
Weit verbreitet. Xylit gibt es pur, steckt aber auch in verarbeiteten Produkten. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser
Xylit, auch bekannt als Birkenzucker, gilt als gesunde Zucker-Alternative. Doch eine Studie zeigt: Der Ersatzstoff könnte weniger harmlos sein als gedacht.
So manche zuckerfreien und zuckerreduzierten Lebensmittel verdanken ihre Süße dem Zuckerersatzstoff Xylit. Er wird zum Beispiel in Fruchtaufstrichen, Gummibärchen oder Kaugummis eingesetzt, pur zum Kuchenbacken angeboten und findet sich auch in manchen Zahnpasten.
Das auch Birkenzucker genannte Xylit hat eine ähnliche Süßkraft wie Rüben- oder Rohrzucker, liefert aber etwa 40 Prozent weniger Kalorien. Zudem soll es karieshemmend wirken. Xylit scheint also eine gute Alternative zu sein zum häufig zu viel konsumierten Zucker. Doch eine Studie weckt Zweifel.
Mehr Schlaganfälle bei hohen Xylit-Gehalten im Blut
Die im European Heart Journal veröffentlichte Studie hat untersucht, ob der Konsum von Xylit das Risiko etwa für Herzinfarkt und Schlaganfälle erhöht. Dafür analysierten die Forschenden der Cleveland Clinic in Ohio Blutproben von mehr als 3 300 Herz-Kreislauf-Patientinnen und -Patienten und stellten fest: Im Zeitraum von drei Jahren kam es bei denjenigen mit hohen Xylit-Konzentrationen im Blut signifikant häufiger zu Schlaganfällen, Herzinfarkten oder zum Todesfall. Erhöhte Xylit-Werte im Blut steigerten in der Studie das Risiko für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 57 Prozent.
Xylit macht Blutplättchen reaktiver
Einen ursächlichen Zusammenhang können solche Daten aus Beobachtungsstudien nicht sicher nachweisen. Um den Zusammenhang zu erhärten, führten die Forschenden daher Laborversuche und Tests mit gesunden Probandinnen und Probanden durch. Dabei zeigte sich, dass Xylit Blutplättchen reaktiver macht. Das kann die Bildung von Blutgerinnseln fördern und somit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigern.
Birkenzucker ist ein Zusatzstoff
Birkenzucker (Xylit) gehört wie etwa auch Sorbit, Isomalt oder Erythrit zu den Zuckeralkoholen und ist ein zugelassener Lebensmittelzusatzstoff. Laut den Verbraucherzentralen basiert er in der Regel nicht, wie der Name nahelegt, auf Birkenholz. Stattdessen wird Xylit aus anderen pflanzlichen Rohstoffen wie Maiskolbenresten mittels Säuren oder Laugen aufwendig technologisch hergestellt. Demnach ist er genauso hoch verarbeitet wie andere Zuckeraustauschstoffe.
Auch Erythrit erhöht womöglich Infarktgefahr
Zu ähnlichen Erkenntnissen gelangte das Forschungsteam bereits für den Zuckerersatzstoff Erythrit. Dieser gehört wie Xylit zu den Zuckeralkoholen, ist nahezu kalorienfrei und beeinflusst weder den Blutzucker- noch den Insulinspiegel. In einer 2023 im Journal Nature Medicine veröffentlichten Studie hatte das Team gezeigt, dass Erythrit ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall verbunden ist.
Süßstoffe sind nicht unbedingt die harmlose Zuckeralternative, für die sie oft gehalten werden.
Marco Witkowski, Kardiologe am Deutschen Herzzentrum der Charité und Erstautor beider Studien
Herz-Kreislauf-Erkrankte sollten Konsum überdenken
Marco Witkowski, Kardiologe am Deutschen Herzzentrum der Charité und Erstautor beider Studien, sagt: „Unsere Forschung weist auf mögliche Risiken von Xylit hin und zeigt, dass Süßstoffe nicht unbedingt die harmlose Zuckeralternative sind, für die sie oft gehalten werden.“ Er rät Verbrauchern, den Konsum zu überdenken.
„Besonders bei Menschen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Risiken könnte der Konsum von Xylit zusätzliche Gesundheitsgefahren bergen“, sagt Witkowski. Gerade diesen Menschen wird aber oft empfohlen, Zucker durch Süßungsmittel zu ersetzen. Angesichts der weit verbreiteten Verwendung von Xylit sei weitere Forschung wichtig, um die potenziellen Gesundheitsrisiken weiter zu untersuchen. Inwiefern sich die Erkenntnisse auf die Zulassung der Zuckerersatzstoffe auswirkt, bleibt abzuwarten: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit ist gerade dabei, die Sicherheit von Süßungsmitteln neu zu bewerten.
Xylit in der Zutatenliste erkennen
Ob ein Produkt Xylit enthält, erkennen steht in der Zutatenliste: Anbieter sind verpflichtet, es dort aufzuführen und als „Süßungsmittel“ zu kennzeichnen. Zulässig sind neben „Xylit“ auch die Bezeichnung „Xylitol“ und die E-Nummer „E 967“. Welche Mengen die Hersteller einsetzen, müssen sie hingegen nicht angeben. Da Xylit in größeren Mengen Durchfall verursachen kann, ist bei einem Gehalt von mehr als zehn Prozent der Warnhinweis „Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“ verpflichtend. Fehlt dieser Hinweis also, wissen Verbraucherinnen und Verbraucher zumindest, dass der Xylit-Anteil des Produkts nicht über 10 Prozent liegt.
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@g-matangi: Beim Kauen wird Xylit aus Kaugummis mit dem Speichel runtergeschluckt.
Ist etwas über die Aufnahme von Xylit aus Kaugummis bekannt? Die werden ja nicht geschluckt. Ist hier das Risiko ähnlich wie bei Speisen?
@wuerstchenklaus: Die Forschenden untersuchten auch, ob sich der Konsum eines mit Xylit gesüßten Getränks auf die Funktion der Thrombozyten bei zehn gesunden Probanden auswirkt. Dabei stellten sie fest: Die Xylit-Spiegel im Blut erhöhten sich nach dem Verzehr des mit Xylit gesüßten Getränks deutlich und können die endogenen (im Körper selbst gebildeten) Spiegel überlagern.
Hört sich viel an, ist aber extrem weniger. Nehmen wir mal an einer von 1000 Menschen bekommt Herzprobleme. Dann wären es mit Xylit. 1,57 von 1000 Menschen. Die Frage ist um wie viel Prozent sich das Risiko für Diabetes und andere Krankheiten erhöht hätte, hätte man stattdessen Zucker genommen.
Xylit wird vom Körper auch selbst produziert, das fehlt völlig im Artikel. Die Studie hat auch nicht abgefragt, ob die Probanden Xylit zu sich nehmen, sondern nur die Werte gemessen.