
Zu viel Luft: In der Faltschachtel des Pure Tea Selection Masala Chai hätten locker weitere 20 Teebeutel Platz gehabt - das ist eindeutig eine Mogelpackung.

Seit April 2009 gibt es für fast kein Lebensmittel mehr feste Packungsgrößen. Nutzen das die Hersteller aus? Viele wissen, wie man Preise geschickt erhöht: Sie ändern einfach die Verpackung. Nur wer genau hinsieht, entdeckt es auch. test deckt mit Ihrer Hilfe seit vielen Jahren Mogelpackungen auf. Hier aktuelle Fälle und rechtliche Hintergründe.
Zu früh gefreut
Mehrere unserer Leser waren richtig enttäuscht, als sie für eine herzhafte Pause das Knäckebrot Finn Crisp Multigrain auspackten. In der Packung waren nicht wie früher 200 Gramm, sondern nur noch 175. Der Preis von 1,20 Euro und die Verpackungsgröße aber waren gleich geblieben (siehe Klassische Mogelpackung). Schon im Oktober 2009 fiel den Lesern die Mogelpackung der Firma Brandt Zwieback-Schokoladen auf. Die Stiftung Warentest berichtet monatlich über solche Fälle (Themenseite Verpackungsärger).
So erhöhen Hersteller die Einnahmen
Für Hersteller gibt es viele Möglichkeiten, die Preise ihrer Produkte nahezu unbemerkt zu erhöhen und auf diesem Weg die Verbraucher zu täuschen:
- Geschrumpfte Menge. Wie beim Knäckebrot Finn Crisp Multigrain verringern sie die Füllmenge der Verpackung, ändern an der Größe der Verpackung aber nichts.
- Viel Luft. In vielen Packungen steckt so viel Luft, dass bis zu 50 Prozent mehr Inhalt hineinpassen würden (siehe Bild oben). Aber nicht nur Hohlräume täuschen mehr Inhalt vor, sondern auch hochgezogene Böden, übergroße Verschlüsse und doppelte Wände von Verpackungen.
- Neue Form. Der Hersteller präsentiert sein Produkt in einer neuen Verpackungsform, so wie etwa Philadelphia bei seiner Frischkäsezubereitung (siehe Produktveränderungen). Oft erkennt der Kunde dann nicht, dass auch weniger drinsteckt.
- Neue Rezeptur. Statt des Gewichts verändert er einfach die Rezeptur – der Preis bleibt, die Herstellungskosten sinken. Das ist für den Kunden nur schwer zu erkennen.
Schon ein Gramm weniger in der Packung kann volkswirtschaftlich betrachtet eine Menge ausmachen, auch wenn es für den einzelnen Käufer wenig erscheint. Ein Beispiel: Ein Hersteller produziert täglich 2,5 Millionen Schokoladentafeln – mit einer Unterfüllung von jeweils 1 Gramm, an rund 200 Arbeitstagen im Jahr. Bei einem Preis von 0,55 Euro pro Tafel haben die Verbraucher dann insgesamt 2,77 Millionen Euro zu viel bezahlt. So kommt es zu ungerechtfertigten Mehreinnahmen.
So sind Mogelpackungen definiert
Versteckte Preiserhöhungen ärgern jeden Kunden. Allerdings sind nicht alle genannten Beispiele auch Mogelpackungen. Laut Eichgesetz müssen Fertigpackungen „so gestaltet und befüllt sein, dass sie keine größere Füllmenge vortäuschen, als in ihnen enthalten ist“. Das prüfen die Eichämter stichprobenartig. Verbraucherschützer rechneten mit einem Anstieg von Mogelpackungen, nachdem seit April 2009 Packungsgrößen nicht mehr vorgeschrieben werden (siehe Gesetzliche Regelungen). Nachfragen ergaben: Anders als erwartet stellten die Eichämter keine Erhöhung der Verstöße fest.
So verändert Onko seinen Kaffee
„Die Hersteller werden immer raffinierter“, schlussfolgert Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. Sie denkt dabei an die neue Onko-Variante, die statt zu 100 Prozent nur noch zu 88 Prozent aus Röstkaffee besteht. Der Rest sind Malto-dextrin und Karamell. „Gestreckter Kaffee, das regt die Leute auf“, so Schwartau. Der kleine, aber feine Unterschied: Auf der alten Packung steht oben vor „Onko“ das Wort Kaffee, auf der neuen jedoch nicht. Jetzt steht unten „Melange aus Röstkaffee“. Eine Mogelpackung – könnte man meinen. Per Definition stimmt das aber nicht, denn die neue Rezeptur wird angegeben. Und der neue Onko ist günstiger als der alte.
So sparen Sie sich Enttäuschungen
Vielleicht sorgt in Zukunft auch die Politik für mehr Durchblick: Das Verbraucherschutzministerium plant im Rahmen der Kampagne „Klarheit und Wahrheit“, eine bessere Produktkennzeichnung durchzusetzen. Jetzt hilft beim Einkauf nur eins: Verpackungen wie ein Detektiv prüfen, auf die Füllmenge achten, die Grundpreise pro 100 Gramm oder pro Liter auf dem Regaletikett vergleichen (siehe Gesetzliche Regelungen).
So können Sie uns Fälle melden
Um weiteren Mogelpackungen auf die Spur zu kommen, können wir weiterhin die Hilfe unserer Leser gut gebrauchen. Haben Sie sich erst kürzlich über eine veränderte Verpackung geärgert oder fühlten sich gar getäuscht? Dann schicken Sie bitte Ihre Hinweise an unsere Postadresse oder per E-Mail an test@stiftung-warentest.de mit dem Stichwort Mogelpackung.
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Danke an die hochbezahlten Politiker die unsere Rechte und unsere Interessen vertreten sollen aber die tun es leider selten
ich habe mal letztens anhand von alten retro-Packungen von Lebensmitteln gesehen, wie schlimm alles geworden ist
heute steht nur ,,Aroma'' auf den Packungen. Früher gab es die Kennzeichnungen ,,natürliches'' und sogar ,,künstliches Aroma'' erstere ist freiwillig und wird oft ausgelobt.
letzteres ist nicht mehr Pflicht
und dank iLSE AIGNER und vielen anderen gibt es keine feste verpackungsgrößen mehr und damit Tür und tor auf für verarschungen
@heiundgi: Hallo Frau Schimko. Sie können die Hinweise auf Mogelpackungen direkt an den Leserservice test senden: test@stiftung-warentest.de bzw. an unsere Berliner Adresse. Wir freuen uns über die Hinweise und leiten sie an die zuständige Redaktion gerne weiter. Vielen Dank im Voraus. (SPL)
Wo und Wie kann ich eine Mogelpackung melden , anzeigen, vorstellen, einstellen, bekannt machen, publizieren?
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Schimko
Talstr. 168/2
73732 Esslingen
Abonent
Sehr geehrte Damen und Herren,
bitte helfen Sie den Bekanntheitsgrad von Mogelpackungen in Deutschland zu erhöhen.
Mit "Mogelpackung melden" auf Facebook (http://www.facebook.com/Mogelpackung.melden) haben wir eine Seite geschaffen, auf der sich neue Mogelpackungen wie ein Lauffeuer per Facebook verbreiten können.
Ich danke für Ihre Mithilfe.
Mit freundlichem Gruss
Boris Kowalczuk
Paranüsse der Fa. Stolzenberg wurden vergangene Jahre in 200-Gramm-Packungen für 1,99 € verkauft (Kaufland). In diesem Jahr werden die Paranüsse in der gleichen Verpackung mit viel Luft und Inhalt 125 Gramm für den gleichen Preis verkauft. Das ist eine Frechheit.