
Die Meinung sagen im Netz. Unterschriften können etwas bewegen – auch wenn online unterzeichnet wird. © Getty Images / Abscent84
Wer an öffentlichen Entscheidungen oder an Gesetzen verzweifelt, kann sich im Stillen ärgern – oder selbst eine Petition starten. Wir zeigen, wie es geht.
Die Protestkultur lebt: Insgesamt 11 410 Petitionen wurden im Jahr 2023 in Deutschland auf Bundes- und Länderebene eingereicht. Rund 5 Millionen Nutzerinnen und Nutzer sind auf der Internetseite des Petitionsausschusses des Bundestags registriert. Insgesamt hat der Bundespetitionsausschuss im Jahr 2023 über 557 Petitionen einzeln beraten. Unterschriften werden längst nicht mehr allein auf Klemmbrettern gesammelt, viele Petitionen werden heute online unterzeichnet.
Persönliche Anliegen und Vorschläge für Gesetzesänderungen
Das Spektrum der eingereichten Petition ist groß. Sie können die Lebensumstände eines einzelnen Menschen betreffen oder Anliegen auf kommunaler Ebene. Es kann darum gehen, eine geplante Abschiebung zu verhindern oder darum eine Buslinie in Betrieb zu nehmen, die ein Dorf regelmäßig mit dem Bahnhof im Nachbarort verbinden soll. Petitionen können auch auf Gesetzesänderungen abzielen. So trat etwa zum 1. Juni 2025 eine wichtige Neuregelung zum Mutterschutz nach Fehlgeburten in Kraft, zu der es auch eine Petition gab. Lesen Sie in unserem Mutmacher, wie die Initiatorin Natascha Sagorski die Gesetzesänderung durchsetzte.
Wichtig: Genug Unterschriften erreichen
Erzielt eine Petition viel Öffentlichkeit und erhält sie viele Unterschriften, dann steigt oft ihre Wahrscheinlichkeit auf Erfolg. Ist das sogenannte Quorum erreicht, wird in der Regel über ein Anliegen im Petitionsausschuss des Bundestags öffentlich beraten.
Zum 1. Juli 2024 gab es dazu eine wichtige Änderung: Statt vormals 50 000 Unterschriften sind seither lediglich 30 000 Unterschriften für ein Quorum nötig. Es gibt den Menschen, die eine Petition angestoßen haben die Möglichkeit, ihren Standpunkt vor dem Ausschuss vorzutragen.
Die Mitzeichnungsfrist, innerhalb der die Unterschriften für ein Quorum gesammelt werden, wurde zum gleichen Zeitpunkt von vier auf sechs Wochen erhöht. Die Chancen, mit seinem Anliegen gehört zu werden, haben sich dadurch insgesamt verbessert.
Viel Zustimmung ist keine Erfolgsgarantie
Doch viele Unterschriften allein sind keine Erfolgsgarantie. Es kommt auch auf die Umsetzbarkeit und die Zustimmung der Politik an. Ein Beispiel: Das nicht geahndete Handspiel des Spaniers Marc Cucurella im EM-Viertelfinale 2024 gegen Deutschland schien für viele Fußballfans hierzulande beinahe traumatisch zu sein. Ganze 440 000 Unterzeichnungen erzielte eine Petition, die eine Wiederholung des Spiels wegen mutmaßlicher Fehlentscheidungen des Schiedsrichters forderte. Geholfen haben die vielen Unterschriften nichts, der Spielstand blieb.
Hier erfahren Sie, was Sie wissen müssen, wenn Sie eine Petition starten möchten.
Alle Fragen im Überblick
Petitionen – Antworten auf Ihre Fragen
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Was ist das eigentlich – eine Petition?
Das Wort Petition kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie Bitte oder Gesuch. Eine Petition ist ein Anliegen von öffentlichem oder privatem Interesse, das schriftlich formuliert wird. Es kann eine Beschwerde sein, eine Bitte oder ein Vorschlag. Petitionen werden schriftlich eingereicht oder unter Angabe von Name, Adresse und E-Mail-Adresse auf der Website epetitionen.bundestag.de gestartet. Die Eingaben unterliegen dem Datenschutz und können geheim bleiben. Jemand, der eine Eingabe macht, heißt Petent. Oft wünschen Petenten, dass die Petition im Internet veröffentlicht wird: Mögliche Unterstützer können auf den Internetseiten digital unterzeichnen. Viele sammeln Unterschriften aber noch immer mit dem Klemmbrett.
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Wer darf eine Petition einreichen?
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„Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden“, heißt es im Artikel 17 des Grundgesetzes. Auch Minderjährige, Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, Personen unter gesetzlicher Betreuung oder Insassen von Haftanstalten können Petitionen einreichen oder unterschreiben.
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An wen kann ich meine Petition richten?
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Petitionen können bei den Petitionsausschüssen auf Länderebene oder beim Deutschen Bundestag eingereicht werden. Petitionen, welche die Arbeit der Europäischen Union betreffen, sind über den Petitionsausschuss des Europaparlaments möglich. Um Unterstützer zu finden, kann das Anliegen zusätzlich auf einer unabhängigen Petitionsplattform wie change.org oder openpetition.org veröffentlicht werden. Die Plattformen arbeiten auch international und leiten Forderungen teils auch direkt an Firmen oder Institutionen weiter.
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Wie arbeiten die Petitionsausschüsse?
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Hier eine kleine Auswahl aktueller Petitionen: Kein Zugang zu sozialen Medien für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren! Zehn statt fünf Urlaubstage für Menschen mit Behinderungen! Keine kalten Freibäder in Berlin – Beheizung auf mindestens 25 Grad sichern!
Egal ob eine Forderung ernsthaft oder kurios anmutet – Petitionsausschüsse sind verpflichtet, sich mit jeder ordnungsgemäß eingereichten Petition zu beschäftigen. Der Petitionsausschuss des Bundestags besteht aus Mitgliedern des Bundestags, auf Länderebene sind Abgeordnete der Landesparlamente aktiv. Die Ausschüsse stimmen ab, ob es reicht, dem Petenten eine Auskunft oder einen Rat zu geben. Oder muss die Petition zum Bearbeiten weitergeleitet werden? Lohnt es, die Forderung zu verfolgen und im Ausschuss zu diskutieren?
Das höchste Votum der Mitglieder ist eine Überweisung „zur Berücksichtigung“. Die Bundesregierung wird dann verpflichtet, innerhalb von sechs Wochen zur Petition Stellung zu beziehen.
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Wie starte ich am besten eine Petition?
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Wichtig ist, zunächst zu klären, welche Anlaufstelle für die eigene Petition am besten geeignet ist. Bei einem Anliegen, das sich lokal auf ein bestimmtes Bundesland bezieht – etwa die Änderung eines Straßennamens –, ist der Petitionsausschuss dieses Bundeslands die richtige Anlaufstelle. Wer eine Gesetzesänderung auf Bundesebene bewirken möchte, muss sich an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags wenden. Die zusätzliche Veröffentlichung auf einer unabhängigen Petitionsplattform hilft, Öffentlichkeit zu finden. Die Betreiber der Websites unterstützen Petitionen, die ihnen wichtig erscheinen, durch Kampagnen.
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Ist es wichtig, viele Unterstützer zu finden?
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Für den Erfolg einer Petition ist es dem Gesetz nach nicht entscheidend, dass sie oft unterschrieben wird. Allerdings schaffen viele Unterzeichner viel Öffentlichkeit und wem es gelingt, innerhalb einer sechswöchigen Frist 30 000 Stimmen für seine Sache zu sammeln, erreicht, dass sich der Petitionsausschuss des Bundestags einzeln mit seiner Sache befassen muss. In diesem Fall werden die Petenten oft zu einer öffentlichen Anhörung eingeladen und können ihr Anliegen vortragen.
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Wie sind die Erfolgschancen von Petitionen?
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Etwa 6 Prozent der Petitionen, die dem Ausschuss des Bundestags vorgelegt werden, wird ganz oder teilweise entsprochen. Das klingt nach eher mickrigen Erfolgsaussichten, aber es gibt starke positive Beispiele etwa für Gesetzesänderungen, die auf Petitionen zurückgehen: Zum Beispiel gelten Tampons, Binden und Co seit 1. Januar 2020 nicht mehr als Luxusartikel – für sie wird nur noch der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 statt vorher 19 Prozent fällig. Als großer Erfolg gilt auch die Petition für Carola Rackete. Online wurden mehr als 533 000 Unterzeichnungen für die Freilassung der Seenotretterin gesammelt. Juristische Entscheidungen können über Petitionen zwar nicht erwirkt oder beeinflusst werden, doch der Druck der Öffentlichkeit wird auf diesem Weg deutlich gemacht.
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Kommentarliste
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@Bouler: Vielen Dank für Ihren Beitrag. Wir können Ihnen hier leider keine Formulierungsvorschläge machen. Unsere Satzungsaufgaben beschränken sich im Wesentlichen auf das Testen von Waren und Dienstleistungen und die Verbreitung von Informationen, die einer wirtschaftlichen Haushaltführung dienen. Wir sind zur Neutralität verpflichtet und können und dürfen nicht politisch tätig werden. Anregungen können Sie sich vielleicht bei Organisationen holen, die in diesem Bereich schon einmal tätig wurden oder von anderen Petitionen zu ähnlichen Themen. Lassen Sie sich Zeit beim Verfassen und sagen Sie konkret, wie die Lage ist und was das Ziel der Petition sein soll.
Wir wollen eine Petition starten für den Erhalt/Sanierung eines seit 8 Jahren leer stehenden,etwas verwahrlosten, denkmalgeschützten Gebäudes. Die Untere Denkmalbehörde, die hier ja zuständig ist, unternimmt nichts. Die Politik ist zwar nicht für denkmalgeschützte Gebäude verantwortlich, aber, in einem erweiterten Sinne doch. Denn sie hat die Aufgabe die Stadtentwicklung zu fördern.
Wir wollen also Unterschriften sammeln und diese dem Oberbürgermeister in einem Offenen Brief zukommen lassen.
Bei einer Petition müssen die Unterzeichneten aber genau wissen was sie unterschreiben. Wie sollte in diesem Fall der korrekte Text auf der Unterschriften Liste lauten?
Über jede Idee würden wir uns freuen.
Liebe Grüße