Neues Lebens­mittel-Label Sagt was zur Herkunft, nichts zur Qualität

Neues Lebens­mittel-Label - Sagt was zur Herkunft, nichts zur Qualität

Äpfel aus dem Alten Land. Sie könnten das neue Herkunfts-Logo „Gutes aus deutscher Land­wirt­schaft“ tragen. © ZKHL

Ein neues Label soll Lebens­mittel kenn­zeichnen, die gänzlich in Deutsch­land produziert wurden. Wir erklären, wofür es steht – und wofür nicht.

„Gutes aus deutscher Land­wirt­schaft“ – so heißt das neue Herkunfts-Label für Lebens­mittel, das etliche Supermärkte, Discounter und Hersteller derzeit einführen. Das Label soll Lebens­mittel im Handel sicht­bar machen, die komplett in Deutsch­land hergestellt worden sind – das heißt: in Deutsch­land erzeugt, verarbeitet und verpackt.

Hinter dem Zeichen steht die Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft (ZKHL), in der sich verschiedene Player der Lebens­mittel­branche zusammengetan haben – von Land­wirten über Hersteller bis zu Händ­lern. Das Zeichen soll die bisherigen individuellen Handels­logos für eine Herkunft aus Deutsch­land vereinheitlichen und die heimische Land­wirt­schaft stärken, so die ZKHL.

Die Großen des Handels sind dabei

Zu den Unterstützern des Labels zählen laut ZKHL auch die Großen des Lebens­mittel­handels – Aldi Nord und Aldi Süd, Edeka, Kauf­land, Lidl, Netto Marken-Discount sowie Rewe und Penny. Die Nutzung des Zeichens beruht auf freiwil­liger Selbst­verpflichtung.

Die teilnehmenden Unternehmen sagen zu, die Kriterien und Vorgaben der ZKHL einzuhalten und Zusatz­kontrollen über ein anerkanntes Prüf­system und unabhängige Zertifizierungs­stellen durch­führen zu lassen.

Folgende Produkte können das Label tragen:

  • Frisches, unver­arbeitetes Fleisch und Hack­fleisch. Die Rinder, Kälber und Schweine, von denen das Fleisch stammt, müssen in Deutsch­land geboren, aufgezogen, gemästet und geschlachtet worden sein. Zerlegen, Verarbeiten und Verpacken darf nicht ins Ausland verlegt werden. Ferkel müssen in Deutsch­land erzeugt worden sein. Geflügel­fleisch muss von Tieren stammen, die als Küken in Deutsch­land geschlüpft sind.
  • Frisches Obst, Gemüse, Kartoffeln und Pilze. Anbau, Ernte, Verarbeitung und Verpackung müssen in Deutsch­land statt­finden.
  • Frische Eier. Die Legehennen müssen in Deutsch­land gehalten werden, das Futter aus heimischen Futtermühlen stammen und die Eier am Ende hier­zulande verpackt werden.
  • Milch, purer Joghurt, purer Quark. Melken, Milch­ver­arbeitung in einer Molkerei und Verpacken – all das muss in Deutsch­land passieren.

Die Grenzen des neuen Labels

Die Aussagekraft des neuen Labels hat allerdings Grenzen: Kundinnen und Kunden erfahren beispiels­weise nicht, aus welcher konkreten Region die jeweiligen Produkte stammen. Auch sind die Stan­dards für Umwelt- und Tier­schutz, nach denen die Waren produziert werden, nicht höher als die gesetzlichen Vorgaben. Zudem bedeutet das Wort „Gutes“ im Label­namen nicht auto­matisch auch gute Qualität.

Noch in der Über­gangs­phase

Das Label ist noch nicht in der Breite des Handels ange­kommen. Bei einem stich­probenhaften Markt-Check in Berlin durch die Stiftung Warentest waren Ende Oktober 2024 noch keine gelabelte Produkte zu finden. Lidl, Kauf­land und Rewe kündigten auf unsere Nach­frage an, schritt­weise geeignete Produkte ihrer Eigenmarken mit dem Logo ausstatten zu wollen. Die Händler schrieben uns, dass die Umstellung Zeit bean­spruche und gerade noch alte Verpackungs­materialien aufgebraucht würden.

Label für den regionalen Einkauf

Neben dem neuen Herkunfts­zeichen existieren bereits seit Jahren Regional-Label. Sie machen die Herkunft einzelner Produkte aus bestimmten Bundes­ländern, Land­schaften oder Orten kennt­lich. Hier zwei empfehlens­werte Label:

  • Regional­fenster. Das Label „Regionalfenster“ führte der Verein Regional­fenster 2014 mit Unterstüt­zung der Bundes­regierung ein. Es steht derzeit auf knapp 6 000 Lebens­mitteln, Blumen und Zier­pflanzen. Das Zeichen umfasst individuelle Angaben wie zur Herkunft der Haupt­zutaten, zu wichtigen Verarbeitungs­orten, zum Anteil regionaler Zutaten und zur beauftragten Kontroll­institution.
  • EU-Herkunfts­siegel. Im Jahr 1992 führte die EU die Herkunftssiegel ein: Das besonders strenge Siegel „geschützte Ursprungs­bezeichnung“ soll garan­tieren, dass Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung eines Produkts in einem bestimmten geografischen Gebiet nach einem anerkannten und fest­gelegten Verfahren erfolgt sind. Das Siegel „geschützte geografische Angabe“ ist offener, weil nur einer der Produktions­schritte im Herkunfts­gebiet erfolgen muss. Die Nutzung geografischer Angaben muss bei der EU beantragt werden, Genehmigungen sind in einer Datenbank dokumentiert. Das jeweils zuständige EU-Land ist für den weiteren Schutz verantwort­lich.

Gesetzlich vorgeschriebene Herkunfts­angaben

Beim Einkaufen bestimmter Lebens­mittel finden Verbraucher und Verbrauche­rinnen schon lange Herkunfts­angaben, die gesetzlich vorgeschrieben sind.

  • Frisches Obst und Gemüse. Bei den meisten frischen Obst- und Gemüsearten müssen Hersteller und Handel am Regal oder auf der Packung über das Ursprungs­land informieren – nur für einige Produkte wie Datteln gelten Ausnahmen.
  • Unver­arbeitetes Fleisch. Bei verpacktem und unverpacktem Fleisch von Schweinen, Geflügel, Schafen und Ziegen muss das Etikett auf der Packung oder ein Hinweis an der Theke darüber informieren, in welchem Land die jeweiligen Tiere aufgezogen und geschlachtet wurden. Fanden Aufzucht und Schlachtung in einem Land statt, können die beiden Angaben durch das Wort „Ursprung“ zusammengefasst werden. Bei Rind­fleisch muss neben den Infos zu Aufzucht und Schlachtung noch das Geburts­land des Rinds sowie das Land der Fleisch­zerlegung angegeben sein. Das Wort „Herkunft“ darf Infos zu Geburt, Mast und Schlachtung vereinen, wenn alles in einem Land erfolgte.
  • Fisch. Bei frischen sowie gefrorenen, gesalzenen, geräucherten oder getrock­neten Fischen, Krebs- und Weichtieren muss die Herkunft beim Verkauf angegeben sein. Das ist bei wild gefangenem Seefisch ein Fang­gebiet, bei Binnen­fischerei das Ursprungs­gewässer sowie das Fang­land. Bei Aquakultur ist das Land relevant, bei dem das Tier etwa mehr als die Hälfte seines Gewichts erlangt oder mehr als die Hälfte seiner Zucht­zeit verbracht hat.
  • Eier. In der EU muss auf jedem Ei ein gestempelter Ziffern-Buchstaben-Code stehen. Darüber ist das Herkunfts­land zu erkennen. Das Kürzel DE steht für Deutsch­land, über die nach­folgenden Ziffern lässt sich der Ort des Lege­betriebs ermitteln.
  • Produkte aus Fleisch, Milch, Ei und Fisch. Für sie ist ein Identitätskennzeichen Pflicht (ein Oval mit Kürzeln wie DE für Deutsch­land sowie weiterer Buch­staben und Ziffern). Damit kann vor allem die Lebens­mittel­über­wachung erkennen, in welchem Staat oder Bundes­land das Lebens­mittel zuletzt bearbeitet oder verpackt wurde. Das Zeichen lässt keinen Rück­schluss auf die Herkunft der Rohstoffe zu.

0 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.