
Gleichgewicht. Ausgewogenheit gilt auch bei der Geldanlage als Credo. © Getty Images / styf22
Ein weltweiter Aktien-ETF ohne Klumpenrisiko? Der Invesco MSCI World Equal Weight Ucits ETF macht es möglich. Wir haben analysiert, ob das für Anleger ein Vorteil ist.
Topkonzerne mit gigantischem Börsenwert
Ob Welt-, Länder- oder Branchenindizes: Ihre Zusammensetzung richtet sich in erster Linie nach dem sogenannten Börsenwert der Unternehmen, auch Marktkapitalisierung genannt. Der Börsenwert ergibt sich, indem man alle Aktien eines Unternehmens mit dem aktuellen Börsenkurs multipliziert. Statt aller ausgegebenen Aktien werden üblicherweise nur die Aktien im sogenannten Streubesitz herangezogen. Aktienpakete, die langfristig bei strategischen Investoren liegen, bleiben also unberücksichtigt.
Apple kommt als derzeit größter Konzern auf eine Marktkapitalisierung von 3,2 Billionen Euro und liegt damit über der Jahreswirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) Frankreichs. Die zehn größten Titel im Weltindex MSCI World haben einen Anteil von fast 24 Prozent. Das Gewicht der führenden Technologieunternehmen – neben Apple sind das vor allem Microsoft, Nvidia, Alphabet, Amazon und Meta – hat sich in den letzten Jahren spektakulär erhöht, weil ihre Kurse so stark gestiegen sind.
Klumpenrisiken – ja oder nein?
Wir halten diese Entwicklung nicht für bedenklich und sehen breit streuende Weltaktienindizes nach wie vor als beste Lösung für langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger. Es gibt aber durchaus mahnende Stimmen, die vor sogenannten Klumpenrisiken warnen. Im Falle des MSCI World sind damit neben dem großen Einfluss der genannten Topaktien auch der enorm hohe US-Anteil und das Gewicht der Technologiebranche gemeint. In der Geldanlage sind solche Klumpen grundsätzlich verpönt, da sie ein Vermögen anfälliger für Risiken einzelner Aktien machen.
Blue-Chip-Aktien ohne Sonderbehandlung
All jene, die solche Bedenken teilen, finden im Index MSCI World Equal Weight einen idealen Gegenentwurf. Für den Index gibt es seit kurzem einen ETF von Invesco (Isin IE000OEF25S1). Er enthält dieselben Unternehmen wie der MSCI World, aber sie werden nicht nach ihrem Börsenwert gewichtet. Statt dessen hat jede der rund 1 400 Aktien einen gleich hohen Indexanteil. Das gilt zumindest unmittelbar nach der vierteljährlich stattfindenden Neujustierung, bei der jedes Indexmitglied auf einen Anteil von etwa 0,07 Prozent gesetzt wird, unabhängig davon, ob es sich um Microsoft oder Delivery Hero handelt. Bis zum nächsten Überprüfungstermin gibt es zwangsläufig gewisse Verschiebungen, die aber so gering sind, dass sie das Konzept der Gleichgewichtung nicht gefährden. Ende September 2024 hatten die zehn größten Indextitel Gewichtungen zwischen 0,09 und 0,12 Prozent mit einem Indexanteil von insgesamt 1 Prozent.
Länder- und Branchengewichtungen ändern sich deutlich
Die Gleichgewichtung aller großen und mittelgroßen Unternehmen – kleine Aktien sind im MSCI World nicht vertreten – hat erhebliche Auswirkungen auf die Länder- und Branchenstruktur. Zwar sind die USA auch im Equal-Weight-Index das mit Abstand größte Land, aber ihr Anteil liegt um etwa 30 Prozentpunkte niedriger als im klassischen MSCI World. Die Ländermischung ist auf jeden Fall deutlich ausgewogener als in den Standard-Weltindizes. Das gilt auch für die Branchenverteilung, denn der ansonsten dominante IT-Sektor wird durch die Gleichgewichtung stark gestutzt – von rund einem Viertel auf knapp 11 Prozent. Da im MSCI World viele Industrieunternehmen mit überschaubarem Börsenwert vertreten sind, profitiert diese Branche von der Gleichgewichtung am stärksten.
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Renditechancen werden nicht unbedingt besser
Die entscheidende Frage für Anlegerinnen und Anleger ist jedoch, ob mit der Gleichgewichtung höhere Renditechancen verbunden sind oder ob sie zumindest das Risiko senkt. Beides scheint nicht der Fall. Wie der Blick in die Vergangenheit zeigt, gab es Phasen, in denen sich ein Equal-Weight-Index gelohnt hätte – vor allem nach dem Platzen der Dotcom-Blase im März 2000. Auch unmittelbar nach der Finanzkrise im Jahr 2008 war das Konzept erfolgreich. Seit Ende 2010 lief es allerdings dem breiten Markt deutlich hinterher, weil man aufgrund der Gleichgewichtung die fabelhafte Wertentwicklung von Apple, Microsoft, Nvidia und Co weitgehend verpasste. Interessanterweise konnte der MSCI World Equal Weight in der Vergangenheit nicht einmal durch ein geringeres Risiko punkten.
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Die Wissenschaft hat sich intensiv mit der „richtigen“ Gewichtung von Indizes beschäftigt. Viele Studien kamen zu dem Schluss, dass sogar eine zufällige Aktiengewichtung besser sei als die allgemein übliche Gewichtung nach dem Börsenwert. Auch Gleichgewichtung wurde als überlegen betrachtet. Viele der Studien wurden in den Jahren nach dem Platzen der Dotcom-Blase erstellt, als gleichgewichtete Anlagestrategien viel besser als der breite Markt abschnitten. Das hat empirische Untersuchungen sicher beeinflusst. Durch die schlechte Entwicklung seit Ende 2010 ergäbe sich heute wahrscheinlich ein anderes Bild.
Indexanpassungen erhöhen die Kosten nur geringfügig
ETF auf Standardindizes wie den MSCI World haben extrem niedrige Kosten für Indexanpassungen, weil man nicht oft eingreifen muss. Nur ab und zu fliegen die Aktien, die zu klein geworden sind, aus dem Fonds raus und neue Aktien ersetzen sie. Auch müssen die Dividenden aller Aktien wieder angelegt werden. Ein Equal-Weight-Index hingegen muss dagegen regelmäßig fast alle Aktien anpassen. Diejenigen, die seit der letzten Anpassung besser als der Schnitt gelaufen sind, werden zurechtgestutzt, die „Underperfomer“ nachgekauft. Das schlägt auf die Handelskosten durch, Invesco veranschlagt sie in seinem ETF mit 0,07 Prozent pro Jahr. Der wird dadurch ein wenig teurer, aber für Anlegende sind die veranschlagten Gesamtkosten von 0,27 Prozent pro Jahr völlig in Ordnung.
Wette auf bestimmte Marktentwicklung
Wer befürchtet, dass die weltgrößten Aktien bald deutlich an Wert verlieren könnten oder wem der hohe US-Anteil in den gängigen Weltindizes nicht geheuer ist, der findet in dem neuen Invesco MSCI World Equal Weight Ucits ETF eine einfache Lösung, um diese Probleme zu entschärfen und trotzdem weltweit (in Industrieländern) zu investieren. Ob man damit besser oder schlechter abschneiden wird als mit einem herkömmlichen ETF, ist aber ungewiss. Mit dem Equal-Weight-ETF wettet man in gewisser Weise auf eine gegenteilige Marktentwicklung wie in den vergangenen fünf Jahren. Wir zählen ihn nicht zu den Basisanlagen, sehen ihn aber als Alternative für Anleger, die genau wissen, was sie wollen.
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- Wir empfehlen Neueinsteigern einen Welt-Aktien-ETF als optimalen Einstieg in die Aktienanlage. Heißt das im Umkehrschluss, dass Fortgeschrittene mehr Fonds brauchen?
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- ETF auf den MSCI World sind als Basisanlage beliebt. Aber nicht jeder ist mit den Schwerpunkten einverstanden. Wir stellen Alternativen mit einem oder mehreren ETF vor.
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- ETF ist die Abkürzung für Exchange Traded Funds – „börsengehandelte Fonds“. Ist das etwas Besonderes? Was den Handel mit ETF von dem mit anderen Fonds unterscheidet.
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