
Die Postbank Finanzberatung hat vielen älteren Kunden riskante Schiffsfonds angedreht. Finanztest hat dazu Helge Petersen befragt. Er ist Fachanwalt für Bank und Kapitalmarktrecht aus Kiel und hält das Vorgehen der Postbank für Abzocke.
Wie viele Geschädigte vertreten Sie?
Petersen: Ich vertrete 320 Mandanten, meist ältere Leute. In 85 Prozent der Fälle wurden ihnen von mobilen Beratern der Postbank Finanzberatung langjährige Schiffsbeteiligungen angedreht, die für sie nicht geeignet waren.
Warum eignen sich die Beteiligungen für die Anleger nicht?
Zum einen wollten die Mandanten sichere Anlagen und keine Beteiligungen, bei denen zum Teil 47 Prozent des Kapitals schon zum Zeitpunkt der Unterschrift für Provisionen und Kosten versenkt wurden. Zum anderen wünschten sie Anlagen, deren Früchte sie auch ernten können. Bei 70-Jährigen, die Beteiligungen mit 20 Jahren Laufzeit kaufen, ist das aber wenig wahrscheinlich. Mit anderen Worten: Die Postbank hat bewusst abgezockt.
Was ist mit den Schiffsfonds passiert?
Ein Großteil der Fonds ist gefloppt. 90 Prozent des Anlegergeldes wurde versenkt.
Wie wird es mit den Schiffsfonds weitergehen?
Wir stehen vor einem großen Knall und massenhaften Pleiten. Offiziell hat die Schiffsfondsindustrie deshalb im Dezember 2012 in Hamburg Staatshilfen in Milliardenhöhe gefordert. Ein Vorstandsmitglied einer Bank, die Schiffsfinanzierungen macht, rechnet mit 100 Pleiten im Jahr 2013. Ich glaube, dass es noch mehr sein werden. Insgesamt dürften zehntausende Anleger betroffen sein.
Klagen Sie gegen die Postbank?
Ich klage in 45 Fällen. In vielen anderen Fällen versuche ich Vergleiche mit der Postbank auszuhandeln, um den alten Menschen den Stress eines Prozesses zu ersparen.
Gibt es bereits erfolgreich abgeschlossene Fälle?
Ja, die gibt es. Sobald die Postbank erkennt, dass sie vor Gericht verlieren wird, bietet sie großzügige Vergleiche an. Sie entschädigt die Opfer zu 100 Prozent und übernimmt anteilig unsere Kosten. So verhindert sie ein Urteil gegen sie.
Wie können Sie Geschädigten helfen, die nicht klagen wollen?
Die Postbank weiß natürlich, dass die meisten älteren Geschädigten Gerichtsverfahren scheuen. Deshalb haben wir nach einer Lösung gesucht. Ein großer Rechtsschutzversicherer unterstützt uns seit diesem Monat. Er versichert alle Ansprüche unserer Mandanten und übernimmt zunächst die Kosten für „Musterprozesse“. Gewinnen wir diese Prozesse, wovon wir ausgehen, wird sich die Postbank gegen Vergleiche in den anderen 240 Fällen kaum verschließen können. Es geht um Schäden in Millionenhöhe.
Wie wollen Sie der Postbank ihre Fehler nachweisen?
Derzeit arbeiten wir die Schiffsprodukte mit Universitäten, Beratungsfirmen und Reedern auf. Danach wird immer klarer, dass die Postbank auch Fonds verkauft hat, bei denen eine Pleite vorhersehbar war. Die Anleger wurden also vorsätzlich finanziell ruiniert. Wir planen deshalb auch Anlegerdemonstrationen in Berlin und Hamburg.
Tipp: Ausführliche Informationen zu den Vertriebsmethoden der Postbank Finanzberatung finden Sie im Artikel„In den Fängen der Postbank“.
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Auch mich hat die Postbank zum Kauf von Schiffsfonds überredet. Als Anleger stiftet man das Haftungskapital für solche Fonds. Bei den meisten Schiffsfonds verdienen nur die Berater, die Bank, für die der Berater arbeitet und natürlich die Fondgesellschaft. Die Anleger wissen oft nicht, dass sie hochriskante Beteiligungen kaufen. Ich kann Herrn Petersen nur unterstützen. Er hat den Mut, diese Missstände bei diesen Anlageformen offen anzuprangern und sich gegen die Macht der Banken zu stemmen und vor allem gegen die Postbank vorzugehen, die immer vorne dabei ist, riskante Geldanlagen zu verkaufen.