Menschen­rechte in der Mode­produktion „Das Lieferkettengesetz entfaltet schon Wirkungen“

Menschen­rechte in der Mode­produktion - „Das Lieferkettengesetz entfaltet schon Wirkungen“

Sorgfalt. Nur Anbieter, die über die Arbeits­bedingungen – etwa in Bangladesch –Bescheid wissen, können dort für Sicherheit sorgen. © Stiftung Warentest / Claudia Till

Die ersten deutschen Modefirmen haben Berichte zu ihren Lieferketten veröffent­licht. Wir fragten bei einer Menschen­rechts­expertin nach, was die Verpflichtungen bringen.

Seit Januar 2023 gilt das deutsche Lieferketten­sorgfalts­pflichtengesetz, kurz Lieferkettengesetz. Große Unternehmen müssen nun die Risiken für Menschen­rechts­verstöße in ihren Lieferketten ermitteln und ihre Erkennt­nisse sowie Prioritäten für Verbesserungen darlegen.

Siebe große Unternehmen geben Auskunft

Was kommt dabei rum? Das entwick­lungs­politische Netz­werk Inkota und die Kampagne für Saubere Kleidung haben die ersten Berichte von sieben Unternehmen der Modebranche ausgewertet: Adidas, Kik, NKD, Otto, Zalando, Witt und Takko. Im Interview mit test.de erläutert die Referentin für Menschen­rechte bei Inkota, Anne Neumann, ihre Ergeb­nisse.

Menschen­rechte in der Mode­produktion - „Das Lieferkettengesetz entfaltet schon Wirkungen“

Anne Neumann, Referentin für Wirt­schaft und Menschen­rechte beim Inkota-Netz­werk. © Inkota

Modefirmen sorgen nicht für Gewerk­schafts­freiheit

Frau Neumann, Sie haben die ersten Berichte von sieben Mode-Unternehmen zu Menschen­rechten in deren Lieferketten ausgewertet. Was ist Ihr Fazit?

Unser Fazit ist, dass erstens die fürs Lieferkettengesetz stan­dardisierten Berichte sehr hilf­reich sind, um nach­zuvoll­ziehen, wie Unternehmen ihrer Sorgfalts­pflicht nach­kommen. Und zweitens sehen wir, dass das Gesetz schon Wirkungen in den Unternehmen entfaltet. Zum Beispiel haben alle sieben Unternehmen ihre Risiko­analysen über­prüft und Beschwerde­verfahren für die Menschen in ihren Lieferketten auf- oder ausgebaut.

In welchen Bereichen gibt es noch die größten Probleme?

Ein strukturelles Grund­problem ist, wie schwer es Arbeite­rinnen und Arbeitern gemacht wird, sich selbst zu besseren Arbeits­bedingungen zu verhelfen. In den Berichten haben wir gesehen, dass die Firmen das Thema Gewerk­schafts­freiheit kaum systematisch angehen. Das ist gravierend für die bekannten Miss­stände wie Löhne weit unter dem Existenz­minimum, Gefahren für Gesundheit und Leben und die Diskriminierung verletzlicher Gruppen.

Unter­nehmens­ver­antwortung im Test

Nicht nur in der Modebranche ist es für Verbrauche­rinnen und Verbraucher schwer nach­voll­zieh­bar, wie es um die Menschen­rechte und den Umwelt­schutz in der Produktion steht. Die Stiftung Warentest untersucht daher schon seit Jahren regel­mäßig Menschen­rechts- und Umwelt­schutz­kriterien, etwa in den Lieferketten von Handys, Spielzeug und Kaffee. Mehr dazu auf unserer Themenseite CSR.

Was sagen Sie zu den Forderungen, das Lieferkettengesetz abzu­schwächen, um die Unternehmen in Deutsch­land wirt­schaftlich zu schonen?

Die verpflichtenden Berichte sind ein unver­zicht­bares Mittel dafür, dass das Gesetz für die Menschen­rechte Wirkung zeigt. Die Rechte­in­haber vor Ort haben oft keine Kanäle, um sich über Verstöße zu beschweren. Es ist ein entscheidender Hebel, wenn immerhin die NGOs und die Öffent­lich­keit in Deutsch­land dazu Informationen finden, die es auch ermöglichen, die Sorgfalt der einzelnen Firmen miteinander zu vergleichen.

Welche Möglich­keiten habe ich denn aktuell als Verbraucherin, um möglichst wenig Menschen­rechts­verletzungen mit meinem Kleidungs­konsum zu befördern?

Verbrauche­rinnen und Verbraucher können selbst einen Blick in die öffent­lichen Berichte werfen und sich ein Bild machen. Zudem können sie darauf achten, ob ein Unternehmen in Initiativen Mitglied ist, die sich für Menschen­rechte einsetzen.

Eine Initiative, die Unternehmen im Bekleidungs­sektor schon länger sehr nach­drück­lich beim Schutz der Menschen­rechte unterstützt, ist zum Beispiel die Fair Wear Foundation.

Mehr zum Thema

0 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.