek

Erbfälle mit Bezug zum Ausland können die Erben vor Schwierig­keiten stellen. Dürfen Vererbende das Recht ihrer Heimat wählen, sollten sie das tun.

Mallorca-Rentner, Diplomaten und Grenz­pendler haben eines gemein­sam: Wenn sie einmal sterben, könnten Erbrecht und Erbschafts­steuer ihre Angehörigen vor eine echte Heraus­forderung stellen. Dasselbe gilt für alle, denen eine Immobilie im Ausland gehört – und für ausländische Staats­bürger, die in Deutsch­land leben. Denn nur weil der Verstorbene Deutscher ist, kommt nicht zwangs­läufig deutsches Erbrecht zur Anwendung. Und für ausländische Staats­bürger gilt nicht unbe­dingt das Recht ihres Heimatlandes.

Bei Erbfällen mit Auslands­bezug stellen sich immer zwei Fragen: Welches Recht gilt? Und: Was regelt es? Stiftung Warentest klärt auf.

Was die EU-Erbrechts­ver­ordnung regelt

Für Erbfälle inner­halb der Europäischen Union gilt seit August 2015 die europäische Erbrechts­ver­ordnung – mit Ausnahme von Dänemark und Irland.

EU-Erbrechts­ver­ordnung: Aufenthalts­ort entscheidend

Die Verordnung regelt für alle teilnehmenden EU-Staaten, dass der letzte gewöhnliche Aufenthalts­ort der oder des Verstorbenen darüber entscheidet, welches Recht für den Erbfall gilt. Es kommt darauf an, wo die verstorbene Person zuletzt ihren Lebens­mittel­punkt mit familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen hatte. Beim Mallorca-Rentner, der sich nur in den Sommermonaten in Deutsch­land aufhält, wird das Spanien sein. Für den italienischen Inhaber einer Pizzeria in Köln ist Deutsch­land der letzte gewöhnliche Aufenthalts­ort.

Anzu­wendendes Recht gilt für gesamten Nach­lass

Das nach diesem Grund­satz geltende Recht ist auf den gesamten Nach­lass anzu­wenden, also zum Beispiel auf Immobilien im In- und Ausland, auf Konten und sämtliche Wert­gegen­stände – egal, wo sie sich befinden.

EU-Erbrechts­ver­ordnung vereinheitlicht Erbrecht nicht

Die Erbrechts­ver­ordnung bestimmt aber nur, welches Erbrecht zur Anwendung kommt. Sie vereinheitlicht nicht das Erbrecht als solches. Wie es geregelt ist und wie Erbschaften besteuert werden, ist von Land zu Land unterschiedlich und kann stark von den deutschen Regeln abweichen.

Heimatrecht per Rechts­wahl fest­legen

Einen Ausweg bietet die Rechts­wahl­klausel. Damit kann die oder der Vererbende im Testament bestimmen, welches Recht für den gesamten Nach­lass gelten soll. Das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts kann sie oder er allerdings nur zugunsten des Rechts des eigenen Heimatlandes abwählen. Der Mallorca-Rentner kann deutsches Recht wählen, der Inhaber der Kölner Pizzeria italienisches. Ein anderes Recht können Vererbende nicht bestimmen, es sei denn, sie haben eine doppelte Staats­angehörig­keit und damit ein zweites Heimatrecht.

Rechts­wahl dringend im Testament treffen

Eine Rechts­wahl zugunsten des Heimatrechts im Testament oder einem Erbvertrag zu treffen, ist ratsam. Erben sehen sich sonst mit dem unbe­kannten Recht des anderen Landes und den unbe­kannten Verfahrens­abläufen konfrontiert. Oft gibt es zusätzlich sprach­liche Barrieren.

Tipp: Sie wollen Ihr Testament schreiben, wissen aber noch nicht wie? Tipps und Musterformulierungen finden Sie in unserem großen Special So regeln Sie Ihr Erbe nach Ihren Wünschen.

Vermögen für Erben auflisten

Erben haben darüber hinaus manchmal noch ein ganz anderes Problem: Sie wissen gar nicht genau, ob über­haupt Vermögen im Ausland vorhanden ist und, falls ja, worum es sich handelt. Vererbende sollten deshalb ihr Vermögen auflisten, bei Immobilien angeben, wo sie sich befinden, und bei Konten die dazu­gehörigen Daten nennen. Das erleichtert die Abwick­lung des Erbfalls ungemein.

Tipp: Neben der Über­sicht über Ihr Vermögen gibt es weitere Punkte, die Sie bedenken sollten, wenn Sie Ihren Nach­lass regeln und Ihr Testament schreiben wollen. Unsere Schritt-für-Schritt-Anleitung erklärt, welche das sind.

Erbschafts­steuer kann doppelt anfallen

Ein Problem bleibt auch bei getroffener Rechts­wahl bestehen: das der drohenden Erbschafts­steuer. Sie kann Erben nicht nur im Heimatland treffen, sondern zusätzlich in dem Land, in dem beispiels­weise die Immobilie liegt. Eigentümer sollten sich gut darüber informieren, wie die Besteuerung in ihrem Fall geregelt ist, etwa bei Fach­anwälten für Erb- oder Steuerrecht, die mit dem fraglichen Landes­recht vertraut sind.

Tipp: Wann Erbschafts­steuer über­haupt fällig wird und wie hoch Ihr persönlicher Frei­betrag ist, lesen Sie in unserem Special Freibeträge nutzen, Steuer sparen.

Manchmal wird Steuerlast ange­rechnet

Mit einigen Ländern hat Deutsch­land ein Doppel­besteuerungs­abkommen. Das bedeutet, dass die in einem Land angefallene Erbschafts­steuer auf die Forderung des anderen Landes ange­rechnet werden kann.

Mehr zum Thema

0 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.