
Viele Krankenkassen geben einen Extra-Zuschuss zur künstlichen Befruchtung.
Fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ist hierzulande ungewollt kinderlos. Viele suchen Hilfe in der Kinderwunschsprechstunde spezialisierter Praxen. Eine Kinderwunschbehandlung kostet oft Tausende Euro. Hier lesen Sie, welche Krankenkassen mehr als vorgeschrieben zahlen. Das kann einen Kassenwechsel durchaus sinnvoll machen. Auch die Bundesländer beteiligen sich unter bestimmten Voraussetzungen an den Behandlungskosten.
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Kinderwunschbehandlung – das Wichtigste in Kürze
Das sollten Sie wissen
Informationen der Stiftung Warentest. Wenn Sie diesen Artikel freischalten, erhalten Sie das PDF des Beitrags aus Finanztest 5/2020. Darin enthalten ist eine Tabelle mit den Details der Krankenkassenleistungen in Sachen Kinderwunschbehandlung (Stand Februar 2020). Laufend aktualisiert finden Sie diese und viele weitere Informationen für derzeit 73 Krankenkassen zudem im Krankenkassenvergleich der Stiftung Warentest.
Zuschuss von der Krankenkasse. Gesetzlich Versicherte erhalten unter bestimmten Voraussetzungen bei jeder Krankenkasse etwa die Hälfte der genehmigten Behandlungskosten. Dies ist gesetzlich festgelegt.
Extrazuschuss vieler Krankenkassen. Der Krankenkassenvergleich der Stiftung Warentest zeigt: Aktuell zahlt mehr als die Hälfte der untersuchten Krankenkassen einen weiteren Zuschuss im Rahmen ihrer Extraangebote.
Unterstützung von Bund und Ländern. Neben den Krankenkassen erhalten Paare auch in derzeit neun Bundesländern finanzielle Unterstützung für eine künstliche Befruchtung. Die Beteiligung kann unter Umständen noch mal bis zu 50 Prozent der genehmigten Behandlungskosten ausmachen.
Künstliche Befruchtung – die medizinischen Möglichkeiten
Insemination
Bei einer IUI (intrauterine Insemination) wird aufbereiteter Samen mit einem dünnen Schlauch in die Gebärmutter injiziert. Dem kann eine hormonelle Stimulation der Frau vorangehen, um die Eireifung zu fördern.
In-Vitro-Fertilisation (IVF)
Bei der IVF wird die Frau mit Spritzen und Tabletten hormonell stimuliert, was ihre Eierstöcke anregt, mehrere Eizellen reifen zu lassen. Diese werden unter Vollnarkose vaginal abgesaugt und in einer Petrischale mit dem aufbereiteten Sperma des Mannes zusammengebracht. Sind aus den befruchteten Eizellen Embryonen herangewachsen, werden ein bis zwei in die Gebärmutter eingesetzt.
Spermieninjektion (ICSI)
Ist die Spermienqualität schlecht, wird die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) angewandt. Jeweils ein einzelnes Spermium wird direkt in eine gewonnene Eizelle injiziert. Ein bis zwei der daraus herangezüchteten Embryonen werden in die Gebärmutter eingesetzt.
TESE/MESA
Wenn sich in der Samenflüssigkeit nicht genug bewegliche, intakte Spermien befinden, kann es nötig sein, Spermien bei einer Operation unter Vollnarkose aus den Hoden (TESE) oder Nebenhoden (MESA) zu gewinnen. Sie werden in den meisten Fällen tiefgefroren und später für einen ICSI-Versuch (siehe oben) verwendet.
Kryotransfer
Beim Kryotransfer wird eine – bei einem vorangegangenen Behandlungsversuch übrig gebliebene – imprägnierte Eizelle aufgetaut und in die Gebärmutter eingesetzt.
Hinweis: Welche Leistungen alle Krankenkassen übernehmen, legt der Gemeinsame Bundesausschuss (g-BA) fest. Er informiert über Methoden und Kostenübernahme in einer speziellen Richtlinie zur Künstlichen Befruchtung.
Kinderwunschbehandlung – das zahlen die Kassen
Behandlungsplan von der Kasse
Bevor eine Kinderwunschbehandlung beginnt, müssen die Versicherten bei ihrer Krankenkasse einen Behandlungs- und Kostenplan einreichen. Erst wenn die Krankenkasse diesen genehmigt hat, können die Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung beginnen. Wer früher mit einer Behandlung anfängt, riskiert die Kosten komplett selbst zu zahlen. Wichtig: Sind die Partner bei unterschiedlichen Krankenkassen, muss jeder bei seiner Kasse einen separaten Plan einreichen. Da die meisten Behandlungen die Frau betreffen, liegt der Hauptteil der Kosten auch bei ihrer Krankenkasse. Die Bewilligung dauert etwa zwei bis drei Wochen. Der Behandlungsplan ist dann für ein Jahr gültig.
Voraussetzung für die Beteiligung der Krankenkassen
Die Untersuchungen zur Ursache einer Fruchtbarkeitsstörung zahlen gesetzliche Krankenkassen und private Krankenversicherer vollständig. Bei einer sich anschließenden Kinderwunschbehandlung übernehmen die Krankenkassen grundsätzlich die Hälfte der Kosten des genehmigten Behandlungsplans unter folgenden Voraussetzungen:
- Das Paar ist heterosexuell und verheiratet,
- die Frau ist älter als 25 Jahre und jünger als 40 Jahre,
- der Mann ist älter als 25 Jahre und jünger als 50 Jahre.
Die Unfruchtbarkeit des Paares muss ärztlich festgestellt worden sein, die Behandlung mit Samen und Eizelle des Paares Aussicht auf Erfolg haben.
Gesetzlich versicherte, heterosexuelle Eltern haben nach der Geburt eines Kindes erneut Anspruch auf Zuschüsse zur Kinderwunschbehandlung. Das gilt auch, wenn es zu einer Fehlgeburt kommt. Trat bei einem Paar dann bei den ersten beiden IVF- oder ICSI-Versuchen keine Befruchtung ein, gibt es allerdings keinen Zuschuss mehr zum dritten Versuch.
Hinweis: Unverheiratete bekommen keinen Zuschuss von der Krankenkasse. Sie können die Kosten für eine künstliche Befruchtung immerhin als außerordentliche Belastung steuerlich geltend machen.
Für diese Behandlungen zahlen die Krankenkassen dazu
Bei jeder Krankenkasse gibt es den gleichen gesetzlich geregelten Zuschuss für folgende Behandlungen:
- 8 Inseminationen ohne hormonelle Stimulation der Frau. Dabei wird der Frau der Samen ihres Mannes mit einer Kanüle in die Gebärmutter injiziert.
- 3 Inseminationen mit hormoneller Stimulation der Frau.
- 3 Versuche der In-Vitro-Fertilisation (IVF) oder
- 3 Versuche der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI).
Eine Eizellspende ist in Deutschland verboten. In anderen europäischen Ländern wie Spanien ist sie dagegen erlaubt.
Das kosten die Kinderwunsch-Verfahren
- Eine Insemination kostet etwa 200 Euro. Wird die Frau hormonell vorbehandelt, sind es rund 900 Euro. Hinzu kommen Medikamente (zirka 750 Euro). Das Paar zahlt jeweils die Hälfte aller Kosten.
- Bei einer IVF beträgt der Eigenanteil rund 1 500 Euro
- Bei einer ICSI liegt der Eigenanteil bei rund 1 800 Euro.
Hinweis: Für Privatversicherte und Selbstzahler gibt es andere Preise. So kann eine IVF um die 3 700 Euro kosten, eine ICSI zwischen rund 5 000 bis 10 000 Euro.
- Das Einfrieren von Eizellen, imprägnierten Eizellen oder Samen wird nicht von der Kasse bezahlt. Die Kosten dafür belaufen sich auf etwa 600 bis 800 Euro. Imprägnierte Eizellen sind Eizellen, in die das Spermium bereits eingedrungen ist, deren Zellkern aber noch nicht mit dem des Spermiums verschmolzen ist.
- Der Transfer einer aufgetauten, befruchteten Eizelle in die Gebärmutter kostet bis zu 800 Euro. Wird Samen aus Hoden oder Nebenhoden gewonnen und eingefroren, liegt der Eigenanteil ebenfalls bei bis zu 800 Euro.
- Zusatzangebote: Viele Praxen bieten zusätzliche individuelle Gesundheitsleistungen an, bei denen nicht eindeutig nachgewiesen ist, dass sie die Chancen für eine Schwangerschaft erhöhen, etwa Assisted Hatching, bei dem per Laser ein Loch in die Eihülle geschnitten wird. Das soll es dem Embryo erleichtern, sich aus der Hülle zu befreien. Die Kosten zahlen die Patienten.
Sonderfall: Kryokonservierung von Eizellen
Die Behandlung von Krebserkrankungen kann zu Unfruchtbarkeit führen. Daher sollten Patienten, die ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen haben, Eizellen, Ovargewebe oder Spermien für eine möglicherweise später notwendige künstliche Befruchtung einfrieren und lagern lassen. Mittlerweile sollen die gesetzlichen Krankenkassen das übernehmen. Noch fehlen die Ausführungsbestimmungen des Gesetzes, einige Kassen zahlen aber schon dafür.
Viele Krankenkassen bieten höhere Zuschüsse für künstliche Befruchtung
Mehr als die Hälfte der 73 Krankenkassen aus unserem Krankenkassenvergleich geben mehr Geld für eine künstliche Befruchtung als so genannte Extraleistung dazu. Teilweise runden sie den Zuschuss bis zu 100 Prozent auf.
Tipp: Der Krankenkassenvergleich enthält alle Extraleistungen von derzeit 73 Krankenkassen – er informiert auch ausführlich zum Zusatzangebot „Künstliche Befruchtung“. Paare finden alle Kassen, die das Extra anbieten, wie hoch der zusätzliche Zuschuss zur Kinderwunschbehandlung ist und welche Voraussetzungen oder Bedingungen dafür notwendig sind. So ist es bei einigen Kassen erforderlich, dass beide Partner bei derselben Kasse versichert sind.
Wenn Sie die Krankenkasse wechseln wollen
Wenn Sie zu einer Krankenkasse wechseln möchten, die mehr für die Kinderwunschbehandlung bietet, sollte Sie auch weitere Extraangebote berücksichtigen und mithilfe des Krankenkassenvergleichs infrage kommende Kassen vergleichen. Zudem sollte der Beitragssatz von potenziellen Krankenkassen berücksichtigt werden. Ein Wechsel ist auch zwischen zwei Versuchen möglich. Es gibt dann einen neuen Behandlungsplan, auf dem angegeben werden muss, wie viele Versuche es bereits gab.
BKK-Programm zur Kinderwunschbehandlung
Viele Betriebskrankenkassen bieten in Bayern ein besonderes Versorgungsprogramm zur Kinderwunschbehandlung an. Es soll laut BKK-Landesverband Bayern nach und nach bundesweit eingeführt werden. Fragen Sie Ihre BKK, ob sie schon teilnimmt und welche Ärzte beim Programm mitmachen.
Versicherte können bei den teilnehmenden Medizinern Extraleistungen erhalten. Dazu zählen Zuschüsse für einen Kryotransfer, einen vierten Behandlungsversuch, wenn beide Partner bei der BKK versichert sind, und die Erhöhung der Altersgrenze der Frau bis zum 42. Geburtstag. Beim Berufsverband Reproduktionsmedizin Bayern finden Paare eine Ärzteliste.
Was private Versicherer zahlen
Private Versicherer übernehmen häufig 100 Prozent der Kosten – wenn die Ursache des Problems bei der versicherten Person liegt. Paare müssen auch nicht verheiratet sein. In neueren Tarifen gibt es aber oft nur noch einen Zuschuss oder gar nichts mehr.
Tipp: Erfahren Sie mehr über die private Absicherung in unserem Vergleich Private Krankenversicherungen.
Behandlungskosten von der Steuer absetzen
Wer sich einer Kinderwunschbehandlung unterzieht, kann die Kosten in der Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung angeben. Sie zählen zu den Krankheitskosten. Alle Ausgaben – für die Behandlung selbst, für Medikamente und die Fahrten zum Frauenarzt oder zum Kinderwunschzentrum – können damit von der Steuer abgesetzt werden. Bislang gilt das allerdings nur für verheiratete oder in einer festen Beziehung lebende Frauen. Nun hat eine alleinstehende Frau vor dem Finanzgericht Münster das Recht erstritten, die Kosten ihrer künstlichen Befruchtung von der Steuer abzusetzen (Az. 1 K 3722/18 E). Das Finanzamt wollte ihr das mit Hinweis auf ihren Single-Status verweigern. Die Klägerin litt an krankheitsbedingter Unfruchtbarkeit. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls ließ das Finanzgericht aber eine Revision zu.
Kinderwunsch – Zuschüsse der Länder
Um Paare mit unerfülltem Kinderwunsch zu unterstützen, geben auch viele Bundesländer Geld dazu. Derzeit sind es neun Bundesländer, drei könnten dazukommen. Bayern will im November 2020 damit starten, Rheinland-Pfalz und Saarland planen entsprechende Förderprogramme ab 2021. In den neun Ländern, darunter Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt, gibt es finanzielle Hilfen für IVF und ICSI – auch für Paare ohne Trauschein. Auch bei der Länderförderung ist Voraussetzung, dass Frau und Mann mindestens 25 und jünger als 40 beziehungsweise 50 Jahre alt sind. Es dürfen nur Eizellen und Samen der Partner verwendet werden. Gut zu wissen: Übernimmt ein Bundesland weniger als die verbleibenden 50 Prozent der genehmigten Behandlungskosten, springt meist der Bund ein. Er übernimmt dann maximal den gleichen Kostenanteil wie das entsprechende Bundesland.
Länderzuschüsse beantragen
Länderzuschüsse müssen Paare für jeden Behandlungszyklus separat bei der zuständigen Kinderwunschstelle beantragen, oft geht das online. Die Stelle ist meist bei den Gesundheitsämtern angesiedelt. Nötig sind eine Meldebescheinigung und/oder eine Kopie der Personalausweise des Paares, der Behandlungsplan, eine Kostenaufstellung, eine Bescheinigung des Arztes, dass die Behandlung nötig ist und Aussicht auf Erfolg hat, und der Bescheid der Krankenkasse oder des privaten Krankenversicherers oder – bei Beamten – der Beihilfe, welche Kosten erstattet werden. Zudem: die Heiratsurkunde oder bei Unverheirateten eine Bestätigung des Arztes, dass das Paar in einer festen Partnerschaft lebt.
Wichtig: Auch für staatliche Zuschüsse darf die eigentliche Behandlung erst beginnen, wenn die schriftliche Bewilligung da ist. Erst dann darf etwa das erste Rezept eingelöst werden. Paare sollten nachfragen, wie viel Zeit von der Bewilligung bis zum Beginn der Behandlung verstreichen darf und wann im Anschluss der Antrag auf Auszahlung des zugesagten Betrages gestellt werden muss. Belege und Zahlungsnachweise müssen sie später vorlegen.
Das sind die Regeln
Berlin. 2. und 3. Versuch: 50 Prozent der Selbstkosten, höchstens 800 Euro (IVF), 900 Euro (ICSI).
Brandenburg. 1. bis 3. Versuch: 50 Prozent der Selbstkosten, höchstens 800 Euro (IVF), 900 Euro (ICSI) für Verheiratete, höchstens 2 290 Euro und 3 225 Euro für Unverheiratete. Eine Behandlung ist auch in anderen Bundesländern möglich.
Hessen. 4. Versuch: 75 Prozent der Selbstkosten, höchstens 3 000 Euro (IVF) und 3 300 Euro (ICSI).
Sachsen. 1. bis 3. Versuch: 50 Prozent Zuschuss, höchstens 750 Euro (IVF), 900 Euro (ICSI); für 4. Versuch: höchstens 1 600 Euro (IVF) und 1 800 Euro (ICSI).
1. bis 3. Versuch bei Unverheirateten: 25 Prozent der Selbstkosten, höchstens 750 Euro (IVF) und 900 Euro (ICSI), 4. Versuch: 50 Prozent, höchstens 1 600 Euro (IVF) und 1 800 Euro (ICSI). Paare können in begründeten Einzelfällen älter als 39 (Frau) und 49 Jahre (Mann) sein.
Sachsen-Anhalt. 1. bis 3. Versuch: 50 Prozent der Selbstkosten, höchstens 800 Euro (IVF), 900 Euro (ICSI).
Unverheiratete Paare ohne Zuschuss vom Krankenversicherer: 62,5 Prozent der Selbstkosten, höchstens 1 600 Euro (IVF), 1 800 Euro (ICSI). Eine Behandlung ist im Einzelfall auch in anderen Bundesländern möglich. Im Einzelfall ist eine Abweichung von den Altersvorgaben zulässig.
Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen. 1. bis 4. Versuch: 50 Prozent der Selbstkosten für Verheiratete.
1. bis 3. Versuch für Unverheiratete: 25 Prozent,höchstens 800 Euro (IVF), 900 Euro (ICSI); für 4. Versuch: 50 Prozent, höchstens 1 600 Euro (IVF), 1 800 Euro (ICSI). In NRW höchstens 1 040 Euro (IVF) und 1 170 Euro (ICSI) in Versuch 1 bis 3, wenn das Paar keinen Kassenzuschuss bekommt. In Niedersachsen und Thüringen auch Behandlung in angrenzenden Bundesländern.
Die Kinderwunsch-Praxis auswählen
In Deutschland gibt es mehr als 150 Kinderwunschzentren. Viele Paare suchen die Kinderwunschpraxis auf, die ihnen von ihrem Gynäkologen oder Urologen empfohlen wird. Egal ob kleine Praxis oder großes Kinderwunschzentrum: Alle arbeiteten nach demselben Qualitätsstandard.
Viele Praxen und Zentren veranstalten Infoabende. Beim Erstgespräch mit dem behandelnden Arzt können Paare sich einen Eindruck verschaffen. Sie können die Praxis dann noch wechseln. Einige Zentren haben Psychotherapeuten im Team, die Paare begleiten. Externe Berater müssen selbst gezahlt werden. Bei Familienberatungszentren ist die Beratung kostenlos.
Interview: „Ein Jahr Zeit nehmen“

Reproduktionsmediziner Dr. Andreas Tandler-Schneider, ärztlicher Leiter beim MVZ Fertility Center in Berlin, über die Erfolgschancen einer Kinderwunschbehandlung.
Spielt das Alter eine große Rolle?
Die Prognose hängt massiv vom Alter ab. Wer mit 38 Jahren entscheidet, eine Familie zu gründen, benötigt mit größerer Wahrscheinlichkeit eine künstliche Befruchtung als 30-Jährige. Zugleich werden die Paare, die sich behandeln lassen, immer älter. Das Durchschnittsalter der Frau liegt bei 35,7 Jahren, das des Mannes bei 38,8 Jahren.
Beginnen Sie eine Behandlung mit nicht-invasiven Verfahren?
Je nach Alter. Wenn die Paare jünger und die Ursachen der Kinderlosigkeit unklar sind, versuchen wir zunächst eine Insemination, bei der die Spermien auf intakte und bewegliche Samenzellen konzentriert werden. Die Frau erhält entweder keine oder eine Hormonbehandlung, um die Eizellenproduktion zu fördern. Die Chancen einer Schwangerschaft liegen bei 10 Prozent.
Wie sind die Erfolgsraten von IVF/ICSI?
Sie liegen bei uns bei 38 Prozent pro Embryonentransfer. Auch diese Zahl ist altersabhängig, ab 35 Jahren fällt die Schwangerschaftsrate leicht ab, ab 38 Jahren deutlich.
Steigt die Erfolgsrate mit jedem Versuch?
Nach einem zweiten Embryonentransfer liegt die Schwangerschaftsrate bei 49 Prozent, nach dem dritten bei 60,7 Prozent und nach dem vierten Versuch bei 67,7 Prozent.
Was passiert mit überzähligen befruchteten Eizellen?
Die werden eingefroren und können bei einem nächsten Versuch wieder verwendet werden. Wir erzielen mit gefrorenen Eizellen sogar bessere Ergebnisse als mit frischen. Die Schwangerschaftsrate liegt hier bei 43 Prozent.
Was raten Sie Paaren, die zu Ihnen kommen?
Das Wichtigste ist, sich ein Jahr Zeit für die Behandlung zu nehmen. Wir sagen: Fokussieren Sie sich nicht auf den ersten Behandlungszyklus. Wenn der erste Versuch fehlgeschlagen ist und dabei befruchtete Eizellen eingefroren wurden, empfehlen wir, diese gleich im nächsten natürlichen Zyklus einzusetzen. Den optimalen Zeitpunkt kann man durch Bluttests und Ultraschall bestimmen. Wenn keine eingefrorenen Eizellen vorhanden sind, empfehlen wir, erst mal ein bis zwei Zyklen abzuwarten, bis die Frau wieder Hormone nimmt, um die Eizellenproduktion anzuregen.
Lassen sich Zwillingsschwangerschaften vermeiden?
Mehrlingsschwangerschaften haben ein um das Siebenfache erhöhtes Risiko für Frühgeburten. Wir setzen nur noch jeder zweiten Frau zwei Embryonen ein, unsere Zwillingsrate lag 2019 bei 10 Prozent.
Empfehlen Sie den Paaren eine psychosoziale Beratung?
Unbedingt. Wir haben zwei Psychologinnen im Team.
Besteht ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko?
Ja, besonders bei ICSI. Dort ist die Fehlbildungsrate um 2 Prozent erhöht. Darüber klären wir die Paare auf.
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