1 000 Euro oder eine Million Großes Vermögen oder kleine Summe – gelten hier die gleichen Anlage-Regeln?

1 000 Euro oder eine Million - Großes Vermögen oder kleine Summe – gelten hier die gleichen Anlage-Regeln?

Scheideweg. Anle­gerinnen und Anleger fragen sich, ob sie bei größeren Vermögen anders anlegen sollen. Wir zeigen die Richtung. © Getty Images / aleksei-veprev

Wer eine größere Summe investieren will, fragt sich, ob dafür andere Regeln gelten als für die Anlage von kleinen Beträgen. Geringe Unterschiede gibt es tatsäch­lich.

Es ist eine beliebte Finger­übung der Finanzmedien, immer mal wieder durch­zudeklinieren, wie man denn 10 000, 100 000 oder 1 Million Euro am besten anlegen sollte. Oder es heißt, ab 100 000 Euro Vermögen ändere sich etwas grund­sätzlich, um optimal Geld anzu­legen. Wir erläutern hier, wie sehr die Vermögens­höhe die Anla­gestrategie beein­flussen sollte.

Serie über Geld­anlage

„Wie lege ich mein Geld am besten an?“ – Auf dem Weg zur Antwort auf diese Frage kann man sich leicht verlaufen, die falschen Leute nach dem Weg fragen oder die falschen Schlüsse aus den eigenen Beob­achtungen ziehen.

In einer Serie zum Thema Miss­verständ­nisse bei der Geld­anlage wollen wir in loser Folge auf eben solche eingehen. Hier Teil 9: „ Anders anlegen bei großen Vermögen?“.

Zum Nach­lesen finden Sie hier die voran­gegangenen Teile:

Teil 8: Streuung nutzt mehr, als man denkt

Teil 7: Kursraketen? Uninteressant!

Teil 6: Sind Einzelaktien besser als ETF?

Teil 5. Verkaufssprüche unter der Lupe

Teil 4: Wenn aus Nachkommastellen Tausende Euro werden.

Teil 3: Viel zu wissen hilft nicht unbedingt viel.

Teil 2: Anlegen auf Sicht kostet Rendite.

Teil 1: MSCI World ETF – nur was für Einsteiger?

Viel oder wenig Geld – was bleibt gleich?

Die wichtigsten Prinzipien der Geld­anlage sind unabhängig vom anzu­legenden Betrag. Es gilt immer:

Streuung. Diversifikation ist die Grundregel der Geldanlage. Mit Streuung kann man meist das Rendite-Risiko-Verhältnis seiner Anlage erhöhen und seine Anlage insgesamt verbessern.

Rendite-Risiko-Verhältnis. Anleger sollten immer davon ausgehen, dass man für mehr Rendite auch mehr Risiko eingehen muss.

Individuelle Voraus­setzungen. Egal ob ich große oder kleine Summen anlege, die Anlage muss zu meinen Zielen, zu meiner Risikofreude und zu meiner finanziellen Situation passen.

Kosten. Kosten zehren an der Rendite und sind immer ein Brems­klotz. Im Zweifel sind weniger Kosten besser.

Mehr Geld, mehr Streuung?

Streuung, das bedeutet in erster Linie, sein Geld auf verschiedene Anla­geklassen zu verteilen. Typischer­weise unterscheidet man Aktien, Anleihen, Immobilien und Rohstoffe. Manchmal werden auch Hedgefonds, Infrastruktur­investments und ähnliches als eigene Anla­geklasse betrachtet.

Wer 100 Euro pro Monat spart, wird nicht so einfach in alle Anla­geklassen anlegen können: ein biss­chen Aktien, ein paar Anleihen, kleine Immobilie, etwas Gold und sogar trendige „private Investments” – alles zusammen wird nicht gehen. Wer 100 000 oder 1 Million Euro anlegt, kann ohne Zweifel leichter und breiter streuen.

Ausnahmen von der Regel

Eine Ausnahme von der Streuungs­regel ist der Kauf einer selbst­genutzten Immobilie. Wer ein Eigenheim kauft, muss sich oft finanziell derart stre­cken, dass an weitere Anlagen für viele Jahre nicht zu denken ist. Zwar muss die eigene Immobilie nicht immer die aller­beste Geld­anlage sein. Sie hat aber in der Regel einen enormen Vorteil gegen­über allen anderen Anlagen: Die Kredit­finanzierung verpflichtet die Eigenheimkäufer meist zu großer finanzieller Disziplin. Das ist einer­seits eine Last, anderer­seits ist Ausgaben­disziplin ein sehr wichtiges Element, um Vermögen aufzubauen.

Auch wer Kindern in der Ausbildung finanziell hilft, hat oft kaum noch etwas übrig, was er zur Seite legen könnte. Dennoch kann auch das eine sinn­volle Ausnahme von der Maßgabe zur Streuung sein.

Welche Anla­geklassen wirk­lich sinn­voll sind

Für eine vernünftige Streuung braucht man in erster Linie Aktien und Anleihen. Damit beteiligen sich Anleger und Anle­gerinnen am produktiven Kapital oder unterstützen die Unternehmen mit Geld. Auch Gold kann sinn­voll sein. Gold ist zwar nicht produktiv. Es hilft als Krisenwährung aber, das Portfolio zu stabilisieren und kann auch das Rendite-Risiko­profil einer Anlage verbessern. Mehr dazu im Beitrag Gold als Depotbeimischung. Mit ETC (exchange traded commodities) benötigt man auch keine großen Summen, um effizient in Gold zu investieren.

Tipp: Empfehlens­werte Gold-ETC finden Sie im Beitrag Goldrichtige Ergänzung fürs Depot.

Was man nicht braucht

Weniger sinn­voll sind zum Beispiel breiter streuende Körbe mit Rohstoffen, die Industrie­metalle, Edel­metalle, Öl, Gas oder auch Agrarroh­stoffe umfassen. Sie zeigen sich in der historischen Analyse als weniger sinn­volle Beimischungen. Sie haben in der Vergangenheit insgesamt kaum zu einem besseren Rendite-Risiko-Profil beigetragen. Mehr dazu in unserer Analyse über Rohstoff-ETF.

Private Loan (Kredite), Private Equity (Risikokapital), Hedgefonds oder geschlossene Immobilienfonds werden gerne als eigene Anla­geklassen beworben, die sich teil­weise unabhängig von Aktien und Anleihen entwickeln sollen – damit wären sie für eine noch bessere Streuung geeignet. Die Kosten dieser Anlagen sind jedoch meist hoch und ihre Trans­parenz bleibt weit hinter der von normalen Fonds zurück. Von voll­mundigen Versprechen sollten Anleger sich daher nicht blenden lassen. Im Übrigen korrelieren einige Strategien doch stark mit Aktien- oder Anleihenmarkt­entwick­lungen.

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Mehr Geld, neue Anla­gestrategie?

Die von uns empfohlenen Anla­geklassen, nämlich Anleihen, Aktien und vielleicht Gold, hängen nicht vom Anla­gebetrag ab. Alle drei lassen sich schon mit kleinen Beträgen sinn­voll investieren.

Da man seine Geld­anlage auch nach der eigenen finanziellen Situation ausrichten sollte, ist es naheliegend, dass die empfohlene Geld­anlage unter anderem vom Vermögen abhängt. Wer bisher mit Mühe jeden Monat 100 Euro in einen ETF-Sparplan packt, hätte nach einem Lottogewinn sicher neue Anlageziele, zum Beispiel ein kleines, monatliches Zusatz­einkommen.

Das regel­mäßige Über­prüfen der Anlageziele und der finanziellen Situation ist Stan­dard in der Vermögens­verwaltung. Manchmal folgt daraus eine Anpassung der Anla­gestrategie, manchmal nicht. Die Anla­geklassen Aktien, Anleihen und vielleicht Gold genügen aber auch bei neuen Anlagezielen oder veränderter finanzieller Situation.

Reicht auch bei großen Vermögen nur ein ETF?

Die Frage, ob man eine große Anlagesumme auf mehrere ETF verteilen soll, wird uns oft gestellt. Es gibt keine pauschale Antwort. Jede Entscheidung hat ihre Vor- und Nachteile:

Vorteile, wenn man in mehrere ETF investiert:

  • Mit der Wahl mehrerer ETF erhöhen Anle­gerinnen und Anleger ihre Flexibilität: Sie können beispiels­weise ETF wählen, die auch Schwellenländer umfassen, oder ETF, die nach­haltige Auswahl­kriterien berück­sichtigen.
  • Wenn ein ETF verschmolzen wird und dadurch vorzeitig Kapital­ertrags­steuern fällig werden, dann betrifft das nur einen Teil seines Portfolios, wenn man mehrere ETF hält. Das kann bei großen Vermögen oder langer Spardauer leicht zu einem etwas höheren Endvermögen führen.
  • Wer nach und nach in verschiedene ETF investiert, kann später jene ETF zuerst verkaufen, mit denen er den wenigsten Gewinn erzielt hat. So bleibt die Kapital­ertrags­steuer erst einmal klein und die verbleibenden ETF-Positionen möglichst groß. Hierbei handelt sich aber nur um einen Steuer­stundungs­effekt, nicht um eine echte Steuerersparnis. Aber das ermöglicht, möglichst viel angelegtes Geld möglichst lange „arbeiten“ zu lassen.

Nachteile, wenn man mehrere ETF hält:

  • Die Über­sicht geht leicht verloren, wenn das Portfolio zu viele Bausteine enthält. Das erschwert die Kontrolle und die Steuerung des Portfolios.
  • Wer mehrere ETF hält, erhöht die Wahr­scheinlich­keit, dass ein ETF fusioniert wird und Steuern anfallen (dafür – siehe Vorteile – ist davon nur ein kleinerer Teil des Portfolios betroffen).

Tipp: Wenn Sie es gerne einfach halten möchten, sollte Sie sich nicht scheuen, einfach nur einen ETF zu halten oder zu besparen. Es ist nicht notwendig, aus Risikogesichts­punkten ETF mehrerer Anbieter zu kaufen. Es handelt sich bei ETF wie bei aktiv gemanagten Fonds um Sonder­vermögen, das im Insolvenzfall vor dem Zugriff Dritter geschützt ist.

Fazit: Andere Strategien müssen nicht sein

Mit mehr Vermögen muss sich nicht viel bei der Geld­anlage ändern. Die Grund­prinzipien gelten immer, Aktien und Anleihen in der Form von Fonds funk­tionieren ebenfalls immer. Und: Die sinn­vollen Anlage­instru­mente werden mit mehr verfügbarem Geld nicht unbe­dingt zahlreicher. Seine Anlageziele und die Depot­aufteilung gilt es in jedem Fall hin und wieder zu über­prüfen.

Lesetipp: Sie möchten die komplexen Zusammenhänge der Kapitalmärkte besser verstehen? Dann ist das Große Börsenbuch der Stiftung Warentest eine gute Empfehlung. Auch als Anfänger finden Sie leicht verständliche Erklärungen zu wichtigen Börsen­grund­lagen und Aktien­strategien.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Mitarbeiter_Stoffel am 08.06.2025 um 14:56 Uhr
    Re: Einschränkungen

    @Trentino2017: Erlauben Sie uns eine Einordnung, damit Anleger strukturiert vorgehen können: "Spekulative Anlagen" sind Instrumente innerhalb einer Anlageklasse wie z.B. ein gehebeltes (= kreditfinanziertes) Investment (Optionsscheine, Turbos, gehebelte ETF auf Aktien und Aktienindizes ...) oder Hochzinsanleihen. Solche Instrumente verbessern nicht per se die Streuung und auch nicht das Rendite-Risiko-Profil einer Anlage. Wer Spaß dran hat, kann das machen. Aber brauchen tut man so etwas nicht, auch wenn das Vermögen groß ist. Vermietete Immobilien (ohne Hypothek) als Geldanlage gehen natürlich auch, aber man sollte den Arbeitsaufwand und die (Instandhaltungs-)Kosten dafür nicht unterschätzen. Wir denken, es ist wichtig, erstmal zu wissen "was brauche ich für eine gute Geldanlage?". Diejenigen, die keinen besonderen Spaß am Geldanlegen haben, beschränken sich einfach darauf. Alle anderen machen, was sie möchten, sollten aber wissen, wo sinnvolle Geldanlage aufhört und Spielerei anfängt ("Spielerei" ist hier nicht abwertend gemeint, Geldanlage darf Spaß machen).

  • Trentino2017 am 07.06.2025 um 16:24 Uhr
    Einschränkungen

    Prinzipiell stimme ich den Aussagen des Beitrages zu mit folgenden Einschränkungen:
    Wenn man eine Million Euro oder noch mehr zur freien Verfügung hat, dann lässt sich ein kleiner Teil davon (z. B. 5 Prozent = 50.000 Euro) auch in hochspekulative Anlagen (hohe Rendite aber ggf. Totalverlust) anlegen. Bei 100 Euro pro Monat kommt man mit 5 Prozent (= 5 Euro) nicht weit und wenn ein Kleinanleger 500 oder 1.000 Euro verliert, dann schmerzt der Verlust mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mehr als wenn ein (Multi-)Millionär 50.000 Euro verliert.
    Auf der anderen Seite würde ich bei einer Million Euro - vorausgesetzt man verfügt bereits über selbstgenutztes Wohneigentum - auch die Kapitalanlage in eine nicht überteuerte Mietwohnung oder vermietete Ferienwohnung in guter Wohnlage in Erwägung ziehen. Mit 100 Euro pro Monat bzw. 1.000 Euro ist das nicht möglich und selbst mit 100.000 Euro wird das schwierig werden.

  • kepler_at_home am 03.06.2025 um 15:43 Uhr
    1 000 Euro oder eine Million

    Sehr geehrtes Stiftung-Warentest-Team,
    ich befasse mich seit ca. 7 Jahren mit dem Thema "Geldanlage" und habe mich über diesen Zeitraum ausschließlich an Ihren Berichten, Aussagen, Strategien und Portfolio-Vorschlägen orientiert. Über diese Zeit bin ich in jeder Hinsicht bestens mit einer einfach gehaltenen Auswahl an immer breit gestreuten ETF (max. 4) sehr gut gefahren.
    Ihre vielen Hinweise, bei Kurs-Krisen (Corona! Ukraine! Trump!) ruhig zu bleiben und das Ganze auszusitzen, waren ebenfalls sehr hilfreich, da alle mit massiven Kapitalverlusten verbunden waren und trotzdem wieder voll zurück gekommen sind.
    Auch den aktuellen Bericht "1 000 Euro oder eine Million" halte ich für äußerst hilfreich, da ich NICHT aus der Finanzwelt komme und man ab einer gewissen Summe angelegten Kapitals zögerlich wird und sich die Frage einschleicht, ob man da alles richtig macht.
    Insofern nochmals vielen Dank für die bisherigen, aktuellen und zukünftigen Aussagen und Empfehlungen.

  • dschneibe am 01.06.2025 um 21:12 Uhr
    Herzlichen Dank für die sachlich wertvollen Tipps!

    @heinemannmc:
    Ich sehe in den Berichten keine "Dogmatik um die ETF", sondern sachlich wertvolle Hinweise. Den Satz "Wer 2006 eingestiegen ist, musste 10 Jahre warten, bis er wieder im Plus war" verstehe ich auch nicht als Aussage, wie ETF generell funktionieren, sondern als Hinweis, dass man sich im 'allerschlechtesten' Fall längere Zeit gedulden muss, bis man im Plus ist. Der 'normale' Fall ist, dass ein von test gut bewerteter, breit aufgestellter ETF eine durchschnittliche Rendite einfährt, die deutlich höher ist als jedes (seriöse) Tages- oder Festgeld. Ich persönlich war da lange auch zögerlich und habe viele Jahre auf eine entsprechend höhere Rendite verzichtet. Seit gut 5 Jahren bin ich allerdings dabei. Mr. Trump hat zwar meine lange überdurchschnittlich gestiegenen ETF-Kurse (in der Spitze weit über 10% Zuwachs pro Jahr) etwas schmelzen lassen. Ich bin mit meinen ETF jedoch über die 5 Jahre immer noch 3fach so hoch im Plus als mit meinen parallel angelegten Festgeldern.

  • heinemannmc am 31.05.2025 um 07:27 Uhr
    Verschiedene Aspekte

    Ich finde es immer interessant, wie eine Dogmatik um die ETF gemacht wird.
    Aus Finanztest: "Wer 2006 eingestiegen ist, musste 10 Jahre warten , bis er wieder im Plus war"
    Anmerkung meinerseits: Plus reicht ja nicht. Ich muß es ja vergleichen: mit einem simplen 3-prozenter Festgeld und Zinseszins habe ich nach 10 Jahren 40% mehr! Und bis das erreicht war gingen nochmal ein paar Jahre ins Land. Und ETF sind dank Trump jetzt immer noch im Minus.
    Lange Rede kurzer Sinn: Gewinne muss man such realisieren, einen Anlagehorizont von 20 Jahren, kann sich nicht jeder leisten. Einstieg zu Höchstkursen war schon immer problematisch. Deswegen aktuell Gold als Beimischung, na ja....
    Grundsätzlich bin ich kein Aktiengegner, aber mit dem nötigen Respekt. Und wichtig, niemals gierig sein!