
Aufwärts. Mit einem Welt-Aktien-ETF konnten nicht nur Anfänger ordentliche Renditen bei vernünftigem Risiko einfahren. © Getty Images / Jay Radhakrishnan, Dimitris M. Stephanides (M)
Wir empfehlen Neueinsteigern einen Welt-Aktien-ETF als optimalen Einstieg in die Aktienanlage. Heißt das im Umkehrschluss, dass Fortgeschrittene mehr Fonds brauchen?
„Wie lege ich mein Geld am besten an?“ – Auf dem Weg zur Antwort auf diese Frage kann man sich leicht verlaufen, die falschen Leute nach dem Weg fragen oder die falschen Schlüsse aus den eigenen Beobachtungen ziehen.
In einer Rubrik zum Thema Missverständnisse bei der Geldanlage wollen wir in loser Folge auf eben solche eingehen. Hier Teil 1: „Fortgeschrittene Anleger brauchen mehr als einen Welt-ETF“.
Welt-ETF als perfekter Einstieg
Finanztest empfiehlt, eine Aktienanlage mit einem ETF auf den MSCI World umzusetzen. Auch das Pantoffel-Portfolio, welches vor allem einfach und bequem sein soll, setzt auf diesen Baustein. Inzwischen gibt es viele andere Medien, die ebenfalls ETF auf den MSCI World oder vergleichbare ETF-Indexkombinationen vorschlagen.
Oft wird ein MSCI World ETF dabei Einsteigern empfohlen – weil es einfach ist, viele Anbieter einen Welt-ETF im Programm haben und so bei vielen Banken ein ETF-Sparplan auf einen der MSCI World ETF abgeschlossen werden kann. Ein solcher ETF-Sparplan ist bei Online-Banken schnell und unkompliziert eingerichtet.
Aber Anlegerinnen und Anleger, die diesen ersten Schritt gegangen sind, fragen sich vielleicht, ob ein Produkt reicht, um das Optimum aus den Aktienmärkten herauszuholen. Wenn ein Welt-ETF für Einsteiger geeignet ist, heißt das im Umkehrschluss, dass man als Fortgeschrittener mit einem ausgefeilteren Portfolio mehr herausholen könnte?
Eher Spaß als ökonomischer Nutzen
Bevor wir ins Detail gehen, vorweg die Antwort: Ja, ein ETF reicht für eine optimale Aktienanlage. Und nein, mit einem komplexeren Portfolio holt man nicht automatisch mehr aus den Märkten heraus.
Das heißt nicht, dass wir davon abraten, mit Beimischungen zu einem Welt-ETF etwas auszuprobieren oder mit unserer Fünf-Punkte-Strategie (mehr dazu unten) zu versuchen, den Markt zu schlagen. Wer Spaß am Investieren und der Börse hat, kann sich gerne austoben. Aber wer sich so wenig wie möglich mit seiner Geldanlage beschäftigen möchte, dem können wir sagen: Keine Sorge, ein breit streuender Welt-ETF reicht für eine sehr gute Geldanlage. Beliebte Beimischungen wie Neue-Energie-ETF oder Schwellenländer liefen in der jüngeren Vergangenheit deutlich schlechter als der MSCI World und sorgten eher für Rendite-Bremsen statt Rendite-Booster.
Geldanlage in der Theorie
Die moderne Kapitalmarkttheorie – die auch schon über 60 Jahre auf dem Buckel hat – stützt sich auf die Idee, dass Finanzmärkte öffentliche Informationen optimal verarbeiten und einzelne Anleger keine Wissensvorteile haben (außer sie haben Insiderinformationen, aber diese zu nutzen, ist in den meisten Ländern illegal). Daraus leitet sich ab, dass Aktien-Anleger das sogenannte „Marktportfolio“ halten sollten, das den gesamten Aktienmarkt abbildet. Ein ETF auf den MSCI World Index kommt dem schon sehr nahe, ein ETF auf die größeren Welt-Indizes MSCI All Country World (ACWI) oder den FTSE All-World ist fast perfekt.
Tipp: Eine Übersicht über die Welt-Indizes finden Sie in unserem Artikel Das sind die Alternativen zum MSCI World.
Faktoren als Weiterentwicklung
Die Theorie wurde getestet, kritisiert und verfeinert. Aber der Kern hat (erstaunlicherweise) immer noch Bestand. Auf eine der wenigen nennenswerten Weiterentwicklungen des Grundmodells – die Faktoren – sind wir bereits in unserem Artikel zu Faktor-ETF eingegangen. Bei den vorgestellten Anlagestrategien haben Finanzwissenschaftler Merkmale von Aktien analysiert, die in der Vergangenheit ein gutes Rendite-Risiko-Verhältnis hatten – und bei denen es plausibel ist, dass sie das auch in Zukunft haben werden. Eine Garantie auf Überrenditen gibt es aber auch bei den Faktoren nicht. Das „Marktportfolio“ bleibt das Maß aller Dinge – alles muss sich daran messen.
Geldanlage in der Praxis
Auch bei unserer monatlichen Fondsbewertung beobachten wir, dass gute aktive Fonds kommen und gehen. Ereignisse wie die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die Inflation mit Zinserhöhung wirbeln die Bestenlisten immer wieder durcheinander. Mal läuft Growth (Wachstumsaktien), mal Dividenden, mal hat ein Manager ein gutes Händchen (oder eher Glück). Es gibt dabei vor allem eine Konstante: Marktbreite ETF zählten mittel- und langfristig immer zu den besten Fonds in der wichtigsten Fondsgruppe Aktien Welt. Sowohl was die reine Performance als auch was das Rendite-Risiko-Profil anbelangt. Bei den aktiven Fonds ist es leicht, die Gewinner der Vergangenheit zu identifizieren, aber für die zukünftigen Top-Fonds gilt das nicht.
Aktive Top-Fonds eignen sich nicht zum Kaufen und Halten
Hier wird auch deutlich, warum die eigene Beobachtung manchmal nicht weiterhilft: Sie ist zu begrenzt und zeigt einen kleinen, nicht repräsentativen Ausschnitt. Wer jeden Monat Top-Fonds sieht, die auch ETF abgehängt haben, wird zuerst denken „aktive Fonds können es besser“. Wer ein bisschen genauer hinschaut wird einschränken „ok, ein paar wenige aktive Fonds können es besser“, denn die Mehrheit der aktiven Fonds ist unterdurchschnittlich.
Wer länger investiert, merkt, dass der Top-Fonds von heute nicht unbedingt der Top-Fonds von morgen ist. Ein marktbreiter ETF ist hingegen fast immer unter den besten Fonds zu finden – wenn auch nicht immer ganz oben.
Der Versuch, den Markt zu schlagen, ist aufwendig
Finanztest hat mit der Fünf-Punkte-Strategie eine Strategie entwickelt, mit der Anlegerinnen und Anleger auf Basis unserer Fonds-Bewertung systematisch versuchen können, den „Markt“ mithilfe aktiver Fonds oder Faktor-ETF zu schlagen. Sie kommt aber nur für Anlegerinnen und Anleger in Frage, die keinen Aufwand scheuen und ein Depot mit günstigen Handelskosten haben.
Eine Garantie dafür, besser abzuschneiden als der Gesamtmarkt, gibt es auch mit dieser Strategie nicht. Unsere Simulationen zeigen, dass es in der Vergangenheit nur zeitweise geklappt hat. Garantiert ist allerdings, dass die Strategie aufwendiger ist als das Halten eines MSCI-World-ETF.
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Fazit: Auch Profis fahren mit Welt-ETF gut
Ein ETF auf den MSCI World oder vergleichbare Indizes ist also nicht nur für Anfänger geeignet. Auch erfahrene Anleger sind mit ihnen gut bedient – und auch Profis nutzen solche ETF intensiv. Hier treffen sich Ertragsstärke und Einfachheit. Außerdem macht die Börsenhandelbarkeit der ETF sie für jeden Anleger leicht verfügbar – anders als bei aktiven Fonds.
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