Aktien-ETF mit geringerem US-Anteil Was bringt der gleichgewichtete Welt­index?

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  • Journalistische Leitung: Michael Beumer
  • Testleitung: Yann Stoffel
  • Faktencheck: Tom Krüger
Aktien-ETF mit geringerem US-Anteil - Was bringt der gleichgewichtete Welt­index?

Gleichgewicht. Ausgewogenheit gilt auch bei der Geld­anlage als Credo. © Getty Images / styf22

Ein welt­weiter Aktien-ETF ohne Klumpenrisiko? Der Invesco MSCI World Equal Weight Ucits ETF macht es möglich. Wir haben analysiert, ob das für Anleger ein Vorteil ist.

Topkonzerne mit gigantischem Börsen­wert

Ob Welt-, Länder- oder Branchen­indizes: Ihre Zusammenset­zung richtet sich in erster Linie nach dem sogenannten Börsen­wert der Unternehmen, auch Markt­kapitalisierung genannt. Der Börsen­wert ergibt sich, indem man alle Aktien eines Unter­nehmens mit dem aktuellen Börsenkurs multipliziert. Statt aller ausgegebenen Aktien werden üblicher­weise nur die Aktien im sogenannten Streu­besitz heran­gezogen. Aktienpakete, die lang­fristig bei strategischen Investoren liegen, bleiben also unbe­rück­sichtigt.

Apple kommt als derzeit größter Konzern auf eine Markt­kapitalisierung von 3,2 Billionen Euro und liegt damit über der Jahres­wirt­schafts­leistung (Brutto­inlands­produkt) Frank­reichs. Die zehn größten Titel im Welt­index MSCI World haben einen Anteil von fast 24 Prozent. Das Gewicht der führenden Technologieunternehmen – neben Apple sind das vor allem Microsoft, Nvidia, Alphabet, Amazon und Meta – hat sich in den letzten Jahren spektakulär erhöht, weil ihre Kurse so stark gestiegen sind.

Klumpenrisiken – ja oder nein?

Wir halten diese Entwick­lung nicht für bedenk­lich und sehen breit streuende Welt­aktienindizes nach wie vor als beste Lösung für lang­fristig orientierte Anle­gerinnen und Anleger. Es gibt aber durch­aus mahnende Stimmen, die vor sogenannten Klumpenrisiken warnen. Im Falle des MSCI World sind damit neben dem großen Einfluss der genannten Topaktien auch der enorm hohe US-Anteil und das Gewicht der Technologiebranche gemeint. In der Geld­anlage sind solche Klumpen grund­sätzlich verpönt, da sie ein Vermögen anfäl­liger für Risiken einzelner Aktien machen.

Blue-Chip-Aktien ohne Sonderbe­hand­lung

All jene, die solche Bedenken teilen, finden im Index MSCI World Equal Weight einen idealen Gegen­entwurf. Für den Index gibt es seit kurzem einen ETF von Invesco (Isin IE000OEF25S1). Er enthält dieselben Unternehmen wie der MSCI World, aber sie werden nicht nach ihrem Börsen­wert gewichtet. Statt dessen hat jede der rund 1 400 Aktien einen gleich hohen Index­anteil. Das gilt zumindest unmittel­bar nach der vierteljähr­lich statt­findenden Neujustierung, bei der jedes Index­mitglied auf einen Anteil von etwa 0,07 Prozent gesetzt wird, unabhängig davon, ob es sich um Microsoft oder Deli­very Hero handelt. Bis zum nächsten Über­prüfungs­termin gibt es zwangs­läufig gewisse Verschiebungen, die aber so gering sind, dass sie das Konzept der Gleichgewichtung nicht gefährden. Ende September 2024 hatten die zehn größten Index­titel Gewichtungen zwischen 0,09 und 0,12 Prozent mit einem Index­anteil von insgesamt 1 Prozent.

Länder- und Branchengewichtungen ändern sich deutlich

Die Gleichgewichtung aller großen und mittel­großen Unternehmen – kleine Aktien sind im MSCI World nicht vertreten – hat erhebliche Auswirkungen auf die Länder- und Branchen­struktur. Zwar sind die USA auch im Equal-Weight-Index das mit Abstand größte Land, aber ihr Anteil liegt um etwa 30 Prozent­punkte nied­riger als im klassischen MSCI World. Die Länder­mischung ist auf jeden Fall deutlich ausgewogener als in den Stan­dard-Welt­indizes. Das gilt auch für die Branchen­verteilung, denn der ansonsten dominante IT-Sektor wird durch die Gleichgewichtung stark gestutzt – von rund einem Viertel auf knapp 11 Prozent. Da im MSCI World viele Industrieunternehmen mit über­schaubarem Börsen­wert vertreten sind, profitiert diese Branche von der Gleichgewichtung am stärksten.

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Rendite­chancen werden nicht unbe­dingt besser

Die entscheidende Frage für Anle­gerinnen und Anleger ist jedoch, ob mit der Gleichgewichtung höhere Rendite­chancen verbunden sind oder ob sie zumindest das Risiko senkt. Beides scheint nicht der Fall. Wie der Blick in die Vergangenheit zeigt, gab es Phasen, in denen sich ein Equal-Weight-Index gelohnt hätte – vor allem nach dem Platzen der Dotcom-Blase im März 2000. Auch unmittel­bar nach der Finanz­krise im Jahr 2008 war das Konzept erfolg­reich. Seit Ende 2010 lief es allerdings dem breiten Markt deutlich hinterher, weil man aufgrund der Gleichgewichtung die fabelhafte Wert­entwick­lung von Apple, Microsoft, Nvidia und Co weit­gehend verpasste. Interes­santer­weise konnte der MSCI World Equal Weight in der Vergangenheit nicht einmal durch ein geringeres Risiko punkten.

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Die Wissenschaft hat sich intensiv mit der „richtigen“ Gewichtung von Indizes beschäftigt. Viele Studien kamen zu dem Schluss, dass sogar eine zufäl­lige Aktiengewichtung besser sei als die allgemein übliche Gewichtung nach dem Börsen­wert. Auch Gleichgewichtung wurde als über­legen betrachtet. Viele der Studien wurden in den Jahren nach dem Platzen der Dotcom-Blase erstellt, als gleichgewichtete Anla­gestrategien viel besser als der breite Markt abschnitten. Das hat empirische Unter­suchungen sicher beein­flusst. Durch die schlechte Entwick­lung seit Ende 2010 ergäbe sich heute wahr­scheinlich ein anderes Bild.

Index­anpassungen erhöhen die Kosten nur gering­fügig

ETF auf Stan­dardindizes wie den MSCI World haben extrem nied­rige Kosten für Index­anpassungen, weil man nicht oft eingreifen muss. Nur ab und zu fliegen die Aktien, die zu klein geworden sind, aus dem Fonds raus und neue Aktien ersetzen sie. Auch müssen die Dividenden aller Aktien wieder angelegt werden. Ein Equal-Weight-Index hingegen muss dagegen regel­mäßig fast alle Aktien anpassen. Diejenigen, die seit der letzten Anpassung besser als der Schnitt gelaufen sind, werden zurecht­gestutzt, die „Under­perfomer“ nachgekauft. Das schlägt auf die Handels­kosten durch, Invesco veranschlagt sie in seinem ETF mit 0,07 Prozent pro Jahr. Der wird dadurch ein wenig teurer, aber für Anlegende sind die veranschlagten Gesamt­kosten von 0,27 Prozent pro Jahr völlig in Ordnung.

Wette auf bestimmte Markt­entwick­lung

Wer befürchtet, dass die welt­größten Aktien bald deutlich an Wert verlieren könnten oder wem der hohe US-Anteil in den gängigen Welt­indizes nicht geheuer ist, der findet in dem neuen Invesco MSCI World Equal Weight Ucits ETF eine einfache Lösung, um diese Probleme zu entschärfen und trotzdem welt­weit (in Industrieländern) zu investieren. Ob man damit besser oder schlechter abschneiden wird als mit einem herkömm­lichen ETF, ist aber ungewiss. Mit dem Equal-Weight-ETF wettet man in gewisser Weise auf eine gegen­teilige Markt­entwick­lung wie in den vergangenen fünf Jahren. Wir zählen ihn nicht zu den Basis­anlagen, sehen ihn aber als Alternative für Anleger, die genau wissen, was sie wollen.

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